Sonntag, 11. Oktober 2020

Das verlorene Zwergenmützchen





Das verlorene Zwergenmützchen

 
Es ist ein schöner Sommertag und eingebettet in ein tiefes Tal liegt ein kleines Dorf. Schmucke kleine Häuser umrahmen die Kirche, die stolz ihren spitzen Turm gen Himmel reckt.
Fruchtbare Felder ziehen sich bis hinauf in die Berge und von den Almen dringt das leise Klingen der Kuhglocken.
Vor dem Dorf liegt die Gemeindewiese umgeben von einem kleinen Wäldchen.
Niemand der hier aufgewachsen ist, würde jemals einen anderen Ort wählen.
Vielleicht ist Hofmann von Fallersleben ja hier vorbei gekommen, als er die Zeilen verfasste:

Kein Sehnen zieht mich in die Ferne
Kein Hoffen lohnet mich mit Schmerz
Da wo ich bin, da bin ich gerne
Denn meine Heimat ist mein Herz“

Aber es ist auch ein besonderes Dorf, denn im nahen Wald leben die Zwerge, die vor vielen vielen Jahren aus den grünen Bergen vertrieben wurden und nun
hier unter den Wurzeln der Bäume eine neue Heimat gefunden haben.
Da die Menschen, die im Dorf wohnen, mit der Natur in vollkommenen Einklang leben, stört auch niemand die beschauliche Ruhe der Kleinen.
Außer der alten Marei, die in einem alten Häuschen am Waldrand wohnt hat auch noch nie jemand die Zwerge gesehen.
Aber da alle die Marei für etwas verrückt halten schmunzeln die Dorfbewohner nur über ihre ulkigen Geschichten von den Zwergen.
Aber es gibt sie wirklich. Anders als die Zwerge die hinter den sieben Bergen wohnen und rote Zipfelmützen tragen, haben diese Zwerge hier grüne Mützchen.
Und diese Mützchen habe eine besondere Gabe, wenn man sie überstülpt wird man unsichtbar.
So können die Zwerge ungesehen herum laufen und manchen Schabernack treiben, der aber niemals bösartig war.
Sie sind nämlich liebe kleine Kerlchen.
Heute haben sie ihren Wald verlassen, denn die warme Sonne hat sie heraus gelockt.
Sie purzeln und springen übermütig durch das hohe Gras, werfen ihre Mützchen in die Luft, fangen sie wieder auf und jauchzen voller Freude.
Da ertönt ein warnender Pfiff und blitzschnell fangen sie ihre Mützchen, stülpen sie über den Kopf und sind verschwunden.
Nur Tolpatsch, der mal wieder viel zu hektisch ist und über seine eigenen Füße stolpert, fällt bäuchlings hin und sein Mützchen, dass er nicht richtig aufgesetzt hat, landete in hohem Schwung im Gras.
Schnell eilen einige der Zwerge zu ihm, heben ihn auf und schleppen ihn hinter ein Gebüsch.
Mein Mützchen,“ jammert Tolpatsch.
Seit still, da kommt jemand,“ zischt Knollnase.
Ein kleines Mädchen hüpft vergnügt ein Liedchen trällernd aus dem Wald, bückt sich und beginnt die herrlichen Blumen zu pflücken.
Es stutzt als es das Mützchen sieht, lächelt und steckt es in ihre Schürzentasche.
Tolpatsch heult auf und will aus dem Gebüsch laufen, wird aber von seinen Freunden zurückgehalten.
Eine alte Frau kommt aus dem Wald, einen Korb mit Pilzen über dem Arm.
Komm, Sonja, wir müssen nach Hause.“ ruft sie und das Mädchen folgt vergnügt ihrem Ruf.
Oma, sieh ich habe für Mama einen Strauß Blumen gepflückt.“
Die Oma lächelt und nimmt die Hand der Kleinen.

Was machen wir nun?“ Die Zwerge sind ein wenig ratlos und Tolpatsch heult verzweifelt.
Nun hör schon auf,“ brummt Knollnase, „du bekommst dein Mützchen schon wieder. Langfuß, du verfolgst die beiden Menschen und versuchst heraus zu finden in welchem Haus sie wohnen.
Wir sind im Versammlungsraum. Nun lasst uns nach Hause gehen.“
Der Versammlungsraum ist eine alte unbewohnte Fuchshöhle, die sich die Zwerge gemütlich mit Moos ausgepolstert habe.
Nun sitzen sie da und warten auf Langfuß. Tollpatsch sitzt in der Ecke, das Gesicht in den Händen vergraben und Tränen tropfen durch die Finger.
Es raschelt vor der Höhle und Langfuß, etwas außer Atem, schlüpft herein.
Ich weiß wo das Mädchen wohnt.“
Gut sobald es dunkel wird, führst du uns dorthin, aber nun lasst uns etwas ausruhen,“ bestimmt Knollnase.
Sonja aber hat ihrer Mama die Blumen in die Hand gedrückt und springt hinauf in ihr Zimmer.
Kopfschüttelnd sieht die Mutter ihr nach.
Das Kind kann nicht normal gehen, immer muss es hüpfen und springen.“
Die Oma lacht nur und gemeinsam setzen sich die beiden Frauen an den Tisch, um die Pilze zu putzen.
Sonja aber leert den Inhalt ihrer Schürzentasche aus. Ein Bonbon, ein Bleistiftstummel, ein nicht mehr ganz sauberes Taschentuch, eine Sicherheitsnadel und dazwischen die kleine grüne Mütze liegen auf dem Tisch.
Vorsichtig nimmt sie das Mützchen in die Hand. Wer es wohl verloren hat, für ein Kind ist es eigentlich viel zu klein.
Sonja, kommst du herunter zum spielen!“
Das Mädchen rennt zum Fenster und ruft ihrer Freundin Ellen zu, dass sie gleich kommt.
Im Vorbeigehen stülpt sie noch ihrem Teddy die Mütze über und verlässt das Zimmer.
Die Zähne geputzt und im Schlafanzug schlüpft Sonja in ihr Zimmer. Als sie an dem alten Sofa vorbei geht stutzt sie. Teddy ist verschwunden.
Wütend ballt sie beide Fäuste und rast in das Zimmer ihres Bruders. Markus sitzt im Schneidersitz auf dem Bett, die Nase in einem Buch vergraben.
Wo hast du Teddy versteckt!“
Was soll ich denn mit deinem Teddy, wahrscheinlich hast du ihn verschlampt.“
Nein habe ich nicht, du hast ihn versteckt!“
Hab ich nicht, lass mich in Ruhe!“
Mit Gebrüll stürzt sich das Mädchen auf ihn.
Plötzlich steht die Mutter in der Tür.
Was ist los hier?“
Er hat meinen Teddy versteckt,“ schluchzt Sonja.
Nein, habe ich nicht, „ verteidigt sich der Junge.
Nun , das werden wir Morgen klären, geht jetzt beide ins Bett und Licht aus.“
Wütend stampft Sonja an der Mutter vorbei und verschwindet in ihrem Zimmer.
Markus wirft wütend sein Buch auf den Nachtisch und vergräbt sich unter der Decke.

Das Dorf liegt im Schlaf.
Ein Wispern liegt in der Luft und obwohl man sie nicht sieht, marschieren kleine Füße im Gänsemarsch durch die Straßen.
Sie halten vor dem einstöckigen weiß getünchten Haus.
Wo ist das Zimmer des kleinen Mädchen?“ flüstert Knollnase. Langfuß deutet auf das Fenster, hinter dem Sonja schläft.
Nun machen die Zwerge eine Räuberleiter und ganz oben steht Tollpatsch. Er klettert durch das Fenster und springt auf den Boden. Langsam sieht er sich um. Auf dem Sofa blinkt ein kleines grünes Licht auf, das Mützchen gibt sich zu erkennen.
Schnell schnappt sich der Zwerg sein Eigentum und plötzlich kann man auch Teddy wieder sehen, der niemals das Zimmer verlassen hat.
Tollpatsch aber klettert vergnügt aus dem Fenster, stellt sich auf die Schulter von Bertl und dann löst sich die Räuberleiter auf und glücklich rennen die kleinen Zwerge zurück in den Wald.

(Lore Platz)




 

5 Kommentare:

  1. Guten Morgen, Lore,
    das mit den grünen Mützchen ist eine tolle Idee! Könnte es vielleicht sein, dass in meiner Wohnung ein paar davon verteilt sind? Weil bei mir nämlich öfter mal Dinge unsichtbar werden und sich erst nach langem Suchen auffinden lassen... **grins**. Vielleicht treiben Deine Zwerge ja bei mir ihr Unwesen!
    Liebe Grüße, ein schönes Wochenende, und vielen Dank für diese schöne Geschichte!
    Christine

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  2. Liebe Lore,oh wie lieb, das ist wieder eine besonderes Lore Märchen.Alles gut gegangen zum Schluß, wie es im Märchen sein muss. Danke dafür. Liebe Grüße Eva

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  3. Ich hatte ja schon große Bedenken, dass dem kleinen Tollpatsch nochmal etwas Ungeschicktes passiert, als er in das Zimmer des Mädchens stolzierte - oder dass die kleine Räuberleiter, die ich zu gern gesehen hätte, zusammenfällt - aber Gott sei Dank ist alles gut ausgegangen. Sogar der Teddy ist wieder da und der kleine Geschwisterstreit damit beendet. --- Wie schön, dass du den Termin doch nicht verschlafen hast, sonst hätten wir diese tolle Geschichte nicht lesen können! - Ich wünsche dir ein sonniges Wochenende! LG Martina

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  4. Liebe Lore,
    was für eine herrliche Idee. Eine wunderschöne Geschichte hast du wieder geschrieben, ich habe sie sehr genossen!
    Herzliche Grüße
    Regina

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  5. Liebe Lore,
    sind das niedliche Zwerge. Ich kann sie mir lebhaft vorstellen. Bestimmt passieren Tollpatsch noch öfter solche oder ähnliche Dinge. Aber ich bin mir sicher, dass er in Zukunft auf sein Mützchen besonders gut aufpasst.
    Ich dachte zuerst, dass Teddy die Zauberkraft des Mützchens noch für einen Streich nutzt, aber anscheinend hat er gar nichts von seiner Unsichtbarkeit mitbekommen.
    Das war wieder eine wunderschöne Geschichte, die dir da aus der Feder gehüpft ist.
    Sei herzlich gegrüßt
    Astrid

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