Dienstag, 24. Dezember 2024

Türchen 24 2024

 

 Bevor ich die letzte Adventsgeschichte einstelle möchte ich meiner treusten Leserin zum Geburtstag gratulieren. 

Liebe Monika ich gratuliere dir zu deinem Geburtstag, danke dir für die vielen Bilder, die du für meine Geschichten gemalt hast.

 Es ist nicht schön, wenn man gerade am Heiligen Abend Geburtstag hat, denn da wird man nicht nur um die Feier sondern auch um die Geschenke betrogen. Ich habe vor Jahren für dich eine Geschichte  geschrieben und sie heute in Weihnachtszauber gesetzt.

Liebe Monika ich weiß, dass dieses Weihnachten sehr sehr schwer ist, denn du hast deinen geliebten Sohn verloren und ich hoffe es gibt Menschen, die dir in diesen dunklen Stunden zur Seite stehen.

 

 

 


 

Türchen 24



Herr Oskar und der Engel


Der Pfarrer der Kirche in dem kleinen Ort St. Veit war ein freundlicher junger Mann, der Mitleid mit der armen Kirchenmaus hatte und ihr jeden Tag ein kleines Stück Käse, oder manchmal Brot vor ihr Mausloch legte.

Und zur Weihnachtszeit sogar ein Plätzchen.

Die alte Pfarrköchin, die schon seinem Vorgänger gedient hatte, schimpfte wie ein Rohrspatz, als sie es eines Tages mitbekam.

Wie können sie nur dieses Ungeziefer auch noch füttern. Mäuse vermehren sich wie die Heuschrecken und bald werden sie über unsere Speisekammer herfallen!“

Nun übertreibe nicht Rosa, soviel ich gesehen habe, handelt es sich um einen alten Junggesellen.“

Ha! Und sie denken weil er in einer Kirche wohnt, lebt er im Zölibat!“

Pfarrer Gietl lachte, doch dann wurde er wieder ernst.

Rosa auch eine Maus ist Gottes Geschöpf. Denk an den Hl. Franziskus, der alle Tiere liebte. Und nun bringe mir bitte eine Tasse Kaffee in mein Studierzimmer.“

Rosa brummte vor sich hin und hantierte ziemlich laut mit ihren Kochtöpfen.

Der Pfarrer verließ schnell die Küche.

Im Grunde ihres Herzens war seine Köchin eine gute Seele, die es nur hinter ihrer poltrigen Art verbarg.

Das bestätigte sich wenige Tage später.

Als Pfarrer Gietl gerade die Kirche betreten wollte, sah er Rosa, wie sie ein Stückchen Apfel vor das Mauseloch legte.

Still zog er sich zurück.

 


 

So war Heinrich alles andere als eine arme Kirchenmaus und konnte seinen Vetter Max und dessen Familie öfter einladen und sie aus seiner gut gefüllten Speisekammer bewirten.

Herr Oskar genoss diese Zeit, wenn seine Untermieter bei ihrem Vetter weilten.

Manchmal ging es doch recht turbulent zu, wenn die Kinder durch den Wagen tollten.

Oskar liebte seine Familie, aber er war nicht mehr der Jüngste. So ein bisschen Ruhe ab und zu tat ihm doch gut.

So döste Oskar vor sich, als eine wütende Stimme schimpfte: „Verflixt, wo bin ich denn hier hingeraten!“

Herr Oskar ließ seine Scheinwerfer aufflammen und sah einen seltsam gekleideten Jungen mit blonden Ringellocken, der sich mit finsterem Gesicht umsah.

Geblendet durch das helle Licht der Scheinwerfer, schützte er seine Augen mit der Hand und stapfte auf das Auto zu.

Er klopfte an die Scheibe und Herr Oskar öffnete das Fenster. Der Junge schaute erstaunt in das Innere,

Der Wagen ist ja leer, wer hat dann das Fenster geöffnet?“

Na ich,“ lachte Oskar vergnügt, „aber komm doch herein mein Junge, hier ist es wärmer und gemütlicher.“

Dieser kletterte durch das Fenster und ließ sich auf den Sitz fallen.

Die Scheiben glitten nach oben und sperrten die Kälte aus.

Darf ich mich vorstellen, ich bin Herr Oskar, das kleine rote Auto.“

Toll, ich wollte schon immer einmal in so einem Ding sitzen,“ murmelte der unbekannte Insasse und betrachtete aufmerksam das Armaturenbrett und den Schalthebel.

Hast du eine Automatik eingebaut?“

Oskar lachte, „ nein, die Elfenkönigin hat mich mit einem Zauber belegt, zum Dank, dass ich ihre Tochter gerettet habe. Aber du scheinst noch nie in einem Auto gesessen zu haben. Gibt es, da wo du herkommst keine Autos?“

Entschuldige, ich habe ich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin der Engel Franziskus und gerade frisch aus dem Himmel gepurzelt.“

Wie dass denn?“

Franziskus runzelte die Stirn.

Das weiß ich auch nicht. Eben war ich noch oben und dann stehe ich plötzlich hier mitten in der Einöde.“

Das ist wirklich seltsam, aber nun lass uns schlafen, Morgen sehen wir weiter.“

Wie freuten sich die Tiere, als sie am nächsten Morgen den Engel kennen lernten und aufgeregt erzählten sie ihm , dass letztes Jahr am HL. Abend das Christkind bei ihnen im Wald war.

Und natürlich wollten sie wissen, ob es auch dieses Jahr wieder kommen würde und er deshalb hier wäre.

Franziskus, dem schon der Kopf schwirrte, weil alle durcheinander redeten, wollte gerade antworten, als ein Rauschen in der Luft zu hören war.

 

(c) Irmi Brüggemann

Mit einem lautem Knall landete Frau Eule auf Herrn Oskars Dach.

Oho!“ rief dieser empört, „zerkratz mir nicht das Dach mit deinen riesigen Krallen!“

Ach halt die Klappe, Oskar, du bist ein Schrottauto, da macht ein Kratzer mehr oder weniger nichts aus.

Außerdem bist wohl du wieder an dem Höllenlärm hier schuld.“

Sie ließ ihren zornigen Blick über die Tiere gleiten, die plötzlich ganz still waren.

Sagt einmal, könnt ihr keine Rücksicht auf eine alte Frau nehmen, die die ganze Nacht auf war und etwas schlafen möchte?“

Ihr Blick fällt auf den Engel.

Aha, Besuch, du bist wohl für den Spektakel hier verantwortlich.“

Franziskus nickte schüchtern.

Frau Eule‘s Blick wurde milder.

Du siehst aus wie die kleinen Jungen, die letztes Jahr das Christkind begleitet haben. Will es uns auch dieses Jahr besuchen und bist du deshalb hier?“

Franziskus zuckte die Schultern.

Ich weiß nicht, gestern Abend war ich im Himmel und auf einmal stand ich hier mitten im Wald.“

Alles im Leben hat einen Sinn. Hm, vielleicht hat Gott einen Auftrag für dich?“

Aber er hat mir nichts gesagt."

Vielleicht sollst du es selber heraus finden. Wie heißt du denn?“

Franziskus!“

In den Augen der Eule blitzte es auf. Sie breitete ihr Flügel aus, warf einen strengen Blick in die Runde und brummte.

Ich muss jetzt schlafen. Ich hoffe ihr nehmt Rücksicht auf mich.“

Sie rauschte davon.

Oskar wurde sehr nachdenklich. Irgendwie hatte er das Gefühl, als wüsste seine Freundin, die Eule mehr, als sie sagen wollte.

Franziskus streifte mit den Tieren durch den Wald, lernte auch die anderen Waldbewohner kennen, darunter auch die Wichtel. Nur Elfen traf er keine, denn die schliefen tief unter der Erde.

Als er abends wieder ins Auto kletterte, erzählte er aufgeregt von seinen Erlebnissen. Doch plötzlich wurde er still und traurig.

Wenn ich nur wüsste warum ich auf die Erde gekommen bin.“ flüsterte er.

Du wirst es erfahren, Gott hat dich nicht auf die Erde geschickt ohne dafür zu sorgen, dass du Hilfe bekommst. Hab Vertrauen.“ tröstete Oskar.

Der Engel rollte sich auf dem Sitz zusammen und bald ist nur noch sein gleichmäßiges Atmen zu hören.

Am späten Vormittag des nächsten Tages kam Kathrin mit ihrer Familie wieder zurück. Wie staunten sie, als sie den Engel auf dem Beifahrersitz sahen.

Sie schlüpften in das Auto, kletterten auf die Rücklehne und wollten wissen, wie es im Himmel aussah, ob das Christkind auch dieses Jahr wieder zu ihnen kommt.

Herr Oskar hörte schmunzelnd dem Durcheinander zu. Obwohl er die Ruhe genossen hatte, so merkte er doch wie sehr er seine Familie vermisst hatte.

Es klopfte am Fenster und Herr Oskar ließ die Scheibe herunter gleiten.

Frau Eule`s rundes Gesicht wurde sichtbar und quietschend verschwanden die Mäuse im Riss der Rückbank.

Feiglinge,“ brummte die Eule.

Rück rüber Kleiner, ich denke ich weiß warum du hier bist.“

Die Eule machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem.

Kommt heraus, ihr kleinen Feiglinge, ihr wollt sicher auch wissen, was ich zu berichten habe. Außerdem habe ich Herrn Oskar versprochen euch nichts zu tun. Und ich pflege meine Versprechen zu halten".

Langsam kletterten die Mäuse aus ihrem Versteck, setzten sich aber vorsichtshalber weit entfernt von der Eule.

Diese kicherte, wurde aber sofort wieder ernst.

Als du mir gestern deinen Namen nanntest, da kam mir die Idee, das könnte vielleicht ein Hinweis sein.“

Ein Hinweis, worauf?“ Etwas ratlos sah der Engel den Vogel an.

Im Dorf lebt ein junger Pfarrer, der den Hl. Franziskus sehr verehrt. Dieser junge Mann ist der Sohn eines reichen Fabrikanten und sollte sein Nachfolger werden.

Doch je älter der Junge wurde, fühlte er, dass er lieber Gott und den Menschen dienen wollte, als die Fabrik zu übernehmen.

Nach einem heftigen Streit warf sein Vater ihn aus dem Haus.

Vor zwei Jahren verarmte der alte Mann, sein Sohn weiß nicht, dass sein Vater jetzt ein kümmerliches ärmliches Leben führt. Vielleicht ist es deine Aufgabe die beiden zusammen zu führen.“

Woher weißt da das alles?“ will Herr Oskar wissen.

Ich komme viel herum.“

Gib doch zu, dass du neugierig bist und die Menschen belauscht.“ rief Klein Oskar, der frechste der Mäusekinder.

Die Eule drehte sich so schnell um, dass alle fünf Mäuse sich erschrocken duckten.

Hör mal zu du Großmaul, ich habe deinem Patenonkel versprochen, euch nicht zu fressen, aber ich habe nicht versprochen, dich so lange zu beuteln, bis dir hören und sehen vergeht.

Herr Oskar, öffnen sie bitte das Fenster. Ich möchte weiter schlafen.“

Die Eule schlüpfte hinaus.

Aber was soll ich denn tun?“ rief der Engel ihr nach.

Das musst du schon selber wissen, ich habe dir gesagt was deine Aufgabe ist.“

Mutlos ließ Franziskus sich auf den Sitz zurück fallen.

Nun, nun" tröstete Herr Oskar, das wird sich alles finden. Als erstes solltest du versuchen, Pfarrer Gietl kennen zu lernen.“

Da kann ich helfen,“ rief Max und kletterte nach vorne. „ Mein Vetter Heinrich wohnt doch in der Kirche, ich kann dich zu ihm bringen.“

Können wir gleich zu ihm.“

Max betrachtet zweifelnd die kleinen Flügel des Engels

Kannst mit den Dingern denn fliegen?

Franziskus wird rot. „Nur ganz kurze Strecken, denn sie sind noch klein, aber sie wachsen jedes Jahr ein bisschen.“

Dann werden wir gehen.“

 



Kurze Zeit später wanderten eine Maus und ein kleiner Engel durch den Wald.

An der Kirche angekommen bat Max den Engel zu warten, denn er wollte erst nachsehen, ob Menschen in der Kirche waren.

Flink schlüpfte die Maus durch die Tür, die einen Spalt geöffnet war und raste kreuz und quer durch die Kirche.

Heinrich betrachtete kopfschüttelnd seinen jungen Verwandten.

Was rast du denn wie ein Verrückter durch die Kirche?“

Ich wollte nur nachsehen, ob Menschen da sind.“

  Heinrich lachte und sein grauer Schnurrbart hüpfte auf und ab,“ da hättest du doch mich fragen können, hast du nicht an meinen Hinterausgang gedacht.“

Das habe ich in der ganzen Aufregung ganz vergessen,“ kicherte Max.

Dann erzählte er seinem Vetter von dem Engel, der auf die Erde geschickt worden ist, um Pfarrer Gietl zu helfen.

  Heinrich begann zu strahlen.

Das wird mein schönstes Weihnachtsfest!

Jede Nacht wenn alle schlafen, kommt der Pfarrer in die Kirche und betet und dabei laufen ihm die Tränen übers Gesicht. Wie gerne würde ich ihm helfen, aber nun hol den Engel herein.“

Staunend sah dieser sich in der kleinen aber hübschen Kirche um. Vor dem Altar war die Krippenspiele nachgestellt. Darüber hing ein großer Adventskranz und bei drei der Kerzen war der Docht schwarz und Morgen würde die vierte Kerze angezündet.

Gefällt dir unsere Kirche. Max hat mir erzählt warum du hier bist, komm setzen wir uns auf eine Bank und reden darüber.“

  Heinrich erzählte nun, dass Pfarrer Gietl jede Nacht weinend in der Kirche betet. Und Franziskus erzählt ihm, was die Eule über seinen Vater berichtet hat.

Nun steckten sie die Köpfe zusammen und beraten.

Erschrocken fuhren sie auseinander, als sie Stimmen hören.

Das sind die beiden Frauen, die die Kirche putzen und die Blumen richten,“ flüsterte Konrad.

Die Mäuse verschwanden in Heinrichs Wohnung. Der Engel aber lief zur Krippe, kniete sich nieder und faltete die Hände.

Ein schlaues Kerlchen,“ grinste Max.

 



In der Nacht kam der Pfarrer durch die Sakristei in die Kirche, betete und dabei liefen ihm die Tränen über das Gesicht.

Franziskus schlich leise durch die Kirche und setzte sich still neben den Betenden.

Als dieser sich schwerfällig erhob, sah er den kleinen Kerl neben sich.

Was machst denn du so spät noch hier, solltest du nicht Zuhause im Bett liegen. Deine Eltern werden sich Sorgen machen.“

Franziskus kicherte. „Ich bin ein Engel und wurde von Gott gesandt, um dir zu helfen.“

Pfarrer Gietl fuhr sich über die Augen und betrachtete sich den kleinen Gesellen genauer, das weiße Kleidchen und tatsächlich die kleinen Flügel, die hinten am Rücken hervor spitzten.

Träumte er? Heinrich und Max liefen auf der Bank auf sie zu und machten Männchen.

Der junge Mann schlug beide Hände vors Gesicht und murmelte.

Nun macht sich der Schlafmangel bemerkbar. Ich habe Halluzinationen.“

Die Mäuse schlichen sich davon, doch der Engel blieb sitzen.

Du bist ja immer noch da,“ rief der Pfarrer, als er die Hände vom Gesicht nahm.

Franziskus grinste.

Sicher, du glaubst doch an Gott und du glaubst auch an Engel. Warum glaubst du nicht, dass Gott deine Gebete erhört und mich gesandt hat, um dir und deinem Vater zu helfen?“

Ich glaube. Ich brauche erst mal Schlaf. Komm mit, du kannst im Pfarrhaus übernachten, aber lass dich nicht von meiner Haushälterin erwischen.“

 


 

Es klopfte an der Tür des Zimmers, in dem der Engel übernachtet hatte und der Pfarrer trat ein.

Hier ich habe dir einige Kleider aus dem Paket für die Kleidersammlung heraus gesucht, die Größe dürfte stimmen. Nach dem Frühstück fahren wir zu meinem Vater, ich habe inzwischen seine Adresse erfahren.“

Der Engel zog die Jeans und den warmen Pullover über und folgte dem jungen Mann. Vor der Küche flüsterte dieser. Ich habe meiner Haushälterin erzählt, du hättest dich verlaufen und ich hätte dich in der Kirche gefunden.“

Rosa hatte den kleinen Jungen sofort in ihr Herz geschlossen und verwöhnte ihn direkt, was dieser sich grinsend gefallen ließ.

 



Franziskus saß angeschnallt auf der Rückbank des Autos und sah staunend wie die Landschaft an ihm vorüberflog.

Vor einem heruntergekommenen Haus hielt das Auto an und die beiden stiegen aus.

Zweifelnd schaute der Engel auf das baufällige Gebäude.

Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“

Oliver Gietl nickte sorgenvoll und öffnete die  zerkratzte Haustür.

Der Engel folge ihm die ausgetretenen Stufen nach oben.

Der Pfarrer klingelt. Schlurfende Schritte näherten sich der Tür, die sich langsam öffnet.

Der junge Mann erschrak. Beinahe hätte er seinen Vater nicht erkannt. Die Kleider schlotterten um den einst so stattlichen Mann, die schneeweißen Haaren hingen in Strähnen in das unrasierte Gesicht.

Papa!“ Er nahm den alten Mann in die Arme und beide weinten.

Franziskus setzte sich leise auf das Sofa und am liebsten hätte er auch geweint.

Lange sprachen Vater und Sohn miteinander und alles was zwischen ihnen lag verschwand. Es zählte nur noch das Heute.

Während sein Vater duschte und sich frisch machte, packte sein Sohn einen Koffer.

Sie hatten beschlossen, dass der alte Herr nun im Pfarrhaus bei seinem Sohn leben sollte.

Schon lange hatte er bereut, dass er damals so hart zu seinem Sohn gewesen war, nur sein Stolz hatte ihn daran gehindert sich zu versöhnen. Erst als das Leben ihn in eine harte Schule genommen hatte, war er demütig geworden.

Und Gott hatte zum richtigen Zeitpunkt seinen Engel gesandt.

Als das Auto vor dem Pfarrhaus hielt bemerkt Oliver erst, dass die Rückbank leer war, nur eine kleine weiße Feder lag noch da.

Danke Franziskus,“ flüsterte er.

Rosa nahm den alten Herrn sofort unter ihre Fittiche. Sie würde ihn schon wieder aufpäppeln.

Als Max in den Wald zurück kehrte und seinen Freunden berichtete was sich im Pfarrhaus inzwischen ereignet hatte, waren allen glücklich und zufrieden.



© Lore Platz 2.12.2014

 

 

Ich wünsche Euch ein schönes Weihnachtfest und denkt daran, das schönste Geschenk ist die Liebe, denn sie ist die einzige Kraft, die das Dunkle besiegt.

Wir können die Welt nicht ändern, aber wir können sie besser machen

 

Wir sehen uns an Silvester wieder!

Eure Märchenfee 


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Montag, 23. Dezember 2024

Türchen 23 2024

 

  Türchen 23   2024



(c) Irmi Brüggemann

Nur noch ein Tag, dann ist er da, der besonders von den Kindern heiß ersehnte Heilige Abend.

Ich kann mich noch erinnern, wie langsam die Zeit verging und besonders als meine Schwester alt genug war, um im verschlossenen Wohnzimmer den Engeln beim Schmücken des Baumes zu helfen.

Jedes Mal wenn sie die Tür öffnete klang eine herrliche Musik zu mir, die ich auf dem Gang lauerte, um vielleicht doch ein Zipfelchen von einem Engel zu sehen.

Meine Schwester grinste und erzählte mir, wie schön die Engel wären und ich konnte ja ihre herrlichen Stimmen hören.

Dass die schöne Musik aus dem Radio kam, wusste ich ja damals nicht.

Als meine Schwester dann wieder im Zimmer verschwand schlich ich zur Tür und wollte durch das Schlüsselloch spähen, doch sie hatte es wohl geahnt und ein Tuch davor gehängt.


 

Türchen 23  2024



Zwurrli feiert Weihnachten



(c) Werner Borgfeldt


Der Wichtel Zwurrli setzte sich laut gähnend im Bett auf und wusste im ersten Moment nicht wo er war.

Dann fiel es ihm wieder ein.

Es hatte seit Tagen so heftig geschneit, dass sie ihre Wohnung unter der Wurzel des Birnbaums nicht mehr verlassen konnten.

Biggi hatte den Schnee vor der Tür weg gefegt und ihnen dann vorgeschlagen, die Wintertage doch im Schuppen zu verbringen.

Der lange Kerl hatte schon vor einigen Wochen die Wände des Schuppens isoliert, wie Biggi das nannte, damit es Susi mit ihren Kindern Annabell und Gustav schön warm hatte.

Kaspar, der ja eigentlich während des Winters im Haus schlafen durfte, war zu seiner Adoptivfamilie in den Schuppen gezogen.

Der lange Kerl hatte auch für Orlando, den Igel eine Kiste gezimmert, in der er seinen Winterschlaf halten konnte.

Als Biggi nun vorschlug, dass sie zu ihren Freunden in den Schuppen ziehen sollten, waren sie sofort einverstanden.

 

 

(c) Roswitha Borgfeldt

Nur Großvater Knorrwurzel, der seit kurzem bei ihnen wohnte, war dagegen.

„ Ein echter Wurzelwichtel wohnt unter den Wurzeln eines Baumes und nicht bei den Menschen!“ hatte er gewettert.

Donar hatte wie immer den Kopf eingezogen, wenn sein Vater schimpfte, doch Fuchsia hatte die Hände in die Seiten gestemmt und gefaucht:

„Deshalb wohnst du jetzt ja auch bei uns, weil du allein in deiner Wohnung im Wald nicht mehr zurecht kommst.

Wir werden in den Schuppen ziehen, solange das Wetter so schlecht ist, pasta! Du kannst ja hier bleiben und dich einschneien lassen!“

 

 


Donar hatte seine Frau bewundernd angesehen, er hätte niemals den Mut gehabt seinem Vater zu widersprechen.

So hatten sie also gestern ihre Sachen zusammengepackt und waren in den Schuppen gezogen und der Opa war, wenn auch murrend mitgekommen.

Biggi hatte in einem Spielwarengeschäft hübsche kleine Möbel besorgt und ihnen eine kleine Wohnung in der Ecke gebaut.

Opa Knorrwurzel hatte wieder gegrummelt, dass ein echter Wurzelwichtel unten zu den Wurzeln gehört, hatte es sich aber sofort in dem bequemen Ohrensessel gemütlich gemacht.

Zwurrli schlüpfte leise aus dem Bett, denn selbst die kleinen Katzen schliefen noch.

Nachdem er sich warm angezogen hatte verließ er den Schuppen durch die kleine Tür, die Biggi „Katzenklappe“ genannt hatte.

Über Nacht war wieder Schnee gefallen, aber Zwurrli liebte es, durch den Schnee zu laufen, wenn er auch manchmal einsank.

Gerade ging der lange Kerl pfeifend zur Straße. Im Winter fuhr er mit dem Zug zur Arbeit.

Zwurrli huschte schnell zum Haus und kratzte an der Tür.

Gleich darauf ließ seine Menschenfreundin ihn herein und wohlige Wärme umfing ihn.

Er folgte ihr in die Küche, in der es herrlich duftete.

Auf dem Tisch lagen viele Blätter und der Wichtel kletterte hurtig am Stuhlbein hinauf und sprang dann auf den Tisch.

Aufmerksam betrachtete er die bunt bemalten Blätter.

„Aber das bin ja ich!“

Biggi, die gerade ein Marmeladenbrot in ganz kleine Stück schnitt und in eine Puppentasse Milch goss, kam an den Tisch.

Sie räumte die Blätter beiseite und stellt das Frühstück vor den Wichtel, der es sich schmecken ließ.

Ich arbeite gerade an einem Bilderbuch. Morgen habe ich Abgabetermin, damit es bis Weihnachten noch fertig wird.“

„Und in dem Buch komme ich vor?“

„Ja, du und deine Familie feiert Weihnachten bei mir und Ricky in dem Buch, ach und auch der Onkel Theobald feiert mit.“

Die junge Frau zog ein Blatt hervor, auf dem der Professor zu sehen war.

Zwurrli kicherte als er seinen Freund sah.

„Was ist eigentlich Weihnachten?“

„Nun am 24. Dezember feiern wir die Geburt von Jesus Christus, der einst auf die Erde kam, um die Welt zu retten.

Und da wir deshalb so glücklich sind, stellen wir an diesem Tag einen schönen leuchtenden Tannenbaum in unser Zimmer und die Kinder werden von dem Christkind beschenkt, denn das freut sich, dass wir seinen Geburtstag so schön und festlich feiern.

Und die Erwachsenen beschenken sich gegenseitig, da sie besonders an diesem Tag daran erinnern wollen wie lieb sie sich haben.

Zwurrli hat den letzten Krümmel gegessen und trank nun einen großen Schluck seiner Milch.

Biggi fuhr flink mit dem Stift über ein weißes Blatt Papier und der Wichtel staunte, als er einen großen geschmückten Baum sah und darunter waren er und seine Familie zu sehen und selbst Opa Knorrwurzel stand mit grimmigen Gesicht etwas abseits.

Seine Menschenfreundin malte nun alles mit Buntstiften aus, dann hob sie es hoch, damit der Wichtel es besser sehen konnte.

„Denkst du, dass ihr gemeinsam mit uns Weihnachten feiern könntet?

Außerdem würde ich mich freuen, wenn Ricky euch endlich auch kennen lernen würde.“

Zwurrli besah sich das hübsche Bild und nickte.

Ehe er sich versah hatte Biggi ihm einen Kuss gegeben und jubelte:

„Dann weiß ich auch schon das Ende meiner Geschichte und kann sie morgen zum Verlag bringen!“

Sie sammelte die Blätter und legte sie beiseite.

„Hilfst du mir das Frühstück für deine Familie zu bereiten? Denkst du deinem Opa würde ein Grießbrei schmecken?“

Zwurrli kicherte und meinte listig, wenn du einen Klecks deiner leckeren Erdbeermarmelade darauf gibst.“

„Leckermaul!“ grinste Biggi.

Später dann brachten sie die Mahlzeit zum Schuppen. Fuchsia hatte bereits den Tisch gedeckt und der Großvater hatte als erstes seinen Teller leer, was ihn aber nicht hinderte immer wieder einen zornigen unfreundlichen Blick zu Biggi hinüber zu werfen, die gerade die Katzen fütterte.

 

 


Nachdem die junge Frau noch nach dem schlafenden Igel gesehen hatte verließ sie den Schuppen.

Zwurrli aber berichtete seiner Familie, dass sie zum Weihnachtsfest bei den Menschen drüben im Haus eingeladen waren.

Alle freuten sich, nur der Opa maulte wieder:

„Unfug, Wurzelwichtel habe bei den Menschen nichts verloren!“

Doch niemand achtet auf ihn, so zog er sich schmollend auf seinen Sessel zurück und paffte sein Pfeifchen.

Biggi hatte das fertige Bilderbuch zum Verlag gebracht und die versprachen es pünktlich zum Weihnachtsverkauf in die Geschäfte zu liefern.

Nun konnte die junge Frau mit den Vorbereitungen zu dem ungewöhnlichen Weihnachtsfest beginnen.

Ricky erzählte sie natürlich nicht, dass außer Onkel Theobald auch die Wichtelfamilie kommen würde.

Wie sie sich auf sein Gesicht freute, denn oft genug hatte er sie wegen den Wichteln verspottet.

Zuerst galt es Geschenke zu besorgen, dass erledigte sie immer schon vor dem ersten Samstag zum Advent, denn da konnte man noch durch die Geschäfte schlendern ohne erdrückt werden.

Für Onkel Theobald fand sie einen großen Bildband über Botanik. Dazu noch einen warmen weichen Kaschmirschal und passende Handschuhe.

Ricky bekam eine neue Aktentasche, denn seine sah schon recht schäbig aus, dazu einige Romane seines Lieblingsschriftstellers.

Und dann betrat sie freudig erregt das große Spielwarenhaus.

Die Verkäuferin, die sie das letzte Mal bedient hatte erkannte sie sofort wieder und kam freudestrahlend auf sie zu.

„Guten Tag, haben ihrer Tochter die Puppenmöbel gefallen?“

Biggi wurde etwas rot.

„Haben sie auch Puppenkleider?“

„Welche Größe?“

Biggi zeigte mit beiden Händen die Größe der Wichtel an.

 

 


Bald stand sie an einem Stand mit einem riesigen Sortiment von Kleidungsstücken, von Unterwäsche bis Schuhe gab es alles.

Der Einkaufskorb wurde immer voller.

Selbst ein Pelzmantel für Fuchsia war dabei und für jeden ein paar pelzgefüttert Stiefel und für den Opa noch ein paar flauschige Pantoffel.

Zuhause wurden die Geschenke gut versteckt.

In der Adventszeit durften Zwurrli und seine Geschwister beim Plätzchen backen helfen. War das ein Gekicher und Vergnügen und ein Chaos in der Küche.

Aber alle hatten eine Menge Spaß.

Ihre Menschenfreundin hatte jedem einen Fingerhut zum Ausstechen gegeben und so entstanden ganz kleine Plätzchen.

Natürlich durften sie auch beim Verzieren der großen Plätzchen helfen und dabei kamen die lustigsten Kreationen zustande.

Anschließend bekamen sie für jeden Wichtel ein Plätzchen mit, der Rest kam in großen Dosen.

Klein und Groß schön getrennt.

Der Opa freute sich ganz besonders immer, wenn seine Enkel mit einem der leckeren Kekse für ihn zurückkamen, aber das hätte er um nichts in der Welt zugegeben.

Am heiligen Abend saß Biggi im Schneidersitz neben dem Christbaum und ließ ihren Blick liebevoll durch das Zimmer gleiten.

Neben ihr lag Susi und schnurrte behaglich unter ihrer streichelnden Hand.

Kasper lag vor dem Kamin und beobachtete seine beiden Adoptivkinder, die versuchten das Wollknäuel zu erhaschen, das Onkel Theobald vor ihnen baumeln ließ. Fuchsia bewunderte immer wieder ihren Pelzmantel, während Donar mit Trollo und Tauperle das Kricketspiel ausprobierte.

Opa Knorrwurzel betrachtete glückselig seine neuen Pantoffel und wendete die Füße hin und her vor Behagen.

Als er ihren Blick spürte verfinsterte sich sein Gesicht.

Biggi schmunzelte und sah hinüber zu ihrem Mann, der mit Zwurrli auf dem Sofa saß, scheinbar in eine ernsthafte Unterhaltung verstrickt.

Sie musste grinsen, als sie an den entsetzten Blick ihres Mannes dachte, wie sie mit der Wichtelfamilie ins Wohnzimmer marschierte.

Zärtliche umfasste ihr Blick alle ihre Lieben und dann strich sie leicht über ihren Bauch.

Nächstes Weihnachten würde ihr kleine Familie sich um ein

Mitglied vergrößern.

Ja Ricky würde heute noch eine Überraschung bevorstehen.


© Lore Platz 13.12.2014

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Sonntag, 22. Dezember 2024

Türchen 22- 2024

 

Türchen 22

Glücklich die Menschen, die im Alter eine liebe Familie um sich haben. Leider aber gibt es auch viele Senioren, die von ihren Verwandten am liebsten abgeschoben werden.
Davon erzählt meine heutige Geschichte.
Viel Spaß beim Lesen!

(c) bonmomo


Der Nussknacker

Zwei Männer springen aus dem Wagen und bald stehen zwei große Container auf dem Rasen.
Ein junger Mann lehnt lässig am Treppengeländer und beobachtet alles ganz genau.
Hinter ihm öffnet sich die Tür und eine alte Dame tritt heraus.
Kurz streift ihr Blick die Container, dann presst sie die Lippen zusammen und sich am Geländer festhaltend geht sie die Stufen hinunter.
Der junge Mann hatte ihren Koffer genommen und war mit schnellen Schritten zu seinem Auto geeilt.
Unten angekommen dreht sich die alte Dame noch einmal um und betrachtet mit wehmütigen Blicken das alte Haus.
Tränen steigen in ihre Augen.
Über den Hof kommt ein alter Mann.
Es ist ihr Nachbar August Weinberger.
Er und Sieglinde Neumann kennen sich seit Kindesbeinen.
„Hallo Linde, nun geht es also los?“ lächelt er etwas verlegen.
Die alte Frau nickt traurig.
„Ach Gustl, ich habe solche Angst, ich kenne doch niemanden im Altersheim.“

Ein riesiger Lastwagen donnert die Straße herunter und fährt in die Auffahrt eines alten Anwesens.

„Ach Lindchen, es ist ein schönes Heim und du wirst bestimmt bald Anschluss finden und ich werde dich so oft es geht besuchen.“

 Das Gesicht von Sieglinde hellt sich auf.

„Das wäre schön, Gustl.“

„Oma, nun komm schon, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit!“ ruft der Enkel ungeduldig.

Sieglinde hebt den Kopf, strafft die Schulter und geht hinüber zu ihrem Enkel Hans.

Lange noch sieht der alte Mann dem Auto hinterher, dann geht er über die Straße und betritt das schmucke Einfamilienhaus, das sein Sohn gebaut hat und in dem es auch ein kleine Wohnung für ihn gab.

Seine Schwiegertochter Rosemarie steht in der Küche und schneidet Gemüse.

Einen Moment sieht der alte Mann ihr versonnen zu, dann tritt er auf sie zu, umarmt sie und gibt ihr einen Kuss.

„Nanu, wofür war das denn?“ lacht die junge Frau.

„Ich bin so froh, dass mein Sohn dich geheiratet hat und ihr mich nicht in ein Altersheim abschiebt.“

Seine Schwiegertochter lächelt.

 


Es ist dunkel und nur der Mond wirft sein fahles Licht durch die Luke in den alten Speicher, in dem es recht lebendig ist.

Mäuse huschen über den Boden und eine dicke fette schwarze Spinne krabbelt eifrig über die Wand, um ein weiteres ihrer kunstvollen Netze zu spinnen, mit dem schon fast der ganze Speicher bedeckt ist.

Nun hat sie den Boden erreicht und krabbelt vorsichtig auf eine Kiste mit Weihnachtsdekorationen zu.

Fast hat sie den Rand der Holzkiste erreicht, da taucht der Kopf eines Nussknackers auf. Zornig fletscht er seine kräftigen Zähne.

„Wage es nicht, alte Vettel, mich mit deinen klebrigen Fäden zu bedecken!“

Die Spinne wendet sich um und krabbelt eilig davon.

Der Nussknacker aber stützt sich mit dem einem ihm noch verbliebenen Arm ab, um sich aufrecht hinzusetzen.

Traurig betrachtet er seine zerschmetterten Beine und eine Träne läuft aus seinen Augenwinkel.

Es raschelt und Madam Maus mit ihren fünf Kindern trippelt über den Boden.

„Guten Abend, Herr Nussknacker, wir möchten uns verabschieden.“

Der Nussknacker nickt traurig.

Madam Maus hatte ihm vor einigen Tagen erzählt, dass seine Sieglinde von ihren Kindern ins Altersheim abgeschoben wurde, weil der Enkel Hans das alte Haus abreißen und ein neues bauen will.

„Herr Nussknacker?“ reißt ihn die Stimme von Madam Maus aus seinen Gedanken.

„Wären sie so liebenswürdig und würden uns zum Abschied noch eine ihrer wundervollen Geschichten erzählen?“

 

(c) Elli Mathing

Dieser nickt, setzt sich etwas bequemer hin und erzählt der Maus und ihren verzückt lauschenden Kindern wie er zum ersten Mal in dieses Haus gekommen war.

Der Vater der damals fünfjährigen Sieglinde hatte ihn ihr geschenkt. Es war sein letztes Geschenk, denn wenige Monate später ist er im Krieg gefallen.

Seitdem war er für die kleine Sieglinde etwas ganz besonders. Das ganze Jahr über durfte er in ihrem Zimmer auf dem Regal stehen.

Und wenn der alte große Baum hinter dem Haus verschwenderisch seine Walnüsse spendete, dann kam er in die gute Stube stand dann neben einer großen Schüssel mit Nüssen und konnte fröhlich für die Bewohner diese knacken.

Doch dann eines Tages, der Krieg war schon eine Zeitlang vorbei, da wurde in die Stube ein großer bis zur Decke reichender Tannenbaum gebracht und mit allerlei bunten Kugeln, Sternen und Engelhaar geschmückt.

Echte Wachskerzen wurden aufgesteckt und ihr Licht strahlte mit Sieglindes Augen um die Wette, als sie das Zimmer betreten durfte.

Seitdem hatte er noch viele viele Weihnachten in diesem Haus erleben dürfen, bis zu dem verhängnisvollen Tag, an dem der Enkel Hans ihn in einem Wutanfall quer durch das Zimmer an die Wand geworfen hatte.

 

(c) bonmomo

 

An dieser Stelle schluchzten die Mäusekinder laut auf. Seitdem verbrachte er seine Tage vergessen hier oben auf dem Speicher.

Madam Maus aber sieht hinauf zu Luke.

„Es beginnt hell zu werden, wir müssen los.“

„Haben sie denn schon eine Bleibe?“

„Ja, wir ziehen aufs Land zu meinem Vetter.“

„Dann passen sie gut auf, wenn sie die Stadt verlassen, es streifen viele Katzen durch die Gegend.“

„Keine Bange, wir nehmen den Weg durch die Abwasserkanäle.“



Nun bekommt der Nussknacker noch von jedem Mäuschen einen Kuss und mit einem mehrstimmigen

„Auf Wiedersehen!“ verschwinden sie in einem Loch in der Mauer.

Wieder allein sinniert der Nussknacker traurig. Was wohl aus ihm werden wird?

Kaum geht die Sonne auf, fährt ein Wagen in die Einfahrt und mehrere Männer die auf der Ladefläche sitzen springen herab und verschwinden lachend und schwatzend im Haus.

Bald füllt sich ein Container nach dem anderen.

Gustl steht am Fenster seines Zimmers und guckt traurig zu, wie ein Stück nach dem anderen lieblos weg geworfen wird.

Plötzlich sieht er etwas oranges aufblitzen. Ist das nicht der Nussknacker, den Sieglinde von ihrem Vater bekommen hatte und an dem sie so hing.

Mit schnellen Schritten eilt er hinüber und zu dem Container.

Ein Mann brüllt ihn an:

„Hey, Alter verschwinde hier gibt es nichts zu gaffen!“

Eben kommt ein baumlanger kräftiger junger Mann mit dem alten Schaukelstuhl aus dem Haus.

„Halt den Schnabel, Max und kümmere dich um deine Arbeit.“

Er legt den Schaukelstuhl in dem Container ab, dann kommt er herüber zu Gustl.

Mit einem verlegenen Lächeln meint er:

„Entschuldigen sie Herr Rektor, meine Leute sind manchmal es ungehobelt.“

Über das Gesicht des Lehrers gleitet ein feines Lächeln.

„Bist du nicht der Toni Ungemach, der immer so viel Probleme in der Mathematik hatte?“

„Ja und auch ihre Nachhilfe hat nicht viel gebracht, aber die selbst gebackenen Kekse ihrer Frau waren prima.“

„Ach und du räumst jetzt Häuser aus?“

„Ja unter anderem, ich habe doch die Spedition meines Vaters geerbt, keine Angst meine Frau macht die Buchführung!“

Beide lachen vergnügt.

Dann räuspert sich Gustl und fragt bittend.

„Meinst du, dass ich mir den alten Nussknacker da nehmen darf, die Frau Neumann hing doch so an ihm. Vielleicht kann ich ihn reparieren und ihr ins Altersheim bringen.“

„Ja, nehmen sie nur, Herr Rektor. Es ist eine Schande wie der Enkel mit der alten Frau umgeht, sagen sie ihr einen schönen Gruß von mir, wenn sie sie besuchen.“

Mit dem Nussknacker in der Hand verschwindet Gustl in dem Gartenhaus, in dem ihm sein Sohn eine kleine Werkstatt eingerichtet hat.

Und nun wird geschnitzt, gehobelt, geschliffen und gemalt und dann steht der Nussknacker in voller Pracht mit zwei Beinen und Armen auf dem Regal zum Trocknen.

Mit einem versonnen Lächeln betrachtet der alte Mann sein Werk. Wie würde sich Sieglinde freuen.

In zwei Monaten war doch Weihnachten. Ja er würde ihn ihr zu Weihnachten schenken.

Vergnügt pfeifend verlässt er die Werkstatt.

Die nächsten Wochen besucht er seine Freundin nun so oft er kann im Seniorenheim.

Sieglinde kann sich nur langsam dort eingewöhnen und von ihrer Familie lässt sich keiner blicken.

So freut sie sich immer ganz besonders wenn Gustl vorbei kommt.

Manchmal holt sie auch sein Sohn Martin sonntags zu Kaffee und Kuchen nach Hause.

Und dann kommt der Hl. Abend.

Bereits am Vormittag wird Sieglinde geholt und während sie und Gustl die Kinder beschäftigen, schmücken die Eltern die Weihnachtsstube.

Nach einem leckeren Festmahl wird diese dann geöffnet.

 


Mit leuchtenden Augen blickt Sieglinde auf den strahlenden Weihnachtsbaum.

Dann werden die Geschenke verteilt.

Rosemarie reicht ihr ein Päckchen , in dem warme Handschuhe und ein schöner Schal sind und Sieglinde bedankt sich mit leuchtenden Augen.

Nun aber kommt Gustl verschmitzt lächelnd auf sie zu, in den Händen einen länglichen Geschenkkarton.

Vorsichtig hebt sie den Deckel und jubelt.

„Das ist ja mein Nussknacker!“

Behutsam hebt sie ihn aus der Schachtel und betrachtet ihn staunend von allen Seiten.

Dann blickt sie in die strahlenden Gesichter ringsum und haucht mit Tränen in den Augen

 „Danke!“

Später im Heim bekommt der Nussknacker seinen Platz auf ihrem Nachtschränkchen und wie in Kindertagen vertraut sie ihm ihre Nöte und Sorgen an und wie bereits damals hört er ruhig und verständnisvoll zu.

Als Sieglinde nach einigen Jahren starb, wurde der Nussknacker mit ins Grab gelegt und sie nahm in mit hinauf in den Himmel.


© Lore Platz 2013


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