Lila -Luna, Anneliese und der gelbe Ballon
Mit
gesenktem Kopf trottete Anneliese den Gehweg entlang. Sie war
traurig.
Vorgestern
war Evelyn wieder nach Hause gefahren, weil die Pfingstferien vorbei
waren und heute die Schule wieder begonnen hatte.
Die
zehn Tage mit Evelyn waren so schön gewesen und seit sie fort war,
fühlte sich Anneliese einsamer als vorher.
Immer
noch hatte sie hier keine Freundin gefunden.
Die
Gartentür klemmte
wieder mal und das Mädchen musste kräftig dagegen drücken.
Als
sie das Haus betrat, erwartete sie
eine freudige Überraschung.
Ihre
Mutter stand am Herd und rührte in einem Topf, aus dem es köstlich
duftete.
Lächelnd
drehte sie sich um.
„Hallo
meine Kleine, du warst kurz weg,
da rief eine Kollegin an
und bat, mit ihr die Schicht zu tauschen. Ich habe also die
kurze Nachmittagsschicht von
vier bis acht. Und da dachte
ich mir, wenn ich schon zuhause bin, dann könnte
ich dir etwas Leckeres kochen, Spagetti
mit Bolognese, das magst du doch?“
„Als
ob du das nicht weißt!“ grinste Anneliese, deren Herz plötzlich
so leicht war.
Sie
schnallte den Ranzen ab, stellte ihn in die Ecke und begann flink den
Tisch zu decken.
Die
Mutter reichte ihr die Schüssel mit Salat, dann schüttete sie die
Nudel ab und gab sie in die Schüssel mit der Fleischsoße. Während
ihre Mama gekonnt die Nudeln um die Gabel
rollte
warf sie einen forschenden Blick auf ihre Tochter.
„Du
bist traurig, dass Evelyn wieder weg musste?“
Anneliese
nickte, denn sie hatte gerade den Mund voll. Als
sie hinunter gegessen hatte, sagte sie leise.
„Sie
geht mir so ab und Wiesbaden liegt auch so weit weg und hier kann ich
einfach keine Freundin finden. Sie sind schon nett zu mir, aber sie
kennen sich alle untereinander und dann habe ich auch Schwierigkeiten
die Sprache zu verstehen.“
„Und
ich muss dich auch immer allein lassen, weil ich arbeiten muss,“
sagte Frau Baumann traurig.
Erschrocken
sah Anneliese sie an.
„Das
ist doch nicht schlimm, wir verbringen doch viel Zeit zusammen und
wir haben uns doch geschworen, dass wir es gemeinsam schaffen
werden, das Leben ohne Papa.“
Ein
Schatten zog über das Gesicht ihrer Mutter.
Erst
kürzlich hatte sie erfahren, dass ihr Ex wieder Vater geworden war,
doch das verschwieg sie lieber.
Anneliese
litt sowieso darunter, dass ihr Vater sich so gar nicht bei ihr
meldete, seit er seine neue Familie hatte.
Deshalb
fragte sie munter: „Ich habe noch zwei Stunden, bevor ich zur
Arbeit gehe, was wollen wir zwei Hübschen denn unternehmen.“
Bald
saßen sie draußen im Garten und spielten ein Brettspiel, das
Anneliese besonders liebte und bei dem sie immer gewann.
Viel
zu schnell verging die Zeit und Anneliese sah traurig ihrer Mutter
nach, die mit energischen Schritten zur Bushaltestelle ging.
Nun
war sie wieder allein.
„Hallo,
was guckst du denn so traurig?“
„Erfreut
sah das Mädchen auf.“
„Lila-Luna!“
„Ja,
wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen, da deine Freundin da war.
Ein nettes Mädchen übrigens.“
„Woher
weißt du das denn?“
„Oh,
ich habe oben im Apfelbaum gesessen und euch zugesehen.“ grinste
die Elfe spitzbübisch.
„Dann
gefällt dir Evelyn, vielleicht willst du sie ja mal kennen lernen.“
„Mal
sehen! Aber nun will ich dir erst mal vorführen was wir in
Zauberkunde gelernt haben. Ich habe ganz fest geübt und sogar einige
extra Stunden bei Frau Zauberwurz genommen, weil es für dich so
wichtig ist, dass ich diesen Zauber gut beherrsche.“
Gespannt
beobachtete Anneliese wie ihre kleine Freundin den Zauberstab zückte
und einige Worte murmelt.
Dann
lagen plötzlich zwei kleine zarte Flügel auf dem Tisch.
„Das
sind deine Flügel! In Zukunft kannst du selbst fliegen.
Mit
Brummer ist sowieso nichts mehr anzufangen, seit er Vater geworden
ist.“
Anneliese
betrachtete staunend die zarten Federn und wagte gar nicht sie
anzufassen.
„Möchtest
du sie ausprobieren?“
Das
Mädchen nickte und die Elfe hob wieder ihren Stab, murmelte leise
vor sich hin und Anneliese stand klein wie eine Elfe auf dem Tisch.
Die
Federn erhoben sich und setzten sich auf ihren Rücken.
„Nun
versuche zu fliegen, sieh wie du deine Flügel bewegen musst.“
Lila-Luna
zeigte es ihr und Anneliese versuchte es ihr nachzumachen.
Sie
erhob sich auch ein wenig in die Luft, landete dann aber wieder
ziemlich unsanft auf dem Tisch.
Lila-Luna
kicherte: „ Du darfst nicht so hektisch schlagen, langsam musst du sie
bewegen, komm!“
Sie
fasste sie an beiden Händen und flog mit ihr nach oben und bald
hatte Anneliese den Rhythmus erfasst und als die Elfe ihre Hände
losließ, da schwirrt sie fröhlich durch die Luft.
Nun
flogen sie gemeinsam durch den Garten, dicht über das
Gras, an den Blumen vorbei, tanzten mit den Schmetterlingen,
umkreisten die Bäume, wirbelten jubelnd durch die Luft und ließen
sich dann atemlos auf dem Ast des Apfelbaumes nieder.
Still
saßen sie nun neben einander und Annelieses Herz war voller Freude,
was für ein herrliches Erlebnis.
„Sie
mal da fliegt die Sonne, so tief habe ich sie noch nie gesehen!“
rief Lila-Luna überrascht.
Anneliese
lächelte, denn ein gelber Luftballon schwebte langsam auf den
Garten zu.
„Das
ist nicht die Sonne, das ist nur ein Luftballon,“ erklärte sie.
„Was
ist das?“
„Das
ist ein Gebilde aus Gummi!“
„Was
ist Gummi?“
„Gummi
ist ein Material, das sich dehnen kann und wenn man in den Ballon
Luft hinein pustet, bis er zu einer Kugel wird und dann die Öffnung
verschließt, damit die Luft nicht entweichen kann, dann kann er
fliegen.“
Dass
man einen Ballon auch mit Gas füllen kann, das verschwieg sie
lieber, denn dann würde die Elfe nur fragen was das sei und so genau
wusste Anneliese das auch nicht.
„Komm
wir wollen ihn uns näher betrachten!“ rief Lila-Luna und schon
flogen sie dem sich langsam nähernden Ballon entgegen, hängten sich
an die baumelnde Schnur und ließen sich durch den Garten treiben.
Doch
dann verhedderte sich der Ballon in den Ästen des Apfelbaumes und
durch den Ruck verloren die Mädchen ihren Halt, wirbelten in einem
Salto durch die Luft und landeten kichernd im Gras.
Lila-Luna
stand auf, klopft sich ihr reizendes Kleidchen sauber und
meinte bedauernd.
„Ich
muss wieder nach Hause, meine Tante feiert heute ihren Geburtstag und
da darf ich nicht zu spät kommen.“
„Und
ich muss noch meine Hausaufgaben machen,“ erklärte Anneliese.
Sie
haben diesmal auch wieder eine Menge Hausaufgaben auf und das Mädchen
ist gerade fertig, als ihre Mama nach Hause kam.
„Sieh
mal, was ich draußen unter dem Apfelbaum gefunden habe.“
Frau
Baumann hob den gelben inzwischen verschrumpelten Luftballon in die
Höhe und nun erst bemerkte Anneliese, dass am Ende der Schnur eine
Karte baumelte.
Lächelnd
legte die Mutter diese auf den Tisch und das Mädchen las erstaunt.
„ Hallo
mein Name ist Bärbel, ich bin 11 Jahre alt und erst vor kurzem aus
Norddeutschland hierher gezogen und kenne noch niemanden. Wenn jemand
diesen Ballon findet, dann würde ich mich freuen, wenn er mir
schreiben würde.“
Als
Anneliese dann die Adresse liest, rief sie erstaunt:
„Aber
das ist ja gar nicht so weit von hier!“
„Nur
ein paar Kilometer und das Mädchen fühlt sich noch genauso fremd
wie du hier. Vielleicht könntest du ihr schreiben?“
Anneliese
nickte begeistert und beschließt gleich morgen an Bärbel zu
schreiben.
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Lore Platz
Wundervolle Geschichte mit einem sicher guten Ende. Die beiden werden gute Freundinnen werden und sich gegenseitig den Neubeginn erleichtern.
AntwortenLöschenAlles Liebe
Eva :)
Ich glaube auch, es wird eine Freundschaft fürs Leben entstehen - wer weiß, vielleicht geht die Geschichte ja eines Tages weiter?! Ich wünsche dir einen schönen Tag! Martina
AntwortenLöschenDa hast du wieder einen tollen Einfall gehabt. Deine Geschichten mit Wichteln und Elfen sind einfach herrlich -dass Anneliese nun auch fliegen darf ist schön - so vergeht die Zeit mit der Elfe noch schneller. Ja und vieleicht klappt es ja auch mit der neuen Freundin. LG Christa
AntwortenLöscheneine sehr schöne Geschichte die so lebendig wieder erzählt ist, dass ich meine die Elfe vor mir zu sehen, herrlich und ich habe mich so gefreut dass Anneliese eine Freundin gefunden hat ganz bestimmt. Danke für diese wunderabre fantasiereiche Geschichte!
AntwortenLöschenLieben Gruss Elke
Mein Fantasie ging mit mir durch: so wie Anneliese möchte ich mich auf Grashalme niederlassen, um Bäume und Blumen kreisen, hoch hinauf und hinab in die Lüfte schwingen. Dass ein Luftballon wie bei Anneliese mir zufliegt und am Schnürl eine Freundin bringt - übrigens ein wundervoller Gedanke von dir - herrlich. Ähnliches ist mir passiert - eine Freundin ist mir im wahrsten Sinne zugeflogen - ein unbeschreibliches Glücks-Gefühl, das ich auch Anneliese wünschen darf.
AntwortenLöschenLieben Gruß dir von Gerda.
Wieder eine Herzensgeschichte. Wunderschön Lore! Ende gut - alles gut!
AntwortenLöschenHübsche Idee mit dem Luftballon 🎈,ob sie wohl noch Freundinnen werden?
AntwortenLöschenDer Anfang ist gemacht...
Liebe Grüße