Samstag, 22. November 2025

Windmühlen

 


Vor vielen Jahren jammerte ich einmal genervt: " Ich fühle mich wie Don Quichotte, ich kämpfe nur gegen Windmühlen. Auslöser dieses Schreis war eine stundenlange nutzlose Debatte mit einer Behörde. Was wären nur unsere Behörden und Ämter ohne ihre Vorschriften, hinter denen sie sich verstecken können.

Nun 30 Jahre später hatte ich wieder so ein nutzloses Gespräch mit meiner Krankenkasse. Im August letztes Jahr wurde ich abends in die Notaufnahme gebracht und dort versorgt und frühmorgens um drei wieder nach Hause gebracht. Nun bekam ich anfangs Januar eine Rechnung, dass ich die Rückfahrt selbst zahlen muss. Das übersteigt den gesunden Menschenverstand, wenn sie mich hinbringen, müssen sie mich auch zurückbringen, noch dazu da ich einen Geh Bindertenausweis von 70% habe.

Die Begündung: Ich müsste 80% haben und statt G - AG.

Überhaupt in der Pflege, da verbringen die Pflegekräfte mehr Zeit Formulare auszufüllen, als sich um die Patienten zu kümmern, Und welche unsinnige Formulare und Fragen das sind.

Ein Beispiel; Mein Pflegedienst stellt mir wöchentlich eine Hauswirtschafterin zur Verfügung.Diese muss jede Woche einen Bericht schreiben, was sie bei mir gemacht hat.

Der Witz an der Sache ist nur, dass sie jede Woche dasselbe macht.

Das ist wohl in allen Bereichen so, auch in gemeinnützigen Instituten. Vor ungefähr vierzig Jahren hatten wir hier in der Gegend Hochwasser. Ich hörte von einer jungen Familie mit zwei kleinen Kindern , die alles verloren hatten. Das Auto ,oja es war versichert, aber wir wissen doch alle, dass nur der derzeitige Wert ausbezahlt wird. Ich wandte mich an die Caritas und schilderte die Lage. Der freundlich klingende Mann, meinte die Frau sollte doch mit den Papieren über ihren Unterhalt vorbei kommen. Die junge Frau, die ja kein Auto hatte, trampte die mehr als 30km, um dann einfach wieder weg geschickt zu werden.

Begründung: Ihr Mann hatte eine Lebensversicherung von 50 Mark und dies wäre unnötiger Luxus.

Ich fiel fast aus den Socken, als ich das hörte. Zuerst schrieb ich einen wütenden Brief an den Leiter der Caritas, daraufhin rief er mich an an stammelte von irgendwelchen Vorschriften und... Ich hörte gar nicht hin und meinte nur: "Machen sie das mit ihrem Gewissen aus und legte auf."

Nun bin ich kein Mensch, der so schnell aufgibt, ich wandte mich an die Redaktion unserer Tageszeitung, die einen Fond für Hochwasseropfer eingerichtet hatte. Innerhalb von ein paar Tagen hatte die junge Famile 2000Mark auf ihrem Konto.

Deutschland über allem, steht bei dir die Bürokratie!

Wisst ihr was ich mir wünsche? Einen Kanzler der mit der unnötigen Bürkkratie aufräumt.

Das dies aber Utopie ist werden wir weiterhin einen Antrag stellen, um den Angtrag von gestern zu widerrufen.

Habt einen schönen Tag und denkt daran mit Humor ist alles leichter.

 © Lore Platz 20.1.21

 

 

 

30.9.2015



Oma erzähl mir von früher


Schwungvoll nahm Ilse die Kurve und bog in den Gartenweg ein, dabei ließ sie fröhlich die Fahrradklingel ertönen.

Vor der Garage stellte sie das Rad ab und nahm ihre Schultasche.

Ihre Eltern waren verreist und deshalb war die Oma da, um auf sie und ihren Bruder aufzupassen.

Ilse freute sich, denn viel zu selten sah sie ihre geliebte Oma, da diese sehr weit weg wohnte.

Lächelnd sah Frau Wegner auf, als das Mädchen in die Küche stürmte.

Hallo Oma, ich habe einen Bärenhunger!“

Das ist doch gut, sobald Lutz kommt können wir essen, ich muss nur noch die Paradeiser schneiden, du kannst schon den Tisch decken.“

Oma? Warum nennst du die Tomaten immer Paradeiser?“

Meine Mutter nannte sie immer so?“

Aber woher kommt dieses Wort?“

Die Oma zuckte die Schultern.

Das kann ich dir erklären,“ meinte Lutz, der unbemerkt die Küche betreten hatte.

Ach Mister Schlaumeier weiß es mal wieder, hätte ich mir denken können,“ spottete Ilse, die etwas neidisch auf ihren Bruder war, weil der schon ins Gymnasium ging, während sie erst in der Grundschule war.

Bei der Wiener Weltausstellung 1873 wurden die Tomaten zum ersten Mal in Europa gezeigt und die Österreicher nannten sie Paradeiser. Das Wort ist wohl abgeleitet von Paradiesapfel. Kam Uroma Mathilde nicht aus Österreich“

Und warum nennen wir sie Tomaten?“

Nach Deutschland kamen die Tomaten erst sehr spät, in den fünfziger Jahren und der Name leitet sich von von dem asketischen Wort 'xitomatl' ab, 200 Jahre vor Christus haben

die Maja die Pflanze schon kultiviert, denn man hat bei Ausgrabungen Samen gefunden. Aber nun hab ich Hunger,außerdem muss ich zum Fußballtraining.“

Ilse half der Oma nach dem Essen die Küche sauber zu machen und während diese dann ihr Mittagsschläfchen hielt, machte sie ihre Hausaufgaben.

Später setzten sie sich in den Garten auf die Bank und das Mädchen kuschelte sich an die alte Frau.

Oma, erzählst du mir von früher?“

Was möchtest du denn wissen?“

Wie du gelebt hast, als du so alt warst wie ich. Aber warte Oma, ich hol mir schnell was zu trinken, möchtest du auch etwas?“

Die alte Frau schüttelte den Kopf.

Lächelnd sah sie zu wie Ilse vorsichtig die Limonade in das Glas schüttete.

(c)Roswitha Borgfeldt

 

Als ich noch ein Kind war gab es keine Limonade. Meine Mutter machte im Sommer immer einen großen Krug Leitungswasser mit einigen Spritzern Essig und Zucker.“

Ilse verzog etwas das Gesicht.

Oh, das schmeckte lecker. Zitronen kannten wir damals noch nicht, es war ja kurz nach dem Krieg und meine erste Tomate bekam ich zu sehen, da war ich schon vierzehn. Und als ich zehn war, da lernte ich die Schokolade kennen.

Tante Leni, die im Saarland lebte, das nach dem Krieg noch unter französischer Verwaltung stand, hat uns diese Köstlichkeit geschickt und meine Mutter hat die Tafel unter uns drei Geschwistern aufgeteilt.

Ich hütete meinen in Staniolpapier gewickelten Schatz und jeden Tag brach ich ein Stückchen ab, suchte mir eine ruhige Ecke und ließ die Köstlichkeit ganz langsam auf der Zunge zergehen.

Das war himmlisch.

Weißt du eigentlich, dass ich als Kind ein großer Angsthase war?

Einen Kühlschrank gab es ja damals noch nicht. Deshalb wurde alles eingemacht und im Keller verstaut. Bohnen, Birnen und Äpfel, Marmelade, selbst das Sauerkraut machte meine Mutter selbst.

In dem Haus, in dem wir wohnten gab es einen sehr dunklen kalten Keller. Ich hatte immer eine Heidenangst wenn ich dort hinunter musste. Die schwache Glühbirne, erhellte nicht, sondern machte alles nur noch gruseliger. Ich meinte immer, dass die Schatten an der Wand sich bewegten.

Bereits auf der ersten Stufe begann ich laut zu singen, um die Gespenster zu vertreiben.“

Ilse kicherte und auch die Oma musste schmunzeln.

Versonnen blickte sie vor sich hin, bevor sie weiter berichtete.

Mein Schulweg war sehr lang und da ich eine Trödelliese war schickte mich meine Mutter immer früher weg und trotzdem musste ich das letzte Stück meistens laufen, damit ich nicht zu spät kam.

Es gab aber auch immer so viel unterwegs zu sehen. Besonders fasziniert hat mich der Eiswagen.“

Lecker, meine Lieblingseis ist Walnusseis.“

Nein, Speiseeis kannten wir noch nicht.

Mein Schulweg führte an einer Brauerei vorbei und jeden Mittwoch hielt dort ein Lastwagen. Ein kräftiger Mann, der eine Gummischürze trug, holte mit einem Haken ein großes rechteckiges Eisstück und warf es sich über die Schulter und ging damit die Stufen zur Brauerei hinauf.

Meist kam ich an diesem Tag zu spät, was mir wieder Ärger einbrachte.

Die ersten beiden Jahre hatte nämlich ich eine sehr strenge und cholerische Lehrerin. Und oft bekam ich wegen der kleinsten Kleinigkeit eine Ohrfeige oder was noch schlimmer war, mit dem Zeigestock eins auf die Handfläche.

An die Schulzeit habe ich keine glückliche Erinnerung, aber sonst hatten wir eine schöne Kindheit. Die Wiese, der Wald und auch die Straße waren unser Spielplatz und das fehlende Spielzeug ersetzte unsere Fantasie.

Wir waren bei jedem Wind und Wetter draußen.

Denn unsere Mutter musste sehr viel arbeiten, gab es doch weder Waschmaschine, Staubsauger oder elektrisches Bügeleisen.

Waschen musste man alles mit der Hand. Ein Waschbrett wurde in die Wanne mit Wasser gesteckt und dann die Wäsche darauf mit Kernseife geschrubbt. Weißt du wie so ein Waschbrett aussah?

Um ein gewelltes Blech war ein Holzrahmen gespannt und das waschen war sehr mühselig. Deshalb trugen wir wohl auch immer Schürzen über dem Kleid, weil die leichter zu waschen waren.

Meine arme Mutter hatte sehr oft Kreuzschmerzen, aber ich hörte sie nie klagen.

Das Bügeleisen war ein schweres Eisengerät, das auf dem Ofen gewärmt wurde und wenn es heiß war, wickelte man ein Tuch um den Griff und bügelte die Wäsche.

Und die Teppiche wurden über eine Stange geworfen und mit dem Teppichklopfer bearbeitet, das staubte vielleicht.

Manchmal wurde der Klopfer auch zweckentfremdet und tanzte auf dem Allerwertesten eines unartigen Kindes. Ich habe es nicht erlebt, doch ein Nachbarjunge. Aber der war ein frecher Rüpel und hat schlimme Streiche gespielt und uns Mädchen immer geärgert. Ich habe es ihm gegönnt.“

Frau Wegner schmunzelte und auch Ilse kicherte und dachte an den frechen Oskar in ihrer Klasse.

Wir hatten eine unbeschwerte Kindheit und einen riesengroßen Spielplatz, gab es doch noch kaum Autos, auch noch nicht so viele Häuser und noch keine Supermärkte. 


 

In unserem Dorfladen ging ich gerne einkaufen, durfte ich doch immer, bevor ich ging in das große Bonbonglas greifen, und auf dem Heimweg lutschte ich dann das nach Himbeere schmeckende Zuckerding.

Mein Vater nannte den Laden immer spöttisch, die „Ratschzentrale“ weil sich hier die Frauen trafen, um den neuesten Dorfklatsch auszutauschen.

Es war eine schöne Zeit. Wir hatten nicht viel, aber wir waren zufrieden. Das einzige was ich ersehnte war ein Buch, das mir ganz alleine gehörte. Denn ich hatte die Freude am Lesen entdeckt.

Ich war schon in der vierten Klasse, als ich zu Weihnachten ein Buch bekam. Es hatte einen goldenen Umschlag und darin standen Märchen aus der ganzen Welt.

Bisher kannte ich ja nur die Märchen der Gebrüder Grimm. Aber nun tat sich mir eine ganz neue Welt auf.

Dieses Buch habe ich übrigens noch heute. Wenn du mal wieder zu Besuch kommst, dann zeige ich es dir. 

Aber nun lass uns hinein gehen, es wird schon etwas frisch.

Was hältst du von einer schönen Tasse Kakao? Es muss auch noch etwas von dem Kuchen da sein, den ich gestern gebacken haben.“

In diesem Moment kam Lutz mit dem Fahrrad an.

Ilse kicherte. „Mein Bruder muss eine besondere Antenne haben, immer wenn es was zu essen gibt, dann taucht er auf.“

Lachend gingen die Beiden ins Haus.


© Lore Platz 30.9.2015


















 


Ich habe eine Macke




 Ich habe eine Macke und das sind Bücher.
Vor einiger Zeit habe ich sie mal gezählt und bei 1o87 aufgehört.
Dabei waren das nicht alle, denn bei dem letzten Umzug, von einem Haus in eine Wohnung, musste ich viele schöne Bücher verschenken, mit blutendem Herzen.
Eine entfernte, ja schon weit entfernte Bekannte, hat mich schon als Messi bezeichnet, weil ich so viele Bücher sammle.
Nur wenige Menschen können verstehen, dass ich Bücher nicht nur gerne lese und das oft mehrmals, sondern sie auch gerne in der Hand halte, anschaue und darin blättere.




Auch muss ich gestehen, dass es mich einfach glücklich macht, wenn ich meinen Blick über die voll gefüllten Regale  schweifen lasse.

 Lesen ist einfach etwas wunderschönes, man taucht ab in eine anderWelt und lässt für kurze Zeit den grauen Alltag zurück. Auch kann man viel lernen, selbst von Märchen oder einfach nur Romanen, denn jeder Schriftsteller gibt bei seinen Erzählungen auch ein Stück von sich und seinen Ansichten auf das Leben preis.
Ich komme aus einer Familie bei der das Lesen schon immer wichtig war.
Damals gab es ja noch keinen Fernseher und wenn wir im Bett waren und meine Mutter nähte oder flickte, hat mein Vater ihr vorgelesen.
Besonders heimelig war es in der Adventszeit, wir saßen um den Küchentisch und während meine Mutter Plätzchen backte und der köstliche Duft unseren Nasen schmeichelte, las Vati uns Märchen vor.
Das erst Buch, das mir das Christkind brachte war:
"Das goldene Märchenbuch" 
Es hatte einen golden Umschlag und enthielt Märchen aus der ganzen Welt.
Ich habe es behütet wie einen goldenen Schatz und habe es heute noch.
Als ich zehn Jahre alt war hatte mein Vater einen schweren Herzinfarkt  und war für mehrere Wochen ans Bett gefesselt, bitter für so einen aktiven Menschen.
Ich durfte ihm dann nachmittags nach den Hausaufgaben immer vorlesen.
Wie wichtig das Lesen für die Entwicklung des Kindes ist, hat eine Studie gezeigt, die englische Studenten vor Jahrzehnten durchgeführt haben.
Sie haben Kindern aus den ärmsten Vierteln, vom Babyalter an, vorgelesen.
Die Kinder, denen sie vorgelesen haben, entwickelten sich besser und waren klüger.
Natürlich habe ich auch meiner Tochter von frühester Kindheit an vorgelesen und wir haben auch viel gesungen.
Ein Bilderbuch mit Kinderliedern und herrrlichen Zeichnungen dazu, das liebte sie besonders.
Eines Tages kam ein Kollege meines Mannes zu Besuch und während wir uns unterhielten wurde es Claudia langweilig.
Sie nahm ihr geliebtes Bilderbuch und begann zu singen.
Unser Besucher schaute entgeistert auf das kleine Kind, das noch in den Windeln steckt und meinte fassungslos:
"Kann die schon lesen!"
Claudia hatte die richtige Seite im Buch aufgeschlagen und sang fehlerfrei den Liedertext.
Keine Angst ich habe kein Genie in die Welt gesetzt.
Meine Tochter konnte sehr früh laufen und sprechen, aber den Satz:
"Mama, ich muss aufs Töpfchen," den hat sie sehr spät gelernt. 

 

Bücher


Vor einem großem Schreine
Ziehe ich das grüne Tuch
Dort sieht man im Lampenscheine
In Reihe stehe Buch um Buch

Diese ganze Bücherreihe
Ist von meiner Hand mal aufgebaut
Und im Ernste dieser Weihe
Ist vieler Inhalt mir vertraut

Man versenkt sich in mein Leben
Wer diese Bücher liest
Man kann da oft entschweben
Wer manchen Schleier sieht

Ich habe von Kindheitstage
Blatt für Blatt im guten Sinn
Sorgsam und lesend umgeschlagen
Wer es liest, weiß wer ich bin

Nun mag man auch bedenken
Will man lesen Buch um Buch
Da darf man keine Zeit verschenken
Oder man legt wieder darüber das Tuch


 Die Nachtigall
 

 
(c) Lore Platz  29.5.14
 



Freitag, 21. November 2025

Reise in die Vergangenheit











 Die Reise in die Vergangenheit



Sebastian sitzt neben seinem Freund Rudi in der Schulbank und sieht angestrengt nach vorne.
Frau Kebinger erzählt über das Mittelalter und wie die Menschen damals lebten. Recht anschaulich schildert sie gerade einen mittelalterlichen Markt.
Und Sebastian denkt, was für ein tolles Erlebnis das doch wäre so einen Markt zu besuchen. Oh ja, das würde ihn schon reizen!
Doch ihm fällt es schwer sich zu konzentrieren.
Sein Hals schmerzt, seine Ohren sausen und sein Kopf fühlt sich an wie Gummi.
Hatschi!
Gesundheit!“ ruft die ganze Klasse und auch die Lehrerin schmunzelt.
Doch dann wird ihr Blick ernst und mit drei langen Schritten ist sie bei dem Jungen und legt ihm die Hand auf die Stirn.
Du glühst ja vor Fieber! Rudi begleite Sebastian in das Sekretariat. Frau Hagemann soll seine Mutter anrufen!“
Kurze Zeit später liegt Sebastian zu Hause im Bett, Doktor Waller beugt sich über ihn und der Junge muss bittere Medizin schlucken.
Viel trinken und schlafen,“ hört er noch, dann fallen ihm schon die Augen zu.

(c) L.P:




Laut gähnend reckte Sebastian beide Arme, öffnete die Augen und staunte.
Er lag auf einem Strohsack in einem kleinen Raum.
In der Mitte war eine Feuerstelle und der Rauch kroch wie eine Schlange nach oben und verschwand durch das Dach.
Ein Tisch und grob gezimmerte Stühle nahmen die Hälfte des Zimmers ein und in der Ecke stand eine große Truhe.
Seine Mutter kam aus einem Nebenraum, aus dem das Muhen einer Kuh und das Grunzen von Schweinen drang.
Guten Morgen, du Faulpelz, nun aber geschwind, treib die Kuh auf die Weide, bring die Schweine in den Pferch, Futter habe ich dir schon vorbereitet. Dann gehst du mit den Gänsen auf die obere Wiese.
Vater ist schon längst auf dem Feld und du weißt, er sieht es gar nicht gern, wenn du so lange schläfst.“
Seufzend kroch Sebastian unter der Felldecke hervor, ging in den Hof und steckte den Kopf unter die Pumpe.
Das kalte Wasser vertrieb den letzten Rest Schlaf und er lief in den Stall.
Er gab der Kuh einen Klaps auf das Hinterteil und sie trottete los. Nachdem er das Gatter der Weide geschlossen hatte, rannte er zurück und trieb die Schweine in den Pferch.
Grunzend und schmatzend stürzten sich diese auf den Trog in den er den Eimer mit Essensresten kippte.
Seine Mutter kam aus dem Haus und reichte ihm einen Lederbeutel mit seinem Frühstück.
Vergnügt pfeifend hängte er sich die Tasche um, riss von einem Busch eine Gerte und öffnete die Tür des Schuppens.
 
(c)  Irmi Brüggemann
 

Schnatternd und mit hoch erhobenen Köpfen watschelten die zehn Gänse auf den Hof und Sebastian trieb sie mit der Rute wedelnd vor sich her, den Hang hinauf.
Da er Hunger hat setzte er sich unter einen Baum und biss mit kräftigen Zähnen in den harten Kanten Brot und das Stück Käse, während die Gänse schnatternd und nach
Futter suchend sich auf der Wiese tummelten.
Bäuchlings vor dem kleinen Bach liegend schlürfte er das klare Wasser.
Dann legte er sich ins Gras und guckte in die Wolken.
Er liebte die Stunden am Vormittag, wenn er nur auf die Gänse aufpasste, denn am Nachmittag musste er dann mit dem Vater aufs Feld.
Lautes Bellen war zu hören und die Gänse schnatterten aufgeregt.
Grinsend setzte der Junge sich auf und blickte seinem Freund Rudi und dessen Hund Wolf entgegen.
Der Hund erreichte ihn als erster und begrüßte ihn stürmisch.
Rudi ließ sich neben ihm ins Gras fallen. Rudi war der Sohn des reichen Bürgermeisters und konnte den ganzen Tag durch die Gegend stromern. Er musste nicht mitarbeiten, denn seine Eltern konnten sich Knechte und Mägde leisten. Auch hatte er einen Hauslehrer, der ihm Lesen und Schreiben beibrachte.
Hast du heute keinen Unterricht?“
Rudi grinste.
Mein Lehrer muss heute in der Amtstube helfen.
Stell dir vor ein Ritter ist im Dorf. Er kommt aus dem Morgenland und hat ein gar seltsames Tier dabei, das ein Mann führt, der komisch gekleidet und im Gesicht ganz schwarz ist.
Das kommt von der heißen Sonne im Morgenland.“
Ach das würde ich gerne sehen,“ rief Sebastian voller Sehnsucht.
Rudi sprang auf. „Das kannst du doch, sie wollen das Tier auf dem Markt zeigen. Wenn wir den Weg über den Hang nehmen sind wir in einer Viertelstunde im Dorf!“
Aber die Gänse?“
Rudi winkte ab. „Wolf passt auf sie auf!“
Der Hund, der seinen Namen hörte, sprang
schwanzwedelnd hoch.
Rudi sah ihn ernst an und hob den Finger.
Wolf du passt auf die Gänse auf!“
Der Hund bellte kurz und legte sich wieder nieder.
Als hätte er verstanden was sein Herrchen wollte, ließ er das Federvieh nicht mehr aus den Augen.
Beruhigt lief Sebastian neben seinem Freund den Hang hinunter, denn er weiß, dass Wolf ein guter Wachhund ist.
Etwas atemlos kamen sie auf dem Markt an.
Das Gackern der Hühner und Schnattern der Gänse, die in Käfigen auf dem Boden neben einem Eselskarren standen vermischten sich mit dem Lärmen der Marktschreier, die mit derben Sprüchen ihre Ware anpriesen.
Der Gesang des Bänkelsängers ging dabei fast unter und man musste ihm schon ziemlich nahe sein, um seine in Reim gefassten schaurigen Lieder zu verstehen.
Beim Refrain sangen die Umstehenden lautstark mit.
Auch Sebastian und Rudi blieben eine Weile stehen und betrachteten schaudernd die grausigen Bilder, die der bunt gekleidete Sänger bei jeder Strophe zeigte.
Doch dann zogen sie weiter an Ständen mit Gemüse, Brot, Eiern, Fisch, Geschirr und Kleidern vorbei.
Sogar vergoldete Marienstatuen gab es zu sehen.
An einem Stand kaufte Rudi für sie beide einen der leckeren kleine Honigkuchen und während sie genussvoll das klebrige Gebäck verspeisten, sahen sie den Gauklern und Jongleuren zu.
Das Plärren eines Quacksalbers zog sie in ihren Bann, der während er mit einem Stößel in einer Schale Kräuter zermalmte, seine Wundersalbe anpries.
Doch dann zog Rudi seinen Freund weiter, denn er hatte das seltsame Tier entdeckt.
Und wenig später standen sie staunend vor dem goldbraunen Tier, das ein Mann mit einem breiten Grinsen und rabenschwarzen Gesicht an einer Leine hielt.
Mit offenem Mund starrte Sebastian das komische Tier an.
Auf einem Hals, der wie eine Schlange geformt war befand sich ein kleiner Kopf der spitz nach vorne lief.
Auf seinem Rücken saßen zwei Berge, durch ein tiefes Tal getrennt, die bei jeder Bewegung etwas wackelten.
Das Tier stand mit hoch erhobenem Kopf da und blickte arrogant auf die ihn umgebende Menge.
Der dunkle Mann, der ein seltsam geformtes Tuch auf dem Kopf trug, fragte nun mit einem breiten Grinsen und in gebrochenem Deutsch, ob jemand Lust hätte auf dem Kamel zu reiten, doch niemand traute sich.
Da schwang er sich selber hinauf und verließ den Markt von den johlenden Kindern begleitet.
Sebastian hielt Rudi zurück, denn eben hatte die Turmuhr elf Uhr geschlagen.
Die beiden wollten gerade den Markt verlassen, da sahen sie Lisa, die auch das Tier sehen wollte und Sebastian stellte ihr ein Bein.
Das Mädchen stürzte und heulte los und die Jungen lachten aus vollem Hals.
Da wurden sie plötzlich an den Ohren gepackt und ein Ritter in einem Kettenhemd und einem großen Schwert an der Seite, musterte sie finster.
Junge Herren, das war nicht sehr ritterlich von euch, wisst ihr nicht, die größte Tugend eines Ritters ist es, die Damen zu schützen, zu ehren und vor Gefahren zu bewahren.“
 
(c)  Monika Mandelik

Er reichte Lisa seine Hand und zog sie hoch, dann hielt er ihr ein sauberes weißes Taschentuch, in das ein Monogramm gestickt war, hin.
Trocknet euch die Tränen, holde Maid, das Tuch dürft ihr behalten und ihr...“ wandte er sich an die Buben, die mit betretenem Gesicht zu Boden starrten.
Werdet euch jetzt bei dieser jungen Dame entschuldigen und wehe, ihr tut ihr noch einmal etwas zuleide, dann komme ich über euch.“
Sebastian und Rudi murmelten eine Entschuldigung.
Lisa streifte sie nur mit einem verächtlichen Blick, dem Ritter aber schenkte sie ein strahlendes Lächeln und lief davon.
Der Ritter schmunzelte und gab den beiden einen Klaps auf den Kopf, dann schritt er Sporenklirrend zu seinem Pferd.
Die Jungen aber verließen still und beschämt den Marktplatz.
Bevor sie sich trennten, schworen sie, das Abenteuer zu verschweigen.

Das Fieber ist gesunken, er ist über den Berg,“ hört Sebastian eine Stimme und öffnet die Augen. Seine Mutter beugt sich über ihn und Tränen rinnen aus ihren Augen.
Das blasse sorgenvolle Gesicht seines Vaters erscheint hinter ihr und auch das vergnügte Gesicht von Doktor Waller.
Ich hab Hunger!“
Dröhnend lacht der Arzt: „Na geben sie ihm mal eine kräftige Hühnerbrühe und später etwas Grießbrei!“
Eine Woche später darf Sebastian wieder zur Schule gehen und wird begeistert von seinen Mitschülerin umringt.
Etwas abseits steht Lisa, die von Sebastian immer nur geärgerte wurde.
Der Junge bahnt sich einen Weg zu ihr und streckt dem Mädchen die Hand hin.
Guten Tag, Lisa, es tut mir leid, dass ich dich immer an den Zöpfen ziehe, oder ein Bein stelle.
In Zukunft werde ich mich wie ein echter Ritter benehmen.“
Lisa starrt ihn an, dann prustet sie los.
Du spinnst! Das Fieber ist dir wohl nicht bekommen!“
Alle lachen!

© Lore Platz 19.08.2014



Donnerstag, 20. November 2025

Zwurrli und die verletzte Katze

 

 

(c) Werner Borgfeldt


 

Zwurrli und die verletzte Katze




Langsam öffnet die grau getigerte Katze die Augen und schließt sie sofort wieder. Ein stechender Schmerz lässt sie aufstöhnen. Ein Auto hatte sie an der Hinterhand erwischt und sie gegen die Mauer geschleudert.

Ihre Babys! Sie musste zu ihren Babys, die hilflos und noch halb blind in der alten Scheune lagen.

Mühsam rappelt sie sich auf und hinkt los. Immer wieder muss sie sich hinlegen und verschnaufen, bis sie endlich an ihrem Ziel angelangt ist.

Sie schlüpft durch das zersplitterte Loch an der Seite des Schuppens und hört schon ihre Kinder kläglich maunzen.

Eifrig fährt sie mit der rauen Zunge über das Fell der Kleinen, um ihnen zu zeigen, dass sie wieder da ist.

Tapsig rücken Annabell und Gustav näher an ihre Mutter heran, nur Clothilde liegt merkwürdig still da und Susi erschrickt.

Sie hat eines ihrer Kinder verloren. Seit Tagen findet sie wenig zu fressen und hat wohl zu wenig Milch für ihre drei Babys und nun auch noch der Unfall.

Wenn sie starb, was wurde dann aus ihren Kindern?

Muriel! Die Spaniel-Dame wohnt nicht weit von hier und hat auch vor kurzem drei wunderschöne Welpen geboren.

Ja Muriel würde ihr helfen. Am Anfang mochten sie sich gar nicht und der Hund bellte und tobte, wenn Susi durch ihren Garten flitzte oder gar spöttisch vom Baum heruntermiaute, aber dann war Susi einmal vollkommen entkräftet im Gras unter dem Baum gelegen und der Hund kam kläffend auf sie zu.

Und sie glaubte ihr letztes Stündchen wäre gekommen, doch der Hund hatte sie nur beschnüffelt und sich umgedreht.

Wenig später war er mit einem Stück Fleisch im Maul gekommen und hatte es neben ihr ins Gras fallen lassen.

Gierig war sie darüber hergefallen und der Hund saß mit zufriedenem Gesicht neben ihr.

Seitdem waren sie Freunde und Muriel hatte sie oft aus seinem reich gefüllten Napf fressen lassen.

Und wenn es nicht die letzten Tage soviel geregnet hätte und der Hund mit den Welpen im Haus geblieben wäre, dann wäre sie bestimmt nicht so völlig entkräftet.

Kurzentschlossen nimmt Susi die kleine Annabell ins Maul und läuft los.

Muriel, liegt im Garten und lässt sich die Sonne auf das Fell scheinen, ihre drei Kinder sausen um sie herum, spielen und balgen sich.

Die Hündin öffnet die Augen, als neben ihr etwas ins Gras plumpst.

Erschrocken springt sie auf und sieht ihre Freundin entsetzt an.

Was ist denn mit dir passiert?“

Später!“ ruft Susi und humpelt aus dem Garten, um kurz darauf mit Gustav im Maul wieder zu kommen.

Sie lässt ihn neben seiner Schwester ins Gras fallen.

Dann legt auch sie sich einen Moment hin.

Muriel, ein Auto hat mich gestreift, auch bin ich halb verhungert, ich weiß nicht, wie lange ich noch zu leben habe, kümmere du dich bitte um meine Kinder.“

Mühsam steht sie auf.

Aber, aber ich bringe dir was zu fressen und, und ...“

stammelt die Hündin hilflos.

Susi schenkt ihm ein trauriges Lächeln.

Lass gut sein, kümmere dich um meine Kinder und danke für deine Freundschaft. Ich muss zurück und mein totes Kind begraben. Leb wohl!“

Sie fährt Abschied nehmend mit der Zunge über das Fell ihrer Kinder und humpelt mit schmerzverzerrtem Gesicht davon.

Die beiden Kätzchen miauen, als spüren sie, dass ihre Mutter gegangen ist.

Muriel aber legt sich hin und der Geruch der Milch lässt die Kleinen die Zitzen finden und glücklich saugen sie sich ihre Bäuchlein prall.

Susi aber fällt jeder Schritt schwerer und kurz vor dem Schuppen bricht sie zusammen.

 Vergnügt läuft Knusperle, das Eichhörnchen über die Wiese. Sie hat ihre Verwandten im Wald besucht und ist nun auf dem Weg zurück in ihren Kobel im Park.

Sie stutzt als sie die Katze liegen sieht und geht vorsichtig näher.

Das ist ja Susi!

Sie kennt sie sehr gut, denn immer wenn sie auf dem Weg in den Wald hier vorbeikommt, halten sie ein Schwätzchen und sie hat unlängst auch ihre drei Kinderchen bewundert.

Knusperle beugt sich über die Katze und erschrickt über das schlechte Aussehen derselben.

Ob sie wohl tot ist??

Doch nein, der Brustkorb hebt und senkt sich.

Das Eichhörnchen läuft in großen Sprüngen davon, um Hilfe zu holen.

Zwurrli liegt unter einem Baum und genießt den warmen Sonnenschein.

Ein Apfel fällt dicht neben ihm herunter und rollt direkt vor die spitze Nase von Orlando, dem Igel.




Der schlägt sofort seine kleinen Zähnen in die Frucht und verzieht das Gesicht.

Sauer!“, dann grinst er: “Aber saftig!“, und frisst weiter.

Zwurrli aber guckt nach oben, wo Kasper gemütlich auf dem Ast liegt und ihn grinsend betrachtet.

Ich kann zielen und hätte dich bestimmt nicht getroffen!“

Geschmeidig springt er vom Baum und setzt sich neben den Wichtel.

Sie beobachten Orlando der sich schmatzend in den Apfel vergräbt.

Ein rotbrauner Blitz saust durch den Garten und bleibt schwer atmend vor ihnen stehen.

Knusperle, wer ist denn hinter dir her!“ lacht Zwurrli.

Das Eichhörnchen atmet erst mehrmals durch, dann erzählt sie ihren Freunden von der kranken Katze.

Der Wichtel klettert auf den Rücken seiner Freundin und begleitet von Kasper verlassen sie den Garten.

Erschüttert stehen sie vor der verletzten Katze.

Während Zwurrli die Wunde untersucht, schlüpfen Kasper und Knusperle in die Scheune um nach den Jungen zu sehen.

Mit traurigem Gesicht kommen sie wieder und Kasper trägt im Maul das tote Katzenkind.

Vorsichtig legt er es ins Gras.

Ich werde die arme Kleine begraben und dann suche ich nach den anderen beiden Kätzchen.“

Zwurrli nickt bekümmert.

Ich werde Biggi um Hilfe bitten.“

Knusperle setzt ihn auf der Terrasse ab und verabschiedet sich dann.

Zwurrli aber stapft in die Küche, wo Biggi gerade das Geschirr in die Spülmaschine stellt.

Lächelnd begrüßt sie den Wichtel.

Doch dann wird ihr Gesicht ernst, als er ihr von der armen Katze erzählt.


(c) L.P

Sie schaltet die Maschine ein, holt eine alte Decke und läuft in den Fahrradschuppen.

Den großen Korb vorne polstert sie mit der Decke aus und schwingt sich auf das Rad.

He, nimm mich mit!“

Lachend beugt sich die junge Frau hinunter und hebt den kleinen Wicht in den Korb.

Kasper sitzt wachend neben Susi, als sie ankommen

Biggi beugt sich über ihn und streichelt lobend sein Fell, was Kasper mit einem Schnurren beantwortet.

Besorgt untersucht sie das verletzte Tier.

Vorsichtig hebt sie es hoch und bettete es in den ausgepolsterten Korb.

Ich bringe sie zum Tierarzt, vielleicht ist sie noch zu retten,“ erklärt sie Zwurrli, „ aber wie kommst du nach Hause?“

Kasper wird mich zurück bringen, keine Sorge, sieh du nur zu, dass Susi schnell geholfen wird.“


(c) Werner Borgfeldt

 Der Wichtel und der Kater sehen ihr nach.

Hast du die Kleinen gefunden?“

Kasper grinst.

Ja nicht weit von hier, sie werden von einer Hündin gesäugt und tollen mit deren Welpen im Garten herum. Hoffentlich fangen sie nicht auch noch zu bellen an.“

Zwurrli kichert.

Ich habe der Hündin, sie heißt Muriel und ist mit Susi befreundet, erzählt, dass wir der Katze helfen wollen und sollte sie wieder gesund werden, hole ich die Kinder ab. Solange will sie sich um die kleiner Maunzer kümmern.“

Der Wichtel klettert auf den Rücken des Katers und bald sind sie wieder im heimatlichen Garten.

Nun beginnt eine lange Wartezeit.

Endlich schiebt Biggi ihr Fahrrad durch die Gartentür.

Zwurrli will gerade zu ihr laufen, da kommt der „lange Kerl“ wie der Wichtel Biggis Mann nennt, fröhlich pfeifend angeradelt.

Die beiden begrüßen sich mit einem Kuss und gehen zusammen ins Haus.

Enttäuscht wendet sich Zwurrli um und und trifft beim Birnbaum seine Familie, die gerade vom Park zurückgekommen ist und nun alles von der Katze wissen wollen.

Sie gehen hinunter in ihre Wohnung und nun erzählt ihnen Zwurrli, all das was Knusperle noch nicht gewusst hat.

Es ist schon spät und fast dunkel, als der Wichtel seinen Namen rufen hört.

Biggi kniet vor dem Birnbaum und fordert ihn auf mit ihr zu kommen.

Sie führt ihn in den Geräteschuppen.

Eine große Kiste mit Decken und Laken ausgepolstert steht dort in einer Ecke und zwei saubere Fressnäpfe davor auf dem Boden.

Deine Freundin Susi wird überleben. Sie hat einige Rippenbrüche und das linke hintere ist Bein gebrochen, aber glücklicherweise keine inneren Blutungen. Nur ist sie total unterernährt. Deshalb bekommt sie eine Infusion und bleibt über Nacht in der Tierarztpraxis zur Beobachtung.

Morgen kann ich sie holen und mein Mann hat extra diese Kiste für sie hergerichtet.“

Zwurrli denkt, 'er ist ja gar nicht so übel der lange Kerl.'

Susi hat vor einiger Zeit geworfen, weißt du wo ihre Kleinen sind?“

Der Wichtel errötet leicht. Er will seine Freundin nicht belügen weiß aber auch nicht, ob er verraten soll, wo die Kätzchen sich befinden.

Offen sieht er seiner Freundin in die Augen.

Ich kümmere mich darum.“

Biggi nickt genauso ernst.

Gut, im Moment solange sie so schwach ist und auch noch Medikamente bekommt kann sie die Kleinen sowieso nicht stillen. Später dann wird sie sie sicher bei sich haben wollen.“


Darf sie denn dann hier bleiben?“

Ja, gern, nur Kinder darf sie nicht mehr bekommen.“

Zwurrli grinst: „Wird sie kastriert wie Kasper.“

Lächelnd schüttelt Biggi den Kopf.

Bei Katzen heißt dies sterilisiert und wir machen dies nicht, um die Katzen zu quälen, sondern weil es schon genug Katzenelend in unserer Gegend gibt. 

Sieh nur deine Freundin Susi, sie ist halb verhungert und ob ihre Kleinen noch leben?“

Denen geht es gut!“ platzt Zwurrli heraus.

Biggi lächelt, fragt aber nicht weiter.

Weißt du, ich hätte deine Freundin auch im Haus pflegen können, aber ich dachte du und Kasper könnt ihr Gesellschaft leisten und auf sie aufpassen, besonders nachts.“


Am nächsten Tag kommt Susi in ihr neues Zuhause. Schwach und fast leblos liegt sie da.

Doch durch die gute Pflege von Biggi und die Gesellschaft ihrer neuen Freunde geht es ihr von Tag zu Tag besser.

Selbst Ricky schaut sofort wenn er von der Arbeit nach Hause kommt in den Schuppen, geht vor der Kiste in die Hocke, streichelt die Katze und redet aufmunternd auf sie ein.

Zwurrli, der sich sofort hinter einer Latte in der Ecke versteckt, wenn er ihn kommen hört, beobachtet dies alles.

Er ist doch eigentlich ganz nett, der lange Kerl.

Biggi bringt Susi dann eines Tages wieder zum Tierarzt und die Schiene wird abgenommen und die Katze versucht dann im Garten schon die ersten steifbeinigen Schritte, doch dann verlangt sie wieder nach ihrer Kiste.

Als dann in der Nacht ihre Freunde, die gesamte Wichtelfamilie, Kasper, der nie von ihrer Seite weicht und Orlando, der sich im Schuppen eine hübsches Plätzchen eingerichtet hat, um sie versammelt sind, meint die Katze

 traurig.

Jetzt könnte ich mich doch wieder um meine Kinder kümmern, glaubt ihr, dass die Menschen mich trotzdem behalten werden?“

Ja, das weiß ich, Biggi hat gesagt sobald du keine Medikamente mehr nehmen musst, kannst du deine Kinder wieder selber stillen und du darfst hierbleiben für immer.“erklärt Zwurrli.

Wie schön,“ flüstert Susi mit Tränen in den Augen und auch Kasper freut sich und er verspricht morgen die Kinder

bei Muriel abzuholen.

Als dann Biggi am nächsten Morgen mit dem gefüllten Futternapf in den Schuppen tritt, liegen die beiden niedlichen, inzwischen nicht mehr blinden, Kätzchen in der Kiste an ihre Mutter geschmiegt.

Die junge Frau ruft ihren Mann.

Ja, wo kommen die denn plötzlich her?“ staunt Ricky und streichelt über das weiche Fell der Kleinen.

Feixend richtet er sich dann auf und fragt.

Hat die dein geheimnisvoller Wichtel vielleicht gebracht!“

Vielleicht,“ meint Biggi schnippisch, „ und wenn du nicht immer so spotten würdest, hätte er sich dir bestimmt schon gezeigt.“

Ricky lacht schallend, legt den Arm um sie und zieht sie zur Tür.

Biggi aber dreht sich um zwinkert Zwurrli zu, der ihr aus der Ecke zuwinkt.


Man muss nicht reich sein, wichtig ist, man hat Freunde, die einem in der Not beistehen.


© Lore Platz  07.09.2014


Katze und Hund



Miezel eine schlaue Katze
Molly, ein begabter Hund,
Wohnhaft an demselben Platze
Hassten sich aus Herzensgrund


Schon der Ausdrucke ihrer Mienen,
Bei gesträubter Haarfrisur,
Zeigt es deutlich: Zwischen ihnen
Ist von Liebe keine Spur


Doch wenn Miezel in dem Baume,
Wo sie meistens hin entwich,
Friedlich da sitzt, wie im Traume,
Dann ist Molly ausser sich

Beide leben in der Scheune,

Die gefüllt mit frischem Heu,
Alle beide hatten Kleine,
Molly zwei und Miezel drei


Einst zur Jagd ging Miezel wieder

Auf das Feld, da geht es bumm!
Der Herr Förster schoss sie nieder,
Ihre Lebenszeit war um.



Oh, wie jämmerlich miauen
Die drei Kinderchen daheim
Molly eilt, sie zu beschauen,
und ihr Herz geht aus dem Leim.


Und sie trägt sie kurzentschlossen

Zu der eigenen Lagerstatt
Wo sie nunmehr fünf Genossen
An der Brust zu Gaste hat

 

Mensch mit traurigem Gesicht

Sprich nicht nur von Leid und Streit
Selbst in Brehms Naturgeschichte
Findet sich Barmherzigkeit!


Wilhelm BUSCH






(c) Werner Borgfeldt