Dienstag, 25. November 2025

Oma und Lena und ihre besonderen Geschichten Kastanie

 


 

  



                        

Als meine Tochter acht Jahre alt war, durfte sie sich ein Wort oder 

Tier ausdenken und ich machte daraus eine Geschichte.


Dasselbe Spiel spielen Oma und Lena.

Vor einigen Jahren schrieben wir schon einmal Reizwortgeschichten und aus einigen entwickelten sich Serien, weil ich mich in die Hauptdarsteller verliebt habe.

Ich denk auch Oma und Lena gehen in Serie.

 

Viel Spaß beim Lesen!

 

Oma und Lena und ihre besonderen Geschichten



Hui!, pfeift der Herbstwind und wirbelt den Staub auf.

Er taucht ein in den aufgehäuften Berg bunter Blätter, treibt sie vor 

sich her, bläst sie in die Luft und lässt sie wieder herunter fallen.

Dann jagt er weiter, um an Regenrinnen und Fensterläden zu

 klappern.

Eine alte Frau sitzt in ihrem Lehnstuhl, ihre geliebte Kuscheldecke 

über die Knie und lauscht versonnen dem rauen Gesang des Windes.

Leise öffnet sich die Tür und ein kleines Mädchen tritt herein.

Ihre Augen sind fest auf die Tasse gerichtete, damit ihr ja kein

Tropfen verloren geht.

Aufatmend stellt sie den Tee auf den kleinen Tisch neben dem 

Sessel.

Ich habe keinen Tropfen verschüttet!“, verkündet sie stolz.

Die alte Frau lächelt sie liebevoll an.

Oma, du musst den Tee trinken, solange er noch heiß ist.“

Eine junge Frau öffnet die Tür und steckt den Kopf herein:

Mama. Ich gehe einkaufen, brauchst du was?“

Nein Gisela, danke.“

Ich brauche auch nichts, Mama,“ trompetet Lena.

Ihre Mutter lacht und zieht sich zurück.

Lena aber lehnt sich an das Knie ihrer Oma und bettelt.

Erzählst du mir eine Geschichte?“

Frau Jomson lüftet die Decke und die Kleine macht es sich

gemütlich.

Liebevoll streicht die alte Frau über das seidenweiche Haar ihrer

 Enkelin.

Was möchtest du denn heute für eine Geschichte?“

Von einer Kastanie!“

Einer Kastanie?“

Ja, wir haben heute im Kindergarten Kastanien gesammelt und

 Morgen dürfen wir damit basteln.“

Ihre Oma schließt einen Moment die Augen, lächelt und beginnt:








Die kleine Kastanie


Vor einem kleinen Haus stand ein Kastanienbaum. Stolz reckte er seine Zweige, denn er war sehr eingebildet und hielt sich für was besseres.
Hochmütig erklärte er seinem Nachbarn dem Apfelbaum, dass einer seiner Vorfahren ein Canstano Santo gewesen wäre und dieser Baum in Andalusien als heilig gelte.
Der Apfelbaum konnte weder etwas vornehmes noch heiliges an seiner Nachbarin entdecken, aber er war viel zu gutmütig, um etwas zu sagen.
Die Kastanie aber hatte sich schon längst abgewandt und betrachtete voller stolz ihre vielen Früchte. In jedem der stacheligen behaarten Fruchtbecher wohnten drei ihrer Kinder. Braun, dick und wohlgestaltet hatten sie die grünen Becher schon ein wenig gesprengt.
Sie runzelte die Stirn und missmutig betrachtete sie einen der weiter unten hängenden Fruchtbecher.
Was war denn das, neben zwei herrlich prallen Früchten, saß ein mickriges kleines Ding.
Das war ja entsetzlich, schämen musste sie sich, was würden die Leute sagen.





Als würde sie den Missmut der Mutter spüren versuchte die kleine winzige Kastanie sich noch kleiner zu machen. Was konnte sie denn dafür, wenn ihre Brüder immer dicker wurden und ihr keinen Platz ließen.
Eine einsame kleine Träne kullerte über ihre Gestalt, doch niemand sah sie.

Es war Herbst und früh schon begann die Dämmerung ihre Schleier über das Land zu breiten.
In der Küche des kleinen Hauses saß die Familie beim Abendbrot.
Der Vater Klaus Ortner war Waldarbeiter und in der Försterei angestellt.

Margarete seine Frau half vormittags, wenn die Kinder in der Schule waren, in der Gutsküche aus. Nachmittags kümmerte sie sich um die kleine Landwirtschaft, die aus einigen Hühnern, einer Ziege und einem großen Obst und Gemüsegarten bestand.

Ihr Sohn Jochen ging bereits in die vierte Klasse und seine kleine Schwester Annegret in die zweite.

Nun saßen sie alle vier in der Küche und ließen sich die leckere Gemüsesuppe schmecken.
„Papa, die Kastanien müssten doch bald reif sein,“ fragend sah Jochen seinen Vater an.
Dieser nickte bedächtig und wischte mit einem Stück Brot den Rest der Suppe aus dem Teller.
Ich denke am Samstag ist es soweit.
„Juchhu,“ jubelte Annegret, „bekommen wir welche zum basteln?“
„Ja ihr dürft euch jeder vier Stück aussuchen. Den Rest brauche ich für die Wildschweinfütterung
„Och,“ maulte Jochen, „ damit kann man ja nix richtiges basteln.“
Der Vater grinste und zwinkerte ihm zu:
„Wenn du sie halbierst hast du acht Stück.“
Das Gesicht des Jungen hellte sich auf.
„Ich werde eine Raupe basteln!“
„Ich werde eine Puppe basteln!“ trompetete Annegret.
„Und ich,“ sagte die Mutter, die gerade die Teller zusammen stellte, “werde euch eine Schachtel Streichholz spendieren. Nun aber helft mir den Tisch abräumen, es gibt noch Pudding.“
„Pudding!“ jubelten die Kinder und für den Moment waren die Kastanien vergessen.

Zwei Tage später lagen alle Kastanien unter dem Baum auf der Wiese.
Es war Sonntag und nach dem Mittagessen holte der Vater den großen Korb aus dem Schuppen und zusammen mit Jochen sammelte er die Kastanien auf.
Annegret aber, mit einem kleinen Körbchen am Arm. umrundete den Baum und suchte die schönsten Kastanien für ihre Puppe. Drei lagen schon in ihrem Korb, es fehlte nur noch eine für den Kopf.
Da sah sie zwei ganz dicke braune Kugeln liegen und daneben eine ganz kleine.
Vorsichtig hob sie die kleine Kastanie auf.
„Oh was bist du hübsch, du wirst ein schöner Kopf für meine Puppe.“
Der kleinen Kastanie klopfte das Herz voller Glück. Hübsch hatte sie das Menschenkind genannt.
Annegret aber legte ihren Fund vorsichtig ins Körbchen.
Dann bückte sie sich und hob auch die ganz dicken Früchte auf. Diese wollte sie dem Papa bringen.
„Schau, Papa, hier habe ich zwei ganz dicke Kastanien gefunden, davon werden die Wildschweine bestimmt satt.“
Nachdem alle Kastanien geerntet, wird der Korb im Schuppen verstaut und sie gehen ins Haus.
Der Vater zündete seine Pfeife an und setzte sich mit der Zeitung in seinen gemütlichen Sessel. Im Sessel neben ihm ließ die Mutter ihre Stricknadeln klappern.
Die Kinder aber breiteten ihre Schätze auf dem Tisch aus.
Jochen zerteilte vorsichtig mit seinem Taschenmesser seine Kastanien, steckte sie zusammen und malte dann seiner Raupe noch ein lustiges Gesicht.
Dann half er seiner Schwester, die sich vergeblich bemühte ein Streichholz durch die Kastanie zu pressen.
Die Puppe bekam auch ein fröhliches Gesicht und nun stellten die Kinder ihre Kunstwerke ganz vorsichtig auf das Regal.




    


       


Die Nacht hatte ihre Schleier über das Land gebreitet und nur der pausbäckige Mond spendete etwas Licht.
Auf dem Regal stand die kleine Kastanie und sah sich glücklich in der vom Mond beschienenen Küche, um.
Nun durfte sie bei den freundlichen Menschen wohnen. Sie, die kleine Kastanie, die von ihrer Mutter verächtlich als hässlich und mickrig bezeichnet wurde.“







Eine Weile bleibt es still. Dann legt Lena beide Arme um den Hals
ihrer Oma und küsst sie auf die Wange.
„Das war eine schöne Geschichte.“
Liebevoll lächelnd streichelt die alte Frau ihrer Enkelin über
das Haar.
Sie öffnet die Kuscheldecke.
„Es duftet nach Kaffee, deine Mutter ist zurück.“
Hand in Hand gehen die Beiden in die Küche.


© Lore Platz 2022






Montag, 24. November 2025

Friederike und das schreckliche Ding


Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.


 
(c) Bonmomo




Friederike und das schreckliche Ding


Friederike sitzt in der Ecke des Sofas, den Mund verkniffen und in den Augen blitzt es ärgerlich.
Stirn runzelnd beobachtet sie die drei Mädchen, die auf dem Teppich knien und auf das komische längliche Ding starren und kichern.
Wie sie dieses Ding hasste, denn seit Lena es von ihrer Patentante bekommen hatte, war sie, Friederike Luft für sie.
Ein tiefer Seufzer entfährt ihr, unhörbar für die Mädchen, denn Friederike ist eine Puppe.
Bis vor kurzem war sie noch der Mittelpunkt im Leben von Lena und ihren Freundinnen.
Traurig denkt sie an die Teepartys zu denen Lena sie immer besonders schön angezogen und immer wieder eine neue Frisur ausprobiert hatte.
Und wie elegant auch ihre Freundinnen gekleidet waren und wenn sie dann an dem zierlichen hübsch gedeckten Tisch saßen fühlten sie sich wie große Damen und erzählten sich, was sie erlebt hatten seit ihrem letzten Treffen.
Natürlich konnten ihre Puppenmütter sie nicht hören, aber es war einfach schön.
Und heute haben Tina und Merle nicht einmal ihre Puppen mitgebracht, dabei hätte Friederike ihnen so gerne ihr Leid geklagt.
Sicher sitzen auch sie vergessen in einer Ecke und das alles nur wegen dem komischen Ding, das ab und zu piepte.
Pah, was für ein jämmerlicher Ton überhaupt, dabei konnte sie doch laut und deutlich 'Mama' sagen, wenn man sie drückte.
Lucky, der Dackel gibt der angelehnten Tür einen Stups und kommt auf seinen krummen Beinen ins Zimmer gewackelt.
Fröhlich bellend umkreist er die Mädchen, doch Lena wehrt ihn ab.
Verschwinde wir können dich nicht brauchen!“

 
(c)  Martina P.


Der Hund schaut sein Frauchen traurig an und läuft mit hängenden Ohren zum Sofa, wo er nach einigen Anläufen neben der Puppe landet.
Er rollt sich zusammen und legt die Schnauze auf die Pfote.
Dich können sie wohl auch nicht nicht brauchen und das alles wegen dem Ding,“ seufzt Friederike.
Ja, seit Lena das Handy von ihrer Tante zum Geburtstag bekam, hat sie für nichts anderes mehr Interesse, selbst ihre Mutter schimpft schon,“ murmelt Lucky.
Sie nimmt es sogar mit ins Bett,“ meldet sich Teddy und fügt traurig hinzu, „seitdem darf ich nicht mehr bei ihr kuscheln.“
Ja wir sind für sie unwichtig geworden, wie ich dieses dämliche Ding hasse!“ ruft Friederike.
Der Dackel nickt zustimmend und schließt die Augen. Friederike und Teddy unterhalten sich leise.
Lenas Mutter steht auf einmal an der Tür und schimpft. „Lena habe ich nicht gesagt, du sollst nicht immer mit dem Handy spielen.“
Ach Mama, die Spiele sind doch so cool.“
Kommt zum Essen, aber das Handy bleibt hier!“
Mit einem bedauernden Blick legt das Mädchen das Handy auf den Schreibtisch und folgt ihren Freundinnen in die Küche.
Friederike fixiert nachdenklich das schreckliche Ding.
Lucky!“
Verschlafen öffnet der Dackel die Augen.
Ich habe eine Idee! Wir müssen dieses fürchterliche Ding verschwinden lassen!“


Aber wie denn?“ fragt Teddy ratlos.
Lucky muss uns helfen!“
Und wie stellst du dir das vor!“ fragend sieht der Hund die Puppe an.
Du kannst als einziger von uns das Haus verlassen, trage es einfach nach draußen.“
Der Dackel bellt vergnügt. „Ich werde es im Garten vergraben!“
Er springt vom Sofa auf den Stuhl und stemmt sich mit beiden Pfoten an der Schreibtischkante ab. Mit der Schnauze versucht er das verhasste Spielzeug herunter zu stoßen.
Friederike und Teddy jubeln, als es ihm nach einigen vergeblichen Versuchen endlich gelingt.
Lucky grinst, schnappt sich das Gerät und verlässt das Zimmer. 
Vorsichtig schleicht er an der Küche vorbei und zwängt sich durch die Hundeklappe hinaus in den Garten.
Mit fliegenden Ohren saust er in die hinterste Ecke, lässt seine Beute ins Gras fallen und beginnt zu graben.
Bald ist das Handy gut versteckt in der Erde und voller Stolz marschiert der kleine Held zurück.
Die Mädchen sitzen immer noch in der Küche.
Der Dackel aber marschiert stolz zurück ins Kinderzimmer, legt sich aufs Sofa, als wäre nichts gewesen.
Die drei freuen sich und erwarten kichernd die Rückkehr der Mädchen.
Ist das eine Aufregung, als die Mädchen zurück kommen und das Handy nicht mehr zu finden ist.
Sie stellen das ganze Kinderzimmer auf den Kopf, doch es bleibt verschwunden.
Teddy darf heute Abend wieder mit ins Bett und freut sich wie ein Schneekönig, auch wenn sein Fell ganz nass wird von Lenas Tränen.
Gleich als das Mädchen aufsteht beginnt es wieder mit ihrer hektischen Suche und Friederike bekommt schon ein schlechtes Gewissen.
Doch als am Nachmittag Merle und Tina mit ihren Puppen kommen und sie wieder Teeparty spielen, da weiß sie, dass sie richtig gehandelt hat und heute hat sie ihren Freundinnen sehr viel zu erzählen.

© Lore Platz  18.02. 2019


Sonntag, 23. November 2025

Einmal Himmel und zurück

 

 (c) Irmi Brüggemann

Habe mich gestern geärgert, denn durch die Rentenerhöhungen der letzten Jahre muss ich auf einmal meine Rente versteuern.
Ich werde dieses Jahr 70 und hatte eigentlich gedacht mich nie mehr mit nervenaufreibendem Papierkram rumschlagen zu müssen.
Aber die Bürokraten werden noch an meinen Sargdeckel klopfen und fragen:
"Frau Platz haben sie etwas zu verzollen oder zu versteuern, bevor sie in den Himmel eintreten?" 
Aber wie heißt es so schön, nicht ärgern nur wundern.
Freut euch lieber an meiner Geschichte. 
Viel Spaß beim Lesen!
 

(c) Peter S.

 

Einmal Himmel und zurück


Anna stand vor der Tür der kleinen Bergpension und genoss den Ausblick.
Als sie vor fünf Tagen hier ankam, war sie verzweifelt und total unglücklich und ihr Leben ein einziger Scherbenhaufen.
Doch die herrliche Landschaft, die Freundlichkeit der Menschen und ihre täglichen einsamen Wanderungen in die herrlichen Bergen, hatten sie viel ruhiger werden lassen.
Außerdem war sie, als sie einen verwundeten kleinen Falken gefunden hatte und ihn, in ihre Jacke gewickelt, ins Tal brachte, dem hiesigen Tierarzt Jochen Berner begegnet und seine liebevolle Art mit dem Tier umzugehen hatte eine Seite in ihr zum klingen gebracht.
Hinter ihr trat die mollige Pensionswirtin aus der Tür.
Fräulein Anna, ich habe ihnen eine Brotzeit gerichtet und eine Thermoskanne mit Kaffee, hell und süß, wie sie ihn mögen.“
Dankend nahm die junge Frau die Kanne und die eingewickelten Brote und verstaute sie in ihrem Rucksack.
Die Wirtin drückte ihr nun noch einen Plan in die Hand.
Hier sind die Schutzhütten verzeichnet, versuchen sie immer in deren Nähe zu bleiben, denn das Wetter schlägt schnell um in den Bergen.
Anna schulterte ihren Rucksack und mit einem Gruß ging sie den Abhang hinunter und dann hinauf Richtung Gogelalm.


Einige Stunden wanderte sie nun schon in der sengenden Hitze, ließ sich dann an einem Felsen nieder und machte Brotzeit.
Tief aufatmend schweifte ihr Blick umher und plötzlich fiel ihr auf, dass die Vögel verstummt waren und auch sonst lähmende Stille herrschte.
Dunkle drohende Wolken türmten sich am Himmel und ein heftiger Wind brachte die Bäume und Gräser zum Zittern.
Anna faltete den Plan auseinander, um die nächste Schutzhütte zu suchen, doch der Sturm der jetzt aufbrauste, riss ihr das Blatt aus der Hand, spielte mit ihm und trieb es wild aufheulend vor sich her.
Das Mädchen raffte ihre Sachen zusammen und rannte los.
Bald bemerkte sie, dass sie sich vollkommen verirrt hatte.
Ein Poltern hinter ihr ließ sie umschauen und entsetzt sah sie, wie Geröll und Steine sich vom Berg lösten und direkt auf sie zukamen.
Mehr schlitternd als rennend lief sie den Weg nach unten, das Tosen hinter ihr nahm kein Ende.
Dann spürte sie einen harten Schlag auf dem Kopf und um sie war Schwärze.

Stimmen und Licht umgab sie und sie fühlte sich wie in Watte gepackt.
Dann hörte sie einen entsetzten Aufschrei:
Herzstillstand, wir verlieren sie!“
Eine andere Stimme brüllte: „Reanimieren!“
Anna aber fühlte sich sehr glücklich und sah sich plötzlich in einem Tunnel, an dessen Ende ein helles strahlendes Licht leuchtete.
Sie lief darauf zu und kam auf eine herrliche sonnenbeschienene Wiese voll leuchtender Blumen, von Bienen um schwirrt und Schmetterlingen um tanzt.
Kinder spielten und ihr fröhliches Lachen spiegelte sich auf den Gesichter der Erwachsenen die in Gruppen standen, oder im Gras bei einem Picknick saßen, wider.
Anna sah an sich herunter und stellte fest, dass sie anstatt der Krankenhauskleidung nun ihre Jeans und ein T-Shirt trug.
Langsam ging sie über die Wiese, grüßte freundlich die Menschen um sie herum, die fröhlich zurück grüßten, dann sah sie, wie sich zwei alte Leute aus einer Gruppe lösten und auf sie zu eilten.
Oma, Opa!“ jubelte sie und bald hielten die drei sich umfangen.
Ihre Großeltern führten sie auf eine Bank und nun musste Anna erzählen von den Eltern daheim und was ihr passiert ist.
Ein bisschen jung bist du, um schon hier bei uns zu sein,“ brummte der Großvater.
Anna sah sich glücklich um.
Es ist so wunderschön hier und ich fühle mich so wohl, wie schon lange nicht mehr.“
Eine Weile schwiegen alle drei, dann meinte ihre Oma.
Hast du dich schon angemeldet?“
Muss man sich denn anmelden?“
Der Opa kicherte: „Auch der Himmel bleibt nicht verschont von der Bürokratie.“
Die beiden Alten nahmen nun ihre Enkelin in die Mitte und führten sie zu einem großen weißen Gebäude.
An einer Tür stand Anmeldung und sie reihten sich in die lange Schlange ein.
Ein hübsches rothaariges Mädchen auf Rollschuhen brachten ihnen auf einem Tablett Getränke und etwas skeptisch besah sich Anna in ihrer Tasse die farblose Flüssigkeit.
Was ist das?“
Probiere!“ lachte die Oma.
Hm, das ist ja Kaffee so wie ich ihn liebe!“
Ja, hier im Himmel kann man essen und trinken was man sich wünscht,“ meinte ihre Oma fröhlich.
Nur mein geliebtes Bier nicht, denn im Himmel ist Alkohol verboten,“ brummte der Opa, zwinkerte aber seiner Enkelin fröhlich zu.
Endlich dürfen sie in das große Büro treten.
An einem Schreibtisch saß ein Mann mit einer riesigen Brille auf der Nase und schaute in ein großes aufgeschlagenes Buch.
Name?“ fragte er kurz angebunden.
Anna Möller!“
Der Engel runzelte die Stirn und suchte die Listen rechts und links ab, blätterte rückwärts und vorwärts, dann hob er den Kopf und sah Anna an.
Ich kann sie nicht finden, welcher Engel hat sie herauf begleitet?“
Ich bin allein gekommen.“
Einen finsteren Blick auf sie werfend wendete sich der Mann an den Jungen hinter ihm, der an einem Computer saß.
Gib den Namen ein.“
Die Finger des Jungen fuhren flink über die Tasten und Anna sah ihr Bild auf dem Bildschirm erscheinen.
Sterbetag 12. Oktober 2074,“ schnarrte das Bürschlein.
Sie sind sechzig Jahre zu früh gekommen, sie müssen sofort zurück.“
Streng sah der Büroengel das junge Mädchen an.
Der Opa aber hatte sich leise hinter den Jungen am Computer geschlichen.
Plötzlich wurde das Bild auf dem Apparat schwarz und der Jüngling drehte sich um und warf dem alten Mann einen finsteren Blick zu.
Annas Opa grinste, er hatte genug gesehen.
Der Aufnahmeengel aber drückte eine Taste und sprach in den kleinen Apparat: „Welcher Engel ist gerade frei, er muss ein Mädchen zurück begleiten.“
Doch Annas Großvater legte seine riesige Pranke auf die feingliedrigen Finger des Mannes und meinte:
Wir werden unsere Enkelin selbst zum Tunnel begleiten.“
Der Engel sah ihn kurz an, dann sprach er in das Sprechgerät. „ Hat sich erledigt!“
Die alten Leute führten Anna nach draußen und setzten sich auf eine Bank.
Ich möchte nicht gehen, hier ist es so schön und friedlich und zum ersten Mal seit langem fühle ich mich wieder froh und frei. Mein Leben ist zur Zeit ein einziges Chaos. Mein Freund ist nach vier Jahren ausgezogen, weil er mich nicht mehr lieb hat. Ich muss mir eine kleinere Wohnung suchen, weil ich die Miete nicht bezahlen kann und mein Job füllt mich auch nicht aus. Lasst mich doch hier bleiben!“
Liebevoll strich ihr die Oma über die Locken.
Du hast ja gehört, du bist sechzig Jahre zu früh gekommen. Bist du denn nicht neugierig was das Leben dir noch bietet. Nach Regen kommt Sonnenschein! Und denk doch an deine Eltern, wie traurig sie sind, wenn sie ihr einziges Kind so früh schon verlieren.“
Anna senkte beschämt den Kopf.
Der Opa aber meinte schmunzelnd:
Ich habe doch ein wenig in deiner Akte gelesen bis der verdammte Bas...!“ „Ferdinand!“
Ja, ja, ich weiß wir sind im Himmel, Fluchen und Schimpfwörter verboten.“
Anna sah wie ihr Opa leicht errötete und grinste.
Dieser aber zwinkerte ihr zu und fragte ganz harmlos:
Kennst du jemanden, der Jochen heißt?“
Nun errötete Anna und verlegen erzählte sie von dem jungen Tierarzt, den sie vor kurzem an ihrem Urlaubsort kennen gelernt hatte.
Ferdinand Möller aber lehnte sich behaglich zurück und erzählte den beiden Frauen was er in der Akte von Anna lesen konnte.
Anna würde den Jochen Berner heiraten, vier bezaubernde Kinder bekommen, eine Schar Enkelkinder und genauso eine lange und glückliche Ehe führen wir ihre Großeltern.
Ist das kein Grund zurück zu gehen?“ beendete der alte Mann schmunzelnd seinen Bericht.
Anna strahlte und sprang auf.
Sich an den Händen haltend liefen die drei nun los.
Mit dem Rücken zum Tunnel stand das Mädchen da und umklammerte die Hände ihrer Großeltern.
Sie konnte sich nicht trennen.
Ein Ruck ging durch ihren Körper, die Hände entglitten ihr und sie wurde in den Tunnel gezogen.
Ihre Großeltern wurden immer kleiner, bis sie ganz verschwanden.

Gott sei dank, wir haben sie wieder!“ hörte das Mädchen eine Stimme und öffnete die Augen.
Das weiße sterile Krankenzimmer war voller Menschen. Ärzte und Schwestern standen mit erleichterten Gesichtern um ihr Bett.
Im Hintergrund sah sie ihre Eltern, denen die Tränen über das Gesicht liefen und hinter ihnen war Jochen.
Sie bemerkte die Liebe, aber auch die Angst in seinen Augen und Anna lächelte, schloss die Augen und schlief dem Leben entgegen.


© Lore Platz  22.01.2019



Samstag, 22. November 2025

Windmühlen

 


Vor vielen Jahren jammerte ich einmal genervt: " Ich fühle mich wie Don Quichotte, ich kämpfe nur gegen Windmühlen. Auslöser dieses Schreis war eine stundenlange nutzlose Debatte mit einer Behörde. Was wären nur unsere Behörden und Ämter ohne ihre Vorschriften, hinter denen sie sich verstecken können.

Nun 30 Jahre später hatte ich wieder so ein nutzloses Gespräch mit meiner Krankenkasse. Im August letztes Jahr wurde ich abends in die Notaufnahme gebracht und dort versorgt und frühmorgens um drei wieder nach Hause gebracht. Nun bekam ich anfangs Januar eine Rechnung, dass ich die Rückfahrt selbst zahlen muss. Das übersteigt den gesunden Menschenverstand, wenn sie mich hinbringen, müssen sie mich auch zurückbringen, noch dazu da ich einen Geh Bindertenausweis von 70% habe.

Die Begündung: Ich müsste 80% haben und statt G - AG.

Überhaupt in der Pflege, da verbringen die Pflegekräfte mehr Zeit Formulare auszufüllen, als sich um die Patienten zu kümmern, Und welche unsinnige Formulare und Fragen das sind.

Ein Beispiel; Mein Pflegedienst stellt mir wöchentlich eine Hauswirtschafterin zur Verfügung.Diese muss jede Woche einen Bericht schreiben, was sie bei mir gemacht hat.

Der Witz an der Sache ist nur, dass sie jede Woche dasselbe macht.

Das ist wohl in allen Bereichen so, auch in gemeinnützigen Instituten. Vor ungefähr vierzig Jahren hatten wir hier in der Gegend Hochwasser. Ich hörte von einer jungen Familie mit zwei kleinen Kindern , die alles verloren hatten. Das Auto ,oja es war versichert, aber wir wissen doch alle, dass nur der derzeitige Wert ausbezahlt wird. Ich wandte mich an die Caritas und schilderte die Lage. Der freundlich klingende Mann, meinte die Frau sollte doch mit den Papieren über ihren Unterhalt vorbei kommen. Die junge Frau, die ja kein Auto hatte, trampte die mehr als 30km, um dann einfach wieder weg geschickt zu werden.

Begründung: Ihr Mann hatte eine Lebensversicherung von 50 Mark und dies wäre unnötiger Luxus.

Ich fiel fast aus den Socken, als ich das hörte. Zuerst schrieb ich einen wütenden Brief an den Leiter der Caritas, daraufhin rief er mich an an stammelte von irgendwelchen Vorschriften und... Ich hörte gar nicht hin und meinte nur: "Machen sie das mit ihrem Gewissen aus und legte auf."

Nun bin ich kein Mensch, der so schnell aufgibt, ich wandte mich an die Redaktion unserer Tageszeitung, die einen Fond für Hochwasseropfer eingerichtet hatte. Innerhalb von ein paar Tagen hatte die junge Famile 2000Mark auf ihrem Konto.

Deutschland über allem, steht bei dir die Bürokratie!

Wisst ihr was ich mir wünsche? Einen Kanzler der mit der unnötigen Bürkkratie aufräumt.

Das dies aber Utopie ist werden wir weiterhin einen Antrag stellen, um den Angtrag von gestern zu widerrufen.

Habt einen schönen Tag und denkt daran mit Humor ist alles leichter.

 © Lore Platz 20.1.21

 

 

 

30.9.2015



Oma erzähl mir von früher


Schwungvoll nahm Ilse die Kurve und bog in den Gartenweg ein, dabei ließ sie fröhlich die Fahrradklingel ertönen.

Vor der Garage stellte sie das Rad ab und nahm ihre Schultasche.

Ihre Eltern waren verreist und deshalb war die Oma da, um auf sie und ihren Bruder aufzupassen.

Ilse freute sich, denn viel zu selten sah sie ihre geliebte Oma, da diese sehr weit weg wohnte.

Lächelnd sah Frau Wegner auf, als das Mädchen in die Küche stürmte.

Hallo Oma, ich habe einen Bärenhunger!“

Das ist doch gut, sobald Lutz kommt können wir essen, ich muss nur noch die Paradeiser schneiden, du kannst schon den Tisch decken.“

Oma? Warum nennst du die Tomaten immer Paradeiser?“

Meine Mutter nannte sie immer so?“

Aber woher kommt dieses Wort?“

Die Oma zuckte die Schultern.

Das kann ich dir erklären,“ meinte Lutz, der unbemerkt die Küche betreten hatte.

Ach Mister Schlaumeier weiß es mal wieder, hätte ich mir denken können,“ spottete Ilse, die etwas neidisch auf ihren Bruder war, weil der schon ins Gymnasium ging, während sie erst in der Grundschule war.

Bei der Wiener Weltausstellung 1873 wurden die Tomaten zum ersten Mal in Europa gezeigt und die Österreicher nannten sie Paradeiser. Das Wort ist wohl abgeleitet von Paradiesapfel. Kam Uroma Mathilde nicht aus Österreich“

Und warum nennen wir sie Tomaten?“

Nach Deutschland kamen die Tomaten erst sehr spät, in den fünfziger Jahren und der Name leitet sich von von dem asketischen Wort 'xitomatl' ab, 200 Jahre vor Christus haben

die Maja die Pflanze schon kultiviert, denn man hat bei Ausgrabungen Samen gefunden. Aber nun hab ich Hunger,außerdem muss ich zum Fußballtraining.“

Ilse half der Oma nach dem Essen die Küche sauber zu machen und während diese dann ihr Mittagsschläfchen hielt, machte sie ihre Hausaufgaben.

Später setzten sie sich in den Garten auf die Bank und das Mädchen kuschelte sich an die alte Frau.

Oma, erzählst du mir von früher?“

Was möchtest du denn wissen?“

Wie du gelebt hast, als du so alt warst wie ich. Aber warte Oma, ich hol mir schnell was zu trinken, möchtest du auch etwas?“

Die alte Frau schüttelte den Kopf.

Lächelnd sah sie zu wie Ilse vorsichtig die Limonade in das Glas schüttete.

(c)Roswitha Borgfeldt

 

Als ich noch ein Kind war gab es keine Limonade. Meine Mutter machte im Sommer immer einen großen Krug Leitungswasser mit einigen Spritzern Essig und Zucker.“

Ilse verzog etwas das Gesicht.

Oh, das schmeckte lecker. Zitronen kannten wir damals noch nicht, es war ja kurz nach dem Krieg und meine erste Tomate bekam ich zu sehen, da war ich schon vierzehn. Und als ich zehn war, da lernte ich die Schokolade kennen.

Tante Leni, die im Saarland lebte, das nach dem Krieg noch unter französischer Verwaltung stand, hat uns diese Köstlichkeit geschickt und meine Mutter hat die Tafel unter uns drei Geschwistern aufgeteilt.

Ich hütete meinen in Staniolpapier gewickelten Schatz und jeden Tag brach ich ein Stückchen ab, suchte mir eine ruhige Ecke und ließ die Köstlichkeit ganz langsam auf der Zunge zergehen.

Das war himmlisch.

Weißt du eigentlich, dass ich als Kind ein großer Angsthase war?

Einen Kühlschrank gab es ja damals noch nicht. Deshalb wurde alles eingemacht und im Keller verstaut. Bohnen, Birnen und Äpfel, Marmelade, selbst das Sauerkraut machte meine Mutter selbst.

In dem Haus, in dem wir wohnten gab es einen sehr dunklen kalten Keller. Ich hatte immer eine Heidenangst wenn ich dort hinunter musste. Die schwache Glühbirne, erhellte nicht, sondern machte alles nur noch gruseliger. Ich meinte immer, dass die Schatten an der Wand sich bewegten.

Bereits auf der ersten Stufe begann ich laut zu singen, um die Gespenster zu vertreiben.“

Ilse kicherte und auch die Oma musste schmunzeln.

Versonnen blickte sie vor sich hin, bevor sie weiter berichtete.

Mein Schulweg war sehr lang und da ich eine Trödelliese war schickte mich meine Mutter immer früher weg und trotzdem musste ich das letzte Stück meistens laufen, damit ich nicht zu spät kam.

Es gab aber auch immer so viel unterwegs zu sehen. Besonders fasziniert hat mich der Eiswagen.“

Lecker, meine Lieblingseis ist Walnusseis.“

Nein, Speiseeis kannten wir noch nicht.

Mein Schulweg führte an einer Brauerei vorbei und jeden Mittwoch hielt dort ein Lastwagen. Ein kräftiger Mann, der eine Gummischürze trug, holte mit einem Haken ein großes rechteckiges Eisstück und warf es sich über die Schulter und ging damit die Stufen zur Brauerei hinauf.

Meist kam ich an diesem Tag zu spät, was mir wieder Ärger einbrachte.

Die ersten beiden Jahre hatte nämlich ich eine sehr strenge und cholerische Lehrerin. Und oft bekam ich wegen der kleinsten Kleinigkeit eine Ohrfeige oder was noch schlimmer war, mit dem Zeigestock eins auf die Handfläche.

An die Schulzeit habe ich keine glückliche Erinnerung, aber sonst hatten wir eine schöne Kindheit. Die Wiese, der Wald und auch die Straße waren unser Spielplatz und das fehlende Spielzeug ersetzte unsere Fantasie.

Wir waren bei jedem Wind und Wetter draußen.

Denn unsere Mutter musste sehr viel arbeiten, gab es doch weder Waschmaschine, Staubsauger oder elektrisches Bügeleisen.

Waschen musste man alles mit der Hand. Ein Waschbrett wurde in die Wanne mit Wasser gesteckt und dann die Wäsche darauf mit Kernseife geschrubbt. Weißt du wie so ein Waschbrett aussah?

Um ein gewelltes Blech war ein Holzrahmen gespannt und das waschen war sehr mühselig. Deshalb trugen wir wohl auch immer Schürzen über dem Kleid, weil die leichter zu waschen waren.

Meine arme Mutter hatte sehr oft Kreuzschmerzen, aber ich hörte sie nie klagen.

Das Bügeleisen war ein schweres Eisengerät, das auf dem Ofen gewärmt wurde und wenn es heiß war, wickelte man ein Tuch um den Griff und bügelte die Wäsche.

Und die Teppiche wurden über eine Stange geworfen und mit dem Teppichklopfer bearbeitet, das staubte vielleicht.

Manchmal wurde der Klopfer auch zweckentfremdet und tanzte auf dem Allerwertesten eines unartigen Kindes. Ich habe es nicht erlebt, doch ein Nachbarjunge. Aber der war ein frecher Rüpel und hat schlimme Streiche gespielt und uns Mädchen immer geärgert. Ich habe es ihm gegönnt.“

Frau Wegner schmunzelte und auch Ilse kicherte und dachte an den frechen Oskar in ihrer Klasse.

Wir hatten eine unbeschwerte Kindheit und einen riesengroßen Spielplatz, gab es doch noch kaum Autos, auch noch nicht so viele Häuser und noch keine Supermärkte. 


 

In unserem Dorfladen ging ich gerne einkaufen, durfte ich doch immer, bevor ich ging in das große Bonbonglas greifen, und auf dem Heimweg lutschte ich dann das nach Himbeere schmeckende Zuckerding.

Mein Vater nannte den Laden immer spöttisch, die „Ratschzentrale“ weil sich hier die Frauen trafen, um den neuesten Dorfklatsch auszutauschen.

Es war eine schöne Zeit. Wir hatten nicht viel, aber wir waren zufrieden. Das einzige was ich ersehnte war ein Buch, das mir ganz alleine gehörte. Denn ich hatte die Freude am Lesen entdeckt.

Ich war schon in der vierten Klasse, als ich zu Weihnachten ein Buch bekam. Es hatte einen goldenen Umschlag und darin standen Märchen aus der ganzen Welt.

Bisher kannte ich ja nur die Märchen der Gebrüder Grimm. Aber nun tat sich mir eine ganz neue Welt auf.

Dieses Buch habe ich übrigens noch heute. Wenn du mal wieder zu Besuch kommst, dann zeige ich es dir. 

Aber nun lass uns hinein gehen, es wird schon etwas frisch.

Was hältst du von einer schönen Tasse Kakao? Es muss auch noch etwas von dem Kuchen da sein, den ich gestern gebacken haben.“

In diesem Moment kam Lutz mit dem Fahrrad an.

Ilse kicherte. „Mein Bruder muss eine besondere Antenne haben, immer wenn es was zu essen gibt, dann taucht er auf.“

Lachend gingen die Beiden ins Haus.


© Lore Platz 30.9.2015


















 


Ich habe eine Macke




 Ich habe eine Macke und das sind Bücher.
Vor einiger Zeit habe ich sie mal gezählt und bei 1o87 aufgehört.
Dabei waren das nicht alle, denn bei dem letzten Umzug, von einem Haus in eine Wohnung, musste ich viele schöne Bücher verschenken, mit blutendem Herzen.
Eine entfernte, ja schon weit entfernte Bekannte, hat mich schon als Messi bezeichnet, weil ich so viele Bücher sammle.
Nur wenige Menschen können verstehen, dass ich Bücher nicht nur gerne lese und das oft mehrmals, sondern sie auch gerne in der Hand halte, anschaue und darin blättere.




Auch muss ich gestehen, dass es mich einfach glücklich macht, wenn ich meinen Blick über die voll gefüllten Regale  schweifen lasse.

 Lesen ist einfach etwas wunderschönes, man taucht ab in eine anderWelt und lässt für kurze Zeit den grauen Alltag zurück. Auch kann man viel lernen, selbst von Märchen oder einfach nur Romanen, denn jeder Schriftsteller gibt bei seinen Erzählungen auch ein Stück von sich und seinen Ansichten auf das Leben preis.
Ich komme aus einer Familie bei der das Lesen schon immer wichtig war.
Damals gab es ja noch keinen Fernseher und wenn wir im Bett waren und meine Mutter nähte oder flickte, hat mein Vater ihr vorgelesen.
Besonders heimelig war es in der Adventszeit, wir saßen um den Küchentisch und während meine Mutter Plätzchen backte und der köstliche Duft unseren Nasen schmeichelte, las Vati uns Märchen vor.
Das erst Buch, das mir das Christkind brachte war:
"Das goldene Märchenbuch" 
Es hatte einen golden Umschlag und enthielt Märchen aus der ganzen Welt.
Ich habe es behütet wie einen goldenen Schatz und habe es heute noch.
Als ich zehn Jahre alt war hatte mein Vater einen schweren Herzinfarkt  und war für mehrere Wochen ans Bett gefesselt, bitter für so einen aktiven Menschen.
Ich durfte ihm dann nachmittags nach den Hausaufgaben immer vorlesen.
Wie wichtig das Lesen für die Entwicklung des Kindes ist, hat eine Studie gezeigt, die englische Studenten vor Jahrzehnten durchgeführt haben.
Sie haben Kindern aus den ärmsten Vierteln, vom Babyalter an, vorgelesen.
Die Kinder, denen sie vorgelesen haben, entwickelten sich besser und waren klüger.
Natürlich habe ich auch meiner Tochter von frühester Kindheit an vorgelesen und wir haben auch viel gesungen.
Ein Bilderbuch mit Kinderliedern und herrrlichen Zeichnungen dazu, das liebte sie besonders.
Eines Tages kam ein Kollege meines Mannes zu Besuch und während wir uns unterhielten wurde es Claudia langweilig.
Sie nahm ihr geliebtes Bilderbuch und begann zu singen.
Unser Besucher schaute entgeistert auf das kleine Kind, das noch in den Windeln steckt und meinte fassungslos:
"Kann die schon lesen!"
Claudia hatte die richtige Seite im Buch aufgeschlagen und sang fehlerfrei den Liedertext.
Keine Angst ich habe kein Genie in die Welt gesetzt.
Meine Tochter konnte sehr früh laufen und sprechen, aber den Satz:
"Mama, ich muss aufs Töpfchen," den hat sie sehr spät gelernt. 

 

Bücher


Vor einem großem Schreine
Ziehe ich das grüne Tuch
Dort sieht man im Lampenscheine
In Reihe stehe Buch um Buch

Diese ganze Bücherreihe
Ist von meiner Hand mal aufgebaut
Und im Ernste dieser Weihe
Ist vieler Inhalt mir vertraut

Man versenkt sich in mein Leben
Wer diese Bücher liest
Man kann da oft entschweben
Wer manchen Schleier sieht

Ich habe von Kindheitstage
Blatt für Blatt im guten Sinn
Sorgsam und lesend umgeschlagen
Wer es liest, weiß wer ich bin

Nun mag man auch bedenken
Will man lesen Buch um Buch
Da darf man keine Zeit verschenken
Oder man legt wieder darüber das Tuch


 Die Nachtigall
 

 
(c) Lore Platz  29.5.14