Freitag, 31. Mai 2024

Reise durch das Märchenbuch

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und viel Spaß beim Lesen!


 

 

Reise durch das Märchenbuch

 

Vanessa öffnete die Augen, irgend etwas hatte sie aufgeweckt. 

Der Mond schien ins Zimmer und tauchte es in sein schummriges kaltes Licht. Das Mädchen setzte sich auf und ließ ihre Augen durch das Zimmer wandern, doch sie konnte nichts entdecken. Gerade wollte sie  ins  Kissen zurück sinken, das hörte sie es wieder. Es klang als würde eine Maus nagen und zwar genau neben ihr, aber da lag nur ihr Märchenbuch, aus dem die Mutter ihr heute Abend vorgelesen hatte.

Vanessa zog das Buch auf die Bettdecke und schlug es auf und erschrak. Mitten im Buch war ein riesiges Loch und ein großer grüner Wurm mit einer schwarzen Hornbrille, hinter der die Augen ganz groß waren, grinste sie vergnügt an.

 

 


"Wer bist du und warum hast du mein Buch kaputt gemacht, " rief Vanessa empört und den Tränen nahe.

"Nun beruhige dich, ich liebe es nachts durch die Geschichten zu streifen und bis Morgen früh ist dein Buch wieder heil. Wärest du nicht wach geworden, hättest du gar nichts gemerkt. Entschuldige, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Kasimir vom Bücherturm und man nennt mich auch den Bücherwurm."

Das Mädchen kicherte: " Der Bücherwurm vom Bücherturm!"

 "Ja eine etwas unglückliche Wortwahl, nenne mich doch bitte Kasimir." " Kasimir, wenn du nachts durch die Bücher streifst, was machts du dann tagsüber?"

Der Wurm deutete auf das Bücherregal. "Siehst du das Buch mit den Kinderliedern, daneben rolle ich mich in der Ecke zusammen und schlafe. Hast du Lust mich auf dem Streifzug durch das Märchenbuch zu begleiten?"

"Wie soll ich denn durch das kleine Loch im Buch kommen?" " Kein Problem, warte einen Moment, ich komme gleich zurück." 

Der Wurm verschwand in dem Loch und tauchte gleich darauf wieder mit einem kleinen Jungen, der einen spitzen schwarzen Hut trug, auf.

" Oh, nein," rief das Mädchen entsetzt, " dich kenne ich doch, du bist doch der Zauberlehrling, der alles verkehrt macht. Du willst mich doch nicht etwa klein zaubern!"

Der junge Zauberer wurde rot. " Keine Bange, mein Meister hat mir den Zauberspruch genau aufgeschrieben und er lädt dich zu einer Tasse Tee ein, denn er möchte so gern mehr über die Menschen wissen."

"Gut dann erlaube ich dir mich klein zu zaubern," seufzte Vanessa, aber so ganz wohl fühlte sich nicht dabei. Doch es klappte und vergnügt schlüpfte sie hinter den beiden durch das Loch.Sie folgte ihnen durch einen tiefen dunklen Wald und staunte, als sie plötzlich vor einem großen Turm standen. 

"Wohnt hier Rapunzel?" "Nein, die wohnt einige Seiten weiter. Hier lebt der Zauberer mit seinem Lehrling."

Staunend sah Vanessa sich um. Ringsum von oben bis unten waren  die Wände voller Bücher und in der Mitte des Turm führte eine Wendeltreppe nach oben. 

 


 

"Aber wie kommt man  an die Bücher?" "Ich zeig es dir!" Eifrig rannte der Zauberlehrling die Treppe hoch, blieb in der Mitte stehen und streckte die Hand aus, während er vor sich hin murmelte. Ein großes dickes Buch kam aus dem Regal auf ihn zu und traf ihn am Kopf. 

Der Junge taumelte und hielt sich am Geländer fest. Kasimir und Vanessa kicherten. 

"Du wirst es nie lernen." Der Zauber kam aus dem Hintergrund des Zimmers und begrüßte seine Gäste. Er freute sich endlich einem Menschen zu begegnen und wollte alles über ihr Leben wissen. Gedudig beantwortete Vanessa seine unzähligen Fragen, bis Kasimir rief:" Wolltest du uns nicht zum Tee einladen?"

"Ach entschuldigt," der Zauberer schnippte mit dem Finger und zwei Tassen und eine Teekanne, sowie ein Teller mit Gebäck flog durch die Luft und landete mit leisem Klirren auf dem Tisch.

Nachdem sie sich von dem Zauberer verabschiedet hatten, ging es weiter durch ein Gebirge, das an einen Wald grenzte. Mitten in diesem Wald stand eine kleine Hütte. Eben öffnete sich das Fenster und ein schwarzhaariges Mädchen sah heraus. Sie sang ein  Lied und die Vögel begleiteten sie mit fröhlichem Gezwitscher.

 "Das ist ja Schneewittchen, oh da hinten kommt die böse Stiefmutter und auf dem Rücken trägt sie einen Korb mit Äpfeln. Wir müssen sie warnen!" Vanessa wollte los laufen, Kasimir hielt sie zurück. "BleIb, wir dürfen durch die Geschichten wandern, aber wir können nicht eingreifen und sie verändern. Gehen wir weiter."

Sie kamen auf eine große Wiese, auf der ein kleines Mädchen mit einem roten Käppchen fröhlich herum hüpfte."Komm, gehen wir schnell weiter, gleich kommt der böse Wolf."

Plötzlich standen sie vor einem Schloß, das kaum mehr zu sehen war, denn es war über und über mit einer Dornenhecke bedeckt. Totenstille herrschte, nicht mal die Vögel sangen und Vanessa wurde es richtig unheimlich zu Mute und sie lief los, der Bücherwurm folgte ihr.

Gleich darauf konnten sie beide wieder lachen, denn Hans mit der goldenen Gans kam ihnen entgegen. Vergnügt sang er ein fröhliches Lied und an seiner Jacke hängend stolperten schnaufend und ächzend, die Töchter des Wirts, zwei Bauern, der Pfarrer und der Küster.

Am Ende des Buches kamen sie zu Vanessas Lieblingsgeschichte Aschenputtel. Schon von weitem hörten sie das Ruckuckidu der Tauben und kamen gerade rechtzeitg an, als Aschenputtel das Fenster weit öffnete und die Tauben hinein ließ.

" Jetzt kommen die guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen, " lachte Vanessa. "Und wir sind am Ende des Buches angelangt  und müssen uns leider verabschieden." Kasimir wurde immer kleiner und kleiner und plötzlich war er weg.

Das Mädchen öffnete die Augen. Der Mond beleuchtete noch immer ihr Zimmer, nichts hatte sich verändert. Auch das Märchenbuch lag noch auf der Bettdecke vor ihr. Sie schlug es auf und war erleichtert, als sie  kein Loch sah. Kasimir war nur ein  schöner Traum! Eigentlich schade.

(c) Lore Platz "´(2021)

 

 


Mittwoch, 29. Mai 2024

Ulli wünscht sich einen großen Bruder

 

 
  (Bonmomo)

 

In Medien und Internet hört und liest man nur noch Schreckensnachrichten und das könnte einem wirklich Angst machen und die Lust am Leben vergällen.

Doch dies ist nur ein Bruchteil eines großen Ganzen, unsere Welt ist wunderschön und das Leben ist lebenswert.

Es gibt noch so viele wunderbare Menschen, die bereit sind, sich den Problemen zu stellen, die nicht nur meckern, sondern machen und vor allem die sich die Freude am Leben nicht nehmen lassen.

Es gibt sie noch die Fröhlichkeit, die Liebe und das Lachen und vor allem der Mut zum Leben.

Da ich ein sehr postiver Mensch bin möchte ich etwas davon an euch weitergeben.

Ab und zu werde ich versuchen eine positive Veränderung die ich finde an euch weiter zu geben und zwar unter dem Motto :


 

 wie Hoffnung

 

 

 

 

Vor einigen Jahren hörte man ständig von dem schrecklichen und gefährlichen Loch in der Ozonschicht.

Schon lange wird dies nicht mehr erwähnt, dabei hat sich die Ozonschicht der Erde wieder erneuert und das UV Schutzschild ist so klein wie es 1989 war. 

Warum werden Schreckensnachrichten so breit getreten und dann kaum erwähnt, wenn es wieder besser wird.

 Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!

 

 
 
Ulli wünscht sich einen großen Bruder


Der Wagen der Wellenbrinks verließ die Ausfahrt und Ulli kniete auf der Rückbank und winkte heftig seinem Cousin Bernd und dessen neuem großen Bruder Jochen.
Gestern hatte nämlich seine Tante Agnes geheiratet und nun hatte Bernd einen neuen Papa und auch einen großen Bruder bekommen.
Ulli, setzt dich und schnall' dich an,“ mahnte der Vater.
Der Fünfjährige rutschte auf den Sitz und ließ den Gurt einschnappen.
Jochen ist ein cooler Typ, er hat uns gezeigt wie man Steine über das Wasser springen lässt und hat Bernd ein Boot geschnitzt und mir will er ein Pferd schnitzen, wenn wir das nächste Mal wieder kommen.“
Ulli seufzte und meinte sehnsüchtig:“ Ich möchte auch einen großen Bruder haben.“
Seine Eltern schmunzelten.
Warum mussten wir denn heute schon wieder heim fahren, wir hätten ruhig noch bleiben können, Oma hat das auch gesagt.“
Brigitte Wellenbrink wendete sich um und schenkte ihrem Sohn ein tröstendes Lächeln.
Du weißt doch, dass heute Nachmittag die Stute kommt, die Papa vor einigen Wochen bei Scheich Abdul Hamit gekauft hat und da muss Papa unbedingt dabei sein. Und du freust dich doch auch darauf.“
Ulli war schon ein genauso großer Pferdenarr wie sein Vater und war sehr stolz auf ihr Gestüt. Vor einigen Monaten war Papa zu seinem Freund dem Scheich Abdul geflogen und hatte dort eine Araberstute gekauft mit dem Namen Hadia, das bedeutete Sonnenaufgang.
Plötzlich bremste Herr Wellenbrink und Ulli wurde auf seinem Sitz zurück geschleudert.
Verfluchter Mist, ein Stau, wir werden es nie rechtzeitig schaffen, ich habe gesagt, wir hätten gestern zurückfahren sollen, He, du lahme Ente, da vorne ist noch Platz, so ein
Sonntagfahrer man sollte dich in den Allerwertesten treten.
So jetzt ist Stillstand, so eine sch...!“
Arthur der Junge!“
Herr Wellenbrink sah schuldbewusst in den Rückspiegel, Ulli grinste und zwinkerte seinem Vater zu.
Das kannte er schon, denn sein Papa konnte ganz schön böse werden beim Autofahren und fürchterlich schimpfen.
Da wollte er doch mal die Ohren spitzen, vielleicht hörte er noch ein Wort das er noch nicht kannte.
Der Stau hielt sie tatsächlich ziemlich lange auf und als sie am Gut ankamen bog gerade der Pferdetransporter in die Einfahrt ein.
Herr Wellenbrink parkte das Auto an der Hauswand, sprang heraus und lief über den Hof zum Transporter, gefolgt von seinem Sohn.
Frau Wellenbrink sah den beiden Pferdenarren kopfschüttelnd hinterher, winkte einem der neugierig herumstehenden Knechte und bat ihn die Koffer in das Haus zu tragen. 
Sie selbst aber ging in die große Gutsküche, wo die Köchin Martha hantierte, ließ sich auf einen Stuhl fallen und stöhnte: „Jetzt brauche ich einen Kaffee.“

 

Aufgeregt beobachtete Ulli wie der Fahrer des Transporters und sein Begleiter, die Ladeklappe herunter ließen und dann nach oben stiegen.
Die rotbraune Stute, die nun erschien war wunderschön, doch weigerte sie sich die Rampe hinunter zu gehen. Sie wieherte nervös und stemmte sich mit den Hufen fest und soviel die beiden Männer auch zerrten und zogen, sie ging keinen Schritt vorwärts.
Doch auf einmal wie durch Zauberhand schritt sie plötzlich los und stand wenig später brav und ruhig auf dem Hof, als hätte sie nicht gerade einen Zirkus veranstaltet.
Der neue Pferdeknecht Georg wollte nach dem Halfter greifen, aber Ullis Vater meinte:
Lass nur, ich bringe sie selbst in den Stall, sieh zu, dass alles vorbereitet ist.“
Dann wandte er sich an die Herumstehenden:
Geht wieder an eure Arbeit, es gibt nichts mehr sehen.“
Und die beiden Fahrer wies er an, sich im Büro das Geld zu holen und dann in der Gutsküche Brotzeit zu machen.
Grinsend verschwanden die beiden im Haus.
Von früheren Transporten wussten sie, dass auf Gut Linderhof das Trinkgeld, sowie die Verpflegung reichlich war.
Ulli aber folgte seinem Vater und Hadia in den Stall.
Kurz bevor er diesen betrat sah er sich noch einmal um und bemerkte einen Jungen, der den Transporter verließ und in dem Schuppen verschwand.

Die Sonne kitzelte Ulli an der Nase und er öffnete die Augen.
Vom unten drang bereits der alltägliche Lärm zu ihm herauf.
Er lief ans Fenster und sah hinunter.
Auf dem Hof herrschte wie immer das morgendliche Durcheinander.
Rufe erklangen, Stimmen schallten, dazwischen klang das Kichern der Mägde und das Klirren der Milcheimer.
Aus der Schmiede war das rhythmische Klopfen des Hammers zu hören und die Stallburschen Luk und Piet brachten gerade die Pferde aus dem Stall.
 
 

 
Auf dem Weg zu den Koppeln wurden sie von Harras, dem Hofhund überholt, der ein Kaninchen entdeckt hatte, das gerade gemütlich an einem Löwenzahn knabberte und als es den Hund sah in schnellen Sprüngen davon hoppelte.
Ulli reckte sich, konnte aber Hadia nirgendwo entdecken. Sie durfte noch nicht auf die Weide, weil sie sich erst eingewöhnen musste.
Der Junge lief ins Badezimmer, kleidete sich an und polterte die Treppe hinunter.
Die alte Martha sah ihm lächelnd entgegen.
Während Ulli seinen Kakao trank und die frisch gebackenen Rosinenbrötchen aß, erzählte er Martha aufgeregt von der Hochzeit und dem großen Bruder, den Bernd jetzt hatte.
Vorsorglich steckte er noch zwei Rosinenbrötchen für später in die Hosentaschen, bevor er über den Hof stromerte.
Doch als er Hadia im Stall besuchen wollte, scheuchte ihn Georg weg. Ulli verließ mit finsterem Gesicht den Stall.
Den neuen Pferdeknecht konnte er gar nicht leiden.
Als er sah, wie die Katze Minka im Heustadel verschwand, fiel ihm der Junge wieder ein, den er gestern gesehen hatte.
 
 

 
Ob er noch da war?
Ulli schlüpfte durch den Türspalt in den Schuppen, der erfüllt war mit dem Duft des frisch gemähten Heus.
Durch die schmutzige Scheibe des Fensters kroch ein Sonnenstrahl und Hunderte von kleinen Staubpartikelchen tanzten im Sonnenlicht.
Von dem fremden Jungen aber war nichts zu sehen.
Minka kam auf Ulli zu und schmiegte sich schmeichelnd an seine Beine, plötzlich spitzte sie ihre Ohren, drehte sich um und hüpfte auf den Heuhaufen.
Ein Kichern ertönte und ein brauner Kopf mit schwarzen Wuschelhaaren tauchte auf.
Der fremde Junge klopfte sich das Heu von der Kleidung und verneigte sich dann grinsend vor Ulli.
Guten Morgen, kleiner Sahib.“
Ich heiße Ulli und bin kein Sahib,“ kicherte dieser, der wusste, dass Sahib soviel wie Herr bedeutete.
Komm Ulli setzen dich zu mir, ich bin Ahmed.“
Der kleine Junge setzte sich und sah Ahmed neugierig an, dieser grinste und seine weißen Zähne blitzten in dem gebräunten Gesicht.
Du sicher wissen wollen, warum ich sein hier?“
Ulli nickte und der arabische Junge erzählte ihm nun, dass sein Onkel, der ihn nach dem Tod seiner Eltern aufgenommen hatte, Stallmeister bei Scheich Abdul war und dass Ahmed dabei war als Hatia geboren wurde und seitdem hatte sich zwischen ihm und der Stute eine große Freundschaft entwickelt.
Deshalb war er auch sehr traurig, als sie nach Deutschland verkauft wurde und hatte sich heimlich auf das Schiff geschlichen.
Aber macht dein Onkel sich denn keine Sorgen?“
Nein, er denken ich wäre bei meinem Freund Yusuf und er mich lassen, weil weiß wie traurig ich bin.“
Du kannst dich doch nicht immer verstecken?“
Ich wissen, aber ich muss auf Hatia aufpassen, Mann der Georg heißt sein sehr böse zu ihr und knuffen und treten wenn niemand sieht, ich aber habe gesehen. Auch trinken er heimlich aus Flasche, die sein in seiner Hosentasche, sehr böser Mann. Schlimm zu Pferden.“
Aber wenn du das Papa erzählst?“
Nein, ich noch ein paar Tage warten wollen,
Sahib Wellenbrink vielleicht nicht glauben, da ich erst gestern gekommen. Kleiner Freund Ulli mir versprechen, Ahmed nicht verraten werden?“
Ehrenwort!“ Sie hoben die Hände und klatschten ab.
Da fiel Ulli ein, dass er ja noch die beiden Rosinenbrötchen in der Hosentasche hatte.
Ahmed hatte sicher Hunger.
Dieser biss auch heißhungrig hinein und gestand mit verklärten Gesicht, dass er solche Köstlichkeit noch nie gegessen hatte.
Unsere Köchin Martha backt sie jeden Tag frisch, ich werde dir immer welche bringen und was du noch möchtest zum Essen.“
Schritte waren zu hören und knarrend öffnete sich die Tür des Schuppens.
Ahmed war plötzlich verschwunden, nur das angebissene Brötchen lag noch neben Ulli.
Luk, der Stallbursche stutzte, als er Ulli sah.
Vor wem versteckst du dich denn?“
Dann sah er das Brötchen und grinste. „Hast dir wohl eins von Marthas leckeren Rosinenbrötchen gemaust und wolltest es hier in Ruhe auf futtern. Keine Angst ich verrate dich nicht.“
Luk, beeile dich, es gibt noch mehr zu tun!“ hörte man die Stimme des Stallmeisters.
Alter Leuteschinder!“ brummte Luk, häufte aber doch schnell das Heu auf die Schubkarre, Ulli half ihm dabei.
Kaum war er draußen, tauchte Ahmeds Kopf aus dem Heu auf.
Er wird gleich wieder kommen,“ warnte Ulli.
Ich weiß,“ grinste Ahmed und biss in das Brötchen, dann deutete er auf die Leiter.
Ich werde gehen nach oben und still sein wie Maus.“
Ulli aber suchte den Garten auf und kletterte auf den Apfelbaum.
Denn hierher kam er immer, wenn er besonders viel zum Nachdenken hatte.
Beim Mittagessen meinte der Vater besorgt, dass Hadia so nervös sei.
Die Mutter tröstete: „ Sie ist doch noch nicht lange hier und hat eine weite Fahrt hinter sich, sie muss sich sicher erst eingewöhnen.“
Arthur nickte, aber man sah ihm an, dass er sich Sorgen machte.
Nach dem Essen ging die Mutter ins Büro und der Vater nach draußen.
Ulli wartete bis Martha sich in ihr, mit altmodischen Möbeln eingerichtetes, Zimmer zurück gezogen hatte, um einen Mittagsschlaf zu halten.
Dann holte er sich den kleinen Rucksack in seinem Zimmer und schlich in die Küche.
Ahmed hatte ihm gesagt, dass ihm sein Glaube verbiete Schweinefleisch zu essen, also ließ er die Wurst liegen und packte zwei Hähnchenkeulen, Käse und Butter ein.
In der Speisekammer holte er ein Glas mit Kompott und fand auch noch einige Rosinenbrötchen.
Aus der Schublade holte er noch Besteck und dann brachte er die Schätze zu seinem neuen Freund.
Mit Begeisterung machte sich Ahmed über das Essen her.
Die nächsten Tage versorgte Ulli seinen Freund.
Herr Wellenbrink zeigte sich immer noch besorgt, weil Hadia sich überhaupt nicht eingewöhnen konnte.
So rief er Scheich Abdul an.
Dieser war genauso erstaunt wie er und dann erzählte er ihm, dass der Neffe seines Stallmeisters verschwunden sei.
Als Herr Wellenbrink dies beim Essen erwähnte, bekam Ulli einen knallroten Kopf.
Zum Glück fiel es seinen Eltern nicht auf.
Später aber, als er Ahmed besuchte, erzählte er ihm, dass sein Verschwinden bemerkt worden sei.
Und sein Freund versprach ihm, noch heute mit seinem Vater zu sprechen.
Doch dazu sollte es nicht kommen, denn beinahe wäre ein großes Unglück geschehen.
Der Gutsherr hatte sich nun endlich entschlossen, Hadia auf die Koppel bringen zu lassen.
Der Pferdepfleger Georg führte das nervös tänzelnde Pferd aus dem Stall.
Wütend zog er immer wieder an der Kandare und fügte dem empfindlichen Maul damit große Schmerzen zu.
Hadia wieherte, riss sich los und stürmte davon, geradewegs auf Ulli zu, der eben aus dem Haus kam und vor Schreck erstarrt stehen blieb.
Herr Wellenbrink lief los, doch er war zu weit entfernt, um noch rechtzeitig eingreifen zu können.
Da aber stürzte Ahmed aus dem Schuppen und riss Ulli zu Boden.
Hadia donnerte an ihnen vorbei und blieb nach ein paar Metern mit zitternden Flanken stehen.
Keiner wagte sich an das Pferd heran.
Herr Wellenbrink kniete neben seinem Sohn und als er erleichtert bemerkte, dass er außer ein paar blauen Flecken und Abschürfungen keine Verletzungen davon getragen hatte, überließ er ihn seiner Mutter und trat zu Ahmed.
Dieser hatte inzwischen die Kandare gelockert und redet in arabischer Sprache beruhigend auf das Pferd ein.
Du bist Ahmed?“
Ja, Kandare war viel zu fest, Hadia Schmerzen, Mann böse!“
Arthur Wellenbrinks Gesicht verfinsterte sich.
Er wandte sich an Georg.
Pack deine Sachen, lass dir im Büro deinen Lohn auszahlen, du bist fristlos entlassen. Für Pferdeschinder ist auf Linderhof kein Platz.“
Der Pferdepfleger zog den Kopf ein und schlich davon. Manch schadenfroher Blick folgte ihm, denn er war nicht sonderlich beliebt.
Und du mein Junge kommst mit, ich denke du hast mir eine Menge zu erzählen.“
Einträchtig marschierten sie mit Hadia dem Stall zu.


Nur widerstrebend folgte Ulli seiner Mutter ins Haus, die ihn verarzten wollte.
Ungeduldig wartete er dann auf seinen Freund und seinen Vater.
Endlich betraten die beiden in eine angeregte Unterhaltung vertieft das Zimmer.
Frau Wellenbrink aber streckte Ahmed beide Hände entgegen.
Mein Junge, ich danke dir!“
Der junge Araber grinste.
Nichts besonderes getan, Ahmed liebt kleinen Freund.“
Ulli sah mit bangen Augen auf seinen Vater.
Dieser schmunzelte.
Wir haben eben mit Scheich Abdul und Ahmeds Onkel Raschid telefoniert.
Ahmed wird vorerst als Gast bei uns bleiben und sich persönlich um Hadia kümmern.
In einigen Wochen wird Raschid kommen und seine Papiere bringen, dann machen wir einen Lehrvertrag. Denn Ahmed wird auf Linderhof zum Stallmeister ausgebildet.“
Ulli jubelte, dann nahm er die Hand seines großen Freundes und zog ihn zur Küche.
Herr Wellenbrink schmunzelte.
Nun hat Ulli statt eines großen Bruders einen großen Freund bekommen.“
Die Eheleute sahen sich lächelnd an.
In einigen Monaten würde Ulli ein kleines Brüderchen oder Schwesterchen bekommen.
Dann war er der große Bruder!

© Lore Platz  (2022)





 


Mittwoch, 22. Mai 2024

Kasperl

Dieses Jahr hatte ich viele gesundheitliche Probleme, aber wenn man bald 72 wird, dann hat man eben schon viele Baustellen im Körper, die ab und zu mal aufmucken.

Auch wenn die Knochen öfter murren und krachen, die Hitze die Beine anschwillen lassen, so ist es doch ein großes Glück, der Kopf bleibt klar, die Laune heiter, dann geht es frohgemut doch immer weiter.

Wisst ihr ohne das Internet wäre meine Leben so ganz allein, seit mein Mann verstorben ist, sehr traurig und leer. Ich habe viele liebe Menschen hier gefunden und auch mein Blog macht mir große Freude, denn sich Geschichten ausdenken und andere daran teilnehmen lassen ist ein schönes Gefühle. Vor allem wenn ich immer wieder erfahre, dass einige sich sehr darüber freuen.


 

(c) LP


Bestimmt seid ihr auch als Kind vor einem Kasperletheater gesessen und habt mit gezittert, wenn der böse Räuber, die Hexe oder das Krokodil dem Kasperle übel wollten.

Ab und zu kommt im Fernsehen noch eine Aufführung des österreichischen Kaspertheaters und wenn die Kamera dann auf die Kinder schwenkt, das ist einfach zum Niederknien schön.

Wie sie mitfiebern, die einen kämpferisch, die anderen ein wenig ängstlich und manche warnen auch lautstark das Kasperle.

Das älteste Kasperle dürfte wohl das Hohnsteiner Kasperle sein.1921 wanderte Max Jacob aus Hartenstein im Erzgebirge mit den Puppen im Rucksack durch die Gegend und führte seine Stücke vor. 

Dann wurden er und sein Kasperle sesshaft und zwar auf der Burg Hohenstein in der Sächsischen Schweiz.Das war 1928.

Wenige Jahre später und zwar 1936 wurde er für den Film entdeckt und trat in 30 Filmen auf, das Kasperle nicht der

Max.

Auf der Weltausstellung 1937 in Paris erhielt er sogar eine Goldmedaille.

Dann kam der Krieg und Max und sein Kasperle beschlossen, den Soldaten ein bisschen Freude zu schenken.

Doch dann war alles zerstört und auch einem Kasperle vergeht manchmal wegen der Dummheit der Menschen das Lachen.

Doch 1945 beschloss er mit seinem Freund Max Jacob in Hamburg wieder neu anzufangen.

1949 war das Kasperle der erste deutsche Künstler, der nach Schweden eingeladen wurde.

Und 1971 feierte er das 50jährige Bühnenjubiläum.

Menschen kommen, Menschen gehen, aber so ein Kasperle mit seinem Lachen bleibt für immer.


 


Das Kasperle Hieronymus

 

In Burghausen ist wie jedes Jahr Volksfest.Der würzige Duft von Brathendl, Steckerlfisch und Bratwürsten liegt über dem Platz und das Geplärr der Schlager vermischt sich mit dem fröhlichen Gekreische der Kinder.

Die Schausteller wetteifern um die Gunst des Publikums.

Zwischen all den Karussells und Schaubuden steht auch Meister Martins Kasperletheater.

Das Kasperle mit dem fröhlichen Gesicht ist sehr beliebt bei den Kindern und wenn es seine fröhlichen Streiche spielt, dann ist die Bude von Groß und Klein belagert.

Gegenüber gibt es noch ein Kasperletheater.

Doch hier sind sehr selten Besucher zu sehen.

Es gehört dem bösen Sandor und dieser ist sehr eifersüchtig auf Meister Martin.

Fridolin, so heißt das Kasperle sitzt auf der Bühne und blickt sehnsüchtig zu der Bude hinüber, von der immer wieder das schallende Lachen der Kinder ertönt, wenn Hieronymus seine lustigen Grimassen schneidet.

Wie gerne wäre Fridolin jetzt bei Meister Martin und würde mit Hieronymus die Kinder zum Lachen bringen.

Sandor schlurft herein.

Er riecht nach Schnaps und angeekelt wendet sich Fridolin zur Seite.

Ha, du Tropf!“ zischt der Mann und packt das Kasperle grob am Arm.

Schau nur hinüber, wie viele Leute wieder bei Meister Martin sind und wer ist bei uns?

Keiner, weil ich ein Kasperle habe, das nicht einmal Lachen kann!

Er gibt Fridolin einen kräftigen Stoß und wankt zu seinem Bett.Fridolin aber senkt traurig den Kopf.Wie kann ich lachen, wenn ich unglücklich bin, denkt er bitter.

Es ist dunkel.Die Musik ist verstummt.

Karussell und Buden sind geschlossen und die Schausteller schlafen alle in ihren Wohnwägen.

Zufrieden wandert der gute alte Mond über den nachtschwarzen Himmel.

Plötzlich stutzt er. Was ist denn da unten los?

Das ist doch dieser unsympathische Sandor, was will der denn noch so spät auf dem Platz.

Leise, immer wieder um sich schauend huscht Sandor zu Meister Martins Wohnwagen, lauscht einen Moment und schleicht weiter zum Theaterwagen, in welchem die Puppen schlafen.

Blitzschnell öffnet er die Tür, schnappt sich das Kasperle, und steckt es in einen schmutzigen Sack und verschwindet damit in seinen Wohnwagen.

Außer dem Mond hat niemand etwas bemerkt und der kann leider nicht helfen.

In seinem Wagen wirft Sandor den Sack auf die Bank und nachdem er die Vorhänge zugezogen hat, zündet er eine Kerze an.

Dann öffnet er den Sack und lässt Hieronymus heraus.Zitternd steht das Kasperle vor dem Bösewicht, der ihn höhnisch betrachtet. Jetzt ist dir wohl dein dämliches Lachen vergangen, was, hast Angst vor mir, haha, sollst du auch haben.“ Er gibt ihm einen groben Rempler, dass das Kasperle gegen die Tischkante fällt. Sandor aber packt es und wirft es in eine Truhe.

Da bleibst du bis ich mir überlegt habe was ich mit dir anfange.“

Lauernd beobachtet er Hieronymus.

Es sei denn du willst in Zukunft für mich spielen.“ Hieronymus aber schüttelt heftig den Kopf und wütend schlägt Sandor die Truhe zu. Dann angelt er sich die Flasche Schnaps vom Tisch, zieht den Korken mit den Zähnen heraus und nimmt einen tiefen Schluck. Mit der Flasche in der Hand taumelt er zum Bett und bald ertönen laute Schnarchgeräusche.

Hieronymus aber kauert angstvoll in der dunklen Kiste.

Es knarrt und das Herz des Kasperles klopft aufgeregt, kommt der Bösewicht zurück?

Ein Lichtschein fällt in die Kiste, als der Deckel angehoben wird und Hieronymus atmet erleichtert auf, als Fridolins Gesicht über dem Kistenrand auftaucht.

Schnell, er schläft, du musst verschwinden!“ Hieronymus klettert flugs aus der Truhe und rennt zur Tür. Dort dreht er sich noch einmal um.

Komm doch mit, Fridolin, Meister Martin wird dich bestimmt aufnehmen.“

Das würde euch so passen!“

Sandor ist aufgewacht und packt die beiden Kasperle am Kragen.

Er wirft Fridolin in die Truhe.Mit dir befasse ich mich später!“ Hieronymus aber steckt er in den Sack und grollt:

Du willst also nicht für mich spielen, nun dann werde ich dafür sorgen, dass du in Zukunft für niemanden mehr spielen wirst!“



Die außerhalb von Burghausen liegende Mülldeponie ist für Maunz die getigerte Katze ein beliebter Ausflugsort.

Auch jetzt liegt sie auf einem ausrangierten Sofa und lässt sich die warme Sonne auf den Pelz brennen. Doch die Ruhe währt nicht lange.

Flocki, der schneeweiße Malteser jagt in langen Sätzen aufgeregt bellend über den Platz.

Zornig springt Maunz in die Höhe und krümmt fauchend den Rücken.Du dummer Hund, kannst du mich nicht schlafen lassen!“Entschuldige Maunz, aber ich habe etwas entdeckt, dass muss ich dir unbedingt zeigen.“ Die Katze ist schnell wieder besänftigt.

Was ist es denn?“

Flocki macht ein wichtiges Gesicht.

Ein Männchen aus Holz, ulkig sieht es aus und sprechen kann es auch.“ Der Hund dreht sich um und läuft davon.

Maunz folgt auf seidenweichen Pfoten, den Schwanz gestellt und voller Neugier.

Unter Abfällen begraben, nur noch der Kopf ist zu sehen, liegt Hieronymus.

Als er die Tiere erblickt beginnt er laut zu jammern.

Maunz weicht erschrocken zurück, doch dann siegt ihre Neugier.

Sie gleitet vorsichtig näher und beschnuppert das seltsame Ding, das nun wieder zu jammern beginnt.

Ach ojemine, seit zwei Tagen liege ich schon hier und kann mich nicht bewegen.

Könnt ihr mir nicht helfen?“

Flocki schüttelt den Kopf.

Er hat sich die Sache gründlich angesehen.

Nein, hölzernes Männchen, das ist alles viel zu schwer, wir können dich nicht befreien.“

Dann muss ich hier sterben,“ heult das Kasperle laut und dicke Tränen kullern aus seinen Augen.“

Nun stell dich nicht so an, ich werde Hilfe holen!“

Maunz dreht sich um und verlässt die Müllhalde.




 

Bald hat sie das Städtchen Burghausen erreicht.

Mit einem Sprung setzt sie über den Bretterzaun zu Meyers Kohlenhandlung und saust ohne rechts und links zu schauen über die Straße.

Bremsen quietschen.Dummes Katzenvieh!“ brüllt der erboste Autofahrer.

Erschrocken schmiegt sich Maunz an die Hausmauer.

Ihr kleines Herz klopft heftig und ihre grünen Augen sind rund und groß vor Schrecken.

Chip, chip, das war aber knapp.“

Ein kleiner graubrauner Spatz hüpft neugierig näher.

Warum hast du es denn so eilig?“

Flocki und ich haben ein hölzernes Männchen gefunden, das Hilfe braucht und deshalb muss ich zu Vanessa und Peter,“ antwortet die Katze und vergisst, dass sie Spatzen eigentlich gar nicht leiden kann.

Der freche kleine Vogel möchte noch mehr wissen, doch Maunz wird nun ungeduldig und schlägt mit der Pfote nach dem Quälgeist und empört schimpfend fliegt dieser davon.

Maunz eilt nun in großen Sprüngen weiter und ist bald in dem Garten der Familie Braun.

Die vierjährige Vanessa ist bereits aus dem Kindergarten zurück und spielt nun mit Ihrer Puppe Marion.

Sie erschrickt ein wenig, als die Katze plötzlich neben ihr auftaucht.

Musst du dich immer so anschleichen?“ schimpft sie vorwurfsvoll.

Maunz schlägt ungeduldig mit Schwanz.

Nun hab dich mal nicht so, hör lieber zu, ich brauche eure Hilfe.“

Und sie erzählt von ihrem Fund.

Vanessa eilt ins Haus, um ihren Bruder zu holen.

Der Erstklässler sitzt gerade mit gerunzelter Stirn am Tische und versucht lauter „I“ in sein Helft zu kritzeln, die aber immer wieder schief werden.

So ist er heilfroh, als seine Schwester ihn unterbricht und er ist auch gleich bereit zu helfen.

Maunz setzt sich auf die Hinterpfoten und während sie auf die Kinder wartet, säubert sie mit ihrer rauen Zunge das Fell.

Ein Geräusch lässt sie plötzlich die Ohren spitzen.

 


 


Reglos mit schmalen Augen beobachtet sie das Häufchen Laub, in dem es raschelt und rumort.

Geduckt schleicht die Katze hinüber und setzt zum Sprung an. Die Blätter fallen auseinander und heraus kommt ein kleiner putziger Igel, hebt neugierig das spitze Näschen und trippelt auf seinen kurzen Beinchen davon.

Enttäuscht läuft Maunz zu den Kinder, die eben aus dem Haus kommen.

Vanessa hebt die Puppe Marion aus dem Puppenwagen und setzt sie unter den Kirschbaum.

Marion verzieht beleidigt das Gesicht.

Eine Frechheit war das! Bestimmt würden Grasflecken ihr hübsches Kleid beschmutzen.

Aber auch Peter meutert:

Warum willst du dieses Ding da mitschleppen!“

Vanessa schenkt ihm ein überlegenes Lächeln.Denke doch mal nach, das Männchen ist verletzt, vielleicht kann es ja nicht mehr laufen, dann können wir es im Puppenwagen transportieren.“

Ihr Bruder muss ihr Recht geben.

Er verstaut den Erste Hilfe Kasten im Wagen und einträchtig verlassen sie den Garten.

Vanessa, Peter wohin wollt ihr denn, um zwei Uhr gibt es Mittagessen!“ ruft die Mutter, die sie aus dem Fenster beobachtet hat.

Bis dahin sind wir zurück,“ verspricht Peter,und deine Hausaufgaben?“

Mache ich später!“

Schnell gehen sie weiter, bevor der Mutter noch etwas einfällt.

Der Obsthändler Apfelkern steht vor seinem Geschäft, die Hände über der grünen Schürze gefaltet, ein freundliches Lächeln auf seinem rotbackigen Gesicht.

Schmunzelnd betrachtet er die Katze, die es sich im Puppenwagen bequem gemacht habt.

Das ist ja mal eine besonders schöne Puppe,“ lacht er gemütlich, „ na ihr zwei, wollt ihr einen Apfel?“

Vanessa sagt höflich: „Nein danke!“

Doch Peter stößt sie in die Seite und ruft eifrig:Gerne und die Vanessa will auch einen.“

Herr Apfelkern lacht, dass es die Straße hinauf und hinunter dröhnt.

Hahahaaaa! Die Vanessa will keinen Apfel, aber der Peter gleich zwei.“

Noch immer lachend zaubert er aus seiner Schürze eine braune Tüte und füllt sie mit Obst und reicht sie Peter.

Genügt das?“ fragt er schmunzelnd.

Peter nickt und bedankt sich.

Seine Schwester schimpft ärgerlich, nachdem er die Tüte im Puppenwagen verstaut hat.

Nun müssen wir auch noch das ganze Obst mitschleppen und das Männlein wird keinen Platz mehr haben.“

Aber gerade wegen dem Männlein habe ich das Obst genommen, es wir sicher Hunger haben, wenn es solange schon dort draußen liegt,“ verteidigt sich Peter hitzig.

Hm!“ macht Vanessa nur und schweigend marschieren sie weiter.

Flocki kommt ihnen schon entgegen gelaufen und sie folgen ihm zu dem Verschütteten.

Während Peter das Kasperle ausgräbt, fährt Vanessa den Puppenwagen zu dem Sofa.

Sie nimmt die Tüte heraus, öffnet den Verbandskasten und schüttelt die Kissen auf.

Es dauert nicht lange bis Peter mit Hieronimus, voran Flocki und Maunz über den Platz kommen.

Als sie näher treten hält das Mädchen die Luft.

Du stinkst!“ ruft sie entsetzt.

Das Kasperle lächelt kläglich.

Ich weiß, ich liege ja schon zwei Tage unter dem Abfall. Gibt es hier in der Nähe keinen Bach?“

Doch drüben im Wäldchen.“ meint Peter und weist mit der Hand hinüber zum Kiefernwald.

Bald planscht das Kasperle im Wasser und freut sich den ganzen Dreck loszuwerden.

Vanessa wäscht seine Kleider und breitet sie in der Sonne aus. Hieronimus trocknet sich mit einem Büschel Gras ab und Peter hat inzwischen ein großes Pflaster zurecht geschnitten und klebt es auf den verletzten Arm des Kasperles. Vanessa kommt mit den noch feuchten Kleider herüber.

Sie sind leider noch nicht trocken, aber wir müssen nach Hause.“

Warum hast du denn so eilig,“fragt Peter ungeduldig.

Seine Schwester deutet auf den Kirchturm der etwas entfernt noch zu sehen ist.

Die Uhr war aber deutlich zu erkennen.

Es ist bald zwei Uhr und Papa kommt aus der Klinik und du weißt, er mag es nicht wenn wir unpünktlich zum Essen kommen.“

Peter nickt und hilft dem Kasperle in die feuchten Kleider.

Im Garten angekommen führen sie Hieronymus zu der Bank unter dem Birnbaum und drücken ihm die Tüte mit Obst in die Hand und laufen ins Haus.

Na, das war aber höchste Zeit, die Suppe steht schon auf dem Tisch,“ werden sie von Verena empfangen.

Vanessa schmiegt sich an die Mutter.

Aber wir sind doch nur ein klitzekleines Stückchen zu spät gekommen.“

Verena gibt ihr einen Klaps.

Alte Schmeichelkatze!“

Aber nun wascht euch die Hände!“

Die Kinder haben es heute eilig mit dem Essen.

Immer wieder schauen sie ungeduldig zu ihrem Vater, der langsam und bedächtig isst und immer als letzter fertig wird.

Endlich dürfen sie aufstehen!

Hieronymus hat das Obst gegessen und sitzt nun träge und zufrieden auf der Bank.

Die Kinder setzen sich neben ihn.

Glücklich bedankt sich das Kasperle, doch Peter winkt ab und späht neugierig in die Tüte.

Hast du alles gegessen?“

Nein, hier ist noch ein Apfel.“

Peter beißt herzhaft in die Frucht.

Vanessa hat nachdenklich die Stirn gekraust und kaut an der Unterlippe.

Du Hieronymus?“ beginnt sie zögernd,wie bist du eigentlich auf den Müll gekommen?“

Das eben noch lachende Gesicht des Kasperles wird ganz traurig und dicke Tränen kullern über sein Gesicht.

Das Mädchen springt erschrocken auf.

Bitte, bitte, wenn es dir so weh tut, will ich es gar nicht wissen.“

Hieronymus schüttelt den Kopf, wischt sich die Tränen ab, schnieft noch ein wenig, dann erzählt er ihnen von Meister Martin, dem bösen Sandor und Fridolin.

Die Kinder sind sehr nachdenklich und Vanessa seufzt.

Wie es wohl dem armen Fridolin ergangen ist?“

Bestimmt nicht gut,“ meint Hieronymus traurig.

Peter wirft den Apfelbutzen auf den Kompost neben dem Erdbeerbeet und Flocki, der das für ein Spiel hält, springt auf und hechtet japsend hinterher.

Maunz schüttelt den Kopf und schmiegt sich an Peters Knie.

Gedankenverloren krault der Junge die zufrieden schnurrende Katze.

Was willst du nun unternehmen?“ fragt er aus einen Gedanken heraus.

Natürlich werde ich Meister Martin suchen.“

Du wirst ihn bestimmt finden,“ tröstet Vanessa, „ aber nun lasst uns spielen.“

Der Nachmittag vergeht schnell und als die Dämmerung ihre grauen Schleier über das Land breitet, ruft Verena die Kinder herein.

Komm mit Hieronymus, du kannst im Puppenbett schlafen.“

Vanessa nimmt das Kasperle an der Hand und gemeinsam laufen sie ins Haus.

 


Die Sonne verschwindet langsam hinter den Bäumen und überlässt dem Mond ihren Platz.

Die Vögel hören auf zu zwitschern und kuscheln sich in ihre Nester und schließen die Augen.

Der kleine Igel kommt aus seinem Versteck und huscht schnüffelnd durch das Gras.

Auch in der Puppenstube ist Ruhe eingekehrt.

Hatschi!“

Hieronymus richtet sich auf.Gesundheit!“ wünscht er höflich.

Das brauchst du mir gar nicht zu wünschen, denn schließlich bist du schuld, dass ich mich erkältet habe,“ meint die Puppe Marion schnippisch.

Wieso bin ich schuld?“ will das Kasperle wissen, das jetzt hellwach ist.

Deinetwegen hat Vanessa mich auf den kalten Boden gesetzt, wo ich doch sooo empfindlich bin, hatschi!“

 


Marion zieht eine beleidigte Schnute.

Nun habe dich nicht so,“ brummt Teddy, der nun auch aufgewacht ist.

Du sei ganz ruhig, du ungehobelter Klotz. Du weißt ja gar nicht, wie man sich einer Dame gegenüber benimmt!“ zischt die Puppe.

Dame, Zimperliese würde besser passen,“ brummt der Teddy ungerührt.Hach! Egon! Hast du das gehört!“

Marion kneift den feinen Puppenmann in den Arm. Schlaftrunken richtet sich dieser auf.Was ist denn los?“ murmelt er und reibt sich verschlafen die Augen.

Man hat mich beleidigt und du schläfst!“ zetert die Puppe.

Wer, was, der soll nur herkommen, ich mache Kleinholz aus ihm!“ protzt Egon.

Ich war es,“ meldet sich Teddy.

Aber an mich wagst du dich ja nicht ran,“ spottet er gutmütig.

Ach du Teddy, ja, ich hm, tu das nie wieder.“

Der Bär lacht dröhnend.

Du Feigling!“ faucht die Puppe verächtlich.

Was ist denn hier los?“

Agatha, die Schildkröte schiebt sich näher.

Sie lässt ihren schmalen langen Kopf von einer Seite zur anderen pendeln und betrachtet die Bewohner der Puppenstube einen nach dem anderen.

Wer ist denn das!“

Sie deutet auf das Kasperle.

Das ist Hieronymus,“ antwortet der Plüschbär.

Vanessa hat ihn für heute Nacht hier einquartiert, was Marion wohl nicht gefällt!“

Agatha schüttelt den Kopf.

Diese Marion ist doch ein selten egoistisches Ding und dabei noch dumm wie Bohnenstroh,“ brummt sie.

Hach Egon, hast du das gehört! Man war schon wieder unverschämt zu mir!“ kreischt die Puppe.

Die Schildkröte wirft ihr einen verächtlichen Blick zu, zieht Kopf und Beine unter ihren Panzer und ist nicht mehr zu sprechen.Lasst uns wieder schlafen,“ brummt Teddy, zieht sich die Decke über den Kopf und bald hört man sein zufriedenes Schnarchen.

Egon redet noch eine Weile beruhigend auf Marion ein, dann schlafen auch diese Beiden.

Hieronymus aber ist nicht mehr müde.

Er zieht die Beine an, schlingt die Arme um die Knie und wartet sehnsüchtig auf die ersten Sonnenstrahlen, um flugs aus dem Fenster zu klettern.

Die Kinder sind etwas enttäuscht, als sie am nächsten Morgen in die Puppenstube stürmen und das Kasperle nicht mehr vorfinden. Doch sie verstehen, dass er so schnell wie möglich mit seiner Suche nach Meister Martin beginnen möchte.


Hieronymus wandert durch die menschenleeren Straßen.

Langsam erlöschen die Lampen, denn der Morgen dämmert herauf.

Fritz, der Zeitungsjunge radelt fröhlich pfeifend vorbei und wirft eine Zeitung schwungvoll in einen Garten.

Dabei blickt er sich grinsend um und hätte beinahe ein parkendes Auto gerammt.

Geschickt ausweichend setzt er pfeifend seinen Weg fort.

Hieronymus aber geht gedankenverloren die Straße entlang, bis ihn das schrille Klingeln des Bäckerjungen aufschreckt.

Der Junge lacht und bremst am Randstein.

Na, Kleiner, hab dich wohl erschreckt?“

Er greift hinter sich in den Korb mit frischen Semmeln und reicht eine davon dem Kasperle.

Hier für den Schrecken.“

Grüßend tippt er an sein Käppi und radelt weiter.

Hungrig in die knusprige Semmel beißend marschiert Hieronymus weiter.

Bald hat er das Ortsende erreicht.

Er setzt sich ins Gras direkt unter das gelbe Schild.

 

Die Sonne ist inzwischen höher geklettert und beleuchtet die saftigen Wiesen, auf denen die braun gefleckten Kühe träge stehen oder liegen.

Weiter entfernt sieht er einen Schäferkarren, neben dem ein Hund liegt und ringsum sich die Schafe ausgebreitet haben.

Hinter den dunkelgrünen Wäldern erheben sich die Berge, deren Spitzen im Sonnenlicht leuchten.

Hieronymus lässt seinen Blick auf die andere Seite wandern und stutzt.

Dort hinten das ist doch...“

Er hebt die Hand an die Augen und nun kann er es ganz deutlich sehen.

Dort unten in einer Mulde steht ein Zirkuszelt.

Das Kasperle springt auf und jagt den Hang hinunter, sodass die Schafe erschrocken blöken und auch die Kühe erstaunt muhen.

Dort unten ist ein Zirkus und ich werde vielleicht Arbeit finden!“ ruft Hieronymus ihnen zu, stößt einen Jodler aus, schlägt einen Purzelbaum und läuft weiter.

Atemlos hält er inne, als er den Festplatz erreicht.

Als er die Wohnwägen sieht schlägt sein Herz höher. Es erinnert ihn an seine Heimat, den Jahrmarkt. Er tritt zu dem größten Wohnwagen und klopft an.

Die Tür wird aufgerissen und ein lustiges Gesicht mit verschlafenen Kulleraugen guckt heraus.

He, was soll das mitten in der Nacht an die Tür zu donnern!“

Guten Morgen,“ grinst das Kasperle,

ich möchte gerne den Herrn Direktor sprechen.“

Ich bin Direktor Quirin und mir gehört der Zirkus, na dann komm herein, hast mich ja schon aufgeweckt.“

Hieronymus klettert die drei Holzstufen hoch und betritt den gemütlichen Wohnraum.

Der kleine dicke Direktor räumt die Bettdecke beiseite und bittet seinen Gast sich zu setzen.

Er watschelt zum Schrank und holt eine bauchige Kaffeekanne heraus.

Während er einen Topf Wasser auf den Ofen stellt fragt er:

Du willst doch Kaffee?“ 

Du willst doch Kaffee, du willst doch Kaffee“, ertönt ein krächzende Stimme über Hieronymus Kopf und ein schauerliches Lachen ertönt.

Was ist denn das?“ ruft das Kasperle entsetzt.

Der Direktor grinst und zieht die Decke von einem großen Käfig, in dem ein blau gefiederter Papagei sitzt.

Halt den Schnabel alter Dummkopf, steh gerade, warum läuft der dumme Eseln nicht!“ schnarrt der Vogel den Direktor an,

dessen Bauch vor lauter Lachen wackelt.

Darf ich vorstellen, das ist Cäpt`n Cook.“kichert der Direktor.

Langsam erscheint auch auf dem Gesicht des Kasperles ein Lächeln.

Er tritt an den Käfig.

Guten Morgen, Cäptn Cook,“ begrüßt er den Vogel, der ihn mit schief geneigtem Kopf misstrauisch mustert.

Steh nicht so krumm, putz dir die Füße ab, steh gerade, mach kein so dummes Gesicht, halt den Schnabel dummer Vogel,“ schnarrt er plötzlich los.

Hieronymus lacht herzlich.

Er ist immer bei den Proben dabei,“ erklärt Direktor Quirinn,“ aber nun komm, der Kaffee ist fertig.“

Das lässt das Kasperle sich nicht zweimal sagen.

Vergnügt mit beiden Backen kauend, fragt er dann:

Habt ihr Arbeit für mich? Ich mache alles, Ställe ausmisten, Manege säubern, jede Arbeit, die so anfällt.“

Und mit einem flehenden Blicke, bittet er:

Wenn ich nur mit euch reisen darf.“

Nachdenklich mustert ihn Direktor Quirin.

Warum möchtest du denn unbedingt mit uns reisen? Wirst du von der Polizei gesucht?“

Hieronymus schüttelt heftig den Kopf und erzählt nun seine Geschichte, und dass er Meister Martin suchen möchte.

Das ist ja eine tolle Geschichte!“ ruft der Direktor, „ natürlich kannst du mit uns kommen. Wir kommen weit im Land herum und vielleicht finden wir deinen Meister Martin.“

Das Kasperle wirft seine rote Zipfelmütze in die Luft und brüllt: „Hurra!“

Sofort erschallte es über ihm.

Halt den Schnabel, dummer Vogel“

Später lernt dann Hieronymus die anderen der Truppe kennen.

Angela, die Seiltänzerin, Don Fernando, den Dressurreiter, Kasimir den Clown, Samson den Kraftmenschen und die Liliputaner Muck und Puck.

Während er sich mit jedem bekannt macht, kommt plötzlich über den Platz ein behaartes Ding gelaufen, es hat die klauen artigen Hände über den Kopf gehalten, fletscht ein beängstigend großes Gebiss und kreischt, dass Kasperle eine Gänsehaut bekommt.

Vor Schreck fällt er rückwärts in eine Pfütze.

Hinter ihm tönt ein fröhliches „Iaaaah“ und eine weiche Schnauze stößt ihm in den Rücken.

Nachdem das brüllende Gelächter ringsum endlich verstummt ist, wird ihm dann noch Gina, der Schimpanse und der Esel Eulenspiegel vorgestellt.

Hieronymus weiß nicht soll er zornig sein oder lachen, doch als er in die vergnügten Gesichter ringsum blickt, muss auch er lachen.

Kasimir legt ihm kameradschaftlich den Arm um die Schultern.Komm in meinen Wohnwagen, da kannst du dich umziehen auch kannst du bei mir wohnen.

Sie haben doch nichts dagegen Herr Direktor?“

Nein, das ist eine gute Idee, du bist der Einzige, der noch Platz hat.“So wird das Kasperle in die große Zirkusfamilie aufgenommen und hat vorerst einmal eine Heimat.


Viele Wochen sind vergangen.

Kasimir, der Clown, hat mit Hieronymus, Gina und Eulenspiegel eine neue Nummer einstudiert, die ein großer Erfolg wird.

Besonders die Kinder sind ein dankbares Publikum und ihr herzliches, fröhliches Lachen erinnert das Kasperle an den Rummelplatz und Meister Martin.

Ach ja, Meister Martin!

Überall wohin sie kamen, hat Hieronymus sich nach seinem lieben alten Freund erkundigt, doch keiner kannte ihn oder hatte ihn gesehen.

Inzwischen ist er ziemlich mutlos geworden.

Auch jetzt sitzt er auf der Holzumrandung in der Manege und malt mit den Zehen Kreise in den Sand.

Angela betritt das Zelt.

Hier also steckst und bläst wieder Trübsal, hast du eigentlich bemerkt, dass draußen die Sonne scheint? Komm, wir wollen uns die Stadt ansehen.“

Lächelnd folgt das Kasperle dem Mädchen.

Muck und Puck und auch Kasimir, der Cäptn Cook auf den Schultern trägt, schließen sich ihnen an.

Königstein ist eine hübsche Kleinstadt, mit netten sauberen Häusern und freundlichen Menschen.

Dazu scheint noch die Sonne herrlich warm vom Himmel und spiegelt sich in den blank geputzten Fenstern und wirft grün goldene Sprenkel in die Bäume.

Die kleine Gesellschaft bummelt vergnügt durch die Gässchen, bleibt geduldig wartend stehen, wenn Angela ein Schaufenster betrachtet und landet schließlich in einem Straßencafé.

Ein Kellner eilt herbei und fragt nach ihren Wünschen und wird prompt von dem Papagei aufgefordert sich die Füße abzuputzen und kein so dummes Gesicht zu machen.

Mit einem entsetzten Blick auf den Vogel eilt der Kellner zurück ins Café und Cäptn Cook schnarrt:

Warum läuft der dumme Esel nicht!“

Die Zirkusleute lachen immer noch als der Kellner mit ihren Milchshakes zurück kommt.

Hieronymus lehnt sich in seinen Stuhl zurück und betrachtet versonnen die Umgebung, während die anderen sich leise unterhalten und der Papagei neugierig zwischen den Gläsern herum trippelt.

Auf einmal springt das Kasperle auf, dass die anderen erschrocken verstummen und der Papagei laut schimpfende auf einen Ast flattert.

Hieronimus aber stürzt hinaus auf die Straße und fällt einem jungen Mann um den Hals.

Mensch Fridolin alter Junge!“

Hieronymus!“

Die Beiden klopfen sich auf die Schulter und hüpfen wie verrückt im Kreis herum.

Als sie sich wieder beruhigt haben, führt das Kasperle den Freund zu den anderen und stellt ihn vor.

Nachdem auch vor Fridolin ein Milchshake steht, erzählt er ihnen was inzwischen alles geschehen ist:

Als Sandor mit dir verschwunden ist konnte ich mich aus der Kiste befreien und bin sofort zu Meister Martin gelaufen.

Dieser verständigte die Polizei und als Sandor zurück kam wurde er verhaftet, er wurde auch wegen andere Vergehen bereits gesucht.

Doch er hat nie gesagt wohin er dich gebracht hat.

Meister Martin und die Polizei haben die ganze Gegend abgesucht, aber dich nicht gefunden.

Schließlich hat Meister Martin seine Sachen zusammen gepackt und meinte, ohne dich hätte es keinen Sinn weiter zu spielen und er würde sich auf die Puppeninsel zurückziehen.“

Hieronymus laufen die Tränen über das Gesicht.

Der arme Meister Martin! Weißt du denn wo die Puppeninsel ist?“

Fridolin hebt hilflos die Schultern.

Aber nun erzähle doch, wie ist es dir denn inzwischen ergangen.“

Schnell von seinem Kummer abgelenkt berichtet ihm nun das Kasperle wie er zum Zirkus gekommen ist.

Als sie später zurück gehen nehmen sie Fridolin mit.

Während der Vorstellung darf er hinter der Bühne zugucken und als Hieronymus fertig ist nimmt er den Freund mit zu Direktor Quirin.

Das Kasperle stürzt in den Wohnwagen und brüllt:

Herr Direktor wissen sie wo die Puppeninsel ist?“

Sachte, sachte, junger Freund, was ist denn los?“

Hieronymus stellt nun Fridolin vor und erzählt aufgeregt, dass Meister Martin auf der Puppeninsel ist.

Beruhigend hebt der kleine dicke Direktor die Hand.

Das ist doch kein Grund so zu schreien, wo liegt denn diese Puppeninsel?“

Das Kasperle zieht ein langes Gesicht und lässt sich auf den Stuhl fallen.

Ich dachte, das wüssten sie?“

Von einer Puppeninsel habe ich noch nie gehört,“ bedauert der Direktor.

Er watschelt zum Schrank und holt einen dicken Atlas hervor.

Die nächste Stunde verbringen sie nun damit, den dicken Wälzer nach der Puppeninsel zu durchforschen, doch leider vergebens.

Nichts zu machen, die Insel muss so klein sein, dass sie nicht eingetragen ist,“ seufzt

Direktor Quirin und klappt das Buch zu.

Aber das gibt`s doch nicht,“ flüstert Hieronymus und dicke Tränen kullern aus seinen Augen.

Nun lass den Kopf nicht hängen. Überall wohin wir kommen werden wir nach der Puppeninsel fragen und du wirst sehen, irgend jemand kennt sie ganz sicher,“ tröstet der Direktor und Fridolin legt kameradschaftlich den Arm um Hieronymus Schulter. Und es gelingt den Freunden ihn wieder aufzuheitern.


Und wieder vergehen einige Wochen.

Noch immer wissen sie nicht, wo die Puppeninsel liegt.

Niemand hat je von ihr gehört und das Kasperle wir immer mutloser.

Eines Tages gastiert der Zirkus in einer Hafenstadt.

Es ist Nachmittag.

Die Tiere sind versorgt und die Artisten ruhen sich aus, um abends bei der Vorstellung fit zu sein.

Nur Hieronymus findet keine Ruhe.

Allein mit seinen traurigen Gedanken schlendert er durch die Straßen und erreicht schließlich den Hafen.

Dort lehnt er sich an die Kaimauer und sieht sehnsüchtig hinüber zu den Schiffen.

Ach könnte ihn doch eines zu der Puppeninsel bringen.

 


Eine Möwe trippelt auf langen Beinen eilig die Mauer entlang und pickt sich ihr Futter aus den Ritzen.

He! Warum guckst du so traurig,“ fragt sie und betrachtet ihn mit schief geneigtem Kopf.

Ich hab soooo großen Kummer,“ jammert das Kasperle und dicke Tränen laufen über seine Wangen.

Na, na wird schon nicht so schlimm sein,“ brummt die Möwe und tritt verlegen von einem Bein auf das andere.

Erzähl mir`s doch, vielleicht kann ich dir helfen.“

Das glaube ich nicht,“ lächelt das Kasperle unter Tränen, „ oder weißt du vielleicht wo die Puppeninsel ist?“

Natürlich weiß ich das!

He was machst du denn!“ stammelt der Vogel, denn Hieronymus hat ihn in seiner Aufregung gepackt und schüttelt ihn heftig.

Mit einem kräftigen Schnabelhieb befreit sich die Möwe.

Du verrückter Kerl knickst mir ja die ganzen Federn.“

Tut mir leid, aber ich war so aufgeregt, aber bitte sag mir doch, wo liegt die Puppeninsel!“

Die Möwe zupft an ihren Federn, dabei wirft sie ab und zu einen ärgerlichen Blick auf das Kasperle, dann muss sie doch lachen.

Du bist schon ein komisches Kerlchen, aber wo die Puppeninsel liegt, kann ich dir schlecht erklären, das müsste ich dir schon zeigen. Versuche ein Schiff zu finden, das dich mitnimmt und komme morgen wieder hierher, ich werde dich dann begleiten.“

Kasperle aber rennt zurück zum Zirkus und stürmt in die Manege.

Angela wäre vor Schreck beinahe vom Seil gefallen.

Bist du verrückt geworden!“

Unsinn, tut mir leid, aber stell dir vor ich habe jemanden getroffen, der die Puppeninsel kennt.“

Angela schwingt sich vom Seil.

Das ist ja prima, erzähl doch!“

Nein, nein, ich muss erst Fridolin suchen.

Wir treffen uns nachher alle in Kasimirs Wagen.

Wenig später sitzen die Freunde alle zusammen im Wohnwagen und Kasperle erzählt ihnen von der Möwe.

Wie aber willst du denn auf die Insel kommen?“ fragt Don Fernando.

Heute Abend nach der Vorstellung werde ich zum Hafen in die Kneipen gehen, vielleicht finde ich dort einen Kapitän der mich mitnimmt,“ meint Hieronymus hoffnungsvoll.

Aber sei vorsichtig, es gibt auch Spelunken im Hafen, in denen sich allerlei Gesindel herum treibt,“ warnt Kasimir, der schon einmal hier war.

Ein heftiges Pochen an der Tür stört die Versammlung und Samson steckt den Kopf durch den Türspalt.

Hallo, ihr Trödler, beeilt euch die Vorstellung beginnt gleich.“

Nun beginnt ein hektisches Gerenne.

Wie immer verläuft die Vorstellung reibungslos und die begeisterten Zuschauer applaudieren heftig.

Nach der Vorstellung begleiten der Direktor und alle Artisten das Kasperle zum Hafen und sie finden tatsächlich einen Kapitän, der sich bereit erklärt Hieronimus auf die Puppeninsel zu bringen.

Das Geld aber bekommt er von Direktor Quirin als Abschiedsgeschenk.

(c) Lore Platz (2021)