Als
meine Tochter geboren wurde, musste ich meine Arbeit aufgeben. Damals
gab es noch keine Kinderkrippen und meine Mutter war noch
berufstätig.
Natürlich
ging es finanziell eng zu, Kindergeld gab es damals 50 Mark und das
reichte nicht mal für die Windeln.
Eine
Zeitlang benutzte ich waschbare Windeln, was sehr arbeitsaufwendig
war.
Um
etwas zu der Haushaltskasse beisteuern zu können, suchte ich mir
stundenweise einen Putzplatz.
Samstags
reinigte ich die Dorfkirche und unter der Woche putzte ich in einem
Haushalt.
Eines
Tages kam meine Chefin zu mir und fragte, ob ich beim Abstauben
vielleicht ein Kuvert mit tausend Mark gefunden hätte.
Ihr
würde dieser Betrag fehlen und sie meinte, sich erinnern zu können,
dass sie das Geld auf die Anrichte gelegt hätte.
Natürlich
hatte ich kein Geld gefunden, aber ein komisches Gefühl blieb doch.
Einige
Tage später erzählte mir ihre Sekretärin, dass die Chefin sich um
tausend Mark verrechnet und, dass das Geld niemals in der Wohnung
gelegen hätte.
Die
feine Dame aber hat die Sache mir gegenüber niemals aufgeklärt.
(c) eigenes Foto |
Anita
Vollmer stellte die Tasse in die Spüle, dabei sah sie aus dem
Fenster in den Garten und lächelte.
Fritz
der Nachbarjunge stellte gerade sein Rad ab und kam mit einem großen
Karton auf das Haus zu.
Seit
sein Vater arbeitslos war arbeitet Fritz nach der Schule beim
Lebensmittelladen Bauer um die Ecke und fuhr die bestellten Waren
aus.
Als
es klingelt war Anita bereits an der Tür. Mit einem fröhlichem Gruß
ging der Junge an ihr vorbei und wuchtete den schweren Karton mit dem
Wocheneinkauf auf den Tisch.
„Hier
ist der Kassenzettel, die Bananen sind heute im Angebot und einen
schönen Gruß auch von Herrn Bauer.“
Die
Rentnerin kramte in ihrer Geldbörse reichte Fritz den Betrag, dann
drückte sie ihm noch einen Euro extra in die Hand.
Der
Junge grinste, in dem Moment klingelte das Telefon und Anita ging in
den Nebenraum.
Es
war ihre Freundin, die mal wieder kein Ende fand. Sie hörte Fritz
einen Gruß rufen und das Schlagen der Tür.
Nachdem
Elvira alle ihre Klatschgeschichten losgeworden war, ging Anita
zurück in die Küche.
Erfreut
stellte sie fest, dass der Junge die Lebensmittel bereits ausgepackt
und den Karton mitgenommen hatte.
Nun
brauchte sie diese nur noch in Schrank, Kühlschrank und das Brot im
Tiefkühler verstauen.
Sie
kaufte immer mehrere Packungen Brot und fror sie ein, man konnte die
Scheiben wunderbar im Toaster rösten.
Es
klingelt an der Haustür und schnell raffte sie die Packungen mit dem
geschnittenen Brot und warf sie in den Gefrierschrank.
Es
war der Postbote.
Anita
nahm die Post, die meistens nur aus Reklame bestand entgegen, und
legte sie auf den Tisch.
Sie
wollte sie später durchsehen, jetzt hatte sie erst mal Hunger.
Nachdem sie die leckere Kartoffelsuppe mit Würstchen verspeist
hatte, machte sie ein Nickerchen auf ihrem gemütlichen Ohrensessel.
Erschreckt
fuhr sie auf, sie hatte ein schreckliches Durcheinander geträumt und
dann fiel ihr siedend heiß ein, dass sie ihre Geldbörse, die sie
doch auf dem Tisch gelegt hatte, nirgendwo gesehen hatte.
Erschrocken
sprang sie auf, um nachzusehen. Auf dem Tisch lag das schwarze
Lederetui nicht. Hektisch wühlte sie die Schubladen durch, sah in
die Schränke, ja sogar in den Kühlschrank. Die Börse war weg.
Erschöpft
ließ sie sich auf den Stuhl fallen, Tränen traten in ihre Augen.
Die
ganze Rente von diesem Monat war in dem Portmonee.
Dann
kam ihr ein schrecklicher Gedanke:
' Fritz würde doch nicht?'
Doch
dann schüttelte sie den Kopf.
Sie kannte den Jungen seit er noch
Windeln trug. Er war ein braver Junge, anständig, freundlich und
machte seinen Eltern nur Freude.
So
sehr sie sich wehrte aber immer wieder kam ihr der Gedanke, denn wo
sonst sollte der Geldbeutel sein.
Fritz
war der Einzige, der in der Wohnung war und sie hatte doch alles
schon abgesucht.
Mit
schweren Gedanken ging sie schließlich zu Bett.
Nach
einer unruhigen Nacht schlurfte sie in die Küche, brühte Kaffee
auf, dann holte sie Brot aus dem Tiefkühler und erstarrte, zwischen
den Packungen lag die Geldbörse.
Mit
einem erleichterten Lachen setzte sie sich hin. Da hatte sie wohl,
abgelenkt vom Klingeln an der Tür, nicht bemerkt, dass sie zusammen
mit dem Brot den Geldbeutel hochgehoben hatte.
In
Gedanken leistete sie Fritz Abbitte und als er eine Woche später
wieder die Ware vorbei brachte, bekam er eine Tafel Schokolade zu
seinem Trinkgeld.
©
Lore Platz 16.04.2019
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