Donnerstag, 31. Oktober 2024

Halloween

 

 

(c) Irmi Brüggemann

 

 Halloween


Die Kelten glaubten  fest daran, dass die Seelen der Verstorbenen in der Nacht vom 31. Oktober als Geister auf die Erde zurückkommen, um in ihre Häuser zurückzukehren.
Doch die Geister die den Weg zurück nicht fanden und verzweifelt umher irrten, die spukten durch die Nacht und erschreckten die Menschen.
Deshalb verkleiden sich Groß und Klein als schreckliche Monster und haben ihren Spaß die Leute zu erschrecken.
Besonders in Amerika wird Halloween ja ganz groß gefeiert und dort gibt es wirklich die abscheulichsten Verkleidungen.
Heidi Klum liebt ja dieses Fest und denkt sich jedes Jahr etwas aus und das mit einem großem Medienrummel.
Der Brauch wurde von irischen Einwandern in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gebracht und kam auch im
19. Jahrhundert nach Europa.
Doch bei uns hat Halloween nicht gar so große Bedeutung.
Vielmehr ist der 31. Oktober der Allerseelen – Tag und wir gedenken dann unserer lieben Verstorbenen.





Wisst ihr warum an Halloween Kürbisse ausgehöhlt werden und man ein Licht hineinstellt.
Ursprünglich waren es ja Rüben, aber in Amerika gab es nicht so viel Rüben, also nahmen die Iren Kürbisse.
Und so entstand der Brauch in Kürbisse Fratzen zu schneiden und diese dann von innen zu beleuchten.
Doch ich wollte euch ja erzählen warum das so ist.
Der alte irische Hufschmied Jack, ein Tunichtgut und Trunkenbold, saß mal wieder in seinem Lieblingspub und war nicht mehr ganz nüchtern.
Da erschien der Teufel und wollte seine Seele. Jack stierte in sein fast leeres Glas und bat den Herrn der Finsternis, ihm noch einen Drink zu spendieren.
Der Teufel aber hatte kein Geld dabei und verwandelte sich in eine Münze.
Jack nahm diese und steckte sie in seine Lederbörse, auf der ein Kreuz aufgenäht war.
Erst als der Teufel ihm versprach, ihn ein Jahr in Ruhe zu lassen, ließ er ihn frei.
Nach einem Jahr kam der Höllenfürst wieder und verlangte die Seele von Jack.
Dieser bat, der Teufel möge ihm doch einen Apfel pflücken.
Kaum saß Luzifer aber auf dem Baum, ritzte Jack ein Kreuz in die Rinde.
Und nun musste der Teufel  versprechen ihn in Ewigkeit in Ruhe zu lassen.
Jack wurde ein alter Mann und starb.
Am Himmeltor aber wies man ihn wegen seinem schlechten Lebenswandel ab und der Teufel konnte ihn nicht aufnehmen, da er sein Ehrenwort gegeben hatte.
Der Teufel aber hatte Mitleid mit ihm und schenkte ihm eine magische glühende Kohle, die niemals erlosch und Jack steckte diese in eine ausgehöhlte Rübe.
So wandert Jacks Seele bis zum heutigen Tag durch die ewige Dunkelheit.



© Lore Platz




Gibt es Vampire?


Die alte Villa, die stolz auf der Anhöhe am Rande des Dorfes auf die kleinen Häuser herab blickt, ist verkauft worden und am Mittwoch spät in der Nacht sind die neuen Besitzer eingezogen.

Bisher hatte sie noch niemand zu Gesicht bekommen. Man wusste nur, dass ein reicher Industrieller mit Frau und Kind dort eingezogen war.

Giuseppe, der täglich die Lebensmittel in die Villa lieferte hatte von der Herrschaft bisher noch niemanden gesehen.

Die alte Köchin Rosalie nahm ihm immer die Tüten ab und bezahlte ihn auch und ja einmal ist ein riesengroßer schwarzer Rabe auf ihn zu gewatschelt und hat ihn ganz komisch angesehen, richtig unheimlich war das.

Für Antonio, den zwölfjährigen Sohn des Schmieds war somit alles klar.

Die neuen Bewohner der Villa mieden das Sonnenlicht, hatten einen schwarzen Raben, das konnten nur Vampire sein.

Antonia machte sich große Sorgen, besonders als seine Schwester sich am Abend zum Ausgehen hübsch machte.

„Mercedes, du darfst nicht weggehen, es ist zu gefährlich!“

flehte er.

Mercedes warf ihm einen erstaunten Blick zu:

„Ich habe eine Verabredung mit Claudio, wir wollen in die Disco, was soll daran gefährlich sein?“

„Wegen den Vampiren aus der Villa oben, die streifen nachts durch die Gegend und saugen dir das Blut aus.“

Seine Schwester starrte ihn an.

„Du spinnst wohl! Das kommt nur von den blöden Horrorfilmen, die du dir ständig rein ziehst!“

Sie wühlte in ihrer Handtasche. „Verflixt, wo ist denn mein Handy!“, und verließ die Küche.

Diesen Moment nutzte Antonio und steckte blitzschnell eine

Diesen Moment nutzte Antonio und steckte blitzschnell eine Knoblauchknolle in die kleine Umhängetasche.

Nun war seine Schwester geschützt!

Mitten in der Nacht stürzte diese in sein Zimmer und warf ihm den Knoblauch an den Kopf.

Du hast sie wohl nicht mehr alle, weißt du welch eine Blamage das für mich war, als das eklige Ding aus meiner Tasche kullerte.“

Wütend verließ sie das Zimmer.

Antonio aber grinste zufrieden. Mercedes war nichts passiert, denn wäre sie gebissen worden, dann würde sie bleich und apathisch durch die Gegend wandeln und nicht wie eine Furie in sein Zimmer stürzen.

Am nächsten Morgen nach dem Kirchgang beschloss Antonio sich die Villa mal aus der Nähe anzuschauen.

Aber irgendwie musste er sich schützen.

Leise schlich er in das Zimmer seiner Großmutter, die in ihrem Lehnstuhl saß.

Auf ihrem Schoß lag die aufgeschlagene Bibel, ihr Kinn war auf die Brust gesunken und leise Schnarchtöne zeigten, dass sie schlief.

Auf Zehenspitzen schlich sich Antonio zur Kommode und nahm das kleine silberne Kreuz und steckt es tief in seine Hosentasche, damit er es nicht verlieren konnte.

In der Speisekammer holte er einen ganzen Ring mit Knoblauchknollen und hängte ihn sich um den Hals.

Nun konnte kein Vampir ihm etwas anhaben.

Wie immer waren die Vorhänge in der Villa geschlossen.

Und Antonio wusste auch warum, kannte es dies doch von seinen Filmen.

Vampire wurden nämlich zu einem Häufchen Asche, wenn das Sonnenlicht sie traf.

Sicher schliefen sie jetzt in ihren Särgen und erst wenn die Sonne unterging würden sie die Gegend durchstreifen, um ihre Beute zu suchen.

Oja Antonio kannte sich aus.

Er entdeckte ein kleines Fenster, das nicht durch einen Vorhang verschlossen war und stellte sich auf die Zehenspitzen, um in das Haus zu sehen.

Plötzlich tauchte ein großer schwarzer Rabe auf und klopfte mit dem Schnabel gegen die Scheibe, dabei musterte er Antonio finster aus seinen runden kleinen schwarzen Augen.

Erschrocken trat der Junge einen Schritt zurück und zuckte zusammen, als sich zwei schwere Hände auf seine Schultern legten.

Als er sich umblickte, sah er einen großen finster blickenden Mann, der ganz in schwarz gekleidet war.

Geistesgegenwärtig holte Antonio das Kruzifix aus der Hosentasche und hielt es dem Mann unter die Nase, gleichzeitig umklammert er den Kranz mit Knoblauchknollen.

Unbeeindruckt aber schob der Mann den widerstrebenden Jungen in die Villa, durch eine große Halle in einen gemütlichen Salon und dort schubste er ihn auf ein Sofa.

Eine hübsche Frau saß auf einem gemütlichen Sessel und ließ nun das Buch sinken, aus dem sie gerade vorgelesen hatte.

Ein blasser Junge lag auf einer Liege und schaute nun auch ganz erstaunt auf den Besucher, der mit schreckgeweitetem Gesicht auf dem Sofa gegenüber kauerte und ihnen ein kleines Kreuz entgegen hielt und um den Hals ein Kette aus Knoblauch trug.

Ein gut gekleideter Mann betrat den Salon.

„Meine Lieben, mir ist es endlich gelungen einen Handwerker aufzutreiben, morgen...“

Er erblickte das Häufchen Elend auf der Couch und begann fröhlich zu lachen.


„Wisst ihr, wofür uns unser Gast hält? Für Vampire!“

Nun begann auch die Frau zu lachen und auch der Junge kicherte.

Der Butler, ganz seiner Würde bewusst stand stocksteif da und verzog keine Miene.

Doch wer genauer hinsah, der konnte ein leichtes Zucken um die Mundwinkel wahrnehmen.

Antonio aber saß mit hochrotem Kopf da und wusste nicht, was er von dem ganzen halten sollte.

Der Mann hatte sich inzwischen beruhigt, zog mit einem Schwung die Vorhänge zurück und stellte sich mitten ins gleißende Sonnenlicht.

„Wenn man den alten Sagen glauben darf, müsste ich jetzt nur noch ein Häufchen Asche sein!“

„Madame, ich werde Tee und Kakao bringen,“ presste der Butler hervor und wandte sich schnell um, denn mit seiner Beherrschung war es nun vorbei, was man an dem Zucken seiner Schultern erkennen konnte.

Herrn Brentano schloss den Vorhang wieder und meinte freundlich.

„Für alles gibt es eine einfache Erklärung. Die Klimaanlage ist kaputt, aber ich habe heute einen Handwerker erreicht, der dies morgen in Ordnung bringt.

Da unser Sohn gerade von einer schweren Krankheit sich erholt, konnte wir noch keine Besuche machen.

Ach ja und der schwarze Rabe, gehört unserem Butler Patrick.

Er hat ihn vor einigen Jahre schwer verletzt gefunden und da ihm ein halber Flügel fehlt, haben wir ihn behalten.

Du siehst man soll nicht immer das Schlimmste annehmen, oft gibt es auch ganz einfache Erklärung für die Dinge.“

Antonio wusste nicht mehr wohin er blicken sollte.

Er schämte sich fürchterlich.

Langsam verstaute er das Kreuz seiner Großmutter in der Hosentasche und legte den Knoblauch neben sich auf das Sofa.

„Du musst dich nicht schämen,“ tröstete ihn Frau Brentano, „ weißt du, ich habe Philippo seit seiner Krankheit nicht mehr so lachen gesehen und das verdanken wir dir.“

Der kranke Junge aber strahlte Antonio an.

„Wollen wir Freunde werden?“

Begeistert nickt dieser.

Patrick schob einen Teewagen herein, auf dem allerlei Köstlichkeiten waren.

Nachdem der Butler den Tee und Kakao eingeschenkt und eine große Platte mit kleinen leckeren Kuchen auf der Mitte des Tisches platziert hatte, griff er mit spitzen Fingern den Kranz Knoblauch und meint etwas pikiert.

„Das gehört wohl besser in die Küche!“

Antonio aber hat alle Scheu verloren und mit vollen Backen erzählt er ihnen von der Knoblauchzehe in der Tasche seiner Schwester und man hatte in der Villa noch nie soviel fröhliches Lachen gehört.

Als der kleine Philippo aber müde wurde verabschiedet sich Antonio.

Doch er musste versprechen am nächsten Tag nach der Schule wiederzukommen.

Und nun wurde er in der Villa, die ihm erst soviel Angst eingeflößt hatte, ständiger Gast.

Zwischen den beiden Jungen aber entwickelte sich eine lebenslange Freundschaft.

Und als sie viele viele Jahre später beisammen saßen, konnten sie immer noch über die Vampir-Geschichte lachen.


© Lore Platz   (2013)




Mittwoch, 30. Oktober 2024

Der Flug des Drachens

 

 

 


Als meine Tochter vier Jahre alt war, habe ich für sie einen Papierdrachen gekauft. Er war leuchtend gelb und hatte ein fröhlich verschmitztes Gesicht.

Wir warteten auf einen passenden Tag, an dem es leicht windig war und wanderten zusammen mit meinen zwei Neffen auf eine kleine Anhöhe. Wie freuten sich die Kinder, als der Drache fröhlich im Wind schaukelte. Mein neunjähriger Neffe fing dann zu laufen an, den Drachen hinter sich herziehend und verfolgt von den beiden jubelnden kleineren Kindern.

Auf einmal strauchelte der Junge, stürzte, und die Schnur des Drachens entglitt seinen Fingern.

Eine Windböe erfasste das gelbe Papiergebilde und trieb eshöher und weit weg von uns.

Ich stand da mit zwei heulenden Kindern und selbst der Neunjährige presste fest die Lippen zusammen, damit er nicht in ein unmännliches Weinen ausbrach.

Traurig gingen wir nach Hause und unterwegs sahen wir weit entfernt in den Drähten eines Telefonmastes unseren Drachen hängen.

Dies kleine Begebenheit hat mich zu der nachfolgenden Geschichte inspiriert.




Der Flug des Drachens


Hoch oben in den Wolken liegt die Felsenburg des Windes.
Mutter Wirbelwind huscht durch die Schlafstuben ihrer Kinder.
Ihre Tochter Windsbraut, die ständige Begleiterin des Frühlings schläft mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.
Ihre Mutter betrachtet die zarte liebliche Schönheit zärtlich.
Dann gleitet sie zu dem Bett ihres Sohnes , dem Südwind, der den Sommer unterstützt.
Stolz betrachtet sie die hübsche, stattliche Gestalt.
Etwas bekümmert wandert ihr Blick hinüber zum Nordwind, dem Spießgesellen des Winters.
Er ist ein rauer, ruppiger Geselle und wohl der schlimmste ihrer Kinder.
Leise schwebt sie zu Huijui, dem Freund des Herbstes.
Er ist ein hübscher rothaariger Bursche voller Temperament.
Sie weckt ihn sanft und Huijui fährt hoch und seine Augen funkeln.
"Es geht los?"

Seine Mutter nickt.
"Prima!"
Ein wilder Hauch fährt durch die Höhle und seine Geschwister bewegen sich unruhig im Schlaf.
Huijui folgt seiner Mutter zum Eingang.
"Sei vorsichtig," ermahnt sie ihn.
Er lacht nur und sorgenvoll blickt sie ihm nach.
Er war manchmal zu leichtsinnig, wild und übertrieb gern.
Huijui aber ist schon unterwegs zur Erde.

Er saust vergnügt die Milchstraße hinab auf die Erde und fährt durch die noch schlafenden Bäume, die vor Schreck ihre Blätter fallen lassen.
Huijui lacht übermütig und lässt die gelben, rostbraunen und roten Blätter wild durch die Luft wirbeln.
Einigen Menschen, die bereits zur Arbeit gehen, reißt er fröhlich die Hüte vom Kopf, plustert die Kopftücher auf und bauscht die Mäntel.
Er pustet den Staub der Straßen hoch und bringt die Menschen zum Husten

Vergnügt rüttelt er an den Straßenlampen, die vor Angst zittern und ihre Lichter flackern.
Als er müde ist ruht er sich aus.
Huijui sieht sich um und erblickt einige Jungen, die ihre Drachen aus der Schnur wickeln.
Hier werde ich gebraucht.
In übermütigen Sprüngen saust er den Berg hinauf, wirft im vorbei sausen noch ein Fahrrad um, verschnauft einen Moment, doch als er sieht, wie die Kinder Anlauf nehmen, um die Drachen zum Steigen zu bringen, stürzt er sich mit Begeisterung auf die Papierflieger.
Eine Freude wie sie in alle Himmelrichtungen auseinander schwirren.
Ein grellgelber Drache mit einem verschmitzten Gesicht hat es ihm besonders angetan.
Er scheucht ihn immer höher, wirbelt ihn dem Himmel entgegen, lässt ihn wieder fallen bis er fast das Gras berührt und reißt ihn im letzten Moment hoch.
Er treibt sein wildes Spiel mit ihm.
Sie genießen beide die wilde stürmische Jagd und bemerken nicht, dass plötzlich die Schnur reißt und weit unten ein kleiner Junge weint.
Doch plötzlich los gelöst von allen Zwängen saust der gelbe Papierdrache angetrieben von seinem Freund Huijui, der mächtig die Backen bläst, über den Berg hinaus, der Stadt entgegen.
Langsam segelt er jetzt über die Häuser, taumelt ein bisschen, denn er ist müde und auch Huijui muss erst wieder zu Atem kommen.
Aber als der Drache  plötzlich an einen Fabrikschornstein stößt saust Huijui schnell herbei und bläst ihn mit letzter Kraft an dem gefährlichen Hindernis vorbei.
"Ich muss nach Hause, lieber Freund! Vielleicht begegnen wir uns wieder einmal!" ruft der Wind,
bläst den Drachen noch einmal kräftig nach oben und verschwindet.

Der gelbe Fetzen genießt noch einmal den Flug, wird immer langsamer, taumelt und landet schließlich auf den Ästen eines Apfelbaumes.

Müde sackt er zusammen.

Gegenüber ist ein Fenster und dahinter sitzt ein trauriger kleiner Junge. Auf dem Gesicht sind noch Spuren von Tränen zu sehen.

Nun hebt er den Kopf und erstarrt.

Mama, Papa!“ schreit er gellend.

Mein Drache ist wieder nach Hause gekommen!“

 

 

(c)  Lore PLatz

Montag, 28. Oktober 2024

Griseldis - Ende

Einen schönen Start in die Wocheund danke  fürs lesen!



 

Die Freude ist riesengroß als der Prinz mit Griseldis nach Hause kommt

Überglücklich schließt der König die lang vermisste Tochter in die Arme.
Die Zofe der Prinzessin und Julika nehmen sich der Prinzessin an, bereiten ihr ein duftendes Bad und hüllen sie in seidene Kleider.
Julika hat Tränen in den Augen, als sie bemerkt, dass ihr Freundin sie nicht mehr erkennt.
Auch König Hartmut ist erschüttert, nachdem ihm Ricardo alles erzählt hat und lässt sofort nach seiner Frau suchen, doch diese ist längst nicht mehr im Schloss.

Traurig sitzt Niko im Park auf einem Baumstumpf.
Seine liebe Prinzessin hatte das Gedächtnis verloren und musste alles wieder von vorne lernen.
Wie schrecklich war das.
Sie hat ihn gar nicht erkannt und machte auch nicht mehr ihr lustigen Späße mit ihm.
Sie lächelte immer nur traurig.
Flocki schießt heran, umspringt den kleinen Pagen bellend und sein kleines Stummelschwänzchen wedelt aufgeregt.
Niko schlingt beide Arme um das weiße Wollknäuel und vergräbt schluchzend sein rundes Gesicht in dem weichen Fell.
Empört strampelt sich der kleine Hund frei und purzelt davon.
Doch nach einer kleinen Weile saust er aufgeregt bellend zu Niko zurück, zerrt an seiner Jacke und gebärdet sich wie verrückt.
Aufmerksam beobachtet der kleine Page das seltsame Gebaren des Hundes.
Willst du etwas zeigen mir?“
Flocki wirft sich herum und bellt auffordernd.
Als Niko sich erhebt, stürmt er davon.
Der Junge folgt ihm und bleibt dann plötzlich wie geblendet stehen.
An der hundertjährigen Eiche steht eine wunderschöne Dame und winkt ihm mit ihrer weißen feinen Hand.
Mit weit aufgerissenen Augen stolpert Niko vorwärts.
Freundlich lächelnd reicht ihm die Frau ein kleines Päckchen.
Hier, Niko, gib dieses Pulver in Griseldis Tee. Es wird sie wieder gesund machen.“
Und plötzlich ist sie wieder verschwunden.
Niko wischt sich benommen über die Stirn, als wäre er aus einem Traum erwacht.
Nachdenklich blickt er auf das Päckchen in seiner Hand, dann saust er in die Küche.
Das Tablett mit dem Tee für die Prinzessin steht schon auf der Anrichte bereit.
Darf ich Griseldis den Tee bringen?“ fragt Niko.
Meinetwegen, aber verschütte nichts,“ brummt der Koch.
Der Junge nimmt vorsichtig das Tablett und steigt die Treppe hinauf.
Nach kurzem Anklopfen betritt er das Zimmer.
Griseldis steht am Fenster.
Freundlich lächelt sie dem kleinen Pagen entgegen, dann wendet sie sich wieder um.
Vorsichtig stellt der Junge das Tablett auf dem kleinen Tischchen ab und wirft einen kurzen Blick auf die Prinzessin, die sinnend aus dem Fenster blickt.
Zögernd öffnet er das Päckchen, in dem sich ein weißes Pulver befindet.
Wenn es nun Gift war?
Aber nein, er hatte die schöne Dame erkannt.
Es war Lilofee, die Patin seiner Prinzessin und die würde ihr nie etwas Böses antun.
Schnell bevor er es sich anders überlegen konnte schüttet er das Pulver in den Tee.
Griseldis kommt lächelnd an den Tisch und setzt sich.
Niko bleibt an der Tür stehen und beobachtet was geschieht und erschrickt zu Tode, als die Prinzessin plötzlich mit geschlossenen Augen zurück in die Kissen sinkt.
So schnell ihn seine Füße tragen können rast er in König Hartmuts Arbeitszimmer.
Der König und Ricardo springen erschrocken auf, als der kleine Page mit weit aufgerissenen Augen ins Zimmer stürmt.
Was ist denn dir begegnet?“ ruft der König erschrocken.
Die Prinzessin sein tot, ich haben sie umgebracht!“
Die beiden Männer laufen hinauf in Griseldis Zimmer
und finden diese schlafend vor.
Erleichtert wendet sich König Hartmund um und winkt den Pagen, der mit verweinten Augen ins Zimmer lugt, zu sich heran.
Langsam stolpert dieser in den Raum.
Sein sie tot?“
Lächelnd schüttelt der König den Kopf.
Doch nun erzähl mir, wie kommst du auf die Idee, du hättest meine Tochter umgebracht?“
Und nun sprudelt Niko sein Erlebnis mit Lilofee heraus.
König Hartmut tauscht einen Blick mit Ricardo und meint hoffnungsvoll:
Die Fee Lilofee ist Griseldis Patin, vielleicht wird mein Mädchen durch das Pulver wieder gesund.“
Und er sollte Recht behalten.
Als die Prinzessin nach einem mehrstündigen Schlaf erwachte, konnte sie sich wieder an alles erinnern.

Nach einigen Monaten gab es eine prächtige Hochzeit auf dem Schloss.
Griseldis und Ricardo heirateten und die Sonne strahlte mit dem Brautpaar um die Wette.
In der schwarzen Schlucht aber stehen zwei steinerne Statuen.
Die eine zeigt eine gebückte alte Frau und daneben stolz aufgerichtet ihre Tochter.
Das war die Strafe des Zauberers Hokuspokus.


(c) Lore Platz  ( 29.08. 2013)

Sonntag, 27. Oktober 2024

Fortsetzung 6

 Viele Monate zieht er durch das Land, reitet von einem Ort zum anderen. Überall wohin er kommt zeigt er das kleine Miniaturbild von Griseldis, das ihm der König mitgegeben hat, doch keiner hat sie gesehen.


 
(c) Irmi Brüggemann

Leise senkt sich die Nacht herab und wirft ihre Schleier über die Bäume.
Ricardo bemerkt es gar nicht, denn er ist traurig und mutlos.
Erst als sein treues Pferd schnaubt, bleibt er stehen und bemerkt, dass sie direkt vor einem kleinen Häuschen stehen.
 Er klopft.
Niemand meldet sich oder öffnet die Tür, dabei sieht er durch den Spalt der Vorhänge eine Licht schimmern.
Vorsichtig drückt er die Türklinke.
Sie gibt nach und er betritt ein sauberes kleines Stübchen.
Ein grüner Kachelofen verströmt wohlige Wärme und auf einem Herd brodelt ein Topf aus dem verführerische Düfte aufsteigen.
Auf einem langen Tisch, der von einer Eckbank umgeben ist, stehen sieben Teller, sieben Bestecke und sieben Gläser.
Doch niemand ist zu sehen.
Etwas ratlos blickt der junge Mann sich um.
Hallo?“
Er sieht hinauf zur Treppe , und betrachtet die sieben Betten die dort im ersten Stock neben einander aufgereiht.
Als er seinen Blick wieder über den gedeckten Tisch streifen lässt, bemerkt er wie das Tischtuch sich bewegt.
Schnell bückt er sich und greift unter den Tisch.
Als er seine Hand zurückzieht, hält er eine rote Zipfelmütze in derselben und vor ihm sitzt ein kleines putziges Männchen und sieht ihn mit vor Angst geweiteten Augen an.
 

Freundlich grüßt der junge Prinz.
Guten Abend, kleiner Mann.“
Misstrauisch wird er von dem Zwerg gemustert.
Du willst mir nichts tun?“
Lächelnd schüttelt Ricardo den Kopf und zaghaft gibt der Zwerg das Lächeln zurück und langsam verschwindet der furchtsame Ausdruck in seinem Gesicht.
Er kriecht unter dem Tisch hervor und erzählt dem jungen Mann von seinen Brüdern, die im Bergwerk nach Edelsteinen suchen.
Jede Woche hat einer von ihnen Küchendienst und diesmal ist Purzel, so hat er sich vorgestellt, an der Reihe.
Draußen erklingt nun fröhlicher Gesang und durch die Tür kommen sechs kleine Männchen, die über der Schulter Hacken, Spaten und Seile tragen.
Sie sind etwas erstaunt, als sie den Gast erblicken, aber bald haben sich alle miteinander bekannt gemacht und fröhlich plaudernd wird nun gegessen.
Ricardo erzählt nun dem Verschwinden seiner Liebsten und die Zwerge sind sehr traurig.
Zu gerne würden sie ihm helfen, aber sie wussten nicht wie sie das machen sollten.
Als Purzel weit seinen Mund aufreißt und zu gähnen beginnt, beschließen sie schlafen zu gehen.
Ricardo macht es sich auf einer Decke auf dem Küchenboden vor dem Kamin bequem.
 
 



Früh am nächsten Morgen, als sie alle beim Frühstück sitzen und überlegen wie sie ihrem Gast helfen können, ruft Purzel plötzlich: „Hokuspokus!“
Ricardo lacht:
Möchtest du zaubern?“
Nein, nein!“ rufen alle durcheinander, „ er meint den Zauberer Hokuspokus, er wohnt gar nicht weit von hier, den wollen wir fragen!“
Und schon springen sie auf und wuseln nach draußen.
Der Prinz folgt ihnen kopfschüttelnd.
Sie finden den Zauberer in seinem Arbeitszimmer, wo er die Beine weit von sich gestreckt, die Hände
über dem kleinen Bäuchlein gefaltet mit leicht geöffnetem Mund leise schnarcht.
Leise treten die Besucher näher, da stolpert Brummer über einen Schemel und erschrocken öffnet der Zauberer seine Augen und sieht sich erschrocken um.
Wie, wo, was wer...?“
Dann erblickt er die Zwerge und ein Strahlen geht über sein Gesicht.
Ach ihr seid es, mein kleinen Freunde.
Wie schön dass ihr mich in meinem bescheidenen Heim besucht.
Wie sehr erfreut und ergötzt es mein Herz. Und wie ich sehe, habt ihr mir noch einen Gast herbeigeführt.
Wollt ihr ihn mir nicht vorstellen?“
Ricardo tritt nach vorn und verbeugt sich, dabei kann er nur mit Mühe sein Lachen verbeißen, denn Purzel hatte ihn heimlich in die Seite gestoßen und geflüstert:
Musst dir nichts denken, der quatscht immer so geschwollen.
Doch dann wird der junge Mann wieder ernst, als er dem Zauberer von Griseldis Verschwinden erzählt.
Hokuspokus wiegt bedenklich das Haupt und murmelt leise vor sich hin, dann dreht er sich um und läuft mit langen Schritten in das Nebenzimmer.
Die Zwerge stürzen hinter ihm her, dabei fallen sie fast übereinander in ihrer Eile.
Der Zaubermeister aber eilt zu einem Schreibpult auf dem ein großes Buch liegt und öffnet es.
Neugierig drängen sich die Zwerge um das Pult.
Doch wie enttäuscht sind sie, als sie nur leere Seiten entdecken.
Hokuspokus wendet sich an den Zwergenältesten.
Verehrter Meister Brummer, würdet ihr bitte die Vorhänge schließen lassen, damit ich dieses Buch befragen kann, in der Hoffnung, es möge mir Auskunft geben über das so traurige Verschwinden der Prinzessin Griseldis, die von diesem jungen Mann ach so schmerzlich vermisst wird.“
Ricardo presst fest die Lippen zusammen, um nicht laut loszulachen, denn Purzel hat ihm begeistert gegen das Schienbein getreten.
Schnell eilt er zum Fenster und zieht die Vorhänge zu.
Der Zauberer aber beugt sich über das leere Buch, lässt die Hände kreisen und murmelt dabei beschwörende Worte.
Das Buch leuchtet auf und eine schwarze Schrift erscheint.
Die Zwerge rücken noch näher an das Pult heran, dabei stupsen und stoßen sie sich und der kleine Purzel stürzt zu Boden bei dem Gerangel.
Schnell bückt sich Ricardo und hebt ihn auf, dann sehen beide über die Schulter des Zauberers und Purzel liest laut vor.
Die Prinzessin Griseldis wurde Opfer einer bösen Verschwörung von der Hexe Esmeralda und deren Tochter.
Sie gaben ihr das Pulver „Vergissdichselbst“ und dann nahm Esmeralda sie zu ihrer Hütte mit, wo sie als Dienstmagd seitdem arbeitet.“
Die Schrift verschwindet.
Ricardo ist ganz blass geworden und setzt Purzel vorsichtig auf den Boden.
Wer sind diese Esmeralda und ihre Tochter?“
Das ist eine Hexe, die nicht weit von hier in der schwarzen Schlucht ihre Hütte hat,“ rufen die Zwerge.
Und Purzel zupft Ricardo am Wams.
Und, und ihre Tochter hat einen König geheiratet.“
Nun ist dem Prinzen alles klar.
Sie ist Griseldis Stiemutter.“
Fragend sieht er den Zauberer an, der bis jetzt noch nichts gesprochen, sondern nur finster vor sich hin gestarrt hatte.
Nun nickt er langsam mit dem Kopf und grollt:
Gewarnt habe ich sie schon mehrmals, dass sie nicht in meinem Reich böse verbotene Zauber ausführen darf. Nun ist das Maß voll, folgt mir meinen geehrten Freunde.“
Er eilt ihnen voraus mit wehendem Mantel und sie müssen sich beeilen, um ihm zu folgen.
Bald stehen sie vor der Hütte der Hexe und Hokuspokus brüllt:
Komm heraus, du elendes Frauenzimmer!“
Vorsichtig öffnet sich die Tür und Griseldis späht heraus.
Ach wie sieht sie aus.
Schmutzig sind ihr Wangen, ängstlich ihre Augen. Ihre Haare sind wirr und verstrubbelt und und das graue Kleid voller Flicken und Flecken.
An den Füßen trägt sie grobe Holzpantoffeln und in der Hand hält sie einen Besen.
Meine Herrin ist nicht zu Hause,“ flüstert sie.
Ricardo will zu ihr gehen, doch der Zauberer hält ihn zurück und sagt mit freundlicher Stimme zu dem Mädchen.
Komme sie mit uns, ehrbare Jungfrau und diene sie nicht mehr diesem scheußlichem Weib. Geht mit diesem jungen Mann er wird euch zu eurem Vater bringen.Ich werde jetzt suchen nach der Hexe und ihrer Tochter, um sie für immer zu bestrafen, auf dass sie nie mehr anrichten können ein Unheil.“
Und schon war er verschwunden.
Aber der Vergessenszauber!“ ruft der Prinz.
Er ist weg,“ meint Purzel bedauernd und zuckt die Schulter.
Seid froh, dass ihr eure Prinzessin wieder habt, bringt sie nach Hause zu ihrem Vater. Sicher wird alles wieder gut,“ trösten die Zwerge.
Einer der Zwerge bringt das Pferd des Prinzen.
Dieser schwingt sich hinauf, nimmt die Prinzessin vor sich, hebt grüßend die Hand und reitet davon.
Die Zwerge winken ihnen lange nach.



Samstag, 26. Oktober 2024

Griseldis Fortsetzung 5

Heute in zwei Monaten ist Weihnachten schon fast wieder vorbei.


 Die Nacht senkt sich über das Land und hüllt alles in einen dichten schwarzen Schleier.
Die Bewohner des Schlosses liegen in einem tiefen Schlummer.
Doch nicht alle schlafen.
Leise wird die Tür zu Griseldis Schlafgemach geöffnet, das Licht flammt auf und füllt den Raum mit blendender Helle.
Verwirrt richtet das Mädchen sich auf und sieht ihre Stiefmutter vor ihrem Bett stehen.
Mutter?“ Ist etwas geschehen?“
Nein, mein Kind, verzeih, dass ich dich geweckt habe, aber ich kann nicht schlafen.
Möchtest du mir nicht etwas Gesellschaft leisten?“
Griseldis schwingt sich aus dem Bett, angelt nach ihren Pantoffeln, schlüpft in ihren Morgenmantel und folgt der Königin in deren Salon.
Griseldis schmiegt sich in den weichen Sessel, während ihre Stiefmutter zwei Tassen dampfenden Tee an den Tisch bringt.
Ein beruhigender Tee, sicher trinkst du mit mir ein Tässchen.“
Das Mädchen lacht.
Eine ungewöhnliche Zeit, um Tee zu trinken, aber wenn ich dir damit eine Freude machen kann.“
Vergnügt plaudern sie, wobei die Königin ihre Stieftochter immer wieder zum Lachen bringt.
Griseldis aber wird immer müder, ihre Lider werden schwer, ihre Arme und Beine fühlen sich wie Blei an.
Vor ihren Augen beginnt es zu flimmern, dann wird es dunkel um sie.
Die Königin beugt sich hämisch grinsend über das schlafende Mädchen, dann eilt sie ans offene Fenster und lässt dreimal den Ruf eines Käuzchens ertönen.
Ein schauerliches Heulen und Pfeifen zerreißt die nächtliche Stille und die alte Hexe steht plötzlich im Salon.
Sie wirft einen boshaften Blick auf das schlafende Mädchen.
Nun mein Täubchen nun bist du am Ziel deiner Träume, wenn deine Stieftochter erwacht, dann hat sie ihren Namen und ihre Vergangenheit vergessen.“
Schaff sie mir aus den Augen!“
Mit einem schrillen Lachen verschwindet die Hexe mit Griseldis in einem dichtem Nebel.

Julika war die Erste, die Griseldis Verschwinden am nächsten Morgen entdeckte.
 
Eine aufgeregte Suche beginnt.
König Hartmut sitzt in seinem Arbeitszimmer und starrt betrübt aus dem Fenster.
Verzweifelt fragt er sich, was wohl mit seinem Kind geschehen ist.
Es klopft leise und erwartungsvoll sieht er dem eintretenden Spielmann entgegen.
Hat man sie gefunden?“
Ricardo schüttelt traurig den Kopf.
Hätten sie einen Moment Zeit für mich?“
Der König deutet auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.
Doch der junge Mann bleibt stehen.
Majestät ich bin der Sohn ihres Freundes, des Königs von Urbanien.“
König Hartmut springt auf.
Was, aber warum diese Maskerade dann als Spielmann!“
Ricardo lächelt leise.
Mein Vater erzählte mir von euren gemeinsamen Plänen, Griseldis und mich zu verheiraten.“
Ja, aber nur wenn mein Mädchen einverstanden ist!“
Genauso denkt auch mein Vater, doch bevor ich mir eine endgültige Meinung bildete, wollte ich Griseldis unverbindlich kennen lernen.“
Kopfschüttelnd betrachtet der König den jungen Mann.
Ihr jungen Leute, was für verrückte Flausen ihr manchmal im Kopf habt.“
Dann meint er verschmitzt.
Und wie gefällt euch meine Tochter?“
Die Augen Ricardos leuchten auf.
Sie ist ein bezauberndes Mädchen, schön, fröhlich und voller Herzensgüte. Ich liebe eure Tochter und es wäre mir eine Ehre, wenn sie meine Frau werden würde.“
Das Gesicht des Königs wird wieder traurig.
Doch nun ist sie verschwunden.“
Majestät, ich werde Griseldis finden und müsste ich bis ans Ende der Welt reisen,“ verspricht Ricardo.
Die beiden Männer drücken sich stumm die Hand