Heutzutage
sind Schuhe für uns etwas alltägliches und nicht mehr
wegzudenken.
Mindestens
zwanzig Paar hat jeder von uns doch in seinem Schrank, von den bequemen
Puschen bis zu den Stöckelschuhen heute nennt man sie ja Highheels.
Es
bedeutet wörtlich übersetzt: ' Hohe Fersen'
Und
es sind wirklich oft schwindelerregende Höhen auf denen manche
Menschen oft durch die Gegend
stöckeln.
Ich
zittere immer ein wenig, wenn ich eine Künstlerin in hohen Haken die
Showtreppe herunter komme sehe und überlege, welche Schwerkraft wohl
verhindert, dass sie nicht stürzt.
Wusstet
ihr, dass die Stöckelschuhe Anfang des 20igsten Jahrhundert erfunden
wurde und dass Marlene Dietrich eine der ersten war, die sie bei
öffentlichen Auftritten trug.
Vor sechzig Jahren konnte sich noch nicht jeder Schuhe leisten. Eine
Bekannte von mir erzählte
mir, dass sie als Kinder so arm waren, dass sie Sommer und Winter
barfuß liefen.
Und
die Winter damals waren noch ziemlich hart.
Deshalb
waren sie immer froh, wenn sie auf der Weide einen frisch gefallenen
Kuhfladen fanden, denn darin konnten sie ihre Füße aufwärmen.
Ich
war wirklich schockiert, als ich dies hörte.
Dass
wir einmal keine Schuhe hatten, daran konnte ich mich nicht erinnern.
Natürlich
liefen wir im Sommer barfuß und ich liebte es durch das kühle Gras
zu laufen.
Doch
einmal bin ich auf eine Biene getreten, ach was hat Klein Norle da
geweint. Doch meine Mutter machte einen kühlen Verband mit
essigsaurer Tonerde und alles war wieder gut.
Meine
Mutter war eine sehr elegante Frau, die wunderbar mit der Nähnadel
umgehen konnte und deshalb waren wir trotz der schlechten Zeiten
immer gut gekleidet.
Auch
besaß sie ein paar Stöckelschuhe, in die ich zu gerne schlüpfte
und mich wie eine große Dame dabei fühlte.
Und
meine kleine Freundin und ich spielten gerne Schuh verkaufen.
Dazu
holten wir sämtliche Schuhe aus dem Schrank und in abwechselnder
Kleidung natürlich aus Mutters Schrank kauften wir nun ein.
Einmal
als feine Dame, einmal als armes Mädchen unsere Fantasie war
grenzenlos.
Übrigens
könnt ihr euch noch an die Salamander Schuhe erinnern?
Ich
liebte sie und freute mich immer, wenn meine Mutti mit mir zum
einkaufen in den Schuhladen ging.
Nicht
wegen den Schuhen, sondern weil man immer das Bilderbuch von Lurchi
geschenkt bekam.
Mein
Vater wurde 1915 in Pirmasens geboren, der Schuhmetropole von einst
und er hat als Junge nach der Schule eine Lehre in einer der großen
Schuhfabriken als Zuschneider abgeschlossen.
Wusstet
ihr, dass es die Römer waren, die als erstes einen linken und
rechten Schuh fertigten.
Die
Herstellung bedeutete zwar einen größeren Aufwand aber es führte
zu einem größeren Tragekomfort.
Doch
das Wissen verschwand mit dem Untergang des römischen Reiches.
Statt
für den rechten und linken Fuß einen eigenen Leisten zu machen,
arbeiteten die Schuhmacher mit einem gleichen Leisten für beide
Füße.
Diese
Lederschuhe waren unangenehm zu tragen und so ließ sich der Adel im
Barock die Schuhe von den Bediensteten einlaufen.
Erst
Ende des 19ten Jahrhunderts gab es wieder verschieden gefertigte
Leisten.
Welch
ein Glück, sonst würden wir wohl nicht so bequemes Schuhwerk
besitzen.
Obwohl
manche Kreationen kommen wir doch manchmal wie ein Folterwerkzeug
vor.
Schönheit
muss leiden!
Man
sagt ja Schuhe unterstreichen die sinnliche Ausstrahlung.
Und
ein zierlicher Damenfuß ist ein weit verbreitetes Schönheitsideal.
Besonders
in China wurden den Mädchen bereits als Kleinkinder die Füße
gebunden, um sie so am wachsen zu hindern.
1000
Jahre hielt sich diese grausame Mode. Verkrüppelte Zehen, gebrochene
Knochen und Füße zehn Zentimeter klein wie eine Lotusknospe, das
fand der Kaiser erotisch.
Erst
im 20igsten Jahrhundert unter Mao Zedong wurde
diese sehr schmerzhafte Behandlung verboten.
Ein
Blick auf die Uhr zeigt mir, es ist zehn Minuten vor neun also will
ich es kurz machen und euch nur noch einen schönen Donnerstag wünschen.
©
Lore Platz
Die
roten Lackschuhe
Auf
dem Weg zur Schule kam die achtjährige Anneliese an einem
Schuhgeschäft vorbei.
Über
dem Eingang hing ein goldenes Messingschild von dem der gestiefelte
Kater frech herunter grinste und wenn der Wind ging, dann machte das
Schild „bling,bling“
Dieses
Schild hatte das Mädchen zuerst angelockt, doch seit einigen Tagen
standen rote Lackschuhe im Schaufenster und Anneliese konnte sich
nicht sattsehen.
Ganz
platt drückte sie sich ihre Nase und bewunderte die schönen roten
glänzenden Schuhe, die auf einem Podest standen.
Wie
sehr wünschte sie sich, diese Schuhe zu besitzen, aber sie wusste,
es ging nicht, denn ihr Vater war arbeitslos und suchte schon so
lange nach Arbeit.
Ganz
traurig war er geworden und auch die Mama die doch früher immer so
gerne lachte und sang, war jetzt immer blass und still.
Anneliese
würde nichts von den Schuhen erzählen, das sollte ihr Geheimnis
bleiben.
Auch
heute hielt sie vor dem Geschäft und drückte ihre Nase ganz fest an
die Scheibe des Schaufensters, um „ihre“ Schuhe zu betrachten.
Doch
was war das?
Ein
Gesicht erschien und eine Hand griff nach den Schuhen und dann war
das Podest leer.
Anneliese
erschrak.
Traurig
starrte sie vor sich hin und in ihren Augen sammelten sich Tränen.
Die
Tür des Schuhgeschäfts öffnete sich und eine elegant gekleidete
Dame, die ein Mädchen an der Hand führte, trat heraus.
Als
sie die kleine Vortreppe herunter kamen, sah Anneliese :
Das
Mädchen trug die roten Lackschuhe.
Anneliese
wandte sich um und lief blind vor Tränen los.
Der
Schulranzen auf ihrem Rücken hüpfte auf und ab und
die
Tränen rannen nur so über ihr Gesicht.
Als
sie das Miethaus betrat, setzte sie sich erst einmal auf die
Holztreppe, um zu verschnaufen und die Tränen zu trocknen.
Die
Mutter hatte scharfe Augen und würde nur fragen, warum sie geweint
hatte.
Anneliese
legte den Kopf in beide Hände und versuchte an etwas Schönes zu
denken, das hatte die Oma immer zu ihr gesagt.
Ach
die Oma, die war vor einem Jahr gestorben, wenn die doch hier wäre.
Mit
ihr könnte sie über die schönen roten Lackschuhe sprechen.
Oben
ging eine Tür und Anneliese sprang schnell auf und ging mit
gesenktem Kopf die Treppe hinauf.
Als
sie am Abend im Bett lag, dachte sie wieder an das Mädchen, das nun
„ihre“ Lackschuhe trug.
Ach
wie froh und glücklich würde diese sein.
Auf
einmal war ihr, als würde die Oma ihr tröstend über das Haar
streichen, wie sie es so oft getan hatte.
Und
ihr fiel ein, was die alte Frau immer zu ihr gesagt hatte.
„Wenn
du einmal ganz traurig bist und mit niemanden über deinen Kummer
sprechen kannst, dann erzähle es dem lieben Gott, der hört immer zu
und vielleicht hilft er dir ja auch.“
Anneliese
faltete die Hände und sprach sich ihren ganzen Kummer von der Seele.
Dann
nahm sie ihren Teddy in den Arm und schlief getröstet ein.
Am
nächsten Tag musste sie ihre Mutter in den Kleiderladen begleiten.
Dort
gab es Kleider und viele Sachen zum Anziehen umsonst, gespendet von
Leuten, die sie nicht mehr haben wollten.
Lustlos
betrat Anneliese das Geschäft. Viele Menschen wühlten an den
Sammeltischen und auch ihre Mutter ging zu ihnen.
Das
Mädchen aber stromerte durch die Halle und sah sich gelangweilt um.
Da
blitzte es rot vor ihren Augen auf.
Das
waren doch die roten Lackschuhe, die das reiche Mädchen gestern
getragen hatte.
Anneliese
lief an den Stand und fuhr behutsam über das rote Leder.
„Gefallen
sie dir?“
Die
Kleine sah auf und nickte.
Die
freundliche Dame lächelte und nahm die Schuhe und stellte sie auf
den Boden.
„Probier
mal, du hast Glück, die sind noch ganz neu.
Das Mädchen, dem sie
gehörten wollte sie nicht mehr, weil sie angeblich drücken und das
Dienstmädchen von Frau Bergmeister hat sie heute morgen
vorbeigebracht.“
Anneliese
schlüpfte in die Schuhe.
Sie
passten wie angegossen!
„Du
kannst sie behalten!“
©
Lore Platz