Montag, 30. September 2024

Pension Eulenspiegel 5

Schon oft habe ich mich gefragt, warum Menschen die Geld haben, immer mehr haben wollen. Wir haben doch alle nur ein zeitlich begrenztes Leben und mtnehmen können wir es nicht. 

Ich wünsche euch einen schönen Wochenanfang und viel Spaß beim Lesen!


Doch wie ist es Patrick in den vergangenen sechs Jahren ergangen?

Für den Jungen begann ein wundervolles Leben, als er bei den Wildmoosers eingezogen war.

Nicht nur, dass er nach den Winterferien wieder regelmäßig die Schule besuchen konnte, er hatte auch ein gemütliches behagliches Zuhause.

Oft streifte er mit Ellen und ihrem Opa durch die Wälder und lernte viel über Forstwirtschaft.

Sein Entschluss stand bald fest, entweder würde er Landwirt oder Förster werden.

Nach Abschluss des Schuljahrs wechselte er deshalb

in die Realschule.

Zusammen mit Ellen fuhr er nun mit dem Schulbus in die Kreisstadt.

Das Jahr verging wie im Flug und eines Tages stand Matthias vor dem kleinen gemütlichen Häuschen.

Seine Zeit bei der Ölfirma war abgelaufen und er hatte genug gespart, um ein kleines Anwesen zu kaufen.

Während er sich noch umsah, starb unerwartet sein Vetter der Bertl. Und da Matthias der einzige noch lebende Verwandte war, erbte er den Lindenhof. Statt eines kleinen Anwesens waren Patrick und sein Vater nun plötzlich die Besitzer des größten Hofes und einer Mühle, außerdem war auf der Bank soviel Geld, wie mehrere Generationen gar nicht ausgeben konnten, wie Matthias staunend meinte.

Die Mühle wurde verpachtet und aus dem durch Geiz verwahrlosten Hof wurde mit der Zeit ein richtiges Schmuckstück. Die Ställe wurden von Grund auf erneuert, damit die Tiere sich wohlfühlen konnten. Die veralteten Maschinen und Geräte wurden durch neue moderne ersetzt. Auch wurde ein extra Gesindehaus gebaut und viele junge Knechte und Mägde eingestellt.

Tobias und Trude haben geheiratet und erhielten ein hübsches kleines Häuschen mit Garten. Die beiden Alten waren überglücklich.

Da sie aber ihr ganzes Leben lang gearbeitet hatten wollten sie nicht müßig sein und so übertrug Matthias dem Tobias die Oberaufsicht über die Knechte und Trude über die Mägde.

Auf dem Lindenhof war endlich das Glück eingekehrt.

Das Vieh gedieh prächtig, das Getreide stand gut, Obst gab es in Hülle und Fülle und Knechte und Mägde arbeiteten gern hier.

 


Obwohl der Bertl so schändlich an seinem Sohn gehandelt hatte, sorgte Matthias dafür, dass das Grab immer gut gepflegt war, schon aus Dankbarkeit wegen dem Reichtum, den er ihm hinterlassen hatte.

Oft stand er sinnend vor dem Grab und meinte:

Weißt Bertl, dein ganzes Leben hast du dir und anderen nix gegönnt und was hast du nun davon?

Hoffentlich hast du jetzt wenigstens deinen Frieden gefunden.“

Frau Wildmooser und Ellen kamen fast täglich zu Besuch und eines Tages fragten Matthias und Marianne die Kinder, ob sie etwas dagegen hätten, wenn sie heiraten würden.

War das eine Freude!

Der beste Wein wurde aus dem Keller geholt und Tobias und Trude mussten herüber kommen, denn die beiden gehörten schon längst zur Familie und dann wurde Verlobung gefeiert.

Das ganze Dorf war eingeladen, als die große Bauernhochzeit gefeiert wurde.

 


Seit Eulenspiegels Flucht sind inzwischen drei Jahre vergangen.

Patrick und Ellen sitzen auf den Stufen vor dem Haus und genießen die letzten Strahlen der Abendsonne.

Vom Stall herüber klingt das Muhen der Kühe, die an die Melkmaschine angeschlossen werden.

Der letzte Heuwagen fährt gerade in den Hof und nimmt die Kurve zu dem Heustadel, wo das Heu dann durch die Luke in die Tenne nach oben geworfen wird.

Die beiden Jugendlichen sitzen still und lauschen den vertrauten Geräuschen.

Denkst du eigentlich noch an Eulenspiegel?“ will Ellen wissen. Patrick sieht sie überrascht an, dann nickt er langsam.

Manchmal und dann frage ich mich, ob er überhaupt noch lebt und wie er damals entkommen ist.“ Ellen schmunzelt.

Ohne ihn hätten wir uns vielleicht gar nicht kennen gelernt und wären nicht so eine glückliche Familie.“

Tobias kommt aus dem Stall und mit sorgenvoller Miene auf das Haus zu. Ist Matthias da?“ will er von den Beiden wissen.

In der Stube, was ist denn los?“

Doch der alte Mann schüttelt nur den Kopf und hastet die Stufen hinauf. Patrick und Ellen springen auf und folgen ihm in die Stube.

Matthias sitzt am Tisch und liest die Zeitung und Marianne häkelt mit verträumten Gesicht, wie so oft in letzter Zeit.

Als Tobias gefolgt von den Kindern in die Stube kommt, heben beide den Kopf. Matthias erkennt sofort an dem ernsten Gesicht des alten Mannes, das etwas geschehen ist.

Die Kuh Magda gibt keine Milch mehr, sie ist einfach zu alt. Soll ich nach dem Abdecker schicken?“

Nein!“ schreit Patrick.

Matthias lächelt ihn beruhigend an.

Keine Angst mein Junge, auf diesem Hof können die Tiere, die uns so lange brav und treu gedient haben ihr Gnadenbrot fressen.“

Wir müssen sie aber von der Melkmaschine weg nehmen und extra irgendwo unterbringen.“

Da wird sich schon ein Platz finden,“ meint Matthias, „aber mir geht schon einige Zeit ein Gedanke durch den Kopf, vielleicht ist jetzt die beste Gelegenheit mit euch darüber zu sprechen.

Setzt euch!“

Er wendet sich an seine Frau. Könntest du uns einen Kaffee kochen, Marianne?“

Ja und ich habe auch noch einen frisch gebackenen Apfelkuchen in der Küche, komm Ellen hilf mir und du Patrick holst die Trude. Sie gehört schließlich auch zur Familie.“

Bald sitzen alle am Tisch und genießen Kaffee und Kuchen.

Nach dem Essen stopft Matthias bedächtig seine Pfeife und blickt in die erwartungsvollen Gesichter.

Der Wiesenhofer ,“ beginnt er, will in die Stadt ziehen und hat mir seinen Bauernhof, der ja direkt neben unserem liegt, zum Verkauf angeboten.“

Er zieht an seiner Pfeife und sieht einen Moment den Rauchwolken nach und spricht weiter.

Der Bertl hat eine Menge Geld zusammen gescharrt und war zeitlebens zu Mensch und Tier gleich bösartig.

Vielleicht sollten wir einen Teil des Geldes nehmen und etwas wieder gut machen.

 



Ich habe nun gedacht, ich kaufe den Bauernhof vom Wiesenhofer und wir machen daraus eine Tierpension für alte und kranke Tiere.“

Nun reden alle durcheinander. Sie sind begeistert und Vorschläge werden gemacht und Pläne geschmiedet.

Patrick, dem seit er mit Ellen über Eulenspiegel gesprochen hat, dieser nicht mehr aus dem Kopf geht, ruft plötzlich:

Ich habe auch schon einen Namen, Pension Eulenspiegel!“

Damit waren alle einverstanden.

Dann meint Matthias Aber nun wollen wir ins Bett gehen, morgen müssen wir alle wieder früh raus.“ Dann wechselt er einen lächelnden Blick mit seiner Frau und verkündet:

Noch etwas, im Dezember werdet ihr ein Geschwisterchen bekommen.“

War das eine Freude!

Nur Ellen lässt sich auf ihren Stuhl zurück fallen, die Arme baumeln an beiden Seite herab und sie stöhnt:

Was für ein Glück und ich dachte schon, du willst mir zum Geburtstag eine Puppe schenken, weil du ständig Puppenschuhe häkelst.“

Fröhliches Lachen erfüllt den Raum.

Tobias und Trude aber sehen sich mit Tränen in den Augen an.

Wer hätte das gedacht, dass sie nach einem harten und schwerem Leben, im Alter noch Teil einer so glücklichen Familie sein würden.

Im Dezember kam die kleine Angelika zur Welt und im Frühjahr wurde die „Pension Eulenspiegel“ eingeweiht.

Das ganze Dorf feierte mit und auch ein Reporter aus der Kreisstadt kam.


 


Die ersten Gäste in der Pension waren die Kuh Magda und der Wallach Hansi vom Lindenhof.

Doch nach dem Zeitungsartikel kamen Anfragen aus ganz Deutschland und die Pension wurde immer voller.

Es wurden Streichelzoos eingerichtet und Kindergärten und Schulen kamen, sowie Familien mit ihren Kindern.

Ellen schaffte das Abitur und studierte Tiermedizin und Patrick ging auf die Landwirtschaftsschule.

Dies war ungefähr zu der Zeit, als Eulenspiegel durch den Sturm wieder einmal seine Heimat verloren hatte.

 

 

(c) Imi Brüggemann

 

Morgen geht es weiter


Sonntag, 29. September 2024

Pension Eulenspiegel 4

 Schönen Sonntag wünsche ich und viel Spaß beim Lesen.


Wie ist es Eulenspiegel inzwischen ergangen?

Blind vor Angst ist er los galoppiert und instinktiv in den Wald und den Weg entlang, den er mit Patrick am Morgen gelaufen war.

Und plötzlich steht er vor der Bärenhöhle. Schnell schlüpft er hinein und bleibt schwer atmend stehen.

Eine Bewegung am Eingang lässt ihn zusammen zucken. Kiki kommt in schnellen Sprüngen herein und bleibt vor ihm stehen.

Was ist denn geschehen? Ich sah dich wie von allen Hunden gehetzt durch den Wald jagen.“

Plötzlich kullern dicke Tränen aus den Augen des Esels und er erzählt seiner Freundin was geschehen ist. Das Eichkätzchen läuft aufgeregt von einer Seite der Höhle zur anderen.

Schlimme Sache ist das! Was willst du nun machen? Zurück kannst du nicht und hierbleiben auch nicht.“

In der Ferne ist das langgezogene Pfeifen eines Zuges zu hören und Eulenspiegel erinnert sich plötzlich was Tobias zu Patrick gesagt hat.

Heute Nachmittag geht ein Viehtransport vom Bahnhof in Neumünster ab,“ meint er zögernd Prima, wenn du erst einmal weiter weg bist, dann kannst du dich vielleicht leichter durchschlagen.

Wann fährt der Zug?“

Weiß nicht.“

Dann komm, vielleicht ist er noch nicht weg.“

In großen Sprüngen laufen sie durch den Wald und erst als sie ins Dorf kommen, werden sie langsamer.

Auf dem Bahnsteig stehen einige Kühe und werden einzeln über die Rampe in den Viehwaggon getrieben.

Zwei Männer und der Zugbegleiter stehen dabei. Wie soll ich an denen vorbei in den Waggon kommen?“ stöhnt der Esel.

Lass mich nur machen! Ich werde sie ablenken.“

 


Kiki flitzt auf die Kühe zu und springt der ersten auf den Rücken und von dort von Rücken zu Rücken.

Die Herde wird unruhig und beginnt empört zu muhen und die drei Männer haben alle Hände voll zu tun, um die Tiere am Ausbrechen zu hindern. Diese Gelegenheit nützt Eulenspiegel um in den Waggon zu kommen.

Als Kiki dies bemerkt, springt sie vom Rücken der Kuh herunter und verschwindet in den Wald.

Zwei Kühe stehen bereits im Wagen und beobachten erstaunt was sich am Bahnsteig abspielt. Als nun der Esel die Rampe herauf galoppiert begrüßen sie ihn erstaunt.

Was willst du denn hier? Bist du schuld an dem Getümmel?“

Eulenspiegel nickt verlegen. Es ist wohl meine Schuld. Meine Freundin Kiki hat die Männer abgelenkt, damit ich unbemerkt in den Zug kommen kann. Ich bin nämlich auf der Flucht. Mein Name ist übrigens Eulenspiegel.“

Angenehm, ich bin Martha und das ist Bernadette, aber weshalb musst du fliehen?“

Und der Esel erzählt ihnen seine traurige Geschichte. Die beiden Kühe betrachten ihn voller Mitgefühl, da ruft Bernadette: Achtung, es geht weiter. Schnell in die Ecke!“

Eulenspiegel schlüpft in die Ecke und die beiden Kühe stellen sich schützend davor. Bald sind auch die restlichen Kühe, die sich als Anna, Lena, Lotte und Lorelei vorstellen, verladen.

Eulenspiegel muss seine Geschichte noch einmal erzählen und auch diese mütterlichen Tiere sind voller Mitgefühl.

Ein durchdringendes Pfeifen ist zu hören und mit einem Ruck setzt sich der Zug in Bewegung.




Das gleichmäßige Rattern und die Wärme machen Eulenspiegel schläfrig. Als die Kühe bemerken, dass ihr kleiner blinder Passagier eingeschlafen ist, unterhalten sie sich ganz leise.

Plötzlich wird der Zug langsamer und Martha stupst den Esel leicht anWach auf kleiner Freund, der Zug wird gleich halten.“

Schläfrig erhebt sich dieser und taumelt in die Ecke. Die Kühe stellen sich davor und verdecken ihn mit ihren Körpern.

Geräuschvoll rollt die Waggontür zur Seite und ein Mann stapft über die Rampe, der einen Stier hinter sich herzieht. Er bindet ihn an einem Haken fest und springt aus dem Zug.

Knarrend rollt die Tür wieder zu und schnappt ins Schloss. Der Riegel rastet klirrend ein und mit einem Ruck setzt sich der Zug wieder in Bewegung.

Neugierig treten die Kühe näher und scharren sich um den Neuankömmling. Dieser stellt sich als Leo vor und erzählt ihnen, dass er zu einer Ausstellung in die nächste Stadt unterwegs ist. Auch dass er schon öfter prämiert wurde und einige Preise gewonnen hat.

Die Kühe seufzen verzückt und Eulenspiegel verdreht die Augen.

Dann will Leo wissen, wohin die werten Damen denn reisen, doch nicht in den Schlachthof? Nein, nein,“ beruhigt ihn Martha, „ wir sind unterwegs nach Schleswig Holstein, um dort mit einem Stier verheiratet zu werden.“

Leo runzelt die Stirn.

Ich glaube kaum, dass so ein Holsteiner besser ist als ein prächtiger, bayrischer Stier,“ dabei zwinkert er Lena, der Jüngsten vergnügt zu.

Diese errötet sanft.

Wieder bleibt der Zug mit einem Ruck stehen und Eulenspiegel verschwindet schnell hinter den Kühen. Als die Tür geöffnet wird, bringt der kalte Luftzug auch einen Schwall Schnee mit herein und die Kühe drängen sich fröstelnd zusammen. Leo wird losgebunden und hinaus geführt.

Als er an den Kühen vorbei geht zwinkert er frech. Auf Wiedersehen meine Damen und vergesst mich nicht.“

Lena seufzt tief und sieht ihm hinterher. Die Anderen lachen gutmütig.

Die eiserne Tür wird zugeschoben und verriegelt und der Rest der Nacht verläuft ohne Störung.

Der Morgen dämmert bereits, als die Zugtür sich erneut öffnet. Die Rampe wird vorgeschoben und ein Mann tritt in den Waggon.

Hohohoooo!“ treibt er die Kühe an. Martha, die Eulenspiegel am nächsten ist, flüstert ihm zu. Nun musst du alleine sehen wie du weiter kommst. Viel Glück!“

Viel Glück! Viel Glück!“ rufen die Kühe und für den Mann, der vor ihnen die Rampe hinunter geht, hört es sich nur, wie ein vielstimmiges Muhen an.

Unten angekommen, stellt er sich neben seinen Kollegen, der eine Liste in der Hand hält, und beobachtet wie die Kühe eine nach der anderen langsam herunter trotten.

Plötzlich sieht er zwischen den Leibern einen kleinen grauen Esel auftauchen.

Er stößt den Mann neben sich in die Seite. He Kuddel hast du auch einen Esel auf deiner Liste?“ Nö!“

Jens wendet sich wieder der Rampe zu, doch kein Esel war mehr zu sehen.

Vielleicht hatten ihm seine Augen einen Streich gespielt?

Eulenspiegel aber läuft durch den Bahnhof, der um diese Zeit noch menschenleer ist und erreicht die Straße, die ins Dorf führt.

Klick, klack, klick, klack tönen seine kleinen Hufe auf dem geräumten Gehweg.

 


Sein Magen knurrt vor Hunger und so bleibt er überrascht stehen, als er in einem Garten ein Glashaus sieht hinter dem es grünt und blüht.

Er zwängt sich durch die angelehnte Gartentür und trabt auf das Häuschen zu. Die Tür steht offen und begeistert macht er sich über den reich gedeckten Tisch her. Ein entsetztes Kreischen lässt ihn aufblicken.

Ein Mädchen steht an der Tür und ruft laut: Mama, Mama, ein Esel frisst unser ganzen Pflanzen!“

Erschrocken galoppiert Eulenspiegel auf sie zu, schießt an dem Mädchen vorbei, das in den Schnee purzelt und rast durch die Gartentür. Er läuft und läuft, bis er das Geschrei hinter sich nicht mehr hören kann.

Er hat das Dorf schon längst hinter sich gelassen und vor ihm breitet sich eine weite weiße in Schnee gehüllte Fläche aus. In der Ferne sieht er etwas Buntes leuchten und neugierig trabt er darauf zu.

Auf einer großen geräumigen Fläche steht ein riesiges Zelt und daneben sind einige bunte Wohnwagen aufgereiht. Etwas abseits davon steht noch ein kleineres Zelt.

 

 


Der Platz ist menschenleer und mutig geworden trottet Eulenspiegel auf das große Zelt zu und wendet sich enttäuscht ab, als er nur leere Holzbänke darin vorfindet.

Als er sich dem zweiten Zelt nähert, steigt ihm der vertraute Duft nach Stall in die Nase. Hier ist er richtig.

Vorsichtig streckt er seinen Kopf hinein und erblickt zwei edle schwarze Pferde und mutig tritt er näher.

Erschreckt zuckt er zusammen, als plötzlich ein seltsames Tier mit einem ohrenbetäubendem Kreischen sich auf seinen Rücken schwingt und wild die gelben Zähne fletscht und ihn an den Ohren zieht.

Erschrocken macht der Esel einen Luftsprung und galoppiert durch das Zelt. Wütend schüttelt er sich, um das lästige Ding auf seinem Rücken los zu werden.

Die beiden Pferde wiehern vergnügt, der Ziegenbock meckert begeistert, die Hunde springen vor Vergnügen am Gitter hoch und das Pony fletscht grinsend die Zähne.

Durch den Lärm angelockt kommen die Zirkusleute angelaufen.

Lachend bleiben sie am Eingang stehen. Ein dicker Mann tritt hinter sie. Was ist denn hier los?“

Sehen sie selbst, Direktor Quirin,“ grinst Don Fernando und tritt zur Seite, um den Zirkusdirektor vorbeizulassen.

Nun muss auch dieser grinsen. Befreit den armen Kerl von Gina,“ lacht er. Kasimir, der Clown versucht an den bockenden Esel heran zu kommen und schnappt sich schnell das Schimpansenweibchen.

Gina, Gina, behandelt man so einen Gast, schäm dich,“ tadelt er. Der Affe fletscht nur seine Zähne und stößt seltsame Laute aus.

Don Fernando hat inzwischen seine Pferde beruhigt, Angela, die Seiltänzerin redet beruhigend auf die Hunde ein und Herrman der Ziegenbock frisst wieder weiter, nachdem es nichts mehr zu sehen gibt.

Muck und Puck, die Liliputaner aber gehen vorsichtig auf den völlig verängstigten Esel zu und stoßen lockende Laute aus. 

Und Eulenspiegel gewinnt langsam Vertrauen zu den beiden Menschen, die nicht größer sind als er. Direktor Quirin, der die Drei beobachtet hat, meint: Bringt ihn zu Gerlinde in die Box und gebt ihm zu Fressen und zu Trinken.“

Das Pony wiehert begrüßend, als Eulenspiegel noch immer zitternd in seine Box kommt. Der arme Kerl hat sich wohl verlaufen und das bei der Kälte und dann musste ihn Gina auch noch erschrecken,“ meint der Direktor mitleidig und wendet sich an Kasimir.

Nimm den Schimpansen mit in deinen Wohnwagen.“ Der Clown verzieht das Gesicht und stöhnt:

Als ich Gina das letzte Mal in meinem Wohnwagen hatte, da hat sie mit meiner Schminke die ganzen Wände verschmiert.“

Ich nehme sie mit, bei mir kann sie nur mit den Gewichten spielen und keinen großen Schaden anrichten,“ meint Samson der Muskelmann gutmütig.

Bevor der Direktor das Zelt verlässt wirft er noch einen nachdenklichen Blick auf den Esel. Wenn ihr heute im Dorf die Reklamezettel verteilt, erkundigt euch, ob jemand einen Esel vermisst.“ Doch niemand vermisste einen Esel und Patrick war weit weg.

So blieb Eulenspiegel bei dem Zirkus und fühlte sich bei der kleinen großen Zirkusfamilie sehr wohl. Als Hieronymus zum Zirkus kam durfte er mit dem Kasperle und Kasimir eine neue Nummer einstudieren und das Lachen und Jubeln der Kinder war seine größte Freude.

Er war dabei, als die kleine Zirkusfamilie den Kasperle zu dem großen Schiff begleitete, das ihn zur Puppeninsel bringen sollte. Nun trat Fridolin anstelle von Hieronimus mit Kasimir und Eulenspiegel auf.

Und so vergingen sechs Jahre, in denen es dem Esel gut ging, bis zu dem Tag, an dem ein wütender Sturm das große Zirkuszelt zerstörte und wieder einmal hatte Eulenspiegel eine Heimat verloren.

Morgen geht es weiter


Samstag, 28. September 2024

Pension Eulenspiegel 3

 Gestern hatte ich soviel Stress, dass ich ganz vergaß die Fortsetzung einzusetzen. Sorry

Wie schnell die Zeit vergeht  in 65 Tagen ist der 1.Dezemer, wie  gut dass  meine letzte Adventsgeschichte bereits halb fertig ist. Habt heute eine schönen Tag und viel Spaß beim Lesen!

(c) Lore PLatz


Danke und du gib acht, dass du nicht wieder vergisst, wohin du die Nüsse versteckt hast,“ brummt der Esel.

Kiki kichert: „Diesmal nehme ich sie mit in meinen Kobel, dann habe ich sie gleich wenn ich aufwache.

 

 


Eulenspiegel lacht und gibt ihr einen freundschaftlichen Nasenstüber.

Patrick dreht sich um. Komm, Eulenspiegel!“ Der Esel galoppiert hinter ihm her. Einige Zeit sind sie schon im Wald unterwegs.

Patricks Nase ist rot vor Kälte und Eulenspiegel überläuft von Zeit zu Zeit ein Zittern.

Sie erreichen eine Lichtung von der aus sie den Kirchturm von Neumünster sehen können. Dorthin müssen sie, wenn sie den Zug erreichen wollen. Das heißt, von jetzt an müssen sie vorsichtiger sein.

 


Am Waldrand steht ein Haus, aus dessen Schornstein Rauch kommt und im Garten steht ein großer Schneemann.

Unwillkürlich lenkt Patrick seine Schritte darauf zu und erschrickt, als die Tür sich öffnet und ein Mädchen heraus tritt.

Schnell will er sich in den Wald zurück ziehen, doch das Mädchen läuft auf ihn zu.

Warte, bist du Patrick?“ Der Junge nickt überrascht.

Das Mädchen sieht sich hastig um, dann nimmt sie ihn am Ärmel und flüstert: Komm schnell, bevor dich jemand sieht.“

Sie zieht ihn zum Haus und Eulenspiegel trottet hinterher.

An dem großen Schneemann vorbei läuft das Mädchen mit ihnen zu einem Schuppen.

Wohlige Wärme umfängt sie.

 


Der Schuppen ist voller Äpfel, Karotten, Heu, Hafer und Kastanien.

Mein Opa ist Förster und das alles haben die Bauern

gespendet für die Wildfütterung. Bei diesem harten Winter heuer ist es besonders wichtig.“

Sie beginnt dem Esel die Last vom Rücken zu nehmen und reicht dem immer noch verdutzen Jungen ein Tuch. Hier, reib`ihn trocken, damit er sich nicht erkältet.“

Sie läuft zur Tür und lugt hinaus.

Hoffentlich hat dich niemand gesehen. Ich finde es prima was du getan hast, aber der Bertlbauer hat dich bei der Polizei angezeigt.

Polizist Salvermoser fährt durch die Gegend und sucht dich.“

Patrick wird blass.

Dann wäre ich ihm bestimmt in die Arme gelaufen.

Ich war auf dem Weg nach Neumünster, dort fährt heute Nachmittag ein Viehtransport ab und ich wollte mich in den Zug schmuggeln.“

Die passen jetzt besonders auf, bleib doch erst mal hier.“

Aber was werden deine Eltern sagen?“

Mein Vater ist schon lange tot und meine Mutter arbeitet als Krankenschwester. Sie hat Frühschicht und kommt erst mittags wieder heim.

Bestimmt hat sie nichts dagegen und kann dir vielleicht sogar helfen. Ach ja, ich heiße übrigens Ellen. Komm mit ins Haus, ich mache dir einen heißen Tee.“

Eulenspiegel ist gut versorgt und scheint sich hier wohl zu fühlen, so folgt Patrick dem Mädchen ins Haus.

Diese plappert unentwegt und Patrick verdreht genervt die Augen, als er hinter ihr das Haus betritt.

Nachdem er seine Jacke ausgezogen hat, setzt er sich in der Küche auf die Eckbank.

Ellen stellt Teewasser auf, holt Tassen aus dem Schrank und dabei steht ihr Mündchen keinen Moment still.

Sag mal, kannst du nur eine Minute mal die Klappe halten?“

Ellen ist im ersten Moment beleidigt, doch dann lacht sie.

Ich weiß, ich bin schrecklich.

Mein Schwätzen hat mir schon manche Strafarbeit in der Schule eingebracht.

In welche Klasse gehst du?“

Patrick, der gerade noch gegrinst hat wird ernst.

Im Herbst wäre ich in die achte Klasse gekommen, aber ich bin von der sechsten abgegangen, als ich zum Bertlbauern kam. Und der hat mir nicht erlaubt in die Schule zu gehen, denn er brauchte mich zum Arbeiten.

Ist das nicht strafbar? Es besteht doch Schulpflicht bis zur neunten Klasse.“

Patrick zuckt die Schulter.

Es kümmert keinen.“

Und dein Vater?“

Ich habe ihm nichts gesagt.

Weißt du meine Mutter ist schon lange tot, dann hat er auch noch seinen Job verloren, weil die Firma pleite machte. Deshalb hat er sich für zwei Jahre auf einer Bohrinsel in der Nordsee verpflichtet. Es ist ihm nicht leicht gefallen, mich beim Bertl zurück zu lassen. Sollte ich ihm noch mehr Kummer machen?“

Ellen sieht ihn einen Moment an, dann nickt sie. Ich hätte es meiner Mutter auch nicht gesagt.“

Sie lächeln sich an. Das Mädchen blickt auf die Uhr.

Meine Mutter kommt bald. In den Ferien kümmere ich mich um das Mittagessen. Du kannst mir helfen.“

Während Ellen sich um das Fleisch kümmert, schneidet Patrick die Tomaten, den Paprika und die Gurken für den Salat.

Die Haustür öffnet sich und eine fröhliche Stimme ruft:

Hm, das riecht aber lecker!“

Eine hübsche junge Frau betritt die Küche und stutzt

ein wenig, als sie den Jungen sieht.

Wir haben Besuch?“

Das ist Patrick,“ murmelt Ellen und meidet den Blick der Mutter.

Diese runzelt die Stirn. Der Junge, der von der Polizei wegen Diebstahl gesucht wird?“

Aber er ist kein Dieb, er wollte doch nur seinen Freund vor dem Abdecker retten. Stell dir vor, die wollten aus dem Esel Wurst machen. Du rufst doch nicht die Polizei? Bitte Mama!“

Nun beruhige dich Ellen, wir wollen erst einmal essen.“

Gemeinsam räumen sie nach dem Essen die Küche auf, dann möchte Frau Wildmooser sich etwas hinlegen, da sie sehr früh im Krankenhaus mit der Schicht begonnen hat.

Wie wäre es, wenn ihr im Wald mit der Wildfütterung beginnen würdet? Der Opa freut sich bestimmt,“ meint sie, „ und später überlegen wir uns, wie wir Patrick und seinem Esel helfen können.“

Die Kinder laufen hinaus.

Unterwegs zum Schuppen bewerfen sie sich kichernd mit Schneebällen und stürmen lachend und voller Schnee in den Schuppen.

Hier werden sie von Eulenspiegel mit einem erfreutem „Iaaaah, Iaaah“ begrüßt. Sie knuddeln beide liebevoll den grauen Gesellen, dann beladen sie den großen Schlitten.

Vergnügt ziehen sie das voll beladene Gefährt hinauf in den Wald.

Bei der Futterkrippe angekommen, heben sie gemeinsam den großen Korb mit Saftfutter, das aus Rüben, Obst, Kartoffeln und Gemüse besteht, vom Schlitten und stellen ihn neben die Krippe.

Ebenso einen Eimer mit Eicheln, Kastanien und Bucheckern.

Ellen drückt Peter den großen Reisigbesen in die Hand, der neben der Krippe steht und deutet auf den Weg in den Wald hinein.

Kannst du bitte den Schnee fegen und dann auch hier vor der Krippe.

Wir müssen den Weg zu Futterkrippe immer freihalten, dann wenn der Schnee friert können sich Rehe und Hirsche leicht ihre Hufe verletzten und das kann zu Wundfieber führen. Die todkranken Tiere werden dann leicht eine Beute für den Wolf.“

Während der Junge den gefallenen Schnee weg fegt, stopft Ellen das mitgebrachte Heu in die Futterraufe.

Als sie fertig sind verstecken sie sich mit dem Schlitten hinter einem Gebüsch und warten.

 


Es dauert auch nicht lange, als ein großer stattlicher Damhirsch mit geflecktem Fell , die Nase witternd erhoben, sich dem Futterplatz nähert.

Vorsichtig und misstrauisch beobachtet er die Umgebung, bis er dann beginnt an dem Hafer zu zupfen.

Plötzlich ist ein wildes Schnaufen zu hören und ein Keiler bricht durch das Gebüsch.

Der Hirsch senkt drohend sein schaufelartiges Geweih, doch das Wildschwein beachtet ihn gar nicht, sondern stürzt sich auf den Eimer und vergräbt grunzend seine Schnauze darin und beginnt gierig zu fressen.

Ellen zupft Patrick am Ärmel und leise entfernen sie sich.

Als sie in die Nähe des Waldrandes kommen hören sie ein ängstliches „Iaaaaah!“



Erschrocken sehen sie sich an, setzen sich auf den Schlitten und sausen den Abhang hinunter und kommen direkt vor dem Haus zum Stehen.

Der Lkw des Abdeckers Xaver steht in der Einfahrt und zusammen mit dem Bertl zerren sie gerade den widerstrebenden Esel aus dem Schuppen.

Frau Wildmooser durch den Lärm wach geworden, kommt aus dem Haus und das Polizeiauto fährt mit lautem Sirenenklang die Straße herunter und hält mit quietschenden Bremsen vor dem Haus.

Patrick aber stürzt sich auf die beiden Männer und versucht Eulenspiegel zu befreien.

Der Bauer gibt ihm einen heftigen Stoß, dass er in den Schnee stolpert und die beiden Frauen schreien empört auf.

Xaver hat den Esel los gelassen, als der Polizist Salvermoser in den Garten kommt und Eulenspiegel nutzt die Gelegenheit um loszulaufen.

Wenig später ist er im Wald verschwunden.

Der Bauer aber deutet anklagend auf den Jungen und fordert den Polizisten auf den Dieb festzunehmen.

Patrick hat sich inzwischen wieder aufgerappelt und steht nun mit trotziger, wütender Miene und geballten Fäusten da.

Ellen und ihre Mutter stellen sich schützend neben ihn.

Der Abdecker hat sich in seinen Lkw zurück gezogen.

Polizist Salvermoser aber betrachtet stirnrunzelnd den Jungen.

Wie alt bist du eigentlich?“

13!“

Hm, Bertl, der Junge ist noch nicht strafmündig.

Du könntest höchstens von seinem Vater Schadenersatz verlangen.“

Nun wurde es Patrick aber zu viel!

Anklagend deutet er auf den Vetter seines Vaters.

Schadenersatz soll mein Vater zahlen! Mein Vater zahlt jeden Monat 500 Euro Kostgeld an den Bertl und trotzdem muss ich von früh bis spät arbeiten und in die Schule durfte ich auch nicht gehen!“

Der Polizist runzelt die Stirn.

Wie lange warst du schon nicht mehr in der Schule?“

Seit vorletztem Herbst. Bevor ich zum Bertl kam, hatte ich die sechste Klasse abgeschlossen und diesen Herbst wäre ich in die achte gekommen.“

Hm, hm, hm, das sieht nicht gut aus Bertl.

An deiner Stelle würde ich von einer Schadenersatzklage absehen, die Sache könnte leicht nach hinten losgehen.“

Meinetwegen, aber der Dieb kommt mir nicht mehr auf den Hof.“

Er dreht sich um und klettert zu Xaver ins Führerhaus und dröhnend setzt sich der Wagen in Bewegung und donnert die Straße hinunter.

Der Polizist legt Patrick die Hand auf die Schulter.

Du mein Junge kommst am besten mit.“ Was wird den nun mit Patrick?“ will Frau Wildmooser wissen.

Nun er kommt ins Heim bis sein Vater ihn abholt.“ Kann er denn nicht bei uns bleiben?“

Unschlüssig sieht Salvermoser sie an, da biegt ein Jeep in die Einfahrt.

Opa!“ ruft Ellen erleichtert und läuft ihm entgegen. Was ist denn hier los?“

Schnell erzählt ihm Ellen, was geschehen war. Als sie erwähnt, dass Patrick ins Heim soll, da poltert der alte Mann.

Kommt ja gar nicht in Frage!“

Er reicht dem Polizisten die Hand und meint:

Martin, warum lässt du den Jungen nicht bei meiner Schwiegertochter. Ich werde mich mit dem Vater in Verbindung setzen.“

Das wird das Beste sein, Herr Oberförster.“

Erleichtert steckt der Polizist sein Notizbuch in die Tasche, tippt sich an die Mütze und verlässt den Hof.

Ellens Opa legt Patrick den Arm um die Schulter und sie gehen alle zusammen ins Haus.

Und nun beginnt für den Jungen eine wundervolle Zeit.

Als nach einigen Tagen sein Vater kommt, wird ausgemacht, dass er bei den Wildmoosers bleiben darf, bis der Vertrag mit der Ölfirma abgelaufen ist.

Frau Wildmoose aber weigert sich 500 Euro Kostgeld zu nehmen und so einigt man sich auf die Hälfte, für Schulbücher und Kleidung und Taschengeld würde es genügen.

Patrick wird in der Schule angemeldet und obwohl er ein Jahr zurück gestuft wird, ist er glücklich.

Eines Abend hat er sich auf den Bertlhof geschlichen und den beiden lieben Alten das Geld zurück gebracht. Trude und Tobias freuen sich, dass es dem Buben jetzt so gut geht

Morgen geht es weiter

Donnerstag, 26. September 2024

Pension Eulenspiegel 2

 


 

Die beiden Alten in der Stube sehen sich traurig an. Trude stützt sich mit beiden Händen auf den Tisch und erhebt sich schwerfällig.

Der Junge und der Esel müssen weg,“ meint sie energisch und nimmt den Suppentopf. Tobias nickt, sammelt das übrige Geschirr ein und folgt ihr in die Küche.

Die Wirtschafterin hat Patricks Rucksack geholt und stopft seine Kleider hinein.

Hol noch zwei warme Decken!“ fordert sie Tobias auf, „ und beeil dich, der Bub soll möglichst weit weg sein, bevor der Bauer zurück kommt. Ich mache eine Thermoskanne mit Tee und richte eine Brotzeit her.“

Der Alte nickt stumm und schlurft hinaus. Aus dem großen Schrank im Flur nimmt er zwei dicke Decken, dann stapft er in sein Zimmer.

Er wirft die Decken auf das Bett, hebt die Matratze an und zieht eine Socke mit Münzen hervor. Die Ersparnisse eines ganzen Lebens.

Tobias breitet sein großes kariertes Schnupftuch aus und zählt einige Münzen ab und verknotet sie in dem Tuch, das er sich in die Tasche stopft.

Dann greift er nach den Decken und geht zurück in die Küche.

Trude hat inzwischen Brotzeit und Thermoskanne in einer Stofftasche verstaut. Dann lächelt sie etwas verlegen und streckt Tobias eine Handvoll Münzen hin.

Habe meinen Sparstrumpf geplündert,“ meint sie verschämt. Tobias grinst, knotet sein Tuch auf und legt die Münzen dazu.

Die beiden Alten lächeln sich an. Das dürfte für eine Zugkarte genügen,“ meint Trude zufrieden.

Aber nun beeil dich, du weißt, wenn der alte Geizkragen verliert, kommt er früher heim.“



Patrick hat sich inzwischen wieder beruhigt.

Die Arme um Eulenspiegel geschlungen erzählt er ihm was der Bauer vor hat. Der Sperling auf dem Dachbalken versteckt entsetzt seinen Kopf unter dem Flügel.

Hansi, der alte Wallach stampft empört mit dem Huf auf und wiehert schrill. Die Kühe klirren mit den Ketten und muhen empört. Der Esel aber fängt vor Angst zu zittern an.

Der Junge betrachtet ihn nachdenklich.

Weißt du, manchmal glaube ich, du verstehst jedes Wort. Die Stalltür knarrt und Tobias kommt herein.

Patrick, du musst mit Eulenspiegel verschwinden.“

Er reicht ihm Jacke und Stiefel und während der Junge sich anzieht, legt der alte Knecht dem Esel die Decken auf den Rücken, stopft einen Sack mit Heu und Karotten und legt diesen auf die Decken.

Dann führt er ein Seil unter dem Bauch des Tieres durch und verknotet es auf dem Rücken.

Das dürfte halten,“ meint er zufrieden.

Patrick zieht gerade seine Fäustlinge an, als die Tür sich wieder öffnet.

Erschrocken zucken sie zusammen. Doch es war nur Trude.

Mit Tränen in den Augen reicht sie Patrick den Beutel mit der Brotzeit, nimmt ihren großen Schal vom Kopf und schlingt ihn dem Jungen um Hals.

Du brauchst ihn dringender als ich.“ Vor Rührung wissen die drei nicht was sie sagen sollen, dann brummt Tobias.

Ihr müsst los, geht durch den Forstrieder Wald, etwa zwei Kilometer weiter ist eine alte Bärenhöhle, dort könnt ihr übernachten.

Morgen Nachmittag geht ein Viehtransport nach Norden. Der Zug fährt um 15.40 in Neumünster ab.

Vielleicht könnt ihr mitfahren, lasst euch aber nicht sehen. Und hier...“

Er zieht umständlich sein Schnupftuch aus der Hosentasche.

Die Trude und ich haben zusammengelegt für deine Reisekasse. Und nun verschwindet ehe der Bauer kommt.

Patrick umarmt die beiden lieben alten Leutchen.

Vor Rührung kann keiner sprechen.

Dann nimmt er den Esel an seinem Halsband, das ihm Tobias zu Weihnachten gemacht hat. Es ist sogar der Name Eulenspiegel eingeritzt.

Mit Tränen in den Augen sehen ihnen Trude und Tobias nach, bis die Dunkelheit der Nacht sie verschluckt hat.

 


Müde stapfen die Beiden durch den Schnee.

Viele Stunden sind sie schon unterwegs und müssten die Bärenhöhle längst erreicht haben.

Patrick kommt es vor, als würden sie ständig im Kreis laufen.

Ich kann nicht mehr!“ stöhnt er und lässt sich neben einem Baum in den Schnee fallen. Eulenspiegel bleibt mit hängendem Kopf neben ihm stehen.

Der Junge lehnt sich an den Stamm des Baumes und schließt die Augen.

 


Ein Eichkätzchen lugt durch die kahlen Zweige und springt auf den nächsten Ast, dabei rieselt Schnee auf Patrick.

Erschrocken springt dieser auf.

Jetzt wäre er beinahe eingeschlafen und das hätte leicht tödlich sein können.

Er läuft auf und ab, stampft dabei kräftig mit den Füßen auf und klopft sich gleichzeitig auf die Arme, damit ihm warm wird.

Eulenspiegel aber sieht nach oben und grinst dankbar das Eichkätzchen an.

Danke, das hast du gut gemacht, ich heiße übrigens Eulenspiegel.“

Ich bin Kiki, aber warum geht ihr denn nicht in die Bärenhöhle, dort ist es warm und ihr könnt übernachten.“

Die suchen wir ja, aber wir haben uns wahrscheinlich verlaufen.“

Oh, die ist hier ganz in der Nähe, ich kann sie dir zeigen, du musst nur deinen Freund dazu bringen, dass er uns folgt.“

Nichts leichter, als das!“ lacht der Esel.

Und als Patrick sich umdreht, sieht er ein rotes Eichhörnchen wie der Blitz über den Schnee laufen und Eulenspiegel galoppiert hinter ihm her, als würde er es jagen.

Warte!“ ruft der Junge, schnappt seinen Rucksack und macht sich an die Verfolgung. Atemlos stehen sie wenig später vor der Höhle.

Im Innern empfängt sie wohltuende Wärme.

Das Eichkätzchen keckert fröhlich, wendet sich um, wedelt kokett mit seinem buschigen Schwanz und saust wieder ins Freie.

Patrick aber holt Decken und Sack und bereitet ein kuscheliges Bett. Eng aneinander geschmiegt schlafen sie tief und traumlos.

Etwas kitzelt Eulenspiegel an der Nase.

Hatschi!

Verschlafen öffnet er die Augen und sieht Kiki vor sich stehen.

Du schon wieder, sag einmal halten Eichkätzchen keinen Winterschlaf?“

Natürlich! Aber zwischendurch werden wir immer wach, um unsere versteckten Nüsse zu fressen. Leider habe ich vergessen, wo ich sie vergraben habe.“

Sie wirft einen begehrlichen Blick zu der Stofftasche, aus der ein Teil eines Apfels zu sehen ist.

Glaubst du dein Freund gibt mir etwas ab? Schließlich habe ich ihm das Leben gerettet.“ Das weiß er doch nicht, aber er wird dir sicher etwas geben, also bleib nur hier.“

Der Esel rappelt sich hoch und trottet zu Patrick und stupst ihn mit der Nase an. Der Junge öffnet die Augen und grinst, dann springt er auf und läuft hinaus, um sich mit Schnee das Gesicht einzureiben, damit er munter wird.

Als er zurück kommt, hat sich Eulenspiegel schon etwas Heu aus dem Sack gerupft und der buschige Schwanz des Eichhörnchens lugt aus dem Beutel und Nüsse kullern über den Boden.

Patrick lacht und nimmt einen großen Schluck von dem lauwarmen Tee, dann klopft er auf den Beutel.

Schwupps saust das rotbraune Tierchen heraus und bleibt in sicherer Entfernung stehen, eine Haselnuss zwischen den Pfoten.

Der Junge greift in den Beutel und nimmt die restlichen Nüsse heraus und lässt sie in Richtung des putzigen Tierchens rollen.

Blitzschnell nimmt dieses eine Nuss und verlässt die Höhle, um gleich wieder zu kommen und die nächste zu holen.

Hoffentlich findet sie die Nüsse wieder,“ brummt Eulenspiegel.

 


Patrick, der nur „iaah,iaah “ versteht holt sein Taschenmesser und teilt einen Apfel und reicht eine Hälfte seinem Freund, der ihn genüsslich zwischen seinen großen Zähnen zermalmt.

Dann packt der Junge die umliegenden Sachen zusammen, legt sie dem Esel auf den Rücken, schultert den Rucksack und sie verlassen die warme Höhle.

Ein eisiger Wind weht ihnen entgegen.

Kiki, die gerade wieder eine Nuss holen möchte, bleibt kurz bei Eulenspiegel stehen.

Eine gute Reise ,“ wünscht sie.

 

Morgen geht es weiter