Mittwoch, 17. März 2021

Plauderecke


 
Wer schreibt, der bleibt


Das sagte eine liebe Freundin zu mir.
Und wie recht sie hat, das zeigt folgende Geschichte.
Meine Schwiegermutter war Jahrgang 1905 und malte wunderschöne Bilder, die sie bis nach Amerika verkaufte.
Vor ungefähr 40 Jahren, drückte sie mir ein Büchlein mit handgeschriebenen Gedichten in die Hand, die von ihrer längst verstorbenen Jugendfreundin waren.
Damals war ich jung verheiratet und hatte andere Dinge im Kopf , als Gedichte zu lesen. Ich hielt den kleinen Ordner aber in Ehren. Leider habe ich mich nie bei meiner Schwiegermutter nach der Verfasserin erkundigt und bereue das sehr.
Denn als mir kürzlich der Ordner in die Hände fiel und ich zu lesen begann, erkannte ich erst welch wunderschöne Gedichte diese Frau verfasst hatte.
Sie muss ein ganz besonderer Mensch gewesen sein.
Auch meine Schwiegermutter ist nun bereits seit  34 Jahren verstorben und ich kann nichts mehr über ihre Jugendfreundin erfahren.
Diese hat ihre handschriftliche Werke mit E. Ammerich unterschrieben und wäre heute wie auch meine Schwiegermutter wohl über 100 Jahre alt.
Aber es wäre sehr schade, würden diese Gedichte einfach in der Versenkung verschwinden.
Deshalb möchte ich ab und zu eines ihre Werke in meinen Blog stellen.
Vielleicht sieht sie ja vom Himmel herunter und freut sich.
 
Da der Vater meines Mann durch die zwei Kriege, die er als Soldat mitmachen musste  sein Leben nicht mehr auf die Reihe bekam, war die Mutter für den Unterhalt der Kinder zuständig. Ihre Tante passte auf die Kinder auf. Kurtl war der Jüngste und der Augapfel der Tante. Dementsprechend hing er auch sehr an ihr. Als die Tante starb, verließ er mit dem nächsten Schiff die Heimat und kehrte nicht mehr zurück, bis ihn seine Mutter über die Reederei zwei Jahre später ausfindig machte.
Ich male mir gerne aus, dass Frau Ammerich, da die beiden ja Freundinnen waren, dieses Gedicht in der Zeit, für meine Schweigermuter geschrieben hat.
 
 



Schiff   Ahoi  !


In die Ferne zieht`s den Knaben
In die Weite auf das Meer
Mutter! Seemann möcht ich werden
Junge mach mir das Herz nicht schwer
Nimmer könnte ruhig ich schlafen
Wüsst ich dich im Sturmgebraus
Soviel Schönes magst du lernen
Geh nicht auf das Meer hinaus
All ihr Reden ist vergebens
Gräm dich nicht lieb Mütterlein
Sei getrost, denn eines Tages
Werd ich wieder bei dir sein
Bei der Mutter Abschiedstränen
Wie wird ihm so bang zu Mut
Und so weh ist ihm zu Herzen
Und so jung sein Blut
Doch der Anker ist gelichtet
Und das Schiff auf hoher See
Lustig singen die Matrosen
Liebchen lebe wohl – Ade -
In der Runde froher Zecher
Bald das Heimweh er vergisst
Leerte manchen vollen Becher
Hat manch roten Mund geküsst
In der Heimat jeden Abend
betet fromm ein Mütterlein
Lieber Gott, tu ihn behüten
Wo mag jetzt mein Junge sein
Viele bunte Kartengrüße
Aus der Welt so bunt und schön
Doch sie seufzt, wenn statt der Karten
Nur der Junge einmal selber käm
Doch es zieht ihn immer wieder
In die See auf große Fahrt
Ahnt nicht wie die Mutter
Voller Sehnsucht auf ihn harrt



E. Ammerich




2 Kommentare:

  1. Ein echt superschönes und auch wohl passendes Gedicht Lore!

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  2. liebe Lore, dabei denk ich an meinen Bruder und meine Eltern fühlten ähnlich. Ich grüße Dich - schöne Zeilen, Roswitha

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