Heute wollen wir Pinselchen weiter begleiten auf seinem Spaziergang durch den Wald. Mal sehen wem er diesmal begegnet.
Pinselchen
entdeckt weiter die Welt
Die
Nacht war vorüber.
Pinselchen
streckte sich und gähnte und war schon wieder hungrig. Aber von Papa
und Mama war nichts zu sehen. Die hatten wohl einen Ausflug gemacht
und ihn nicht geweckt.
Dann
würde er eben alleine spazieren gehen, schließlich war er doch groß
und so mutig.
Vorsichtig
lugte er aus dem Bau, wie er es gelernt hatte und dann sprang er in
großen Sprüngen davon.
Die
Sonne schien herrlich warm vom Himmel und ringsum duftete es.
Vor
ihm glitzerte etwas auf dem Boden und Pinselchen steckte seine Nase
hinein und zuckte zurück. Pfui, das war ja klebrig. Neugierig folgte
er der Schleimspur und traf auf eine Weinbergschnecke, die langsam
dahin kroch.
Locker
überholte er sie und blieb vor ihr stehen.
„Hallo,
wer bist du denn?“
Blitzschnell
verschwand die Schnecke in ihrem Haus und kam erst nach einiger Zeit
wieder heraus.
Sie
war etwas atemlos und stellte sich dann vor.
„Ich
bin Bummel, die Weinbergschnecke, weißt du das denn nicht, du dummer
Kerl?“
„Nöö,
hab dich doch noch nie getroffen. Und was machst du?“
„Ich
bin auf der Suche nach Futter, Löwenzahn, Pilzen und Blumen.“
„Was
ist ein Löwenzahn? Pilze und Blumen kenne ich.“
„Das
ist eine Pflanze, deren Blätter wie die Zähne eines Löwen
aussehen.“
Und
was ist bitte ein Löwe?“
„Du
weißt aber auch gar nichts!“
„Entschuldige,
ich bin ja auch noch klein!“
Die
Schnecke warf ihm einen genervten Blick zu und erklärte.
„Ein
Löwe ist ein Verwandter von dir und lebt in Afrika.“
Pinselchen
wollte schon fragen, wo denn Afrika liegt, aber dann ließ er es
bleiben und so meinte er nur.
„ Ich
weiß wo ein gelber Pilz ist.“
„ Ich
will aber nur rote,“ meinte die Schnecke schnippisch.
„Du
bist genauso so zickig wie meine Geschwister, nie passt etwas, was
ich vorschlage.“
Der
kleine Luchs sprang davon.
Kopfschüttelnd
sah die Schnecke ihm nach.
„Dummer
Junge,“ murmelte sie und kroch gemächlich ihres Weges.
Pinselchen
hatte die Schnecke bald vergessen, soviel gab es auch zu sehen.
In
der Ferne waren Geräusche zu hören, Stimmen und auch Lachen.
Schnell
verkroch sich der kleine Luchs in einem alten Fuchsbau und verhielt
sich mucksmäuschenstill.
Die
Stimmen kamen näher, es waren Wanderer, die lachten und erzählten
und schon waren sie vorbei.
Pinselchen
sah ihnen nach. Solche Riesen, die auf zwei Beinen liefen, hatte er
noch nie gesehen. Wie diese Tiere wohl hießen, er musste unbedingt
Mama und Papa fragen.
Nun
aber raus aus dem Fuchsbau und im Zickzack durch den Wald.
Doch
vor lauter Abenteuerlust hatte er vergessen sich die Richtung zu
merken, in der sein Zuhause lag.
Immer
weiter lief er zwischen den Bäumen, schnupperte da an einem
Tannenzapfen, bewunderte eine schöne Blüte und fand auch einige
rote Pilze, nur war die Schnecke nicht hier, aber egal, also weiter.
Als
es später Nachmittag war, wurde er müde, auch knurrte sein Magen,
war er doch ohne Frühstück einfach los gewandert.
Es
raschelte über ihm im Baum und ein schauriges Huhuuu erklang.
Ängstlich drückte Pinselchen sich in das grüne weiche Moos und
schloss die Augen.
Ein
Rauschen von Flügeln und ein großer Vogel landete neben ihm.
Vorsichtig öffnete der kleine Luchs die Augen.
„Wer
bist du denn?“ Seine Stimme zitterte ein wenig.
„Ich
bin Jango die Waldohreneule und wer bist du?“
„Ich
bin Pinselchen, der kleine schlaue Luchs und ich will die Welt kennen
lernen.“
„Nimm
dich in acht, bald wird es dunkel und die Welt ist manchmal
gefährlich. Lauf schnell nach Hause.“
Pinselchen
sah ihr traurig nach, wenn er nur wüsste, wo sein Bau lag. Er
sehnte sich plötzlich so nach Mama und Papa, selbst seine
Geschwister vermisste er.
Eine
Träne tropfte auf den Waldboden und er fühlte sich gar nicht mehr
so mutig und er heulte laut los.
Da
vernahm er plötzlich eine bekannte Stimme, die ihm antwortete und
Oberschlau, der Fuchs, der ganz in der Nähe der Luchse wohnte,
tauchte zwischen den Bäumen auf.
Er
nahm ihn ein Stückchen mit und bald erkannte Pinselchen die
vertraute Umgebung wieder und lief schneller und immer schneller und
verschwand glücklich im Bau.
Die
Wiedersehensfreude war groß, aber natürlich gab es auch Schelte von
Mama und Papa. Und er musste ihnen versprechen nie mehr den Bau zu
verlassen ohne Bescheid zu sagen.
Doch
als er sich bei seiner Mutter satt getrunken und anschließend
zusammenrollte, dachte er, bevor ihm die Augen zufielen:
'Wenn
ich immer vorher frage, sagen sie bestimmt nein und ich werde keine
Abenteuer erleben und genauso ein langweiliges Leben wie meine immer
braven Geschwister führen.'
©
Roswitha Borgfeldt