Andabar
setzt sich in seinen gemütlichen Ohrensessel und sieht sich in
seiner kleinen Stube um. Wie ruhig
es doch ist und er genießt es.
Mit
Hilfe der Biber hatte er sich diese Stube mitten in einem Baum
gebaut, als er damals in den Wald weit weg von seiner Heimat kam.
Ein
großer Erdrutsch hatte die kleine Zwergenstadt vernichtet und seinen
Großvater und seine Großmutter unter Steinen und Geröll
begraben.
Die
anderen Zwerge, die überlebt hatten, waren ins nächste Dorf zu
ihren Verwandten gegangen.
Doch
er, Andabar, stand ganz allein auf der Welt und deshalb beschlossen
auf Wanderschaft zu gehen.
Er
schmunzelt bei dem Gedanken, was er alles erlebt und gesehen hat.
Schließlich war er bei einem alten Einsiedler
gelandet und hatte dort die Heilkunst erlernt.
Doch
dann trieb es ihn wieder weiter und nach vielen Jahren war er dann
hier im Wald gelandet und es hatte ihm gleich gefallen.
Und
als dann sein Stübchen im Baum bezugsfertig war und er sich seine
Möbel gezimmert hatte und die Tiere des Waldes ihn eines Tages mit
einer weichen Decke und einem Kissen für sein Bett überrascht
hatten, das Madame Spinne und ihren Helferinnen gefertigt hatten, da
fühlte er sich endlich angekommen.
Und
seitdem war der Wald seine Heimat und alle Bewohner darin seine
Freunde.
Nachdenklich
runzelt er die Stirn.
Heute war ein seltsamer Tag, die Vögel waren verstummt und hatten sich verkrochen.
Heute war ein seltsamer Tag, die Vögel waren verstummt und hatten sich verkrochen.
Die Tiere waren unruhig und
manche sogar agressiv.
Mehr als einmal musste er einen Streit schlichten oder kleine Wunden verbinden.
Mehr als einmal musste er einen Streit schlichten oder kleine Wunden verbinden.
In
der Luft lag eine Schwüle und ein ungutes Flimmern.
Andabar
hebt lauschend den Kopf. Ein Heulen und Rauschen ist plötzlich zu
hören.
Er
klopft seine Pfeife aus, legt sie auf den Tisch und tritt vor die
Tür.
Der
Wind haut ihn fast um und schlägt hinter ihm die Tür ins Schloss.
Blätter,
kleine Äste und Sand vor sich her treibend jagt der Sturm durch den
Wald.
Der
Zwerg hört über sich ein knacken
und kann
gerade noch
zur Seite springen, denn ein großer Ast fällt
vom Baum.
Seine
Mütze fest haltend dreht er sich um und will zurück in seine
Wohnung.
Doch
der dicke Ast liegt direkt vor seiner Tür.
Aus
dem Unterholz stürmen die Tiere und laufen
blindlings in Panik an ihm vorbei, aber alle in eine Richtung.
„Wo
wollt ihr hin!“ ruft Andabar.
Ein
Dachs dreht sich kurz um. „Zur Bärenhöhle!“
Nun
läuft auch der Zwerg los, doch seine dicken kurzen Beine sind nicht
so schnell. Auch bremst ihn der Wind und treibt ihm Sand in die
Augen.
Doch
dann steht Schlitzohr, der Fuchs auf einmal neben ihm.
„Steig
auf meinen Rücken, Andabar!“
Der
Zwerg klettert auf den Rücken seines
Freundes und ab geht die wilde Jagd.
Als
sie die schützende Höhle erreichen ist sie voll von Tieren der
verschiedensten Art.
Ein
Rudel Rehe steht dichtgedrängt beieinander, Dachse sitzen neben
Hasen, Marder neben Eichhörnchen, eine Mäusefamilie hat sich
eingefunden und selbst die scheue Schlange Millie liegt in einer
Ecke, etwas abseits von den anderen.
Bruno,
der Bär kommt nach vorne und heißt seine unerwarteten Gäste
herzlich willkommen.
Andabar
bedankt sich im Namen aller, dann setzt er sich mitten in den Raum
und langsam kommen die Tiere näher und bilden einen Kreis.
Stumm
beobachten sie das Toben vor dem Eingang.
Eine
Blätterkugel wird von einem Windstoß herein gewirbelt und bleibt
still liegen.
Neugierig
beobachten die Tiere die seltsame Kugel, die sich auf einmal bewegt
und die Nase und zwei vergnügt funkelnde Augen von Isidor, dem Igel,
erscheint.
„Guten
Tag, alle Miteinander, das war eine Fahrt. Ich konnte nicht so
schnell laufen wie ihr und habe mich zum Ausruhen eingeigelt, da
packt mich plötzlich der Wind und rollte mich direkt hierher.“
Er kichert: „ So schnell bin ich noch nie vorwärts gekommen.“
Er kichert: „ So schnell bin ich noch nie vorwärts gekommen.“
Alle
lachen und die trübe Stimmung ist vorbei. Die Tiere machen es sich
gemütlich und beginnen fröhlich zu plaudern.
Andebar
aber klaubt vorsichtig die Blätter von den Stacheln des Igels und
schichtet sie in eine Ecke.
Plötzlich
springt Schlitzohr auf und
schüttelt seinen buschigen Schwanz.
(c) Elli M. |
„Musst
du denn so grob sein!“ schimpft der Ameisenjunge.
„Ja
Fridolin, wo kommst du denn her, solltest du nicht in eurem Bau sein,
dort wärst du doch sicher.“ ruft Andabar erstaunt.
Der
Junge errötet, „ich war wohl zu langsam und dann habe ich mich
auch noch verirrt.“
„Da
hast wohl mal wieder geträumt.“
Fridolin
nickt verlegen, doch dann lacht er.
„ Aber
es ist doch alles gut gegangen, ich sah wie der Fuchs dich auf seinen
Rücken steigen ließ und habe mich schnell
in seinen Schwanz gehängt.“
„Bin
ich ein Ameisentaxi?“ brummt Schlitzohr, doch
niemand
beachtet ihn.
Andabar
nimmt seine Mütze und legt sie auf den Boden.
„Fridolin,
klettere auf meine Mütze, da bist du in Sicherheit,“ brummt er
gutmütig und meint dann grinsend:
„Und
dort oben darfst du träumen soviel die willst.“
Die
Tiere lachen und der Ameisenjunge klettert schnell auf die rote
Mütze, die sich der Zwerg dann wieder auf den Kopf stülpt.
Der
Eingang verdunkelt sich und Bertold der Hirsch und sein Frau Felina
wanken in die Höhle.
Müde
lassen sie sich zu Boden fallen. Bertold fehlt ein Stück seines
Geweihs und Felina lehnt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an seine
Schulter.
Auf
die besorgten Blicke der Tiere erklärte der Hirsch schwer atmend:“
Beinahe hätte uns ein umstürzender
Baum unter sich begraben.“
„Deshalb
fehlt dir ein Stück von deinem Geweih?“ meint Andabar mitfühlend.
„Das
ist nicht so schlimm,“ wehrte der Hirsch ab ,“aber Felina ist
verwundet, der Baum hat ihre Hinterhand gestreift.“
Der
Zwerg beugt sich über die Wunde.
„Sie
ist zum Glück nicht tief, aber sie kann sich entzünden. Ich muss
sie säubern.“
Bruno,
der Bär ruft: „Weiter hinten in der Höhle ist eine Quelle.“
(c) meine Tochter |
Frau Eichhorn, die Andabar schon oft assistiert hat, nimmt das Taschentuch, das dieser ihr reicht und läuft neben Bruno zur Quelle.
Dankend
nimmt der Zwerg das nasse Taschentuch und beginnt vorsichtig die
Wunde aus zu waschen.
Obwohl
sich in Felinas Augen Tränen sammeln vor Schmerz, gibt sie keinen
Laut von sich.
Sie
legt nur ihren Kopf an Bertolds Hals und dieser bedeckt
ihn
tröstend mit seinem Haupt.
Dann
ist Andabar fertig und reicht das Tuch an Mirella Eichhorn, die
nochmal zur Quelle springt, um es
auszuwaschen.
Andabar
aber sieht sich suchend in der Höhle um, dann fällt sein Blick auf
die Blätter und er strahlt.
Da
waren doch auch Arnikablätter dabei. Schnell wühlt er in dem Haufen
und findet was er sucht.
Zwischen
den Händen zerreibt er das Arnika, streut es in die
Wunde und
legt das sauber ausgewaschene Taschentuch darüber.
Felina
wirft ihm einen dankbaren Blick zu und schmiegt sich an ihren Mann.
Auch
Bertold bedankt sich.
Der
Zwerg setzt sich mit gekreuzten Beinen wieder auf den Boden und hört
lächelnd der gemurmelten Unterhaltung zu.
Schlitzohr
springt auf, fixierte sie und fährt mit der Zunge über seine
Lippen.
„Ich
habe auch Hunger,“ meint er gedehnt.
Susi
verschwindet quietschend hinter ihrer Mutter, die dem Fuchs einen
kampfeslustigen Blick zu wirft.
Andabar
aber gibt dem Fuchs einen leichten Klaps auf die Schnauze.
„Benimm
dich, du erschreckst nur die Kleine, hier wird niemand gefressen!“
„Spielverderber!“
knurrt Schlitzohr, verzieht sich in die Ecke, rollt sich ein, legt
die Schnauze auf seinen buschigen Schwanz und schließt die Augen.
Draußen
aber toben noch immer die entfesselten Winde und treiben ihr wildes
Spiel, als würden sie niemals müde werden. Langsam senkt sich die
Nacht über den Wald.
Die
Hasenkinder, die bisher herum getollt haben kuscheln sich müde an
ihre Eltern.
Und
Frau Hase beginnt erst leise zu summen, dann singt sie mit zarter
Stimme ihre Kinder in den Schlaf.
Doch
nicht nur die Hasenkinder schlafen ein, auch über die kleine
Gesellschaft legt sich die Musik wie ein zarter Schleier und lässt
sie den schrecklichen Sturm draußen vergessen und schickt sie ins
Land der Träume.
Andabar
ist der Erste, der am nächsten Morgen erwacht.
Er
tritt vor die Höhle.
Der
Sturm hat sich endlich zurück gezogen aber eine schreckliche
Verwüstung hinterlassen.
Die
Tiere kommen alle aus der Höhle und auch sie betrachten besorgt
ihren schönen Wald.
„Bald
wird der Förster und seine Waldarbeiter kommen und alles wieder in
Ordnung bringen,“ tröstet der Zwerg.
„Rechts,
links, eins, zwei!“ ertönt es plötzlich und eine Schwadron
Ameisen bahnt sich einen Weg durch Äste und Blätter.
General
Zack Zack bleibt vor ihnen stehen.
„Guten
Tag, habt ihr meinen Neffen Fridolin gesehen. Der dumme Junge hat
wohl wieder geträumt und nicht mehr zurück in den Bau gefunden.
Mache mir große Sorgen!“
„Hier
bin ich Onkel!“ ruft Fridolin und klettert von Andabars Mütze.
Die
Augen des Generals werden einen Moment feucht, doch dann befiehlt er.
„Reihe
dich ein mein Junge, es geht nach Hause!“
„Kehrt
marsch, rechts um, links, rechts, eins zwei...“
„Wir
sollten auch nach Hause gehen,“ murmelt Bertold und bald steht nur
noch der Zwerg neben dem Bären.
„Vor
meiner Tür liegt ein dicker Ast, ich kann nicht in meine Wohnung.“
„Das
ist für mich kein Problem, steig auf meinen Rücken,“ brummt
Bruno.
Bald
sitzt Andabar wieder in seiner kleinen gemütlichen Stube, raucht
sein Pfeifchen und ist glücklich.
©
Lore Platz
Wie tröstlich, alles hat seine Ordnung! Und es kehrt wieder Ruhe ein nach dem Sturm. Aber die Ruhe nach dem Sturm ist auch die Ruhe vor dem nächsten Sturm! Toll geschrieben liebe Lore !
AntwortenLöschenLiebe Lore,
AntwortenLöschenFesselnd Deine Waldgeschichte mit Sturm.
In der Not bilden sich Gemeinschaften und Harmonie. Eigentlich traurig, dass oft erst in der Not sowas möglich ist.
Liebe Lore,wer könnte ab und an nicht auch so eine Bärenhöhle gebrauchen. Schöne Geschichte. Liebe Grüße Roswitha
AntwortenLöschenLiebe Lore,
AntwortenLöschenHerzlichen Dank für die schöne Geschichte, hat wieder sehr gefallen.
Bin ein bayrischen Leser aus Hohenbrunn
Monika hatte mich neugierig gemacht.
Herzlich grüßt Rudi