Donnerstag, 9. Mai 2019

Geschichten aus dem Zauberwald

 
(c) Irmgard Brüggemann


Inzwischen haben sich die Waldvögel in Lilofees Garten versammelt.
Alle sind sie gekommen, außer den Eulen und  Uhus, die ja Nachttiere sind und in ihren Baumhöhlen schlafen.
Die Feenprinzessin erklärt nun, um was es geht und bittet um Vorschläge.
Die Luft schwirrt nun von Piepsen, Zwitschern, Zetern, Rufen und Lilofee muss einschreiten.
Viele Vorschläge werden nun gemacht und wieder verworfen.
 
(c) Irmgard Brüggemann

Eine kleine Blaumeise meldet sich zu Wort.
"Wie ihr wisst, verlasse ich oft den Zauberwald und meine Ausflüge bringen mich  zu den großen Menschennestern.
Sie haben riesige Nester mit Gucklöchern aus Glas und oben einen großen Steinkasten, aus dem Rauch quillt.
Auch haben sie ringsum großen Rinnen, in denen sich das Regenwasser sammelt. Ach wie oft habe ich mit meinen Freunden den Spatzen darin gebadet."
"Ja,ja, Meise, du kommst vom Thema ab," unterbricht Lilofee lächelnd.
"Entschuldige," murmelt die Blaumeise.
"Jetzt bin ich doch tatsächlich schon so geschwätzig, wie die Elstern, muss die Aufregung sein."
Ein empörter Protest der Elstern ertönt.
Lilofee hebt beschwichtigend die Hand und die Blaumeise berichtet nun weiter.
"Um es kurz zu machen, ich habe einmal beobachtet, wie ein Mann in eines der Nester einbrechen wollte und da ging eine ohrenbetäubende Klingel los und der Dieb wurde gefangen."
"Natürlich eine Alarmanlage!" rief Purzel
Nach kurzem Beraten kamen sie überein, in jedem Nest eine Glockenblume anzubringen und zufrieden flogen sie nach Hause.
(c) Irmgard Brüggemann


Frau Braun hat auf der Terrasse liebevoll den Tisch gedeckt.
Es ist ein herrlicher Morgen, die Sonne lässt die Gegend in einem grün goldenen Licht erstrahlen.
Bunte Schmetterlinge gaukeln im Garten. 

Bienen summen und Vögel zwitschern ihr Morgenlied.
Der Förster und sein Sohn treten auf die Terrasse.
"Hm," der alte Mann schnuppert genüsslich,  "der Kaffee duftet herrlich und wie schön du den Tisch gedeckt hast, Trudchen."
Er kneift sie liebevoll in die pummelige Wange und drückt ihr einen herzhaften Kuss auf die Lippen.

Auch Michael nimmt seine Mutter liebevoll in die Arme.
Stolz betrachtet sie ihren Sohn.
Er hatte sein Examen als Tierarzt mit Auszeichnung bestanden und auch schon eine Anstellung in der Tierklinik bekommen, fehlte nur noch die Frau Doktor.
Ein liebes gutes Mädchen sollte es sein.
Sorgenvoll runzelt sie die Stirn.
"Mutter, was ist denn?"
Michael sieht sie fröhlich an.
"Sorgenfalten?"

"Ach was," lachend gibt sie ihm einen Klaps.
Vergnügt frühstückten sie.
Sie waren eine glückliche, kleine Familie.
Die Mutter räumt den Tisch ab und wehrt die Hilfe der Männer ab.
Der Förster zündet seine Pfeife an und streichelt gedankenverloren Flack, der den Kopf fest an sein Knie drückt.

Michael aber sieht versonnen in die Ferne, dorthin, wo der Zauberwald beginnt.
Die Mutter betritt die Terrasse und tauscht mit ihrem Mann einen besorgten Blick.
Dieser räuspert sich.
"Junge, wir leben seit vielen Jahren in  Frieden mit dem wunderlichen Völkchen im Zauberwald, weil wir bisher niemals die Grenze überschritten haben.
Wir respektieren sie und sie lassen uns in Ruhe."
Michael seufzt.
"Vielleicht ist sie ja kein Zauberwesen, sie könnte doch hier in der Nähe wohnen."
"Junge, wir kennen doch alle Leute hier!"
Der junge Mann springt auf.
 
"Ich gehe ein wenig spazieren, komm Flack!"
Die Eltern sehen ihm besorgt nach.

Michael durchstreift die heimatlichen Wälder und auf einmal steht er vor dem Zauberwald.
Nach kurzem Zögern überschreitet er die Grenze.
Flack jault kläglich.

Michael sieht ihn an. "Warte auf mich!"
Flack legt sich hin und beobachtet mit klugen Augen, wie sein Herr im Zauberwald verschwindet.

 
(c) Roswitha B.

Michael schreitet zügig durch den Wald.
Er ist sich der vielen Augen nicht bewusst, die ihn beobachten.
Wurzelmännchen, Gnome, Zwerge , Bäume und Sträucher.
Noch nie hatte ein Mensch ihr Reich betreten, doch sie vertrauen Lilofee.
Michael steht auf einmal vor Lilofees Häuschen.
Beherzt tritt er in den Garten und klopft an die grün bemalte Tür.
Ein Gesicht erscheint am Fenster und Michael hört einen überraschten Aufschrei, dann wird die Tür geöffnet und er sieht ein wunderschönes Mädchen vor sich, das ihn lächelnd herein bittet.
"Hallo, ich bin Lilofee, meine Schwester Verena kennen sie ja."
Verena sitzt auf dem Sofa und sieht ihm, teils trotzig, teils sehnsüchtig entgegen.
"Hallo, kleine Hexe." Auch Michael ist verlegen.
Verena springt auf, stemmt die Hände in die Hüften und funkelt ihn empört an.
"Ich bin keine Hexe, sondern eine Fee!"
Vergnügt grinst der junge Mann.
"Entschuldige, so genau kenne ich mich hier nicht aus. Ich weiß nur, dass ihr mich verhext habt und ich nur noch an euch denken kann."
Verena wird rot.
"Nun setzt euch doch und trinkt eine Tasse Tee mit uns," hilft Lilofee den beiden aus der Verlegenheit.
Es wird viel gelacht an diesem Vormittag in dem kleinen Häuschen und mit großem Bedauern verabschiedet sich Michael, aber er muss nach Hause.
Verena sieht ihm lange nach, dann wendet sie sich mit strahlenden Augen zu ihrer Schwester.
Lilofee nickt, aber sie ist auch besorgt.
"Was wird Vater sagen?"
"Ist mir egal!" Verena schürzt trotzig die Lippen.
(c) Roswitha B.






Michael besucht nun jeden Tag Verena im Zauberwald.
Längst haben sich die Tiere und Zauberwesen an ihn gewöhnt und kein neugieriges Auge verfolgt ihn mehr.