Mittwoch, 20. Dezember 2023

Adventskalender Türchen 20

 

Inge Lasota
 

 

Der Stern, der vom Himmel fiel


Tinchen war ein kleiner Stern. 

Er war keiner der wichtigen Sterne bei denen die 

Sternengucker auf der Erde in Verzückung gerieten.

Nein, Tinchen war nur ein kleiner unwichtiger Stern 

unter Millionen Sternen.

Aber er war glücklich und freute sich wenn er in der 

Nacht sein Licht anknipsen durfte und er hing an 

einem ganz besonderen Platz, direkt neben dem 

großen Himmelstor.

Hier war immer etwas los.

Wenn er im Morgengrauen sein Licht ausknipste und 

Frau Sonne ihre Kinder auf die Erde schickte, 

stolperte über die Milchstraße das Sandmännchen 

müde und verschwand hinter dem Tor, um möglichst 

schnell in sein Bett zu kommen.

Kurze Zeit später purzelten dann die Engel kichernd 

und lachend an ihm vorbei, die die Engelsschule 

besuchten.

Tinchen liebte die pausbäckigen immer fröhlichen 

Gesellen.

Besonders um die Weihnachtszeit war es am 

schönsten.

Die Engel sangen, während sie hämmerten, klopften, 

nähten und backten.

Der Duft nach Plätzchen umschmeichelte Tinchens 

Nase und sie schloss verzückt die Augen.

Aufregend und hektisch wurde es jedes mal wenn der

Schlitten des HL. Nikolaus bepackt wurde.

Und eines Tages geschah ein großes Unglück.

Da sie zu spät waren, nahm Rupprecht die Kurve zu 

scharf, als er das Himmeltor verließ und traf Tinchen 

mit der Kufe und diese fiel und fiel und fiel in die 

Finsternis.

Hart schlug sie auf. 

Vorsichtig öffnete der kleine Stern die Augen und sah 

sich staunend um. 

Er lag im Schnee neben einigen großen grauen 

Mülltonnen.

Es raschelt und eine Maus kam mit ihren drei Kindern 

an getrippelt.

Sie beschnupperte das seltsame Ding.

Mama, was ist das fragen die Kinder.“

Ich weiß es nicht,“ wieder schnuppert Mama Maus 

Tinchen nieste und kicherte.

Lass das, das kitzelt!“

Erschrocken sprang die Maus zurück und ihre Kinder 

schmiegten sich Schutz suchend an sie.

Habt keine Angst!“

Wer bist du?“

Ich bin ein Stern und gestern Abend noch leuchtete 

ich am Himmel, leider wurde ich von Nikolaus 

Schlitten getroffen und nun liege ich hier auf der 

Erde.“

Tinchen ließ ihr Licht leuchten und die kleinen Mäuse 

jubelten, „oh wie schön!“

Zutraulich kamen sie näher und Tinchen erzählte 

ihnen vom Himmel.

Plötzlich hob Mama Maus die Nase und rief warnend.

Kater Carlo kommt, schnell versteckt euch!“

Blitzschnell verschwanden die Mäuse zwischen den 

Tonnen und durch ein Loch in der Mauer.

Neugierig sah Tinchen dem Kater entgegen, der mit 

hoch erhobenen Kopf und Schwanz über den Hof 

schlenderte, als würde er ihm gehören.

Nun hatte er die Mülltonnen erreicht und schnupperte 

an der Stelle an der die Mäuse verschwunden waren.

Missmutig wandte er sich ab. 

Da erblickte er Tinchen.

Neugierig beugte er sich hinunter und Tinchen 

kicherte, als seine Barthaare sie kitzelten.

Geh weg du Ungetüm!“

Das komische Ding kann ja sprechen?“

Ich bin kein komisches Ding, ich bin ein Stern!“

Pah, Sterne hängen am Himmel und liegen nicht im 

Schnee!“

Naja, aber ich bin halt heruntergefallen, als die Kufe 

von Nikolaus Schlitten mich traf.“

Carlo wandte den Kopf und seine Augen wurden zu 

Schlitzen.

Ich denke wir sollten hier verschwinden, da kommen 

die grässlichen Jungen, spring auf meinen Rücken, du 

kannst mir ja später erzählen, wie du auf die Erde 

gekommen bist, aber im Moment ist es hier für uns 

beide gefährlich.“

Mit Tinchen auf dem Rücken sauste er Hacken 

schlagend über den Hof verfolgt von den grölenden 

Jungen.

Aufatmend lehnte sich der Kater an eine Hausmauer 

und Tinchen glitt von seinem Rücken.

Die hätten wir abgehängt!“ grinste der kleine Stern, 

dem das ganze riesigen Spaß gemacht hatte.

Ein grollendes Geräusch aber ließ ihn zusammen 

fahren und ängstlich sah er sich um.

Was war den das?“

Carlo wird etwas rot und meinte verlegen.

“Mein Magen, ich habe Hunger.“

Ich habe nie Hunger.“

Na dann sei froh, ich schon und zwar gewaltigen, 

aber ich weiß wo wir hingehen können, komm, steig 

auf.“

Wieder geht es durch verschiedene Straßen. 

Vor einem großen Gebäude auf dessen Hof viele 

Kinder herumtollen bleibt Carlo stehen.

Wo sind wir?“

Das ist eine Schule und da drüben, das Mädchen mit 

der roten Mütze ist meine Freundin Annegret. 

Die teilt immer ihr Pausenbrot mit mir.“

Eine Schule, wie schön, im Himmel gibt es auch eine 

Engelsschule.“

Ach ich dachte Engel sitzen nur auf den Wolken und 

zupfen auf so einem komischen Ding und singen.“

Tinchen lachte herzlich.

Du meinst eine Harfe, viele Menschen glauben das.

Nein die Engel singen und lachen gerne, aber sie 

müssen auch lernen.“

Carlo zuckte nur mit den Schultern, denn er hatte 

Annegret entdeckt, die zu ihnen herüberkam.

Schnurrend strich er um ihr Beine, das Mädchen 

streichelte ihn und warf ihm einige Stücke ihres 

Pausenbrot hin. Während der Kater gierig fraß, 

betrachtete Tinchen das Mädchen.

Hallo, ich bin Tinchen.“

Du kannst sprechen?“

Annegret streckte die Hand aus und der Stern sprang 

hinauf und nun erzählte sie dem Mädchen wie sie auf 

die Erde gekommen ist.

Carlo, der sich inzwischen geputzt hatte, meinte,

frag Annegret, ob du mit ihr kommen kannst, es ist 

viel zu gefährlich hier unten für dich und ich kann 

nicht immer auf dich aufpassen.“

Tinchen schluckte.

Carlo lässt fragen, ob ich mit dir kommen darf, da es 

hier auf der Erde zu gefährlich für mich ist.“

Annegret sah den Kater lächelnd an.

Carlo heißt du, schön, dass ich das jetzt weiß. 

Gerne nehme ich deine kleine Freundin mit nach 

Hause.“

Wie staunte Tinchen, als sie Annegrets zuhause sieht. 

Überall war weihnachtlich geschmückt,ein großer 

Adventskranz stand in der Küche auf dem Tisch und 

an den Wänden hingen selbstgebastelte Strohsterne, 

verziert mit roten Bändern.

Nun begann für den kleinen Stern eine schöne, 

aufregende Zeit.

Während Annegret vormittags in der Schule war, 

versteckte sich Tinchen in deren Zimmer.

Nachmittags aber durfte sie gut verwahrt in der 

Tasche des Schneeanzugs das Mädchen begleiten, 

wenn es mit ihren Freunden auf dem Schlitten den 

Berg hinab sauste, oder über den zugefrorenen See 

mit den Schlittschuhen glitt.

Besonders schön war es abends, wenn sie auf dem 

Kopfkissen in Annegrets Bett lag und sie bis spät in 

die Nach quatschten. 

Das Mädchen wollte alles über ihr Leben im Himmel 

hören. Doch je mehr Tinchen erzählte, umso größer 

wurde ihr Heimweh.

Und als Annegret schlief, setzte sich der kleine Stern 

auf die Fensterbank und während er hinauf in die 

sternenklare Nacht sah, liefen die Tränen über sein 

Gesicht.

Eines Tages, es war kurz vor Weihnachten hörte 

Tinchen eine Autotür schlagen und sah wie Annegrets 

Papa eine ältere Dame ins Haus führte.

Das war wohl die Oma, von der das Mädchen schon 

seit Tagen erzählte.

Es war schon dunkel als Annegret in ihr Zimmer kam.

Entschuldige Tinchen, aber Oma Betty ist gekommen 

und wir hatten so viel zu erzählen.“

Ja, ich habe sie heute Morgen ankommen sehen, sie 

scheint sehr nett zu sein.“

Annegret warf ich aufs Bett und erzählte dem Stern 

von ihrer geliebten Oma.

Als Tinchen später in den dunkel Himmel hinauf sah, 

war ihr das Herz so schwer und Tränen liefen ihr über 

das Gesicht.

Warum weinst du?“

Annegret verließ ihr Bett und setzte sich neben den 

Stern auf die Fensterbank.

Eine Weile sahen sie schweigend in die dunkle Nacht, 

doch dann gestand Tinchen schluchzend ihre 

Einsamkeit und ihr Heimweh und ihre Angst nie 

wieder in den Himmel zurückzukehren.

Am nächsten Tag konnte sich Annegret in der Schule 

kaum konzentrieren immer wieder überlegte sie wie 

man Tinchen nur helfen könnte, dann hatte sie eine 

Idee.

Sie konnte es kaum erwarten, bis die Schule zuende 

war und lief ohne auf ihr Freundinnen zu achten nach 

Hause.

Sie stürzte durch die Tür, warf den Mantel auf die 

Ablage, schlüpfte aus ihren Stiefeln, und raste die 

Treppe hinauf.

Die Oma und die Mutter sahen sich an und lachten.

Weihnachtsgeheimnisse,“ murmelte die Oma.

Tinchen erschrak, als Annegret die Tür aufriss, hinter 

sich ins Schloss fallen ließ und sich atemlos auf die 

Fensterbank setzte.

Was ist geschehen?“

Das Mädchen wedelte mit den Armen, denn es konnte 

noch nicht sprechen.

Grinsend wandte sich der kleine Stern ab und sah 

wieder hinaus.

Ich habe eine Idee, wer dir helfen kann, dass du 

wieder nach Hause kommst.“

Wer?“

Meine Oma.“

Aber sie ist ein Mensch und du hast gesagt, dass es 

besser ist, wenn die Mensch mich nicht sehen.“

Ach meine Oma ist keine Gefahr und sie wird dich 

auch nicht verraten. Aber es gibt keinen klügeren 

Menschen als sie. Glaub mir sie findet einen Weg, wie 

du zurück in den Himmel kommen kannst.“

Annegret!“

Ich muss zum Mittagessen, danach legt Oma sich 

immer hin, aber sobald sie wieder wach ist gehen wir 

zu ihr.“

So lange ist den beiden noch nie die Zeit geworden. 

Immer wieder schlich sich das Mädchen zu Omas 

Zimmer, öffnete vorsichtig die Tür, um enttäuscht 

festzustellen, dass die alte Frau immer noch die 

Augen geschlossen hatte.

Doch Oma Betty hatte den heimlichen Besucher 

längst bemerkt und als Annegret wieder leise die Tür 

öffnet,rief sie fröhlich.

Komm schon herein, ich bin wach!“

Vorsichtig schleicht Annegret ins Zimmer und lässt 

sich zu Füßen ihrer Oma nieder.

Lange weiß sie nicht wie sie beginnen soll, dann 

streckte sie die Hand aus und Tinchen sprang darauf.

Die Oma zuckte zurück.

Was ist das? Ein neues elektronisches Spielzeug.“

Langsam schüttelte das Mädchen den Kopf.

Das ist ein Stern vom Himmel.“

Und die beiden erzählten nun der alten Frau Tinchens 

Geschichte.

Oma Betty lehnte sich zurück und murmelte nur:

Na sowas, na sowas,“

Kannst du uns helfen, Oma?“

Diese schloss die Augen.

Nun ist sie wieder eingeschlafen?“ flüsterte Tinchen.

Nein, sie denkt nach.“

Und wenn ihr beide ruhig wärt, dann könnte ich 

besser nachdenken.“

Still war es im Zimmer, man hörte nur das 

gleichmäßige Ticken der Uhr.

Oma Betty öffnete die Augen.

Ich habe eine Idee.“

Erwartungsvoll sahen sie die zwei an.

Am 23. um Mitternacht kommt doch das Christkind 

mit seinen Engel auf seinem Schlitten, um die 

Geschenke unter den Baum zu legen. 

Ich werde zusammen mit dem Stern im Wohnzimmer 

auf es warten und Tinchen kann dann mit dem 

Christkind zurück zum Himmel fahren.

Jubelnd fiel Annegret ihrer Oma um den Hals und 

Tinchen schmiegte sich dankbar an die Wange der 

alten Frau.

Schon gut , schon gut,“ brummte die alte Frau, „nun 

verschwindet, ich will noch ein bisschen ruhen.“

Annegret und Tinchen vergingen die nächsten Tage 

viel zu langsam, doch endlich war der 23. Dezember 

da.

Als die Eltern schliefen, schlich sich das Mädchen in 

Omas Zimmer.

Darf ich auch mitkommen?“

Nein, dann würde das Christkind gar nicht kommen, 

Kinder dürfen es nicht sehen.“

Annegret umarmte Tinchen, dann ging sie in ihr 

Zimmer und war bald eingeschlafen.

Oma Betty und der kleine Stern setzen sich im 

Wohnzimmer in den großen Lehnstuhl und bald waren 

sie auch eingeschlafen.

Tinchen wurde wach als die Tür sich leise öffnete und 

die Englein huschten herein, jedes ein Geschenk in 

den Händen.

Hinter ihnen erschien das Christkind und der kleine 

Stern erzählte ihm seine Geschichte.

Das heilige Kind lächelte liebevoll, nahm den kleinen 

Stern an der Hand und beugte sich über die alte Frau 

und strich sanft über deren Stirn.

Morgen wird sie alles vergessen haben,“ flüsterte sie 

und dann verschwanden alle so lautlos so wie sie 

gekommen waren.


Auch Annegret konnte sich am nächsten Tag nicht 

mehr an den Stern erinnern, denn in der Nacht hatte 

das Sandmännchen den Zauber des Vergessens über 

sie gestreut.


Tinchen aber hing wieder am Himmel und strahlte 

heller als vorher. Knecht Ruprecht hatte sich bei ihr 

entschuldigt und fuhr in Zukunft vorsichtiger um die 

Kurven.


(Lore Platz)


 

 

2 Kommentare:

  1. Danke liebe Lore und schöne Festtage von Ingelore

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  2. Danke für diesen Engelausflug, wenn auch ungewollt, aber mit Omas Idee ist ja alles nochmal gut gegangen. Auch die Entschuldigung und das Versprechen auf mehr Vorsicht hast du nicht vergessen. Mäuschen und Carlokater Begegnungen sind einfach nett. Sei lieb gegrüßt aus Dresden

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