Sofia
saß mit ihren Eltern in der Küche beim Abendbrot.
Draußen
heulte und tobte der Sturm um das Haus.
Wütend
rüttelte er an den Fensterscheiben, als wollte er Einlass begehren.
Das
Licht über dem Küchentisch flackerte
und Frau Bergmeister stand auf und murmelte.
„Ich
werde mal ein paar Kerzen suchen.“
„Und
ich sehe mal nach dem Not- Strom - Aggregat und du Sofie sieh mal
nach, ob auf dem Dachboden die Fenster richtig verschlossen sind.“
Mit
diesen Worten verschwand Herr Bergmeister im Keller.
Das
Mädchen lief die Treppen nach oben und betrat den Speicher.
Hier
oben hörte man das Toben des Sturms noch heftiger.
Sie
überprüfte den Riegel an der kleinen Luke und drückte noch mal
extra fest dagegen.
Drüben
auf der anderen Seite des Bachs sah sie plötzlich ein Licht
aufflackern.
Sofia
drückte ihre Nase gegen die Scheibe und zwickte die Augen zu.
Da
war es wieder!
Im
Haus der alten Greta geisterte ein Lichtschein durch die Zimmer und
dabei stand das Haus seit zwei Wochen schon leer.
Die
alte Frau war gestürzt und lag mit einem komplizierten Bruch im
Krankenhaus.
Schon
wieder leuchtete es hell auf, als würde ein Irrlicht durch das Haus
wandern.
Sofia
bekam plötzlich Gänsehaut und verließ schnell den Dachboden.
Der
Vater kam gerade von draußen und brachte einen Schwall kalte Luft
und wirbelnde Blätter mit
herein.
„Ich
habe noch einmal nach dem Vieh gesehen, alles in Ordnung.“
Als
sie in die Küche traten, legte die Mutter gerade den Telefonhörer
auf.
Schmunzelnd
wandte sie sich ihrer Tochter zu.
„Das
war Frau Heidenreich, deine Lehrerin. Der Sturm hat
das halbe Dach der Schule abgedeckt und für den Rest der Woche ist
schulfrei.“
Sofia
jubelte und meinte grinsend: „Was sagte Oma immer; es ist nichts so
schlimm, als, dass nicht auch was Gutes dabei wäre.“
Später,
als das Mädchen im Bett lag und dem Heulen des Sturmes lauschte,
fiel ihr das Licht wieder ein.
Gleich
Morgen früh, würde sie es ihrem Vater berichten.
Nach
einem unruhigen Schlaf voller gespenstischer Irrlichter krabbelte
Sofia aus dem Bett.
Während
des Frühstücks berichtete sie den Eltern dann von dem Lichtschein
im Haus der alten Greta.
„Das
war bestimmt ein Landstreicher, der Schutz vor dem Sturm gesucht hat.
Zu Stehlen gibt es ja nichts bei der armen Alten. Aber ich werde
später mal nachsehen,“ versprach der Vater.
Gemeinsam
beseitigten sie dann die Schäden, die der Sturm in Hof und Garten
angerichtet hatte, dann machte sich der Vater auf den Weg, zu Gretas
Haus.
Sofia
half ihrer Mutter bei den Vorbereitungen für das Mittagessen.
Da
ging die Tür auf und Markus Bergmeister kam herein in Begleitung
eines Riesen mit wilden Bart.
Ihr
Vater aber grinste. „Wen
glaubt ihr wohl habe ich hier mitgebracht?“
„Rübezahl!“
entfuhr es Sofia.
Der
Hüne lachte dröhnend und die Mutter die ihn mit gerunzelter Stirn
betrachtet hatte, rief: „Björn!“
Dieser
reichte ihr die Hand.
„ Ich
hoffe, ich bin hier willkommen.“
„Aber
sicher, setz dich, das Essen ist gleich fertig.“
„Das
Haus drüben war schon ziemlich baufällig und der Sturm hat ihm den
Rest gegeben, deshalb habe ich Björn angeboten, solange bei uns zu
wohnen. Oben das Zimmer von Oma ist doch frei.“
„Es
ist dir doch Recht, Marietta?“
Fragend
sah der Gast sein Gegenüber an und meinte dann zögernd.“Es sei
denn, du willst mit einem Gauner wie ich es
bin
nicht unter einem Dach leben.“
Sofias
Mutter winkte ab.
„ Unsinn,
du bist und warst immer ein feiner Kerl und deine Jugendeselei hast
du doch schon längst wieder gut gemacht.“
Nun
wusste Sofia wer der Fremde war.
Der
Sohn der alten Greta, der vor zehn Jahren bei Nacht und Nebel
verschwunden war und die Kasse seines Lehrherrn mitgenommen hatte.
Der
alte Mann hatte ihn nicht angezeigt, sondern immer wieder betont,
dass der Junge das Geld nur geliehen hat, um die Welt kennenzulernen
und er es bestimmt wieder zurückzahlen wird.
Als
dann nach einigen Jahren ein Scheck mit der Summe nebst Zinsen
eintraf, dann hat er ihn stolz im Dorf herum gezeigt.
Dies
erzählte nun ihre Mutter dem Mann.
Diesem
stiegen die Tränen in die Augen.
„Der
gute alte Schorsch, wie geht es ihm denn?“
„Er
musste seine Schreinerei schließen, nachdem seine
Augen
immer schlechter wurden,aber zum Glück hat er
noch
Bärbel und die sorgt für ihn und kümmert sich auch um deine
Mutter.“
„Sie
ist wohl inzwischen längst verheiratet?“ murmelte Björn und
spielte mit seiner Gabel.
Marietta
schmunzelte: „ Nein, obwohl es ihr an Verehrern bestimmt nicht
gefehlt hat, aber wie ihr Vater glaubt sie daran, dass du wieder
kommst, wenn du genug von der Welt dort draußen hast.“
Der
Hüne reckte seine kräftige Gestalt und seine Augen strahlten.
„Sie
haben sich nicht in mir getäuscht.
Ich war jung und hier im Tal war mir alles zu eng und ich träumte von der Welt dort draußen.
Ich war jung und hier im Tal war mir alles zu eng und ich träumte von der Welt dort draußen.
Ich
habe fast die ganze Welt bereist und viel erlebt, Gutes und
Schlechtes, aber meinen Frieden
habe ich nicht gefunden.
Mich plagte das schlechte Gewissen und auch das Heimweh nagte an mir. Erst wenn man etwas verloren hat, weiß mein seinen Wert zu schätzen.
Mich plagte das schlechte Gewissen und auch das Heimweh nagte an mir. Erst wenn man etwas verloren hat, weiß mein seinen Wert zu schätzen.
Ich
habe etwas Geld gespart, vielleicht kann ich ja die Schreinerei
übernehmen, und auch das Haus von Mutter möchte ich wieder
herrichten. Und, und...“ jetzt geriet er ins Stottern, „
vielleicht willigt Bärbel ja ein und wird meine Frau.“
Markus
schlug ihm auf die Schulter und lachte.
„Da
hast du dir ja viel vorgenommen, aber willst du denn wirklich hier
bleiben?“
„Ja,
ich weiß jetzt wo
ich hingehöre, wenn es auch lange dauerte bis ich das begriffen
habe. Denkst du, dass die Dörfler mir wieder vertrauen werden?“
„Das
werden wir gleich feststellen, begleite mich ins Dorf, wir wollen
beim Aufräumen helfen.
Du kennst ja unsere Leute, anfangs werden sie etwas misstrauisch dir gegenüber sein, aber dann wird die Neugier siegen. Hoffentlich hast du ein paar tolle Geschichten für sie.“
Du kennst ja unsere Leute, anfangs werden sie etwas misstrauisch dir gegenüber sein, aber dann wird die Neugier siegen. Hoffentlich hast du ein paar tolle Geschichten für sie.“
Björn
lachte dröhnend: „ Die habe ich!“
„ Und
morgen früh begleitest du die Bärbel und mich ins Krankenhaus zu
deiner Mutter,“ bestimmte
Marietta, „ aber vorher gehst du zum Frisör, sonst kriegt Greta
noch einen Schreck.“
Alle
lachten und Björn am lautesten.
Wie
Markus voraus gesagt hatte, benahmen sich die Dörfler zuerst sehr
reserviert Björn gegenüber, doch als er ohne viele Worte einfach
zupackte, wie einer von ihnen, da tauten sie langsam auf.
Und
als er dann Bier und Brotzeit für alle spendierte
und sie mit lustigen Anekdoten unterhielt, da war das Eis gebrochen.
Später
hatte der Heimkehrer noch eine lange Unterredung mit seinem
ehemaligen Lehrherrn und dessen Tochter, bei der viele Tränen
flossen.
Wer einige Jahre später in das Dorf kam, der konnte ein schönes großes Haus besichtigen, dass neben einer großen Schreinerei stand.
Auf
der Bank vor dem Haus saßen eine alte Frau und ein alter Mann
und genossen die Wärme der Sonne.
Glücklich
sahen sie ihren Enkeln zu, die im Garten herumtollten.
In
der Werkstatt hobelte ein Hüne und lachte mit seinem Gesellen und
dem Lehrbuben.
Und
durch das offene Küchenfenster konnte man eine hübsche junge Frau
sehen, die in ihrer Arbeit immer wieder innehielt, um dem Lachen des
Mannes zu lauschen, auf den sie so lange Jahre treu gewartet hatte.
©
Lore Platz 12.11.2019
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