Montag, 17. August 2020

Pinselchen






 Eine sehr gute und liebe Freundin von mir, die früher in Bayern und nun im Schwarzwald wohnt, hat mir einige ihrer Erzählungen über einen kleinen Luchs namens 'Pinselchen'zugesandt und ich will sie euch so nach und nach vorstellen und hoffe, dass Roswitha noch weitere Abenteuer des kleinen Kerls schreiben wird.
Bilder dazu hat  unsere gemeinsame Freundin Heide Marie K gemalt.Leider ist diese inzwischen an einer schweren Krankheit verstorben. 
Ich denke sie freut sich wenn sie vom Himmel herunter sieht,dass sie in ihren Bildern weiter lebt.
Der Luchs gehört ja zu der Familie der Katzen und an den 'Pinseln' an den Ohren, die sie wie eine Art Antenne nutzen, kann man sie leicht erkennen.
Nun wisst ihr, warum unser kleiner Held, den Namen 'Pinselchen' hat.
Viel Spaß beim Lesen!








Pinselchen entdeckt die Welt.


Es war wohl April, als Pinselchen, der kleine Luchs, das erste Mal die Sonne, den blauen Himmel, die vielen grünen Tannen sah und die würzige Waldluft schnupperte.
Ängstlich, ja ängstlich war er schon etwas, aber auch mutig, wenn auch nur ein klitzekleines bisschen, als er zum ersten Mal den schützenden Bau verließ.
Er blinzelte zum blauen Himmel und lauschte den vielen Geräuschen, die da zu hören waren.
Vorsichtig und ganz leise, wie die Mutter es ihn gelehrt, tapste er nach draußen und schon war es passiert.
Aua, so pass doch auf, du Tolpatsch, bringst einen ja ums Leben!“
Entschuldige, das war keine Absicht.“
Na, das sollte es auch noch sein!“ schimpfte die Waldameise und wollte geschwind davon eilen.
He warte, doch, wer bist denn du?“


Ich bin Elli, die Waldameise,“ sagte diese voll Stolz.
Was um alles in der Welt ist denn eine Waldameise?“
Was! Du kennst keine Waldameise? Wir sind die fleißigsten Tiere des Waldes!, sprach sie und eilte von dannen.
Der kleine Luchs sah ihr nach. So winzig und was war denn fleißig? Schlau muss man sein und schnell, sagte die Mutter, aber von fleißig hatte sie nicht gesprochen.
Sehr nachdenklich tapste Pinselchen weiter.



Pip, pip!“, machte es und eine kleine graue Maus schaute aus ihrem Loch.
Hallo, wer bist du denn?“
Ich bin Nicci, die Waldmaus und wer bist du?“
Ich bin Pinselchen der kleine schlaue Luchs.“
Ahhaaaa, muss ich Angst haben vor dir?“
Nööö, warum denn?“
Weil du mich fressen wirst.“
Ich kenn dich doch gar nicht und außerdem trinke ich nur Milch.“
Ja, jetzt vielleicht, aber später vielleicht liebst du doch Mäuschen,“ sprach es und eilte davon.
He, hallo, warte doch auf mich.“
Aber die Maus war längst verschwunden.
Der kleine Luchs runzelte die Stirn. „ Keiner hat Zeit für mich, das mag ich gar nicht.“




Auf einmal zwitscherte es über ihm in den Zweigen einer Fichte.
Hallo, wer bist du denn?“
Wer will das wissen?“
Ich, Pinselchen, der schlaue Luchs.“
Ich heiße Andi, die Blaumeise und spreche nicht mit jedem.“
'So ein Angeber' dachte Pinselchen.
Und warum nicht?“
Weil ich in den Himmel fliegen kann und du nicht!“ lachte die Meise und flog davon.
Der kleine Luchs schaute ihr nach, doch dann lief er weiter und hatte die arrogante Blaumeise bald vergessen.
Er war so in Gedanken versunken, dass er beinahe über einen alten umgefallenen Baumstumpf auf dem ein kleiner Pilz, mit einem schönen gelben Hut, wuchs, gestolpert wäre. Was für ein prima Aussichtspunkt.
Er sprang hinauf und sah sich um.
Und als plötzlich ein großes braunes Tier zwischen den Bäumen auftauchte, verhielt er sich ganz ruhig.
Es rupfte da ein Gräslein, zupfte da ein Blättlein und schaute sich immer wieder um.
Wie groß es ist, dachte der kleine Luchs.
Aber furchtlos wie er nun einmal war, rief er:
Hallo, hallo, wer bist denn du?“
Das Reh hob den Kopf und sah sich um.
Als es das kleine Pelztierchen sah, lachte es und stellte ich vor.
Ich bin Viola, das flinke Reh und wer bist du?“
Ich bin Pinselchen, der kleine Luchs.“
Und was machst du so ganz allein im Wald, wo sind deine Mutter, wo dein Vater?“
Die sind zuhause, ich bin bin losgezogen, um viele Abenteuer zu erleben.“
Dazu bist du noch viel zu klein, geh lieber schnell nach Hause.“
Pinselchen sah das Reh trotzig an.
Bin ich nicht, ich bin schon groß, meine Brüder behaupten das auch immer, aber das stimmt nicht!“
Na, dann viel Glück bei deinen Abenteuern und wenn du mal Hilfe brauchst, dann ruf nach mir,“ lachte Viola und hüpfte davon.
Pinselchen schaute ihm nach.
'Die Erwachsenen waren doch alle gleich und wussten immer alles besser.'
Weit riss er sein Mäulchen auf, er war auf einmal so müde.
Er legte sein Köpfchen auf die Pfoten und war auch schon eingeschlafen.
Als er wieder erwachte, war die Sonne am Himmel viel weiter gewandert und es dämmerte bereits.
Nun aber schnell nach Hause bevor die Mutter merkte, dass er ganz allein losgezogen war und außerdem hatte er Hunger.
Weit war es nicht bis zum schützenden Bau und er konnte sich auch unbemerkt hineinschleichen.
Liebevoll kuschelte er sich an seine Mama und trank die köstliche Milch, dann rollte er sich zusammen und träumte von neuen Abenteuern.

© Roswitha Borgfeldt