Immer
wieder taucht die Frage auf gibt es einen Unterschied zwischen Jungen
und Mädchen.
Sollen
Mädchen rosa Strampler tragen und Jungen blaue, dürfen Jungen mit
Puppen spielen und Mädchen Fußball?
Die
Reihe könnte ich so fortsetzen.
Mir
geht es aber eigentlich um den Charakter oder besser gesagt um die
Sensibilität und ihr Verhältnis zur Umwelt.
Als
die Nichte meiner Kusine noch klein war, hat sie jeden Regenwurm
aufgehoben und ihn zur Seite getragen, damit er nicht von einem Auto
überfahren wurde.
Mein
kleiner Neffe aber hat, wenn ich mit ihm spazieren ging jedes mal
wenn eine Ameise über den Weg krabbelte mit dem Fuß auf das arme
kleine Ding gestampft.
Ich
hielt ihm einen Vortrag, dass das Tier auch Schmerzen leidet und
leben möchte.
Er
sah mich einen Augenblick an, dann hob er den Fuß und stampfte noch
einmal auf.
Gut
er war damals zwei Jahre alt und wurde auch kein Tierquäler oder
Serienkiller (schmunzeln) sondern ist ein netter lieber junger Mann,
der nur grinst wenn ich ihm diese Geschichte erzähle.
Lila
-Luna, Anneliese und der böse Anton
Anneliese
sah sich vergnügt in der Küche um, alles blitzblank.
Ihre
Mutter hatte zur Zeit Doppelschicht, da einige ihrer Kollegen krank
waren und würde sich sicher freuen wenn sich nach Hause kam.
Schließlich
waren zur Zeit Ferien und sie hatte doch Zeit und es war schön, wenn
die müden Augen der Mutter strahlten und sie sie liebevoll dann '
mein kleines Hausmütterchen' nannte.
Und
Morgen hatte die Mama frei und sie würden zusammen ins Schwimmbad
gehen.
Durch
das Küchenfenster beobachtete das Mädchen wie der Postbote gerade
auf sein Fahrrad stieg und weiter fuhr.
Ob
Bärbel ihr geschrieben hatte? Seit sie deren Adresse an dem gelben
Luftballon gefunden hatte, schrieben sie sich eifrig und in diesen
Ferien wollten sie sich treffen.
Schnell
lief Anneliese hinaus und strahlte, als sie das gelbe Kuvert
herauszog. Gelb war nämlich Bärbels Lieblingsfarbe.
Wieder
im Haus legte sie die Post für ihre Mutter auf den Küchentisch und
ging in ihr Zimmer.
Enttäuscht
las sie, dass Bärbels Vater von seiner Firma zum Leiter eines neuen
Projekts ernannt wurde und kurzfristig nach Spanien reisen musste und
ihre Mutter ihn begleitete. Deshalb sei sie nun hier in Hamburg bei
der Oma.
Jetzt
erst fiel Anneliese auf, dass der Absender eine Hamburger Adresse
war.
Etwas
traurig und enttäuscht holte sie einen Bogen Briefpapier aus der
Schublade und begann zu schreiben.
Nun
noch eine Marke drauf und sie konnte ihn gleich in den Briefkasten
werfen.
Als
sie aufsah bemerkte sie Lila-Luna, die mit unterschlagenen Beinen auf
dem Schreibtisch saß.
„Wie
lange bist du denn schon hier?“
„Och,
eine ganze Weile, wollte dich aber nicht stören.“
Anneliese
bemerkte, dass ihre kleine Freundin traurig und besorgt aussah.
„Was
ist los?“
„Wie
lange dauern eigentlich diese schrecklichen Ferien noch?“
Anneliese
lachte.
„Schrecklich!
Ferien sind wunderbar, ausschlafen, keine Hausaufgaben und viel Zeit,
das ist doch herrlich!“
„Wir
aber sind froh, wenn sie bald zu Ende sind!“
Und
nun erzählte die kleine Elfe ihrer Freundin von dem Enkel des alten
Mannes, der am Rande des Waldes lebte.
Anton
rief ihn der alte Mann. Ein ganz böser Junge war das. Den ganzen Tag
stapfte er mit mürrischem Gesicht durch
den Wald und schlug mit einem Stecken auf alles ein, ohne dabei auf
die kleinen Tiere zu achten.
Seit
er hier war, wurde das Wartezimmer von Dr. Wichtel nicht mehr leer.
Neulich
hatte dieser unartige böse Junge sogar mit einem Stock einen
Ameisenbau zum Einsturz gebracht und wollte sich ausschütten vor
Lachen, als die Ameisen völlig verzweifelt durcheinander liefen.
Lila
-Luna sah richtig traurig aus, doch dann hellte sich ihr Gesicht auf.
„Hast
du Zeit, um mit mir zu kommen.“
Anneliese
nickte: „Aber vorher möchte ich noch schnell den Brief ein
werfen.“
Die
Elfe saß auf den Schultern des Mädchens, von den Haaren verdeckt,
als dieses durch den Ort lief.
Mit
einem Klappern verschwand der Brief im Kasten und als sie dann am
Waldrand waren, verwandelte Lila - Luna ihre Freundin in eine Elfe.
Vergnügt
flogen sie im Sonnenschein, bis sie unter sich das Haus von Dr.
Wichtel sahen.
Unzählige
Käfer, Bienen, Hummel, Schnecken,Marienkäfer, ein dicker Maikäfer,
ja selbst Pilze, die ihre Hüte in der Hand hielten, tummelten sich
vor der Praxis.
Ein
Heuhüpfer, der nicht mehr stehen konnte, da sein Bein abgewinkelt
war, saß im Gras.
Alle
sahen irgendwie bedauernswert aus.
Die
beiden Mädchen schwebten auf den Boden.
Ein
Hirschkäfer, dessen Geweih geknickt war und recht armselig zur Seite
hing, murrte:
„Warum
geht es denn nicht weiter, ich habe Schmerzen!“
„Wir
auch, wir auch!“ ertönte es ringsum.
Und
Max der Regenwurm, dem ein Stück seines Schwanzes fehlte, rief:
„He
Pietro, du Schlafmütze, öffne endlich die Tür, wir wollen zu Dr.
Wichtel.“
Pietro,
der Assistent von Dr. Wichtel steckte seinen Kopf durch das Fenster
und rief.
„Der
Doktor ist nicht da, unsere Salbe ist ausgegangen und er holt neue
Kräuter. Ihr müsst euch also noch etwas gedulden.“
Da
ging die Tür des Häuschen auf und Primela die Frau von Dr. Wichtel
begleitet von ihren Töchtern kam heraus und bot den Ungeduldigen Tee
und kleine Kuchen an.
Lila
- Luna und Anneliese aber flogen zu der Wiese auf der Dr. Wichtel
immer seine Kräuter sammelte, vielleicht konnten sie ja helfen.
Bald
sahen sie ihn, wie er eifrig Kräuter in einen Korb legte.
Gerade
wollten sie landen, da bemerkten sie einen Jungen der sich dem
Wichtel näherte und blitzschnell einen Sack über ihn stülpte.
Erschrocken
flogen die Mädchen in ein Gebüsch und beobachteten wie der Junge
sich böse grinsend den Sack mit dem zappelnden Wichtel über die
Schulter warf.
„Was
sollen wir nur machen!“ jammerte Lila - Luna.
„Kannst
du ihn den nicht klein zaubern?“
„Das
darf ich n..., was soll's, es geht nicht anders.“
Die
Elfe zückte den Zauberstab, murmelte einige Worte und Anton war auf
einmal klitzeklein.
Der
Sack aber landete auf der Erde, ein „Aua“ war zu hören und Dr.
Wichtel kroch ins Freie.
Als
Anton aber den Wichtel sah, der auf einmal viel größer als er
selbst war, drehte er sich um lief davon.
Die
Feenkönigin erschien auf der Wiese und sah Lila-Luna mit einem
strengen Blick an.
„Du
weißt, dass es verboten ist einen Menschen zu verzaubern?“
Die
kleine Elfe wurde rot und senkte beschämt den Kopf.
„Aber
sie darf mich doch auch verwandeln?“ rief Anneliese.
Der
ernste Blick der Feenkönigin richtete sich auf das Mädchen.
„Du
bist ihre Freundin und alle hier in meinem Reich haben dich gern und
damit du mit deinen großen Füßen keinen Schaden anrichten kannst,
wenn du uns besuchst, habe ich ausnahmsweise die Erlaubnis erteilt.“
„Frau
Königin,“ meldete sich nun Dr. Wichtel zu Wort, „ Lila-Luna hat
mir das Leben gerettet. Wer weiß was der Unhold vorhatte, bestimmt
wollte er mich auch in eine Schachtel mit Löchern stopfen, wie
neulich Maikäfer Moritz, den wir gerade noch vor dem Ersticken
retten konnten.
Außerdem
schadet es dem Bengel gar nicht, wenn er mal sieht, wie schwer es ist
so klein zu sein.“
Es
zuckte um die Mundwinkel der Fee.
„Du
hast Recht, ich beobachte den Jungen bereits seit einiger Zeit und
hätte ihm wohl bald eine Lehre erteilt.
Das
bedeutet aber nicht, dass du das noch einmal machen
darfst,
Lilia-Luna. Außerdem darf ihm nichts passieren, die Tiere sind sehr
aufgebracht. Du wirst auf ihn aufpassen!“
Mit
diesen Worten verschwand die Fee und die Mädchen machten sich auf
die Suche nach dem winzig kleinen Anton.
Dieser
aber war sehr erschrocken, als er auf einmal so klein war und die
Welt um ihn herum erschien ihm sehr bedrohlich.
Die
Grashalme waren hoch wie Bäume und es war beschwerlich sich einen
Weg zu bahnen.
Über
ihm brummte es und eine dicke Hummel erschien und schnell duckte er
sich und atmete erleichtert auf, als sie weiter flog.
Es
raschelte und ein dicker Käfer groß wie ein Pferd krabbelte
schwerfällig direkt auf ihn zu.
Mit
einem Hechtsprung brachte Anton sich seitwärts in Sicherheit.
Als
aber ein Regenwurm in der Größe einer Riesenschlange vor ihm
auftauchte, lief er blindlings davon.
Er
stolperte in ein Loch und rutschte schreiend auf dem Rücken einen
Abhang hinunter.
Benommen
mit geschlossenen Augen blieb er liegen.
Als
er sie vorsichtig wieder öffnete sah er zwei riesige schwarze
Ameisen vor sich stehen.
Sie
hatten Speere in der Hand und Helme auf dem Kopf und sahen alles
anders als freundlich auf ihn herab.
„Was
willst du Eindringling, wir bringen dich zum König.“
Sie
zogen ihn nicht gerade sanft hoch und nahmen ihn in die Mitte.
Der
König musterte Anton lang und nachdenklich, dann verfinsterte sich
sein Gesicht.
„Du
bist doch der Junge, der unseren Bau zerstört hat, mitkommen.“
Die
beiden Soldaten packten Anton und schritten hinter dem König her.
Dieser
öffnete eine Tür und der Junge sah viele Ameisen, die ihnen mit
müden Augen entgegensahen.
Jede
von ihnen trug einen Verband um den Kopf, oder das Bein oder einem
Arm.
Ein
alter Mann humpelte auf sie zu und betrachtete Anton lange, dann
grinste er zufrieden.
„Ihr
habt den Unhold also gefangen, was sollen wir mit ihm machen?“
Nun
kamen auch die anderen Verletzten näher, selbst ein kleiner Junge,
der an zwei Krücken ging, schleppte sich heran.
Er
war es auch, der rief: „Schmeißt ihn doch in ein Loch und werft
Erde über ihn, dann sieht er wie das ist!“
Drohend
kamen die Ameisen näher und Anton wurde es ganz bang zumute, aber
die Angst verlieh ihm Bärenkräfte.
Er
riss sich los und rannte davon, verfolgt von den wütenden Ameisen.
Schnell
kletterte er den Abhang hinauf, rutschte aber auf der lockeren Erde
immer wieder ab, doch endlich hatte er es geschafft und ließ sich
erschöpft ins Gras sinken.
Doch
als die erste Ameise ihren Kopf aus dem Loch steckte, rappelte er
sich wieder auf und lief blindlings immer tiefer ihn den Wald.
Erschöpft
blieb er liegen.
Vor
ihm lag eine kleines Häuschen und davor standen oder saßen viele
Tiere.
Ein
Schnecke entdeckte ihn als erste.
„Seht
das ist doch der Junge der mein Haus zertrümmert hat!“
Nun
wurden auch die anderen aufmerksam.
Maikäfer
Moritz rief: „ Mich hat er eingesperrt und seitdem
leide
ich an Atemnot!“
„Mir
hat er das halbe Geweih abgeschlagen,“ klagte der Hirschkäfer.
Der
Pilz jammerte: „ Und mir den Hut vom Kopf geschlagen, der hat einen
Riss und kann mich bei Regen nicht mehr schützen.“
Jedes
der Tier klagte ihn an und dabei kamen sie drohend näher.
Aber
Anton hatte keine Kraft mehr und blieb angstvoll sitzen.
Er
glaubte schon sein letztes Stündlein hätte geschlagen,
da
wurde er an den Händen gepackt, flog durch die Luft und landete
zwischen zwei Elfen sitzend auf einem Ast.
Erschrocken
aber auch erleichtert sah er seine beiden Retterinnen an.
„Danke,
ich hatte mächtige Angst!“
„Und
mit Recht, denn für all diese Verletzungen bist du zuständig!“
sagte Lila-Luna streng.
Beschämt
senkte Anton den Kopf. „Ich weiß.“
„Was
hast du dir überhaupt dabei gedacht, wie ein wilder Büffel durch
die Gegend zu laufen und auf alles einzudreschen?“
Auch
Anneliese sah den Junger sehr streng an.
Dieser
errötet: „Ich war so furchtbar wütend, weil mein Vater uns
verlassen hat, meine Mutter soviel arbeiten muss, dass sie kaum mehr
Zeit für mich hat und nun hat sie mich einfach in den Ferien zu
meinem Großvater geschickt, damit sie mich los wird.“
„Unsinn,
warum sollte sie dich loswerden wollen?“
„ Ich
habe einige Dummheiten gemacht. Die Schule geschwänzt, mich
herumgetrieben und gestohlen. Es sollte so eine Art Mutprobe sein,
damit ich bei den Blackbirds aufgenommen werde, aber ich wurde
erwischt. Deshalb hatte meine Mutter Angst mich alleine zu lassen. In
der Schule habe ich einen Verweis bekommen und meine Noten sind so
miserabel, dass ich wohl durchfallen werde.“
Eine
Weile schwiegen die drei, dann sagte Anneliese leise:
„Meine
Eltern haben sich auch scheiden lassen und ich war traurig und wütend
auf meinen Papa, aber deshalb habe ich die Wut nicht an anderen
ausgelassen. Und auch meine Mama muss viel arbeiten und weil ich sie
lieb habe, helfe ich ihr zuhause wo ich nur kann, auch lerne ich
fleißig, damit sie nicht noch mehr Kummer hat. Hast du denn
deine
Mama nicht lieb?“
„Doch!“
„Warum
vergrößert du dann ihre Sorgen durch dein schlechtes Benehmen?“
Anton
senkte ganz tief den Kopf und murmelt: „ So habe ich das noch nicht
gesehen?“
„Dann
wird es Zeit, dass du darüber nach denkst!“
Wieder
schwiegen sie eine Weile, dann fragte Anton schüchtern: „Lassen
denn Elfen sich auch scheiden?“
Anneliese
lachte.
„Ich
bin keine Elfe, ich bin ein Menschenkind wie du?“
„Hast
du auch etwas böses gemacht, weil du verzaubert wurdest?“
Anneliese
lächelte und deutete auf Lila-Luna.
„Lila-Luna
ist meine Freundin und wenn ich sie besuche verwandelte sie mich in
eine Elfe, damit ich mit meinen großen Füßen ihre kleinen Freunde
nicht verletze. Sie war es auch die dich verwandelte, als du Dr.
Wichtel fangen wolltest. Warum hast du das überhaupt getan?“
Anton
zuckte verlegen mit den Schultern.
„Zwerge
sollen doch einen Topf mit Gold habe, ich wollte ihn zwingen ihn mir
zu geben, denn dann müsste meine Mama nicht soviel arbeiten und
hätte mehr Zeit für mich.“
Die
beiden Mädchen lachten und Lila-Luna erklärte.
„Wichtel
und Zwerge besitzen kein Gold, das sind die Kobolde, aber mit denen
solltest du dich lieber nicht einlassen, die sind ganz schön
hinterhältig.“
Anton
nickte und sah dann Lila-Luna traurig an.
„Muss
ich nun für immer ein Winzling bleiben?“
„Nein!
Ich werde dich zurück verwandeln.“
Die
Mädchen fassten Anton an den Händen und flogen mit ihm durch den
Wald zur großen Wiese.
Langsam
ließen sie sich ins Gras gleiten, Lila-Luna murmelte einige Worte
und Anton hatte wieder seine normale Größe.
Erstaunt
sah er sich um, dann lief er los zum Haus seines Großvaters.
Die
Feenkönigin stand auf einmal neben den Mädchen und Anneliese
fragte:
„Wird
er sich daran erinnern, dass er ein Winzling war?“
Die
Fee schüttelte den Kopf.
„Er
wird alles vergessen, nur eine Ahnung wird in seinem Herzen bleiben
und er wird in Zukunft achtsamer sein. Auch deine Worte werden
bleiben, aber er wird nicht wissen woher sie kommen, doch wird er in
Zukunft
versuchen
seiner Mutter keinen Kummer mehr zu machen.
Ihr
habt es beide sehr gut gemacht!“
Die
Fee verschwand.
Lila-Luna
und Anneliese aber flogen zurück in den Wald.
©
Lore Platz 10.3. 21