Montag, 8. April 2024

Plauderecke Das Schatzkästchen

 einen kurzen Besuch hier, da ich diese Woche einen neuen Router bekomme, dadurch hoffe ich , dass mein Internet wieder besser funktioniert und ich dann wieder richtig loslegen kann. Es wird wohl einige Tage dauern, denn wenn man 74 geworden ist braucht man dazu einen Fachmann. Ich freue mich schon wieder zu schreiben, danke euch für eure Treue und Geduld.


 

Zuerst möchte ich mich herzlich bei meiner Freundin Monika bedanken, die meine Gedanken immer in Bilder umsetzt, Danke liebe Monika.

Ich habe ja schon einmal über die Bürokratie geschrieben, diesmal geht es mir speziell um die Bürokratie in der Pflege.

In meinem Bekanntenkreis stöhnte eine Krankenschwester: "Es macht keinen Spaß mehr im Krankenhaus zu arbeiten, wir sitzen mehr am Schreibtisch, als wir Zeit für die Patienten haben." 

Eine meiner Pflegerin im ambulanten Dienst erklärte mir:" Wenn ich sie eine Viertelstunde pflege, muss ich dafür mehr als eine Stunde Berichte schreiben." Selbst mein Hausarzt klagte einmal, dass er sonntags nur Formulare ausfüllen muss.

Und meine Haushaltshilfe, die einmal die Woche kommt und immer dasselbe macht, muss jede Woche einen Bericht für die Pflegekasse schreiben. Wie bekloppt ist dass denn!

 


Und nun die Impfung gegen Corona. Jeder Patient muss zehn DINA4 Seiten durchlesen und unterschreiben, diese Seiten werden dann in den Impfzentren noch mit dem Handy fotografiert.

Da drängt sich doch mir der Gedanke auf, wenn 80 Millionen geimpft werden, sind das 800 Millionen DINA4 Seiten. Wieviel Bäume müssen dafür wohl sterben und wie hoch wären diese unnützen Seiten wenn man sie aufeinanderschichtet.

Leider habe ich keine passende Geschichte zu diesem Thema, denn da reicht meine Fantsie nicht aus. Ich such mal etwas für euch heraus.

Viel Spaß beim Lesen!


Das Schatzkästchen


Dunkel ist es in der schmalen Gasse, der leicht vermodernde Gestank aus den überquellenden Mülltonnen raubte einem den Atem und nur einige Ratten liefen mit schnüffelnder Nase herum.

Doch als sie ein Geräusch hörten huschten sie schnell durch ein Loch in dem alten Gemäuer einer Fabrik.

Ein kleiner Junge von ungefähr zehn Jahren bog in die Gasse ein, beschützend an sich gedrückt hielt er einen kleinen Welpen.

Es war Antonio, seine Eltern waren vor einigen Monaten durch einen Autounfall ums Leben gekommen und da er keine Verwandten hatte wurde er in einem Waisenhaus untergebracht.

Er hatte warme Kleider und zu essen, doch obwohl er zusammen mit zehn anderen Jungen in einem großen Schlafsaal schlief, war er einsam.

Niemand strich ihm liebevoll über das Haar, wie es seine Mutter oft getan hatte, niemand neckte und lachte mit ihm, wie es sein Vater getan hatte und niemand war da, dem er den großen Kummer um den Verlust der beiden liebsten und wichtigsten Menschen im Leben, anvertrauen konnte.

Wochenlang lebte er so dahin, fügte sich in den strengen Ablauf im Heim, aber vereinsamte innerlich.

Bis er auf einem Spaziergang einen kleinen verletzten Welpen fand. Tiere waren aber nicht erlaubt im Heim und so versteckte er den kleinen Hund, den er Strubbel nannte, in einer kleinen abgelegenen Kammer im Keller, fütterte ihn mit dem vom Tisch abgesparten Resten und pflegte seine verletzte Pfote. Doch dann wurde Strubbel entdeckt und sollte ins Tierheim. 

Nachts als alle schliefen sind die beiden ausgerissen.

 


Antonio setzte sich und teilte die Stulle, die ihm einer der Obdachlosen unter der Brücke zugesteckt hatte, mit Strubbel.

Polizeisirenen ertönten und hastige Schritte erklangen in der Gasse.

Der Junge drückte sich in die Ecke und versuchte mit dem Schatten zu verschmelzen. Er wagte sich kaum zu atmen und legte auch dem Welpen die Hand auf die Schnauze.

Ein Glück die Bullen sind vorbei gefahren, was machste denn?“

Will mal sehen, was wir geschnappt haben, die Frau ist doch steinreich, blöd nur, dass die Haushälterin so früh nach Hause kam.“

Nun lass das jetzt, nicht dass die Bullen uns doch noch erwischen!“

Aua, du Grobian!“

Etwas fiel auf den Boden, dann verklangen die Schritte in der Ferne.

Jetzt erst ließ der Junge den strampelnden Hund frei, der sofort los lief, schnüffelte und leise winselte.

Was hast du denn da?“

Antonio bückte sich und hob das Kästchen auf, das die Diebe verloren hatten.

Es war aus massiven Holz und rotbraun lasiert und mit bunten Steinen verziert.

Wieder ertönten die Sirenen des Polizeiwagens und schnell stopfte der Junge seinen Fund in den Rucksack, eilte zu der metallenen grauen Tür der alten Fabrik und drückte dagegen.

Zum Glück gab sie nach und die beiden Ausreißer schlüpften in die große leere Halle. 

In einer dunklen Ecke fand Antonio einige leer alte Säcke und machte sich davon ein Bett.

Dicht aneinander geschmiegt kuschelten sie sich zusammen.

Antonio faltete die Hände und betete wie seine Mutter es ihn gelehrt hatte und plötzlich war ihm als würde ihm jemand ganz sachte über die Haare streichen.

Und glücklich schlief er ein.

Als er erwachte schien die Sonne durch die schmutzigen Fenster, Schnuffel war nirgends zu sehen.

Antonio holte das gefundene Kästchen aus dem Rucksack und betrachtete es von allen Seiten.

Kein Verschluss war zu erkennen.

Vorsichtig hob er den Deckel an, doch nichts geschah.

Mit dem Daumen fuhr er an der Vertiefung an der Seite entlang, spürte einen Widerstand, drückte dagegen und der Deckel hob sich.

Enttäuscht sah er hinein, kein Goldschatz verbarg sich darin, nur einige alte Briefe, eine blonde Haarlocke mit einem blauen Band zusammen gebunden und kleine gehäkelte Babyschuhe.

Er schloss die Truhe und steckte sie in den Rucksack zurück.

Nachdem er die Säcke ordentlich zusammen gelegt, klopfte er sich den Staub aus den Kleidern und machte sich auf die Suche nach Strubbel.

Er fand ihn unter einem tropfenden Wasserhahn, wo er versuchte die Tropfen mit der Zunge aufzufangen.

Als er den Jungen erblickte lief er kläffend mit flatternden Ohren auf ihn zu und sprang begeistert an ihm hoch.

Antonio streichelte seinen kleinen Freund, dann drehte er den Wasserhahn auf und fing mit gewölbten Händen das Wasser auf um zu trinken, während Strubbel begeistert aus der Pfütze schlabberte, die sich am Boden bildete.

Nachdem sich der Junge etwas gewaschen hatte, zog er die

Kappe tief ins Gesicht, stopfte den Welpen unter seine Jacke, schulterte den Rucksack und verließ die Fabrik.

Seinen knurrenden Magen ignorierend stromerte er durch die Straßen.

 


Als er laute Stimmen hörte, drückte er sich in eine Ecke unbeobachtet von den Frauen, die vor einer Bäckerei sich aufgeregt unterhielten.

Eine Schande, man ist doch seines Lebens nicht mehr sicher, die Gauner, wenn ich nicht früher nach Hause gekommen wäre, hätten sie das ganze Haus ausgeräumt!“ ereiferte sich eine ältere mollige Frau.

Ja, die nette Dame, hat sie denn nicht so schon genug Unglück, als vor Jahren ihr Mann und ihre kleine Tochter tödlich verunglückt sind!“ rief eine junge Frau und Tränen stiegen in ihre Augen.

Das schlimmste aber ist, dass die Diebe nicht nur den Schmuck, sondern auch das Kästchen, in dem die gnädige Frau die Erinnerungen an Mann und Kind aufbewahrt hatte, mitnahmen. Dabei ist das Kästchen noch nicht einmal wertvoll!

Aber nun muss ich mich verabschieden, meine Gnädige wird bald aufstehen und dann muss ich das Frühstück richten. Auf Wiedersehen!“

Antonio knabberte an der Unterlippe. Was sollte er tun, auch ihm war nur ein Bild seiner Eltern geblieben und es wäre schrecklich würde er es jemals verlieren.

Dann fasste er einen Entschluss.

Er folgte der Haushälterin, die in eine Nebenstraße einbog und dann durch ein großes schmiedeeisernes Tor in einem parkähnlichen Garten verschwand, in dessen Hintergrund man eine Villa sehen konnte.

Antonio schlüpfte durch das Tor und klingelte kurze Zeit später an der Tür des großen Hauses.Die mollige Frau öffnete und betrachtete ihn Stirn runzelnd.

Was willst du ?“

Antonio nahm all seinen Mut zusammen.

Ich hätte gern die gnädige Frau gesprochen.“

Warum?“

Das möchte ich ihr lieber selber sagen.“

Die Frau musterte ihn und der Junge fürchtete schon sie würde ihm die Tür vor der Nase zuschlagen.

Doch dann lächelte sie.

Komm herein, ich bin übrigens die Magda, die gnädige Frau ist gerade im Bad, du musst noch ein wenig warten, komm mit in die Küche, hast sicher Hunger.“

Bald saß der Junge vor einer Tasse Kakao und einem dicken Marmeladenbrot.

Kann mein Freund auch etwas haben?“

Ist noch ein Junge vor der Tür?“

Antonio errötete und schüttelte den Kopf und öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und Strubbels Kopf kam freudig hechelnd zum Vorschein.

Magda lachte herzlich und knuddelte den kleinen Kerl, der ihr begeistert die Hand leckte.

Bald hatte auch der Hund eine Schüssel voll Leckereien und schob in seiner Begeisterung diese über den Boden, damit ihm ja nicht ein Stückchen entging.

Antonio zuckte zusammen als ein schriller Ton ertönte und aus einem Kessel Wasserdampf quoll.

Nun lief Magda geschäftig hin und her, füllte Tee in eine Kanne, stellte Butter, Marmelade und Toast auf ein Tablett.

Ich bringe jetzt der gnädigen Frau das Frühstück und sage ihr, dass du sie sprechen willst.“

Gleich darauf kam sie wieder.

Die gnädige Frau erwartet dich. Wasch dir aber noch die Hände.“

Magda fuhr ihm auch noch mit einem Kamm durch die Haare dann wies sie auf die Tür des Esszimmers.

Klopf aber an.“

Antonio nahm seinen Rucksack, Schnuffel aber wurde von Magda zurück gehalten.

Mit bangem Herzen blieb der Junge vor der Tür stehen, dann fasste er sich ein Herz und klopfte an.

Eine feine Dame etwa Ende dreißig blickte ihm freundlich entgegen, als er schüchtern eintrat.

Komm nur näher, setz' dich doch, du wolltest mich sprechen?“

Antonio lief blutrot an und wusste nicht wie er anfangen sollte.

Gnädige Frau,“ stotterte er.

Ein helles Lachen erklang.

Ich bin keine Gnädige, ich bin Frau Baumgartner.“

Aber Magda nannte sie doch 'gnädige Frau' ?“

Ja, Magda, die findet das besonders vornehm und ich kann es ihr nicht abgewöhnen. Aber nun habe keine Angst, sag frei von der Leber weg, das du für ein Anliegen hast.“

Der Junge sah in die freundlichen Augen der Frau, öffnete den Rucksack, zog das Kästchen heraus und stellte es auf den Tisch.

 


Frau Baumgartner wurde blass. Vorsichtig fuhr sie mit dem Finger in die Vertiefung und der Deckel sprang auf.

Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie bemerkte, dass nichts von den für sie so kostbaren Schätzen fehlte.

Wo hast du es gefunden?“

Antonio atmete auf, hatte er doch befürchtet, die Dame würde ihn vielleicht des Diebstahls verdächtigen, doch als er in ihre freundlichen Augen sah, fasste er Vertrauen und erzählte ihr von dem Tod der Eltern, dem Waisenhaus aus dem er ausgerissen war, wegen Schnuffel und von den Dieben in der Gasse und wie er zufällig Magda und die anderen Frauen belauschte und auch wie er fühlte, dass diese Erinnerungen in dem Kästchen sehr wichtig wären, denn auch ihm war nur ein Bild von den Eltern geblieben.

Frau Baumgartner sprang auf, zog den Jungen in ihre Arme und nun weinten beide.

Oh Jott oh Jott, was ist denn hier los?“ polterte Magda, die nachsehen wollte, warum es solange dauerte.

Frau Baumgartner deutete auf das Kästchen und Magda schlug die Hände über dem Kopf zusammen und nun liefen auch ihr die Tränen über das Gesicht.

Schnuffel aber auf der Suche nach Antonio, entdeckte die nicht ganz geschlossene Tür und drückte solange mit der Nase dagegen bis er sich durchzwängen konnte.

Fröhlich kläffend sprang er auf sein Herrchen zu und wusste vor lauter Freude nicht wohin.

Unter Tränen lächelnd meinte Frau Baumgartner:

Das ist also dein Freund Strubbel?“

Antonio nickte, straffte sich und sagte ernst.

Ich weiß, dass sie jetzt die Polizei und das Waisenhaus verständigen müssen, aber bitte könnten sie für Strubbel ein Zuhause finden?"

Er schluckte und versuchte tapfer zu sein.

Die Dame fuhr ihm liebevoll über das Haar wie es seine Mutter immer gemacht hatte und der Junge fühlte sich seltsam und auch ein wenig traurig.

Sicher, müssen wir das Waisenhaus verständigen, denn man macht sich sicher Sorgen, aber vielleicht können du und Strubbel ja hier bleiben. Was meinst du Magda?“

Ja,“ strahlte diese, „Zeit das wieder Leben ins Haus kommt!“


Natürlich dauerte es einige Wochen bis mit den Ämtern alles geregelt war, aber dann wurde aus Antonio Salvatore, Antonio Salvatore -Baumgartner.


© Lore Platz (2021)




4 Kommentare:

  1. Danke, liebe Lore für diese schöne zu Herzen gehende Geschichte.
    Und ich freue mich sehr, dass ich deine Gedanken bildlich umsetzen konnte. Grüße von Monika

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  2. Danke liebe Lore, für die so schöne Geschichte und die tollen Bilder dazu. Liebe Grüße Roswitha

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  3. Ach Lore, ich kenne zwar diese Geschichte von Dir habe aber gerade trotzdem Tränen in den Augen. Tausend Dank für diese Geschichte!

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  4. Monika aus Dresden9. April 2024 um 20:51

    Nochmal diese Geschichte gelesen, wieder ein wenig Spannung gespürt, aber alles wird gut in einer Lore-Geschichte.

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