Donnerstag, 21. Oktober 2021

Lilaluna, Anneliese und der gelbe Ballon






Lila -Luna, Anneliese und der gelbe Ballon


Mit gesenktem Kopf trottete Anneliese den Gehweg entlang. Sie war traurig.
Vorgestern war Evelyn wieder nach Hause gefahren, weil die Pfingstferien vorbei waren und heute die Schule wieder begonnen hatte.
Die zehn Tage mit Evelyn waren so schön gewesen und seit sie fort war, fühlte sich Anneliese einsamer als vorher.
Immer noch hatte sie hier keine Freundin gefunden.
Die Gartentür klemmte wieder mal und das Mädchen musste  kräftig dagegen drücken.
Als sie das Haus betrat, erwartete sie eine freudige Überraschung.
Ihre Mutter stand am Herd und rührte in einem Topf, aus dem es köstlich duftete.
Lächelnd drehte sie sich um.
Hallo meine Kleine, du warst kurz weg, da rief eine Kollegin an und bat, mit ihr die Schicht zu tauschen. Ich habe also die kurze Nachmittagsschicht von vier bis acht. Und da dachte ich mir, wenn ich schon zuhause bin, dann könnte ich dir etwas Leckeres kochen, Spagetti mit Bolognese, das magst du doch?“
Als ob du das nicht weißt!“ grinste Anneliese, deren Herz plötzlich so leicht war.
Sie schnallte den Ranzen ab, stellte ihn in die Ecke und begann flink den Tisch zu decken.
Die Mutter reichte ihr die Schüssel mit Salat, dann schüttete sie die Nudel ab und gab sie in die Schüssel mit der Fleischsoße. Während ihre Mama gekonnt die Nudeln um die Gabel
rollte warf sie einen forschenden Blick auf ihre Tochter.
Du bist traurig, dass Evelyn wieder weg musste?“
Anneliese nickte, denn sie hatte gerade den Mund voll. Als sie hinunter gegessen hatte, sagte sie leise.
Sie geht mir so ab und Wiesbaden liegt auch so weit weg und hier kann ich einfach keine Freundin finden. Sie sind schon nett zu mir, aber sie kennen sich alle untereinander und dann habe ich auch Schwierigkeiten die Sprache zu verstehen.“
Und ich muss dich auch immer allein lassen, weil ich arbeiten muss,“ sagte Frau Baumann traurig.
Erschrocken sah Anneliese sie an.
Das ist doch nicht schlimm, wir verbringen doch viel Zeit zusammen und wir haben uns doch geschworen, dass wir es gemeinsam schaffen werden, das Leben ohne Papa.“
Ein Schatten zog über das Gesicht ihrer Mutter.
Erst kürzlich hatte sie erfahren, dass ihr Ex wieder Vater geworden war, doch das verschwieg sie lieber.
Anneliese litt sowieso darunter, dass ihr Vater sich so gar nicht bei ihr meldete, seit er seine neue Familie hatte.
Deshalb fragte sie munter: „Ich habe noch zwei Stunden, bevor ich zur Arbeit gehe, was wollen wir zwei Hübschen denn unternehmen.“
Bald saßen sie draußen im Garten und spielten ein Brettspiel, das Anneliese besonders liebte und bei dem sie immer gewann.
Viel zu schnell verging die Zeit und Anneliese sah traurig ihrer Mutter nach, die mit energischen Schritten zur Bushaltestelle ging.
Nun war sie wieder allein.
 
 

Hallo, was guckst du denn so traurig?“
Erfreut sah das Mädchen auf.“
Lila-Luna!“
Ja, wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen, da deine Freundin da war. Ein nettes Mädchen übrigens.“
Woher weißt du das denn?“
Oh, ich habe oben im Apfelbaum gesessen und euch zugesehen.“ grinste die Elfe spitzbübisch.
Dann gefällt dir Evelyn, vielleicht willst du sie ja mal kennen lernen.“
Mal sehen! Aber nun will ich dir erst mal vorführen was wir in Zauberkunde gelernt haben. Ich habe ganz fest geübt und sogar einige extra Stunden bei Frau Zauberwurz genommen, weil es für dich so wichtig ist, dass ich diesen Zauber gut beherrsche.“
Gespannt beobachtete Anneliese wie ihre kleine Freundin den Zauberstab zückte und einige Worte murmelt.
Dann lagen plötzlich zwei kleine zarte Flügel auf dem Tisch.
Das sind deine Flügel! In Zukunft kannst du selbst fliegen.
Mit Brummer ist sowieso nichts mehr anzufangen, seit er Vater geworden ist.“
Anneliese betrachtete staunend die zarten Federn und wagte gar nicht sie anzufassen.
Möchtest du sie ausprobieren?“
Das Mädchen nickte und die Elfe hob wieder ihren Stab, murmelte leise vor sich hin und Anneliese stand klein wie eine Elfe auf dem Tisch.
Die Federn erhoben sich und setzten sich auf ihren Rücken.
Nun versuche zu fliegen, sieh wie du deine Flügel bewegen musst.“
Lila-Luna zeigte es ihr und Anneliese versuchte es ihr nachzumachen.
Sie erhob sich auch ein wenig in die Luft, landete dann aber wieder ziemlich unsanft auf dem Tisch.
Lila-Luna kicherte: „ Du darfst nicht so hektisch schlagen, langsam musst du sie bewegen, komm!“
Sie fasste sie an beiden Händen und flog mit ihr nach oben und bald hatte Anneliese den Rhythmus erfasst und als die Elfe ihre Hände losließ, da schwirrt sie fröhlich durch die Luft.
Nun flogen sie gemeinsam durch den Garten, dicht über das Gras, an den Blumen vorbei, tanzten mit den Schmetterlingen, umkreisten die Bäume, wirbelten jubelnd durch die Luft und ließen sich dann atemlos auf dem Ast des Apfelbaumes nieder.
Still saßen sie nun neben einander und Annelieses Herz war voller Freude, was für ein herrliches Erlebnis.
Sie mal da fliegt die Sonne, so tief habe ich sie noch nie gesehen!“ rief Lila-Luna überrascht.
Anneliese lächelte, denn ein gelber Luftballon schwebte langsam auf den Garten zu.
Das ist nicht die Sonne, das ist nur ein Luftballon,“ erklärte sie.
Was ist das?“
Das ist ein Gebilde aus Gummi!“
Was ist Gummi?“
Gummi ist ein Material, das sich dehnen kann und wenn man in den Ballon Luft hinein pustet, bis er zu einer Kugel wird und dann die Öffnung verschließt, damit die Luft nicht entweichen kann, dann kann er fliegen.“
Dass man einen Ballon auch mit Gas füllen kann, das verschwieg sie lieber, denn dann würde die Elfe nur fragen was das sei und so genau wusste Anneliese das auch nicht.
Komm wir wollen ihn uns näher betrachten!“ rief Lila-Luna und schon flogen sie dem sich langsam nähernden Ballon entgegen, hängten sich an die baumelnde Schnur und ließen sich durch den Garten treiben.
Doch dann verhedderte sich der Ballon in den Ästen des Apfelbaumes und durch den Ruck verloren die Mädchen ihren Halt, wirbelten in einem Salto durch die Luft und landeten kichernd im Gras.
Lila-Luna stand auf, klopft sich ihr reizendes Kleidchen sauber und meinte bedauernd.
Ich muss wieder nach Hause, meine Tante feiert heute ihren Geburtstag und da darf ich nicht zu spät kommen.“
Und ich muss noch meine Hausaufgaben machen,“ erklärte Anneliese.
Sie haben diesmal auch wieder eine Menge Hausaufgaben auf und das Mädchen ist gerade fertig, als ihre Mama nach Hause kam.
Sieh mal, was ich draußen unter dem Apfelbaum gefunden habe.“
Frau Baumann hob den gelben inzwischen verschrumpelten Luftballon in die Höhe und nun erst bemerkte Anneliese, dass am Ende der Schnur eine Karte baumelte.
Lächelnd legte die Mutter diese auf den Tisch und das Mädchen las erstaunt.
Hallo mein Name ist Bärbel, ich bin 11 Jahre alt und erst vor kurzem aus Norddeutschland hierher gezogen und kenne noch niemanden. Wenn jemand diesen Ballon findet, dann würde ich mich freuen, wenn er mir schreiben würde.“
Als Anneliese dann die Adresse liest, rief sie erstaunt:
Aber das ist ja gar nicht so weit von hier!“
Nur ein paar Kilometer und das Mädchen fühlt sich noch genauso fremd wie du hier. Vielleicht könntest du ihr schreiben?“
Anneliese nickte begeistert und beschließt gleich morgen an Bärbel zu schreiben.

© Lore Platz








7 Kommentare:

  1. Wundervolle Geschichte mit einem sicher guten Ende. Die beiden werden gute Freundinnen werden und sich gegenseitig den Neubeginn erleichtern.

    Alles Liebe
    Eva :)

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  2. Ich glaube auch, es wird eine Freundschaft fürs Leben entstehen - wer weiß, vielleicht geht die Geschichte ja eines Tages weiter?! Ich wünsche dir einen schönen Tag! Martina

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  3. Da hast du wieder einen tollen Einfall gehabt. Deine Geschichten mit Wichteln und Elfen sind einfach herrlich -dass Anneliese nun auch fliegen darf ist schön - so vergeht die Zeit mit der Elfe noch schneller. Ja und vieleicht klappt es ja auch mit der neuen Freundin. LG Christa

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  4. eine sehr schöne Geschichte die so lebendig wieder erzählt ist, dass ich meine die Elfe vor mir zu sehen, herrlich und ich habe mich so gefreut dass Anneliese eine Freundin gefunden hat ganz bestimmt. Danke für diese wunderabre fantasiereiche Geschichte!
    Lieben Gruss Elke

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  5. Mein Fantasie ging mit mir durch: so wie Anneliese möchte ich mich auf Grashalme niederlassen, um Bäume und Blumen kreisen, hoch hinauf und hinab in die Lüfte schwingen. Dass ein Luftballon wie bei Anneliese mir zufliegt und am Schnürl eine Freundin bringt - übrigens ein wundervoller Gedanke von dir - herrlich. Ähnliches ist mir passiert - eine Freundin ist mir im wahrsten Sinne zugeflogen - ein unbeschreibliches Glücks-Gefühl, das ich auch Anneliese wünschen darf.
    Lieben Gruß dir von Gerda.

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  6. Wieder eine Herzensgeschichte. Wunderschön Lore! Ende gut - alles gut!

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  7. Hübsche Idee mit dem Luftballon 🎈,ob sie wohl noch Freundinnen werden?
    Der Anfang ist gemacht...
    Liebe Grüße

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