Heute in zwei Monaten ist Weihnachten schon fast wieder vorbei.
Die
Nacht senkt sich über das Land und hüllt alles in einen dichten
schwarzen Schleier.
Die
Bewohner des Schlosses liegen in einem tiefen Schlummer.
Doch
nicht alle schlafen.
Leise
wird die Tür zu Griseldis Schlafgemach geöffnet, das Licht flammt
auf und füllt den Raum mit blendender Helle.
Verwirrt
richtet das Mädchen sich auf und sieht ihre Stiefmutter vor ihrem
Bett stehen.
„Mutter?“
Ist etwas geschehen?“
„Nein,
mein Kind, verzeih, dass ich dich geweckt habe, aber ich kann nicht
schlafen.
Möchtest
du mir nicht etwas Gesellschaft leisten?“
Griseldis
schwingt sich aus dem Bett, angelt nach ihren Pantoffeln, schlüpft
in ihren Morgenmantel und folgt
der Königin in deren Salon.
Griseldis
schmiegt sich in den weichen Sessel, während ihre Stiefmutter zwei
Tassen dampfenden Tee an den Tisch bringt.
„Ein
beruhigender Tee, sicher trinkst du mit mir ein Tässchen.“
Das
Mädchen lacht.
„Eine
ungewöhnliche Zeit, um Tee zu trinken, aber wenn ich dir damit eine
Freude machen kann.“
Vergnügt
plaudern sie, wobei die Königin ihre Stieftochter immer wieder zum
Lachen bringt.
Griseldis
aber wird immer müder, ihre Lider werden schwer, ihre Arme und Beine
fühlen sich wie Blei an.
Vor
ihren Augen beginnt es zu flimmern, dann wird es dunkel um sie.
Die
Königin beugt sich hämisch grinsend über das schlafende Mädchen,
dann eilt sie ans offene Fenster und lässt dreimal den Ruf eines
Käuzchens ertönen.
Ein
schauerliches Heulen und Pfeifen zerreißt die nächtliche Stille und
die alte Hexe steht plötzlich im Salon.
Sie
wirft einen boshaften Blick auf das schlafende Mädchen.
„Nun
mein Täubchen nun bist du am Ziel deiner Träume, wenn deine
Stieftochter erwacht, dann hat sie ihren Namen und ihre Vergangenheit
vergessen.“
„Schaff
sie mir aus den Augen!“
Mit
einem schrillen Lachen verschwindet die Hexe mit Griseldis in einem
dichtem Nebel.
Julika
war die Erste, die Griseldis Verschwinden am nächsten Morgen
entdeckte.
Eine
aufgeregte Suche beginnt.
König
Hartmut sitzt in seinem Arbeitszimmer und starrt betrübt aus dem
Fenster.
Verzweifelt
fragt er sich, was wohl mit seinem Kind geschehen ist.
Es
klopft leise und erwartungsvoll sieht er dem eintretenden Spielmann
entgegen.
„Hat
man sie gefunden?“
Ricardo
schüttelt traurig den Kopf.
„Hätten
sie einen Moment Zeit für mich?“
Der
König deutet auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.
Doch
der junge Mann bleibt stehen.
„Majestät
ich bin der Sohn ihres Freundes, des Königs von Urbanien.“
König
Hartmut springt auf.
„Was,
aber warum diese Maskerade dann als Spielmann!“
Ricardo
lächelt leise.
„Mein
Vater erzählte mir von euren gemeinsamen Plänen, Griseldis und mich
zu verheiraten.“
„Ja,
aber nur wenn mein Mädchen einverstanden ist!“
„Genauso
denkt auch mein Vater, doch bevor ich mir eine endgültige Meinung
bildete, wollte ich Griseldis unverbindlich kennen lernen.“
Kopfschüttelnd
betrachtet der König den jungen Mann.
„Ihr
jungen Leute, was für verrückte Flausen ihr manchmal im Kopf habt.“
Dann
meint er verschmitzt.
„Und
wie gefällt euch meine Tochter?“
Die
Augen Ricardos leuchten auf.
„Sie
ist ein bezauberndes Mädchen, schön, fröhlich und voller
Herzensgüte. Ich liebe eure Tochter und es wäre mir eine Ehre, wenn
sie meine Frau werden würde.“
Das
Gesicht des Königs wird wieder traurig.
„Doch
nun ist sie verschwunden.“
„Majestät,
ich werde Griseldis finden und müsste ich bis ans Ende der Welt
reisen,“ verspricht Ricardo.
Die
beiden Männer drücken sich stumm die Hand
Er ist ein Königssohn - na dann wird ja alles gut!
AntwortenLöschenEr wird sie finden, ganz sicher - hoffentlich findet er dann auch ein Mittel, dass sie sich wieder erinnern kann. Schönes Märchen!
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Regina