Der
Schneemann, der die Welt kennen lernen wollte
Herr
Knudelich stand aufrecht im Vorgarten eines schmucken kleinen
Häuschen und hatte wieder mal einen Traum.
Herr
Knudelich war übrigens ein Schneemann und die kleine Birgit, die ihn
erschaffen hatte, gab ihm diesen Namen.
Nun
stand er also schon einige Zeit hier im Garten und anfangs war es ja
noch sehr interessant.
Birgit
besuchte ihn jeden Tag und erzählte ihm aufgeregt von einem Nikolaus
und einem Christkind und ihren Wünschen an die beiden.
Auch
konnte er beobachten wie der Vater der Kleinen heimlich einen
Tannenbaum in den Schuppen brachte und ihn dann zusammen mit Birgits
Mutter im Haus mit bunten Flitterzeug behängte.
Herr
Knudelich gefiel das sehr gut.
Als
dann dieses Christkind gekommen war, erzählte ihm Birgit aufgeregt,
welche Geschenke es bekommen hatte und zeigte ihm ganz stolz den
neuen Rodelschlitten.
Und alle freuten sich und riefen „Aaah“ „Ooooh“
Die
Nachbarn kamen herüber und wünschten ein gutes neues Jahr und ein
Mann der schwankte so komisch und bot ihm sogar ein Glas Sekt an.
Wusste
der nicht, dass Schneemänner nicht essen und trinken.
Aber
seit diesem schönen Erlebnis war es ziemlich langweilig hier.
Birgit
hatte nun keine Zeit mehr für ihn, denn nach der Schule ging sie mit
ihren Freunden zum rodeln.
Herr
Knudelich stand also einsam da und betrachtete gelangweilt die Gegend
ringsum, die er schon mit geschlossenen Augen erkennen konnte.
Die
einzige Abwechslung war der Besuch der Vögel, deren Unterhaltung er
lauschte, wenn sie das Futterhäuschen besuchten.
Die
Spatzen stritten sich ja meistens und gönnten dem anderen das Futter
nicht.
Die
Meisen und Finken benahmen sich gesitteter.
Und
einmal hörte er eine Kohlmeise klagen, dass ihre gute Freundin, die
Schwalbe, in den Süden geflogen sei und sie diese sehr vermisse.
Nun
träumte Herr Knudelich davon auch einmal in die weite Welt hinaus zu
gehen.
Die
Dämmerung hatte inzwischen ihre dunklen Schleier über das Land
gelegt und es fing an zu schneien.
Dicke
weiße Flocken setzten sich auf den Hut des Schneemanns.
Die
Schneeflocken waren ja ein lustiges Völkchen und lachten und
schnatterten in einer Tour.
Plötzlich
kam der Wind durch den Garten und wirbelte die fröhlichen Flöckchen
hoch.
Diese
hielten sich an den Händen und tanzten lachend und jubelnd in der
Luft.
Eine
Weile ging das fröhliche Spiel, dann setzte sich der Wind erschöpft
gegenüber von Herrn Knudelich in den Schnee.
Er
holte ein paarmal tief Atem und lächelte verlegen.
„Man
merkt doch, dass man nicht mehr der Jüngste ist, diese kecken jungen
Dinge bringen einem ganz schön außer Atem.“
Herr
Knudelich schmunzelte.
„Da
haben sie recht, aber man kann ihnen ja nicht böse sein.“
Ein
tiefer Seufzer begleitete diesen Satz.
Der
Wind runzelte die Stirn.
„Was
haben sie denn!“
„Ach
ich möchte so gerne die Welt kennen lernen und sitze hier fest. Ach
könnte ich doch auch so durch die Luft wirbeln wie ihr.“
Nachdenklich
betrachtete ihn der Wind, dann rief er.
„Ich
habe eine Idee, ich helfe ihnen. Zuerst einmal brauchen sie Füße.
Bitte erschrecken sie nicht.“
Und
er pustete kräftig den Schneemann an und als dieser nach unten sah,
hatte er tatsächlich zwei stämmige Füße.
Vorsichtig
hob er erst den einen, dann den anderen und machte ein paar Schritte,
noch etwas unbeholfen, aber mit der Zeit wusste er wie es ging und
raste durch den Garten.
An
der verschlossenen Tür zur Straße blieb er stehen.
„Das
haben wir gleich,“ meinte der Wind und warf sich gegen das Gatter,
bis der Riegel raus sprang und der Weg zur Freiheit offen war.
Eine
Weile noch begleitete der Wind seinen neuen Freund, doch dann musste
er weiter.
„Gute
Reise und Lebewohl!“
„Lebewohl
und vielen Dank!“
Nun
setzte Herr Knudelich seinen Weg alleine fort und er kam aus dem
Staunen nicht heraus, was gab es doch alles zu sehen in der Stadt.
Doch
dann wurden die Häuser weniger und vor ihm lag ein freies
schneebedecktes Feld.
Vergnügt
wanderte er über die Schneedecke und erreichte einen Wald.
Hier
wollte er erst einmal ausruhen und so setzte er sich unter einen
Baum.
Erschrocken
fuhr er zusammen, als er ein Flügelrauschen vernahm und ein leises
„Uhuhuhuhh“
Ein
großer Vogel ließ sich neben ihm nieder.
„Wer
bist denn du?“ wollte er wissen.
„Ich
bin Herr Knudlich, ein Schneemann,“ stellte sich dieser vor.
„Ach
ja solche Dinger habe ich schon in den Gärten stehen sehen. Wusste
gar nicht, dass sie laufen können. Was willst du denn hier im Wald.“
„Ich
möchte die Welt kennen lernen.“
„Wenn
es dir Spaß macht, ich will jetzt in mein Bett!“
brummte
die Eule, flog auf den Baum und schlüpfte durch ein Loch.
Herr
Knudelich schmunzelte, ein seltsamer Vogel und nicht mal vorgestellt
hatte er sich.
Doch
der Schneemann war nun auch müde und so lehnte er sich zurück an
den Stamm und schloss die Augen.
„Wer
er wohl ist, wo er wohl er wohl herkommt?“
Herr
Knudelich öffnete die Augen und bemerkte einige Hasen, die ihn
neugierig betrachteten.
Der
Schneemann streckte die Arme und gähnte laut, was die Hasen kichern
ließ.
„Guten
Morgen,“ sagte er gutgelaunt.
„Guten
Morgen,“ tönte es im Chor.
„Ich
bin Herr Knudelich, ein Schneemann, der die Welt kennen lernen will.
Und gestern Abend war ich so müde, dass ich hier erst einmal Rast
machte.“
„ Ich
bin Benny, das sind meine Schwester Karla, mein Bruder Rudy und der
Kleine ist Felix,“ stellte der Größte der Hasen sich und seine
Geschwister vor.
Es
raschelte im Baum und Schnee fiel herab.
Ein
Eichhörnchen kletterte geschwind den Stamm herunter und sprang in
den Schnee.
„Nun
bin ich aufgewacht vor Hunger und weiß nicht wo ich meine Nüsse
versteckt habe,“ seufzte es und lief kopfschüttelnd davon.
„Jedes
Jahr dasselbe, Miabel vergisst immer wieder, wo sie ihre Nüsse
versteckt hat,“ lachte Benny.
„ Da
kommt der Fuchs !“ rief Felix und auf einmal waren die Hasen
verschwunden.
Neugierig
sah Herr Knudelich dem rotbraunen Gesellen, mit dem buschigen
Schwanz, entgegen.
„Guten
Tag,“ grüßte der Schneemann höflich, als der Fuchs vor ihm
stehen blieb.
„Ja,ja,“
brummte dieser und hob schnuppernd die spitze Nase.
„Hier
riecht es doch nach Hasen, ihr habt nicht zufällig welche gesehen?“
„Ja,
aber das ist schon eine ganze Weile her.“
„Schade,
dabei hätte ich so eine Lust auf Hasenbraten!“
Verärgert
lief der Fuchs weiter.
Herr
Knudelich sah ihm grinsend nach, dann erhob er sich,
Zeit
weiter zu gehen.
Nun
wanderte er viele Tage bergauf, bergab und die Welt gefiel ihm.
Oft
hielt er ein Schwätzchen mit den Tieren, denen er begegnete.
Menschen
ging er aus dem Weg und wenn er doch einem begegnete, dann bleib er
stocksteif stehen.
Eines
Tages kam er an einen Bach.
Vergnügt
beobachtete er wie das Wasser fröhlich plätschernd über Stock und
Stein hüpfte.
„Wohin
des Weges mein Freund!“ rief er.
„In
die weite Welt!“
„Dahin
will ich auch, können wir denn nicht zusammen wandern, allein macht
es keinen Spaß!“
„Gerne,
aber leider bist du viel zu schwer, ich kann dich nicht tragen!“
Inzwischen
war die Sonne höher gestiegen und da es bald Frühling wurde, waren
ihre Strahlen viel kräftiger und der Schnee ringsum begann zu
schmelzen.
Auch
an dem Schneemann liefen große Tropfen herab.
„Ich
weine !“ rief er erschrocken.
Der
Bach lachte: „ Nein du schmilzt, es wird Frühling!“
„Ach
wie schrecklich!“ Nun fing er Herr Knudelich wirklich an zu weinen.
„Nein,
das ist doch wunderbar!“ meinte der Bach und lachte.
„Was
soll denn daran wunderbar sein?“ fragte der Schneemann und war
einen Moment wirklich beleidigt.
„Verstehst
du denn nicht, wenn du schmilzt wirst du zu Wasser und dann können
wir zusammen die Welt entdecken!“
Und
der Schneemann wurde immer kleiner und bald war nur noch eine kleine
Pfütze von ihm übrig.
Diese
aber setzte sich in Bewegung und floss in den Bach.
Und
nun konnten die beiden Freunde, der Schneemann und der Bach die Welt
gemeinsam entdecken.
©
Lore Platz 2015
Liebe Lore
AntwortenLöschenwas für eine rührende tolle udn lustige Geschichte und das Ende ist so wunderbar ach ich konnte ich diese inniges Gefühl Schneemann dahin fliessend mit dem Wasser vom Bach spüren danke für diese Geschichte und ich möchte mich herzlichst bedanken dass du auf meinen Blog Mondguckerwelt meine Geschichten verfolgst ich freu mich dass auch meinen Geschichten dir gefallen!
So wünsche ich dir eine schöne Zeit bis zur nächsten ideenreiche Geschichte!
Lieben Gruss Elke
Das ist wieder eine schöne Geschichte, vor allem mit Happy End.
AntwortenLöschenLG Elke
Ach, ist das wieder eine tolle Geschichte von dir, liebe Lore! Gaaaanz wundervoll, wie du erzählen kannst und welche Blüten deine Fantasie treibt und alles mit einem soooo tollen Ausgang! Danke fürs Lesevergnügen! LG Martina
AntwortenLöschenLiebe Lore
AntwortenLöschenDas hast Du wieder wunderbar geschrieben.
Lieben Gruß Joachim
Hallo Lore,
AntwortenLöschenGeschichten mit Happy End sind immer die besten. Jedenfalls für mich!
Hab' eine gute Woche.
LG
Manu
Liebe Lore,
AntwortenLöschenein Schneemann, der auf Reisen geht - was für eine schöne Idee! Und die Weihnachtszeit bzw. den Jahreswechsel aus der Sicht eines Schneemanns zu schildern...
Am meisten musste ich aber lachen, als der Nachbar in der Silvesternacht dem Schneemann ein Glas Sekt angeboten hat ...
Eine wunderbare Geschichte, vielen Dank dafür!
Liebe Grüße
Christine
Hallo Lore,
AntwortenLöschenich liebe Deine Geschichten und diese ganz besonders. Schneemanngeschichten sind oft irgendwie traurig. Aber bei Dir endet sie mit einem Lächeln...
Liebe Grüße von Elli
Danke, Lore, wunderschön, was der Schneemann alles erlebte, und besonders berührend das Ende, die Verschmelzung der Beiden!
AntwortenLöschenAlles Liebe
Eva :)
Eine soooo schöne Geschichte. Das zu lesen tut einfach nur gut liebe Lore!
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