Donnerstag, 21. Juli 2022

Pension Eulenspiegel 3

 


Danke und du gib acht, dass du nicht wieder vergisst, wohin du die Nüsse versteckt hast,“ brummt der Esel.

Kiki kichert: „Diesmal nehme ich sie mit in meinen Kobel, dann habe ich sie gleich wenn ich aufwache.

 

 


Eulenspiegel lacht und gibt ihr einen freundschaftlichen Nasenstüber.

Patrick dreht sich um.

Komm, Eulenspiegel!“

Der Esel galoppiert hinter ihm her.


Einige Zeit sind sie schon im Wald unterwegs.

Patricks Nase ist rot vor Kälte und Eulenspiegel überläuft von Zeit zu Zeit ein Zittern.

Sie erreichen eine Lichtung von der aus sie den Kirchturm von Neumünster sehen können.

Dorthin müssen sie, wenn sie den Zug erreichen wollen.

Das heißt, von jetzt an müssen sie vorsichtiger sein.

 


Am Waldrand steht ein Haus, aus dessen Schornstein Rauch kommt und im Garten steht ein großer Schneemann.

Unwillkürlich lenkt Patrick seine Schritte darauf zu und erschrickt, als die Tür sich öffnet und ein Mädchen heraus tritt.

Schnell will er sich in den Wald zurück ziehen, doch das Mädchen läuft auf ihn zu.

Warte, bist du Patrick?“

Der Junge nickt überrascht.

Das Mädchen sieht sich hastig um, dann nimmt sie ihn am Ärmel und flüstert:

Komm schnell, bevor dich jemand sieht.“

Sie zieht ihn zum Haus und Eulenspiegel trottet hinterher.

An dem großen Schneemann vorbei läuft das Mädchen mit ihnen zu einem Schuppen.

Wohlige Wärme umfängt sie.

 


Der Schuppen ist voller Äpfel, Karotten, Heu, Hafer und Kastanien.

Mein Opa ist Förster und das alles haben die Bauern

gespendet für die Wildfütterung. Bei diesem harten Winter heuer ist es besonders wichtig.“

Sie beginnt dem Esel die Last vom Rücken zu nehmen und reicht dem immer noch verdutzen Jungen ein Tuch.

Hier, reib`ihn trocken, damit er sich nicht erkältet.“

Sie läuft zur Tür und lugt hinaus.

Hoffentlich hat dich niemand gesehen. Ich finde es prima was du getan hast, aber der Bertlbauer hat dich bei der Polizei angezeigt.

Polizist Salvermoser fährt durch die Gegend und sucht dich.“

Patrick wird blass.

Dann wäre ich ihm bestimmt in die Arme gelaufen.

Ich war auf dem Weg nach Neumünster, dort fährt heute Nachmittag ein Viehtransport ab und ich wollte mich in den Zug schmuggeln.“

Die passen jetzt besonders auf, bleib doch erst mal hier.“

Aber was werden deine Eltern sagen?“

Mein Vater ist schon lange tot und meine Mutter arbeitet als Krankenschwester. Sie hat Frühschicht und kommt erst mittags wieder heim.

Bestimmt hat sie nichts dagegen und kann dir vielleicht sogar helfen. Ach ja, ja ich heiße übrigens Ellen. Komm mit ins Haus, ich mache dir einen heißen Tee.“

Eulenspiegel ist gut versorgt und scheint sich hier wohl zu fühlen, so folgt Patrick dem Mädchen ins Haus.

Diese plappert unentwegt und Patrick verdreht genervt die Augen, als er hinter ihr das Haus betritt.

Nachdem er seine Jacke ausgezogen hat, setzt er sich in der Küche auf die Eckbank.

Ellen stellt Teewasser auf, holt Tassen aus dem Schrank und dabei steht ihr Mündchen keinen Moment still.

Sag mal, kannst du nur eine Minute mal die Klappe halten?“

Ellen ist im ersten Moment beleidigt, doch dann lacht sie.

Ich weiß, ich bin schrecklich.

Mein Schwätzen hat mir schon manche Strafarbeit in der Schule eingebracht.

In welche Klasse gehst du?“

Patrick, der gerade noch gegrinst hat wird ernst.

Im Herbst wäre ich in die achte Klasse gekommen, aber ich bin von der sechsten abgegangen, als ich zum Bertlbauern kam. Und der hat mir nicht erlaubt in die Schule zu gehen, denn er brauchte mich zum Arbeiten.

Ist das nicht strafbar? Es besteht doch Schulpflicht bis zur neunten Klasse.“

Patrick zuckt die Schulter.

Es kümmert keinen.“

Und dein Vater?“

Ich habe ihm nichts gesagt.

Weißt du meine Mutter ist schon lange tot, dann hat er auch noch seinen Job verloren, weil die Firma pleite machte. Deshalb hat er sich für zwei Jahre auf einer Bohrinsel in der Nordsee verpflichtet. Es ist ihm nicht leicht gefallen, mich beim Bertl zurück zu lassen. Sollte ich ihm noch mehr Kummer machen?“

Ellen sieht ihn einen Moment an, dann nickt sie.

Ich hätte es meiner Mutter auch nicht gesagt.“

Sie lächeln sich an.

Das Mädchen blickt auf die Uhr.

Meine Mutter kommt bald. In den Ferien kümmere ich mich um das Mittagessen. Du kannst mir helfen.“

Während Ellen sich um das Fleisch kümmert, schneidet Patrick die Tomaten, den Paprika und die Gurken für den Salat.

Die Haustür öffnet sich und eine fröhliche Stimme ruft:

Hm, das riecht aber lecker!“

Eine hübsche junge Frau betritt die Küche und stutzt

ein wenig, als sie den Jungen sieht.

Wir haben Besuch?“

Das ist Patrick,“ murmelt Ellen und meidet den Blick der Mutter.

Diese runzelt die Stirn.

Der Junge, der von der Polizei wegen Diebstahl gesucht wird?“

Aber er ist kein Dieb, er wollte doch nur seinen Freund vor dem Abdecker retten. Stell dir vor, die wollten aus dem Esel Wurst machen. Du rufst doch nicht die Polizei? Bitte Mama!“

Nun beruhige dich Ellen, wir wollen erst einmal essen.“

Gemeinsam räumen sie nach dem Essen die Küche auf, dann möchte Frau Wildmooser sich etwas hinlegen, da sie sehr früh im Krankenhaus mit der Schicht begonnen hat.

Wie wäre es, wenn ihr im Wald mit der Wildfütterung beginnen würdet? Der Opa freut sich bestimmt,“ meint sie, „ und später überlegen wir uns, wie wir Patrick und seinem Esel helfen können.“

Die Kinder laufen hinaus.

Unterwegs zum Schuppen bewerfen sie sich kichernd mit Schneebällen und stürmen lachend und voller Schnee in den Schuppen.

Hier werden sie von Eulenspiegel mit einem erfreutem „Iaaaah, Iaaah“ begrüßt.

Sie knuddeln beide liebevoll den grauen Gesellen, dann beladen sie den großen Schlitten.

Vergnügt ziehen sie das voll beladene Gefährt hinauf in den Wald.

Bei der Futterkrippe angekommen, heben sie gemeinsam den großen Korb mit Saftfutter, das aus Rüben, Obst, Kartoffeln und Gemüse besteht, vom Schlitten und stellen ihn neben die Krippe.

Ebenso einen Eimer mit Eicheln, Kastanien und Bucheckern.

Ellen drückt Peter den großen Reisigbesen in die Hand, der neben der Krippe steht und deutet auf den Weg in den Wald hinein.

Kannst du bitte den Schnee fegen und dann auch hier vor der Krippe.

Wir müssen den Weg zu Futterkrippe immer freihalten, dann wenn der Schnee friert können sich Rehe und Hirsche leicht ihre Hufe verletzten und das kann zu Wundfieber führen. Die todkranken Tiere werden dann leicht eine Beute für den Fuchs.“

Während der Junge den gefallenen Schnee weg fegt, stopft Ellen das mitgebrachte Heu in die Futterraufe.

Als sie fertig sind verstecken sie sich mit dem Schlitten hinter einem Gebüsch und warten.

 


Es dauert auch nicht lange, als ein großer stattlicher Damhirsch mit geflecktem Fell , die Nase witternd erhoben, sich dem Futterplatz nähert.

Vorsichtig und misstrauisch beobachtet er die Umgebung, bis er dann beginnt an dem Hafer zu zupfen.

Plötzlich ist ein wildes Schnaufen zu hören und ein Keiler bricht durch das Gebüsch.

Der Hirsch senkt drohend sein schaufelartiges Geweih, doch das Wildschwein beachtet ihn gar nicht, sondern stürzt sich auf den Eimer und vergräbt grunzend seine Schnauze darin und beginnt gierig zu fressen.

Ellen zupft Patrick am Ärmel und leise entfernen sie sich.

Als sie in die Nähe des Waldrandes kommen hören sie ein ängstliches „Iaaaaah!“



Erschrocken sehen sie sich an, setzen sich auf den Schlitten und sausen den Abhang hinunter und kommen direkt vor dem Haus zum Stehen.

Der LKW des Abdeckers Xaver steht in der Einfahrt und zusammen mit dem Bertl zerren sie gerade den widerstrebenden Esel aus dem Schuppen.

Frau Wildmooser durch den Lärm wach geworden, kommt aus dem Haus und das Polizeiauto fährt mit lautem Sirenenklang die Straße herunter und hält mit quietschenden Bremsen vor dem Haus.

Patrick aber stürzt sich auf die beiden Männer undversucht Eulenspiegel zu befreien.

Der Bauer gibt ihm einen heftigen Stoß, dass er in den Schnee stolpert und die beiden Frauen schreien empört auf.

Xaver hat den Esel los gelassen, als der Polizist Salvermoser in den Garten kommt und Eulenspiegel nutzt die Gelegenheit um loszulaufen.

Wenig später ist er im Wald verschwunden.

Der Bauer aber deutet anklagend auf den Jungen und fordert den Polizisten auf den Dieb festzunehmen.

Patrick hat sich inzwischen wieder aufgerappelt und steht nun mit trotziger, wütender Miene und geballten Fäusten da.

Ellen und ihre Mutter stellen sich schützend neben ihn.

Der Abdecker hat sich in seinen LKW zurück gezogen.

Polizist Salvermoser aber betrachtet stirnrunzelnd den Jungen.

Wie alt bist du eigentlich?“

13!“

Hm, Bertl, der Junge ist noch nicht strafmündig.

Du könntest höchstens von seinem Vater Schadenersatz verlangen.“

Nun wurde es Patrick aber zu viel!

Anklagend deutet er auf den Vetter seines Vaters.

Schadenersatz soll mein Vater zahlen! Mein Vater zahlt jeden Monat 500 Euro Kostgeld an den Bertl und trotzdem muss ich von früh bis spät arbeiten und in die Schule durfte ich auch nicht gehen!“

Der Polizist runzelt die Stirn.

Wie lange warst du schon nicht mehr in derSchule?“

Seit vorletztem Herbst. Bevor ich zum Bertl kam, hatte ich die sechste Klasse abgeschlossen und diesen Herbst wäre ich in die achte gekommen.“

Hm, hm, hm, das sieht nicht gut aus Bertl.

An deiner Stelle würde ich von einer Schadenersatzklage absehen, die Sache könnte leicht nach hinten losgehen.“

Meinetwegen, aber der Dieb kommt mir nicht mehr auf den Hof.“

Er dreht sich um und klettert zu Xaver ins Führerhaus und dröhnend setzt sich der Wagen in Bewegung und donnert die Straße hinunter.

Der Polizist legt Patrick die Hand auf die Schulter.

Du mein Junge kommst am besten mit.“

Was wird den nun mit Patrick?“ will Frau Wildmooser wissen.

Nun er kommt ins Heim bis sein Vater ihn abholt.“

Kann er denn nicht bei uns bleiben?“

Unschlüssig sieht Salvermoser sie an, da biegt ein Jeep in die Einfahrt.

Opa!“ ruft Ellen erleichtert und läuft ihm entgegen.

Was ist denn hier los?“

Schnell erzählt ihm Ellen, was geschehen war.

Als sie erwähnt, dass Patrick ins Heim soll, da poltert der alte Mann.

Kommt ja gar nicht in Frage!“

Er reicht dem Polizisten die Hand und meint:

Martin, warum lässt du den Jungen nicht bei meiner Schwiegertochter. Ich werde mich mit dem Vater in Verbindung setzen.“

Das wird das Beste sein, Herr Oberförster.“

Erleichtert steckt der Polizist sein Notizbuch in die Tasche, tippt sich an die Mütze und verlässt den Hof.

Ellens Opa legt Patrick den Arm um die Schulter und sie gehen alle zusammen ins Haus.

Und nun beginnt für den Jungen eine wundervolle Zeit.

Als nach einigen Tagen sein Vater kommt, wird ausgemacht, dass er bei den Wildmoosers bleiben darf, bis der Vertrag mit der Ölfirma abgelaufen ist.

Frau Wildmoose aber weigert sich 500 Euro Kostgeld zu nehmen und so einigt man sich auf die Hälfte, für Schulbücher und Kleidung und Taschengeld würde es genügen.

Patrick wird in der Schule angemeldet und obwohl er ein Jahr zurück gestuft wird, ist er glücklich.

Eines Abend hat er sich auf den Bertlhof geschlichen und den beiden lieben Alten das Geld zurück gebracht.

Trude und Tobias freuen sich, dass es dem Buben jetzt so gut geht

Morgen geht es weiter

3 Kommentare:

  1. Was du dir immer so ausdenkst ,Lore..

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  2. Wieder eine super Fortsetzung! Ich liebe die Geschichten Lore!

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  3. Wunderbar, Lore, du läufst zur Hochform auf. Richtig spannend war das .
    Freue mich auf mehr.
    Sei lieb gedrückt von Monika

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