Vor einigen Tagen sagte ein Frau, die vor Schmerzen kaum laufen konnte, zu mir: "ich muss in die Arbeit, sonst habe ich kein Geld für Weihnachtsgeschenke."
(Sie ist nicht festangestellt, hat einen Putzjob)
Muss das wirklich sein, ist das der Sinn von Weihnachten?
Aber lasst uns lieber zusammen das nächste Türchen öffnen.
19. Türchen
Der
alte Geizhals
Bianca
stürmte in die Küche.
„Heute
haben wir über den Geist der Weihnacht gesprochen und Frau Schreiber
hat uns vorgeschlagen: Wir sollten in unserer Nähe einen armen
Menschen suchen und ihm eine Weihnachtsfreude bereiten.“
„Wasch
deine Hände Bianca wir essen gleich.“
Das
Mädchen hielt schnell die Hände unters Wasser, trocknete sie an
einem Tuch und setze sich an den Tisch.
Ralf
ihr Bruder, der sich gerade Kartoffelbrei auf seinen Teller häufte,
fragte grinsend.
„Und
an wen hast du gedacht?“
„An
den alten Herrn Mitwald .“
Ralf
lachte vergnügt.
„Den
Grinch, haha, der ist doch nicht arm, die einzige Weihnachtsfreude
des alten Geizhalses ist wenn er in seinem Geldsack wühlen kann.“
Die
Mutter warf ihm einen strengen Blick zu und auch die Oma schüttelte
den Kopf.
„Ralf
du kennst ihn doch gar nicht und auf das was die Menschen sagen, darf
man nichts geben,“ rügte sie ihren Enkel.
Der
Junge zuckte mit den Schultern.
„Keiner
kennt ihn und man sieht ihn auch nie, nur seinen grausligen Diener.
Bertls Opa hat gesagt, dass er sehr reich ist und dabei kauft sein
Diener immer nur die Sonderangebot, also ist er ein alter
Geizkragen,
wie der alte Scrooge!“
„Ich
kenne ihn,“ sagte die Oma leise.
Ihre
Schwiegertochter und auch ihre Enkel sahen sie erstaunt an.
„Ich
bin mit Julian in die Schule gegangen. Er hatte keine schöne
Kindheit. Sein Vater war sehr streng und seine Mutter eine
verarbeitete schüchterne Frau. Julian durfte nicht mit uns spielen,
denn er musste im elterlichen Laden helfen.
Nach
dem Tod der Eltern übernahm er den Laden, spekulierte nebenbei noch
an der Börse und wurde sehr reich. Er kaufte die Villa und heiratete
ein Mädchen aus der Stadt. Für kurze Zeit schien er glücklich zu
sein, doch dann starb seine Frau im Kindbett und nahm den kleinen
Sohn mit. Und dann ist Julian eines Tages verschwunden und niemand
wusste wohin. Bis er vor zwei Jahren zurückkam und seither in der
alten Villa haust.“
Eine
Weile war es still am Tisch, dann hob Bianca den Kopf und ihre Augen
strahlten.
„Nun
weiß ich ganz genau, dass Herr Mitwald ein armer Mann ist, er ist
arm an Liebe und Weihnachten ist doch das Fest der Liebe. Nicht
wahr!“
Die
Oma nickte gerührt und die Mutter strich ihrer Tochter über das
Haar. Selbst Ralf hielt seinen vorlauten Mund.
Bianca
aber ist jetzt noch überzeugter, den richtigen armen Menschen
gefunden zu haben, dem sie Weihnachtsfreude bringen will.
Als
der Vater nach Hause kam, erzählte sie ihm von ihrem Vorhaben und
bekam zwanzig Euro.
Glücklich
schlüpfte sie in Omas Zimmer und gemeinsam berieten sie, was man
einem alten Mann, der scheinbar alles hat, schenken könnte.
Oma
hatte eine Idee. Sie meinte, alte Leute frieren leicht und sie
könnten Wolle kaufen und Socken und einen Schal stricken. Da ihre
Enkelin nicht stricken kann, würde Oma das übernehmen.
Bianca
aber lief nun zu ihrer Mutter und bat sie mit ihr gemeinsam Plätzchen
für den alten Mann zu backen, die sie dann besonders schön
verzieren wollte.
Der
nächste Tag war zum Glück ein Samstag und Oma und Bianca fuhren zum
Einkaufen in die Stadt.
Staunend
mit leuchtenden Augen sah sich das Mädchen um. Überall war
weihnachtlich geschmückt und in der Stadtmitte stand ein großer
Christbaum.
Oma
die sich in der Stadt auskannte führte sie in ein großes
Wollgeschäft und bald fanden sie die passende kuschelig weiche
Wolle.
Es
blieben sogar noch fünf Euro über und das Mädchen überlegte was
sie dafür dem alten Mann noch kaufen könnte. Da sah sie in einem
Schaufenster eine große Schneekugel, in dessen Gehäuse die heilige
Familie aufgestellt war und über ihnen ein goldener Stern leuchtete.
Schnell
zog sie die Oma in den Laden.
Bianca
erklärte dem Verkäufer, dass sie die große Schneekugel aus dem
Schaufenster wollte, doch als sie den Preise erfuhr, senkte sie
traurig den Kopf.
Doch
die Oma lächelte und erklärte, sie würde die Schneekugel kaufen.
Glücklich
schmiegte sich die Kleine an ihre Oma.
Ein
Tag vor Weihnachten war es soweit. Die Oma und Bianca machten sich
vollgepackt mit ihren Geschenken auf den Weg zur Villa.
Dumpf
schallte die Glocke und Bianca drückte sich an die Oma, denn
plötzlich hatte sich doch etwas Herzklopfen.
Die
Tür öffnete sich und ein langer dürrer Mann ganz in schwarz
gekleidet schaute sie hochnäsig an.
„Wir
kaufen nichts?“
„Und
wir wollen nichts verkaufen. Melden sie uns Herrn Mitwald und sagen
sie ihm eine alte Schulfreundin und ihre Enkelin wollen sie
besuchen.“
„Herr
Mitwald empfängt keine Besuche.“
Bianca
drückte sich ungeduldig an dem Diener vorbei und lief in die Halle.
Dieser
schaute entsetzt, dann hastete er hinter der ungebetenen Besucherin
her.
Schmunzelnd
folgte die Oma.
Bianca
trat in das Zimmer, aus der keuchender Husten zu hören war.
Ein
Mann saß auf dem Sofa, in eine Wolldecke gehüllt, sodass nur ein
weißer Haarschopf zu sehen war und wurde von einem heftigen Husten
geschüttelt.
Schnell
lief Bianca zu dem kleinen Tischchen auf dem eine Wasserkaraffe stand
und brachte dem alten Mann ein Glas.
„Trinken
sie dann wird es besser.“
Der
Husten wurde leichter.
„Wer
bist du?“
Bianca
knickste.
„Ich
bin Bianca Werdenfels und möchte ihnen Weihnachtsfreude bringen.“
Der
Alte sah sie unter seinen buschigen weißen Brauen finster an.
„Was
ist denn das für ein Unsinn.“
„Das
ist kein Unsinn! Morgen ist Weihnachten, das Fest der Liebe und da
sie so allein sind, dachte ich ich bringe ihnen etwas
Weihnachtsfreude.“
„So,so,“
brummte der Mann, als wüsste er nicht was er mit diesem kleinen
Weihnachtengel anfangen sollte.
Bianca
hatte inzwischen die Päckchen aus ihrer Tasche genommen und sie
neben ihn auf das Sofa gelegt.
„Willst
du sie nicht aufmachen, Julian?“
Die
Oma stand neben dem Diener und lächelte ihren Schulkameraden
vergnügt an.
Dieser
sah sie fragend an, dann lachte er heiser.
„Agatha?“
„Ja,
die du immer an den Zöpfen gezogen hast.“
Julian
lachte, dann betrachtet er Bianca.
„Das
ist also deine Enkelin, die scheint genauso energisch zu sein wie du
als Kind. Nun mein Kind willst du mir helfen beim auspacken.“
Der
alte Mann hatte Tränen in den Augen als er die liebevollen
Handarbeiten und die Schneekugel sah.
Bianca
öffnete dann die große Dose mit Plätzchen und ein herrliche Duft
durchzog den Raum.
„Die
Plätzchen habe ich extra schön für dich verziert, aber dein Herr
Diener darf natürlich auch davon essen.“
„Hast
du gehört Karl, der Herr Diener darf auch etwas von den Plätzchen
haben.“
Karl
schmunzelte und sah gar nicht mehr so hochmütig aus.
Später
kochte er Tee und Julian erzählte während sie gemütlich zusammen
saßen, dass er vor zwei Jahren sein Vermögen verloren hatte und ihm
nur noch diese Villa und eine kleine Rente blieb.
Da
er sich schämte, hatte er sich von allen abgeschottet.
„Damit
ist aber jetzt Schluss und am Weihnachtsmorgen fangen wir gleich
damit an. Mein Sohn wird dich und deinen Herrn Diener abholen.
Es
gibt Gänsebraten.“
Beim
Abschied zog der alte Herr die kleine Bianca zu sich und strich ihr
über die Locken.
„Heute
ging ein Engel durch Raum, danke kleiner Weihnachtsengel.“
©
Lore Platz 19.12.2018