Montag, 7. September 2020

Pinselchen entdeckt weiter die Welt

Heute wollen wir Pinselchen weiter begleiten auf seinem Spaziergang durch den Wald. Mal sehen wem er diesmal begegnet.






  

Pinselchen entdeckt weiter die Welt




Die Nacht war vorüber.
Pinselchen streckte sich und gähnte und war schon wieder hungrig. Aber von Papa und Mama war nichts zu sehen. Die hatten wohl einen Ausflug gemacht und ihn nicht geweckt.
Dann würde er eben alleine spazieren gehen, schließlich war er doch groß und so mutig.
Vorsichtig lugte er aus dem Bau, wie er es gelernt hatte und dann sprang er in großen Sprüngen davon.
Die Sonne schien herrlich warm vom Himmel und ringsum duftete es.
Vor ihm glitzerte etwas auf dem Boden und Pinselchen steckte seine Nase hinein und zuckte zurück. Pfui, das war ja klebrig. Neugierig folgte er der Schleimspur und traf auf eine Weinbergschnecke, die langsam dahin kroch.
Locker überholte er sie und blieb vor ihr stehen.
Hallo, wer bist du denn?“
Blitzschnell verschwand die Schnecke in ihrem Haus und kam erst nach einiger Zeit wieder heraus.
Sie war etwas atemlos und stellte sich dann vor.
Ich bin Bummel, die Weinbergschnecke, weißt du das denn nicht, du dummer Kerl?“
Nöö, hab dich doch noch nie getroffen. Und was machst du?“
Ich bin auf der Suche nach Futter, Löwenzahn, Pilzen und Blumen.“
Was ist ein Löwenzahn? Pilze und Blumen kenne ich.“
Das ist eine Pflanze, deren Blätter wie die Zähne eines Löwen aussehen.“
Und was ist bitte ein Löwe?“
Du weißt aber auch gar nichts!“
Entschuldige, ich bin ja auch noch klein!“
Die Schnecke warf ihm einen genervten Blick zu und erklärte.
Ein Löwe ist ein Verwandter von dir und lebt in Afrika.“
Pinselchen wollte schon fragen, wo denn Afrika liegt, aber dann ließ er es bleiben und so meinte er nur.
Ich weiß wo ein gelber Pilz ist.“
Ich will aber nur rote,“ meinte die Schnecke schnippisch.
Du bist genauso so zickig wie meine Geschwister, nie passt etwas, was ich vorschlage.“
Der kleine Luchs sprang davon.
Kopfschüttelnd sah die Schnecke ihm nach.
Dummer Junge,“ murmelte sie und kroch gemächlich ihres Weges.
Pinselchen hatte die Schnecke bald vergessen, soviel gab es auch zu sehen.
In der Ferne waren Geräusche zu hören, Stimmen und auch Lachen.
Schnell verkroch sich der kleine Luchs in einem alten Fuchsbau und verhielt sich mucksmäuschenstill.
Die Stimmen kamen näher, es waren Wanderer, die lachten und erzählten und schon waren sie vorbei.
Pinselchen sah ihnen nach. Solche Riesen, die auf zwei Beinen liefen, hatte er noch nie gesehen. Wie diese Tiere wohl hießen, er musste unbedingt Mama und Papa fragen.
Nun aber raus aus dem Fuchsbau und im Zickzack durch den Wald.
Doch vor lauter Abenteuerlust hatte er vergessen sich die Richtung zu merken, in der sein Zuhause lag.
Immer weiter lief er zwischen den Bäumen, schnupperte da an einem Tannenzapfen, bewunderte eine schöne Blüte und fand auch einige rote Pilze, nur war die Schnecke nicht hier, aber egal, also weiter.
Als es später Nachmittag war, wurde er müde, auch knurrte sein Magen, war er doch ohne Frühstück einfach los gewandert.
Es raschelte über ihm im Baum und ein schauriges Huhuuu erklang. Ängstlich drückte Pinselchen sich in das grüne weiche Moos und schloss die Augen.


Ein Rauschen von Flügeln und ein großer Vogel landete neben ihm. Vorsichtig öffnete der kleine Luchs die Augen.
Wer bist du denn?“ Seine Stimme zitterte ein wenig.
Ich bin Jango die Waldohreneule und wer bist du?“
Ich bin Pinselchen, der kleine schlaue Luchs und ich will die Welt kennen lernen.“
Nimm dich in acht, bald wird es dunkel und die Welt ist manchmal gefährlich. Lauf schnell nach Hause.“
Pinselchen sah ihr traurig nach, wenn er nur wüsste, wo sein Bau lag. Er sehnte sich plötzlich so nach Mama und Papa, selbst seine Geschwister vermisste er.
Eine Träne tropfte auf den Waldboden und er fühlte sich gar nicht mehr so mutig und er heulte laut los.
Da vernahm er plötzlich eine bekannte Stimme, die ihm antwortete und Oberschlau, der Fuchs, der ganz in der Nähe der Luchse wohnte, tauchte zwischen den Bäumen auf.
Er nahm ihn ein Stückchen mit und bald erkannte Pinselchen die vertraute Umgebung wieder und lief schneller und immer schneller und verschwand glücklich im Bau.
Die Wiedersehensfreude war groß, aber natürlich gab es auch Schelte von Mama und Papa. Und er musste ihnen versprechen nie mehr den Bau zu verlassen ohne Bescheid zu sagen.
Doch als er sich bei seiner Mutter satt getrunken und anschließend zusammenrollte, dachte er, bevor ihm die Augen zufielen:
'Wenn ich immer vorher frage, sagen sie bestimmt nein und ich werde keine Abenteuer erleben und genauso ein langweiliges Leben wie meine immer braven Geschwister führen.'

© Roswitha Borgfeldt