Die beiden Alten in der Stube sehen sich traurig an. Trude stützt sich mit beiden Händen auf den Tisch und erhebt sich schwerfällig.
„Der Junge und der Esel müssen weg,“ meint sie energisch und nimmt den Suppentopf. Tobias nickt, sammelt das übrige Geschirr ein und folgt ihr in die Küche.
Die Wirtschafterin hat Patricks Rucksack geholt und stopft seine Kleider hinein.
„Hol noch zwei warme Decken!“ fordert sie Tobias auf, „ und beeil dich, der Bub soll möglichst weit weg sein, bevor der Bauer zurück kommt. Ich mache eine Thermoskanne mit Tee und richte eine Brotzeit her.“
Der Alte nickt stumm und schlurft hinaus. Aus dem großen Schrank im Flur nimmt er zwei dicke Decken, dann stapft er in sein Zimmer.
Er wirft die Decken auf das Bett, hebt die Matratze an und zieht eine Socke mit Münzen hervor. Die Ersparnisse eines ganzen Lebens.
Tobias breitet sein großes kariertes Schnupftuch aus und zählt einige Münzen ab und verknotet sie in dem Tuch, das er sich in die Tasche stopft.
Dann greift er nach den Decken und geht zurück in die Küche.
Trude hat inzwischen Brotzeit und Thermoskanne in einer Stofftasche verstaut. Dann lächelt sie etwas verlegen und streckt Tobias eine Handvoll Münzen hin.
„Habe meinen Sparstrumpf geplündert,“ meint sie verschämt. Tobias grinst, knotet sein Tuch auf und legt die Münzen dazu.
Die beiden Alten lächeln sich an. „Das dürfte für eine Zugkarte genügen,“ meint Trude zufrieden.
„Aber nun beeil dich, du weißt, wenn der alte Geizkragen verliert, kommt er früher heim.“
Patrick hat sich inzwischen wieder beruhigt.
Die Arme um Eulenspiegel geschlungen erzählt er ihm was der Bauer vor hat. Der Sperling auf dem Dachbalken versteckt entsetzt seinen Kopf unter dem Flügel.
Hansi, der alte Wallach stampft empört mit dem Huf auf und wiehert schrill. Die Kühe klirren mit den Ketten und muhen empört. Der Esel aber fängt vor Angst zu zittern an.
Der Junge betrachtet ihn nachdenklich.„Weißt du, manchmal glaube ich, du verstehst jedes Wort. Die Stalltür knarrt und Tobias kommt herein.
„Patrick, du musst mit Eulenspiegel verschwinden.“
Er reicht ihm Jacke und Stiefel und während der Junge sich anzieht, legt der alte Knecht dem Esel die Decken auf den Rücken, stopft einen Sack mit Heu und Karotten und legt diesen auf die Decken.
Dann führt er ein Seil unter dem Bauch des Tieres durch und verknotet es auf dem Rücken.
„Das dürfte halten,“ meint er zufrieden.
Patrick zieht gerade seine Fäustlinge an, als die Tür sich wieder öffnet.
Erschrocken zucken sie zusammen. Doch es war nur Trude.Mit Tränen in den Augen reicht sie Patrick den Beutel mit der Brotzeit, nimmt ihren großen Schal vom Kopf und schlingt ihn dem Jungen um Hals.
„Du brauchst ihn dringender als ich.“ Vor Rührung wissen die drei nicht was sie sagen sollen, dann brummt Tobias.
„Ihr müsst los, geht durch den Forstrieder Wald, etwa zwei Kilometer weiter ist eine alte Bärenhöhle, dort könnt ihr übernachten.
Morgen Nachmittag geht ein Viehtransport nach Norden. Der Zug fährt um 15.40 in Neumünster ab.
Vielleicht könnt ihr mitfahren, lasst euch aber nicht sehen. Und hier...“Er zieht umständlich sein Schnupftuch aus der Hosentasche.
„Die Trude und ich haben zusammengelegt für deine Reisekasse. Und nun verschwindet ehe der Bauer kommt.
Patrick umarmt die beiden lieben alten Leutchen.
Vor Rührung kann keiner sprechen.Dann nimmt er den Esel an seinem Halsband, das ihm Tobias zu Weihnachten gemacht hat. Es ist sogar der Name Eulenspiegel eingeritzt.
Mit Tränen in den Augen sehen ihnen Trude und Tobias nach, bis die Dunkelheit der Nacht sie verschluckt hat.
Müde stapfen die Beiden durch den Schnee.
Viele Stunden sind sie schon unterwegs und müssten die Bärenhöhle längst erreicht haben.Patrick kommt es vor, als würden sie ständig im Kreis laufen.
„Ich kann nicht mehr!“ stöhnt er und lässt sich neben einem Baum in den Schnee fallen. Eulenspiegel bleibt mit hängendem Kopf neben ihm stehen.
Der Junge lehnt sich an den Stamm des Baumes und schließt die Augen.
Ein Eichkätzchen lugt durch die kahlen Zweige und springt auf den nächsten Ast, dabei rieselt Schnee auf Patrick.
Erschrocken springt dieser auf.
Jetzt wäre er beinahe eingeschlafen und das hätte leicht tödlich sein können.Er läuft auf und ab, stampft dabei kräftig mit den Füßen auf und klopft sich gleichzeitig auf die Arme, damit ihm warm wird.
Eulenspiegel aber sieht nach oben und grinst dankbar das Eichkätzchen an.
„Danke, das hast du gut gemacht, ich heiße übrigens Eulenspiegel.“
„Ich bin Kiki, aber warum geht ihr denn nicht in die Bärenhöhle, dort ist es warm und ihr könnt übernachten.“
„Die suchen wir ja, aber wir haben uns wahrscheinlich verlaufen.“
„ Oh, die ist hier ganz in der Nähe, ich kann sie dir zeigen, du musst nur deinen Freund dazu bringen, dass er uns folgt.“
„Nichts leichter, als das!“ lacht der Esel.
Und als Patrick sich umdreht, sieht er ein rotes Eichhörnchen wie der Blitz über den Schnee laufen und Eulenspiegel galoppiert hinter ihm her, als würde er es jagen.
„Warte!“ ruft der Junge, schnappt seinen Rucksack und macht sich an die Verfolgung. Atemlos stehen sie wenig später vor der Höhle.
Im Innern empfängt sie wohltuende Wärme.Das Eichkätzchen keckert fröhlich, wendet sich um, wedelt kokett mit seinem buschigen Schwanz und saust wieder ins Freie.
Patrick aber holt Decken und Sack und bereitet ein kuscheliges Bett. Eng aneinander geschmiegt schlafen sie tief und traumlos.
Etwas kitzelt Eulenspiegel an der Nase.„Hatschi!
Verschlafen öffnet er die Augen und sieht Kiki vor sich stehen.
„Du schon wieder, sag einmal halten Eichkätzchen keinen Winterschlaf?“
„Natürlich! Aber zwischendurch werden wir immer wach, um unsere versteckten Nüsse zu fressen. Leider habe ich vergessen, wo ich sie vergraben habe.“
Sie wirft einen begehrlichen Blick zu der Stofftasche, aus der ein Teil eines Apfels zu sehen ist.
„Glaubst du dein Freund gibt mir etwas ab? Schließlich habe ich ihm das Leben gerettet.“ „Das weiß er doch nicht, aber er wird dir sicher etwas geben, also bleib nur hier.“
Der Esel rappelt sich hoch und trottet zu Patrick und stupst ihn mit der Nase an. Der Junge öffnet die Augen und grinst, dann springt er auf und läuft hinaus, um sich mit Schnee das Gesicht einzureiben, damit er munter wird.
Als er zurück kommt, hat sich Eulenspiegel schon etwas Heu aus dem Sack gerupft und der buschige Schwanz des Eichhörnchens lugt aus dem Beutel und Nüsse kullern über den Boden.
Patrick lacht und nimmt einen großen Schluck von dem lauwarmen Tee, dann klopft er auf den Beutel.
Schwupps saust das rotbraune Tierchen heraus und bleibt in sicherer Entfernung stehen, eine Haselnuss zwischen den Pfoten.
Der Junge greift in den Beutel und nimmt die restlichen Nüsse heraus und lässt sie in Richtung des putzigen Tierchens rollen.
Blitzschnell nimmt dieses eine Nuss und verlässt die Höhle, um gleich wieder zu kommen und die nächste zu holen.
„Hoffentlich findet sie die Nüsse wieder,“ brummt Eulenspiegel.
Patrick, der nur „iaah,iaah “ versteht holt sein Taschenmesser und teilt einen Apfel und reicht eine Hälfte seinem Freund, der ihn genüsslich zwischen seinen großen Zähnen zermalmt.
Dann packt der Junge die umliegenden Sachen zusammen, legt sie dem Esel auf den Rücken, schultert den Rucksack und sie verlassen die warme Höhle.
Ein eisiger Wind weht ihnen entgegen.
Kiki, die gerade wieder eine Nuss holen möchte, bleibt kurz bei Eulenspiegel stehen.
„Eine gute Reise ,“ wünscht sie.
Morgen geht es weiter
Ich denke, es wird alles gut! Ist ja eine Lore-Geschichte!
AntwortenLöschenIch wünsche mir auch oft, dass ich die Vögel verstehen könnte und sie mich.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Oh, hoffentlich ist bei Dir, liebe Lore, keinen Zwischenfall, da heute keine Fortsetzung???🤔😘😘😘
AntwortenLöschen