Es gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.
Hamlet, 1. Akt, 5. Szene, Hamlet, William ShakespeareDas lasse ich mal so stehen und wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Botschaft
aus dem Jenseits
Der
junge Lehrer Richard Klausner verließ die Dorfschule und sah den
Kindern nach, die lärmend den Schulhof verließen.
Endlich
Sommerferien!
Die
letzten Tage war die Rasselbande kaum noch zu bändigen gewesen.
Vergnügt
pfeifend lenkte er seine Schritte zu dem schmucken kleinen Häuschen,
in dem er mit seinen Eltern wohnte.
Sein
Vater saß im Garten und las die Zeitung.
Richard
setzte sich neben ihn und streckte die Füße weit von sich.
Michael
Klausner grinste.
„Bist
froh, dass Ferien sind.“
Er
war selbst Lehrer gewesen und wusste wie anstrengend die Kinder die
letzten Tage vor den Ferien waren.
Richard
nickte nur und sah nachdenklich hinauf in den Himmel und seine
Gedanken schweiften in die Vergangenheit.
Er
war hier aufgewachsen und wollte auch nirgendwo anders sein. Eine
schöne unbeschwerte Kindheit hatte er gehabt und mit seinem besten
Freund Dominik so manchen Streich ausgeheckt.
Dominik,
der Sohn des reichsten Bauern, dem Wiesenhofer,
war
ein fröhlicher, etwas wilder und leichtsinniger Bursche, aber
grundehrlich und treu.
Außerdem
ein leidenschaftlicher Kletterer, gar viele Bergtouren hatten sie
zusammen gemacht und manche
steile
Wand sind sie hinauf gekraxelt. Und auf dem Gipfel angekommen hatte
Dominik dann immer einen Jodler ins Tal geschickt.
Er
war so übermütig und voller Lebensfreude.
Und
dann vor vier Jahren war er in den französischen Alpen abgestürzt.
„Hallo
Junge träumst du?“ riss ihn die Stimme des Vaters aus seinen
Gedanken.
Richard
lächelte.
„Ich
habe gerade gedacht, wie schön wir es hier doch haben.“
„Ja,
hoffentlich noch lange, in B. haben sie schon wieder ein neues großes
Einkaufszentrum hingestellt, verschandelt doch die ganze
Landschaft!“ polterte sein Vater.
Eine
Fahrradklingel ertönte und Gustl der Postbote betrat den Garten.
„Ihr
habt es vielleicht schön, sitzt faul im Garten, während unsereins
sich abstrampeln muss. Ja, ja, Lehrer müsste man sein, immer nur
Ferien.“
Michael
lachte.
„Geh,
Gustl, du hast doch einen schönen Beruf, den ganzen Tag an der
frischen Luft und nicht zu vergessen, die vielen selbst-gebrannten
die du unterwegs angeboten bekommst.“
Gustls
Augen leuchteten auf.
„Hast
a Stammperl da?“
„Nix
gibt’s, das wäre ja noch schöner, am Vormittag schon schnapseln,
das schlag dir besser aus dem Kopf, nachher fällst noch in
den Graben!“ tönte die Stimme von Waltraud Klausner durch das
offene Küchenfenster.
Die
drei Männer grinsten.
„Bei
der Waltraud hast wohl keine Chance,“ lachte Michael.
Gustl
grinste, „ja meinen Schnaps kann ich wohl vergessen.
Er
holte einige Briefe und Zeitschriften aus seiner Tasche und legte sie
auf den Tisch.
Dann
tippte er an seine Mütze und verließ pfeifend den Garten.
Während
sein Vater sich in eine Fachzeitschrift über das Angeln vertiefte,
sah Richard die Briefe durch.
Ein
großes Kuvert mit einem französischen Absender erregte seine
Aufmerksamkeit.
Er
öffnete es und las die wenigen in französisch geschriebenen Zeilen.
Ein
Monsieur Armand teilte ihm mit, dass er beim Renovieren seines Hotels
hinter einer Kommode einen an ihn adressierten Brief gefunden hätte.
Richard
griff noch einmal in den Umschlag und holte einen Brief hervor.
Er
wurde blass als er die steile Handschrift seines Freundes Dominik
erkannte und begann zu lesen.
Lieber
Richard
Gleich
kommen die Kameraden und es geht in die Wand.
Ich
weiß nicht warum ich dir schreibe, aber ich habe so eine Unruhe in
mir.
Es
ist herrlich hier, fast wie daheim und die Berge eine echte
Herausforderung, ich freue mich schon auf die Tour.
Aber
es wird die letzte sein, denn wenn ich zurückkomme werde ich
heiraten.
Und
ich hab's dem Hannerl versprochen nicht mehr zu klettern. Ja das
Hannerl und ich sind ein Liebespaar, hab sie ja schon gern ghabt wie
mir noch in der Schule waren, wie du weißt.
Wird
noch ein wenig Ärger geben mit dem Vater, weil sie arm ist, aber am
Ende wird er nachgeben.
Richard,
du warst und bist mein bester Freund und deshalb will ich dir jetzt
etwas anvertrauen.
Das
Hannerl ist schwanger! Ja ich werde Vater! Auch deshalb will ich
keine gefährlichen Bergtouren mehr machen, denn ich habe ja nun
Verantwortung.
Ich
freue mich schon ganz narrisch!
Richard,
nun bitte ich dich, sollte mir etwas passieren so kümmere dich um
das Hannerl und das Kind und auch dass der Vater und die Mutter sie
aufnehmen.
Ach
was sind denn das für Grillen heute!
Mir
passiert bestimmt nichts, bin doch einer der besten Kletterer.
Ich
hör schon die Kameraden die Treppe runter poltern, ich muss jetzt
los.
Pfüat
di alter Freund, bis bald.
Dominik
Richard
ließ den Brief sinken.
Michael
hob den Kopf von seiner Zeitschrift.
„Bub,
was ist denn los, du bist ja ganz blass?“
Stumm
reichte ihm Richard den Brief.
„Deshalb
hat das Hannerl den Dienst aufgekündigt und ist verschwunden. Armes
Dirndl, wo sie wohl hin ist, hat doch niemand auf der Welt.“
„Auf
jeden Fall muss ich sie suchen, das bin ich dem Dominik schuldig.“
Während
des Mittagessens überlegten sie wo er am besten mit seinen
Nachforschungen beginnen sollte.
Es war die Mutter, die auf die Idee
kam, beim Pfarrer nachzufragen, vielleicht hatte Hannerl sich ihm ja
anvertraut.
Richard
ging nach dem Essen hinüber zum Pfarrhof.
Er
klopfte an die Tür der Schreibstube.
„Grüß
Gott Herr Pfarrer, ich hoffe ich störe nicht.“
„Komm
nur rein Richard, ich versuche grad' meine Predigt für den Sonntag
zu schreiben, aber mir will einfach nix einfallen. Setz' dich doch!“
Er
deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.
Fragend
sah ihn Pfarrer Gietl an, dann hellte sich sein Gesicht auf.
„Du
willst das Aufgebot für die Bärbel und dich bestellen!“
Lächelnd
schüttelte Richard den Kopf.
„Das
hat noch Zeit, wir wollen erst den oberen Stock bei meinen Eltern
ausbauen, im Herbst fangen wir an.
Es
geht um die Holler Hannerl, vielleicht wisst ihr wo sie heute lebt.“
„Warum
willst das wissen?“
Richard
reichte ihm den Brief vom Dominik und erklärte, warum er ihn erst
heute bekommen hatte.
Still
ist es in der Stube und nur das gleichmäßige Ticken der alten
Standuhr war zu hören.
Pfarrer
Gietl hob den Kopf, seine Augen strahlten.
„Und
da gibt's doch tatsächlich Leut', die behaupten, es gibt keinen
Herrgott. Der Brief ist direkt aus dem Himmel gekommen.
Du
hast Recht, das Hannerl hat sich mir anvertraut.
Ich hab ihr geraten,
zum Wiesenhofer zu gehen, aber sie hat sich net getraut.
Deshalb hab
ich sie zu einem Heim für ledige Mütter geschickt.
Die haben ihr
dann weiter geholfen.
A Bub is und heißt Dominik wie sein Vater.
Hannerl hat dann eine kleine Wohnung und Arbeit in der Fabrik
gefunden, die aber leider vor kurzem Konkurs gemacht hat und das
Arbeitslosengeld reicht kaum zum Leben.
Ich hab dem Hannerl
vorgeschlagen zu mir zu kommen.
Sie kann der Theres zur Hand gehen,
die auch nimmer die Jüngste ist.
Aber sie hat net gwollt, fürchtet
halt das G'red der Leut, besonders da der Bub dem Dominik wie aus dem
Gesicht g'schnitten is.“
Er
strich den Briefbogen glatt.
„Sixt
der Brief kommt gerade zur rechten Zeit. Hier bekennt sich der
Dominik zum Hannerl und seinem Kind und außerdem enthält er noch
ein schriftliches Heiratsversprechen.
I
geb dir jetzt die Adress vom Hannerl, fahr morgen in die Stadt und
hol die beiden heim.
Und
i red' nachher no mit dem Wiesenhofer und seiner Frau.“
Er
reichte Richard den Zettel und dieser verabschiedete sich dankend.
Versonnen
sah der Pfarrer ihm nach, dann kam ihm blitzartig eine Idee.
Er
kramte in der Schreibtischschublade und holte ein Foto heraus.
Es
zeigte einen dreijährigen Jungen, der verschmitzt in die Kamera
blickte.
Es war Dominik, der seinem Vater sehr ähnlich sah. Hannerl
hatte das Bild vor einigen Wochen an ihn geschickt. Das Foto wollte
er zu seiner Unterredung mit den Wiesenhofers mitnehmen.
Richard
aber wurde von seinen Eltern schon erwartet und berichtete ihnen, was
er erfahren hatte.
Sie
saßen gerade beim Abendessen, als es klopfte und der Wiesenhofer
eintrat.
„Grüß
dich, Sepp,“ sagte Michael ,“ setz dich, magst mit essen?“
Der
alte Bauer schüttelte nur den Kopf und ließ sich schwerfällig auf
den angebotenen Stuhl sinken.
Ernst
sah er Richard an.
„Du
hast einen Brief vom Dominik bekommen?“
Richard
holte das Schreiben aus seiner Brieftasche und reichte es über den
Tisch dem Vater seines Freundes.
Nachdem
dieser den Brief gelesen hatte, fragte er mit Tränen in den Augen.
„Darf
ich ihn behalten?“
Als
Richard nickte, faltete der alte Mann das Papier sorgfältig zusammen
und steckte es in seine Joppentasche.
„Der
Herr Pfarrer hat gesagt, dass du morgen in die Stadt fährst um das
Hannerl und den Buben zu holen.
Sag dem Madl, dass sie herzlich
willkommen sind und bei uns eine Heimat haben, so wie es der Dominik
gewollt hätte.“
Er
stand auf und wandte sich zum gehen, dann drehte er sich noch einmal
um und meinte schmunzelnd.
„Die
Erna ist ganz narrisch vor Freud und stellt das ganze Haus auf den
Kopf um Zimmer für die beiden herzurichten.“
Gleich
nach dem Frühstück am nächsten Tag fuhr Richard in die Stadt.
Als
er später die beiden dann bei Josef und Erna Wiesenhofer ablieferte,
da war die Freude groß.
Erna
schloss das Hannerl liebevoll in die Arme und der kleine Dominik
eroberte die Herzen seiner Großeltern im Nu.
Richard
aber stahl sich leise davon und ging zum Friedhof.
Vor
dem Grab seines Freundes blieb er stehen.
„Bist
du zufrieden mit mir, Dominik? Das Hannerl und dein Sohn sind jetzt
da, wo sie hingehören.“
©
Lore Platz
Die Geschichte ist wieder viel zu schön um wahr zu sein liebe Lore. hab direkt ein Tränchen verdrückt!
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