Freitag, 5. März 2021

Immer diese verflixten Zahlen

 


 

Bernd stand am Ufer des Sees und lässt einen Kieselstein über das Wasser hüpfen. Er hat so gar keine Lust nach Hause zu gehen, denn wie soll er denn nur den Fünfer in Mathe erklären. Er hat doch so geübt, aber die dummen Zahlen wollen einfach nicht in seinen Kopf.

Er sah Mamas enttäuschtes Gesicht schon vor sich. Schimpfen würde sie nicht mit ihm, aber es würde sie traurig machen und das wollte Bernd auf gar keinen Fall! 

Tief aufseufzend ließ er den letzen Stein über das Wasser springen, schnappte seine Schultasche und schlurfte langsam mit gesenkten Kopf Hause.

"Na, Bernd, wer ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragte Tante Wally aus dem Nachbarhaus. "Ist was passiert in der Schule, oder geht es dir nicht gut?"

"Das waren gleich drei Fragen auf einmal!" antwortete Bernd zerknirscht. Tante Wally lachte, " und du kannst sie mit einem Satz beantworten. Die Nachbarin war einmal Deutschlehrerin gewesen und liebte Wortspiele. Also antwortete er vergnügt. " Ich habe eine fünf in Mathe und deshalb geht es mir nicht gut, aber was das mit meiner Leber zu tun hat weiß ich nicht."

Tante Wally lachte schon wieder. "Das ist so ein Sprichwort!", erklärte sie. "Es bedeutet, dass jemand schlecht gelaunt ist. Genau genommen heißt es, welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen. Früher dachte man, dass die Leber für die Gefühle zuständig ist."

Bernd sah wieder bedrückt hinüber zum Haus. "Ich muss jetzt gehen, Mama wartet bestimmt schon mit dem Essen."  "Kopf hoch, eine fünf ist doch kein Beinbruch!" Ein Beinbruch wäre ihm im Moment lieber als seiner Mutter die schlechte Note zu beichten.

Aber es nützte ja nichts und wenn er es Mama erzählt haben würde, dann wurde auch der dicke Kloß in seinem Bauch verschwinden. Da war Bernd ganz sicher.

Es war gar nicht so schlimm, Mama war kein bisschen traurig und hat sogar gelacht. Bernd war ganz erstaunt:" Aber Mama, du bist doch immer so traurig, wenn ich in Mathe eine schlechte Note habe," " Ja, aber das ist nur, weil du meine Rechenschwäche geerbt hast und ich dir den Kummer, den ich deswegen  hatte, ersparen wollte. Aber wie es aussieht hat mein Verhalten deinen Kummer noch verstärkt." Bernd nickt heftig und sträubt sich auch nicht gegen die Umarmung der Mutter, obwohl er doch viel zu alt dazu schon ist.

"Gegen Rechenschwäche kann man etwas tun, ich hatte damals Hilfe und weißt du wer sich angeboten hat dir zu Helfen? Tante Wally! Sie hat mich angerufen bevor du gekommen bist und mir erzählt, wie unglücklich du bist und sie will mit dir zusammen arbeiten, denn es gibt ein ganz spezielles Program für Rechenschwäche."

In diesen Moment gibt es keinen glücklicheren Jungen als Bernd!

(c) Lore Platz

2 Kommentare:

  1. Eine schöne Geschichte zum Wochenende - so versöhnlich!

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  2. Liebe Lore,
    Kindersorgen können echt schwer auf ihrer Seele liegen.
    Wenn wir wieder telefonieren, erzähle ich dir mal eine "große Sorge"von meinem Sohn, als er 4 Jahre alt war.
    Deine Geschichte hat mich erinnern lassen.
    Auch wir konnte das kleine Herzchen erleichtern.
    Danke auch für diese Geschichte
    Herzlich grüßt Monika aus Dresden

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