Hanna
schlüpfte in den eleganten Hosenanzug und drehte sich schmunzelnd
vor dem Spiegel.
Sie
sah immer noch gut aus für ihre fünfundvierzig Jahre.
Naja
ein paar graue Haare hatten sich eingeschlichen, aber die konnte man
ja mit einer Tönung beseitigen.
Doch
ihre gertenschlanke Figur hatte sie auch nach der Geburt ihrer
Tochter Elvira behalten.
Daran
waren wohl ihre guten Gene schuld, denn sie aß für ihr Leben gern.
Am
Samstag feierten sie und Harald Silberhochzeit.
Kaum
zu glauben wie schnell die Jahre doch vergangen waren und sie liebten
sich noch wie am Anfang.
Ein
zärtliches Lächeln flog über ihr Gesicht.
Ihr
Harald, einen besseren Mann hätte sie nie bekommen können, dabei
konnte sie ihn anfangs gar nicht leiden.
Sie
hatte ihn damals auf einem Tanzfest kennen gelernt und er war ihr
immer mächtig auf die Füße getreten.
Ganz
blau waren ihre Zehen und sie hatte eine große Wut auf diesen
Tolpatsch.
Doch
immer wieder hatte er sie aufgefordert und als sie in seine guten
lustigen und auch verlegenen Augen blickte, war es doch um sie
geschehen.
Aber
das Tanzen hatten sie dann sein lassen.
Hanna
sah auf die Uhr.
Gleich
kam ihre Freundin Carola, denn sie wollten zusammen ein Kleid für
die Silberhochzeit aussuchen.
Harald
machte wieder mal Überstunden, wie die letzten zwei Wochen bereits.
Da
sie und Carola nach dem Einkaufsbummel noch mit ihren Freundinnen
Ulrike und Erika einen Mädelabend machen wollten, würde es wohl
spät werden.
Sie
wollte Harald eine Nachricht schreiben.
Auf
der Suche nach einem Blatt Papier ging sie in das Arbeitszimmer ihres
Mannes.
Während
sie in der Schublade kramte fiel ihr Blick auf den aufgeschlagenen
Kalender.
„Julia,
15.30 Cafe Bernauer“
Wer
war diese Julia? Ging ihr Harald fremd, war ihre ganze Liebe eine
einzige Lüge. Ja jetzt sah sie seine ständigen Überstunden in
einem völlig anderem Licht.
Erschöpft
ließ sie sich auf den Stuhl
fallen.
Ihr
Kopf war wie leer, sie konnte an gar nichts mehr denken und langsam
wühlte sich der Stachel der Eifersucht in ihr Herz.
Ein
laut anhaltendes Klingeln riss sie aus ihre Lethargie.
Müde
schleppte sie sich zur Tür, öffnete ihrer Freundin und fiel ihr
laut weinend um den Hals.
Diese
tätschelte ihr erschrocken die Schulter.
„Was
ist denn los?“
Schluchzend
berichtete Hanna ihrer Freundin von ihrem schrecklichen Verdacht.
Carola
konnte es gar nicht glauben.
Sie
kannte die Beiden doch schon viele Jahre und ein glücklicheres Paar
gab es selten.
„Weißt
du was, wir fahren zum Cafe Bernauer und du wirst sehen, alles stellt
sich als Irrtum heraus.“
Wenig
später parkten sie in der Nähe des Cafes und warteten gespannt.
Dann
fuhr der blaue Wagen vor und der Ahnungslose ging
hinein.
Hanna
zerknüllte nervös das Taschentuch zwischen ihren Fingern und auch
Caro trommelte nervös auf das Lenkrad.
Es
dauerte nicht lange, dann kam Harald in Begleitung einer jungen Dame
auf die Straße, hielt ihr charmant die Beifahrertür auf, beide
lachten und dann fuhren sie weg.
Leichenblass
lehnte sich Hanna zurück, Tränen liefen über ihre Wange.
„Fahr
mich bitte nach Hause. Ich kann jetzt nicht einkaufen, vielleicht
sage ich die Silberhochzeit
auch ab.“
Als
ihr Mann spät abends nach Hause kam, stellte sie sich schlafend.
Harald
wunderte sich zwar, dass seine Liebste so früh schon schlief, sonst
wartete sie immer bis er nach Hause kam.
Aber
sicher hatte der ganze Stress der Silberhochzeit sie müde gemacht.
Vergnügt
pfeifend ging er ins Bad.
Am
liebsten hätte Hanna sich die Ohren zugehalten, sie hatte sofort das
fremde Parfüm an ihm gerochen.
Dieser
Schuft.
Am
nächsten Morgen hatte Hanna einen Entschluss gefasst.
Kampflos
würde sie das Feld nicht räumen und als erstes würde sie sich ein
atemberaubendes Abendkleid für die Feier kaufen.
Sie
rief Caro an und wenig später zogen sie los.
Sie
saßen noch beim Frühstück, als der Bote aus der Gärtnerei 25 rote
Rosen brachte.
„Für
jedes wunderschöne Jahr mit dir eine Rose“, sagte Harald zärtlich.
Dieser
Heuchler!
Stumm
richtete Hanna die Blumen in die Vase.
Später
als ihr Mann dann im Smoking aus dem Schlafzimmer kam, da klopfte ihr
doch das Herz.
Wie
gut er noch immer aussah, nur die Haare an den Schläfen waren grau
geworden, aber das machte ihn nur noch interessanter.
Kein
Wunder, dass die jungen Dinger auf ihn standen, dachte sie bitter.
Doch
auch Harald sah seine Frau bewundernd an, was für ein Kleid.
Ja
sie war noch immer schön, seine geliebte Hanna, einfach bezaubernd.
Bernd
und Elvira holten sie ab.
Das
Auto von Bernd war mit Blumen dekoriert
und als sie dann den herrlich geschmückten Saal betraten, wurden sie
von ihren Freunden freudig begrüßt.
Da
sah sie Sie!
Welch
eine Frechheit.
Er
hatte seine Geliebte zu ihrer Silberhochzeit eingeladen und nun
zwinkerte sie ihm auch noch zu und der Schuft zwinkerte vergnügt
zurück.
Das
war zu viel für Hanna!
Sie
raffte ihr Kleid und lief schluchzend aus dem Raum.
In
der zum Glück leeren Toilette flüchtete sie in ein Kabine und
drehte den Schlüssel um.
Schluchzend
ließ sie sich auf den geschlossenen Sitz fallen und nun brach das
ganze Elend und die Anspannung der letzten Tage aus
ihr heraus.
Es
klopfte an der Tür.
„Mama,
mach doch bitte auf, was ist denn nur los.“
Als
Hanna mit rot verweinten Augen und den Spuren der Wimperntusche auf
den Wangen öffnet, rief Elvira erschrocken.
„Wie
siehst du denn aus, was ist nur geschehen?“
„Dein
Vater betrügt mich, mit einem ganz jungem Ding und hat sie sogar
mitgebracht zu unserer Silberhochzeit. Die hübsche Blonde neben
Bernds Mutter.“
Elvira
sah sie einen Moment entgeistert an, dann fing sie schallend an zu
Lachen.
„Das
arme Kind, nun hat sie vor Schreck den Verstand verloren,“ dachte
Hanna entsetzt.
Elvira
aber nahm beide Hände ihrer Mutter und sah sie ernst an.
„Mama,
das ist Julia, eine Kusine von Bernd und sie ist Tanzlehrerin. Papa
hat bei ihr Nachhilfe im Tanzen genommen, denn er wollte dir bei
eurem Ehrenwalzer nicht auf die Füße treten. Weißt du Julia
meinte, er wäre ihr schwerster Fall und sie hat schon überlegt ob
sie sich Stahlplatten in die Schuhe einbauen sollte.“
Die
beiden Frauen prusteten los.
Dann
aber meinte Elvira energisch.
„Kühl,
dir deine Augen, dann werde ich dein Make up auffrischen, eure Gäste
warten.“
Als
sie den Raum verließen
stand Harald vor der Tür
und sah ihnen besorgt entgegen.
Hanna
stürzte sich in seine Arme und erzählte ihm von ihrem falschen
Verdacht und all dem Kummer der letzten Tage.
Harald
drückte sie ganz fest an sich und murmelte:
„Ich
liebe dich und es wird nie eine andere geben für mich.“
Dann
grinste er verschmitzt und meinte: „Aber schön ist es doch, dass
du nach all den Jahren noch eifersüchtig bist.“
Dann
gab er ihr einen langen zärtlichen Kuss.
Elvira
räusperte sich.
„Hallo,
ihr Turteltauben, es wird Zeit zurück in den Saal zu gehen, eure
Gäste erwarten euch.“
Hanna
aber war glücklich.
Sie
steckte mit ihrer guten Laune und Fröhlichkeit alle an.
Und
als dann der Ehrenwalzer getanzt wurde, staunte sie über ihren sonst
so tolpatschigen Mann.
Er
wirbelte sie durch den Ballsaal, ohne ihr auch nur einmal auf die
Füße zu treten.
©
Lore Platz 28.10.2019