Unsere Miezie
Eine Erinnerungsgeschichte
Sicher
hatten viele von euch auch ein Haustier in eurer Kindheit.
Ich
finde es schön, wenn man mit einem Tier zusammen aufwächst.
Wir
hatten eine Katze, die hieß Miezie.
Ich
habe die Endung absichtlich mit „ie“ geschrieben, weil wir die
Katze immer Mieziiiiiiiiiii gerufen haben, wenn wir sie suchten.
Eigentlich
war sie die Katze meiner Mutter und hat den Rest der Familie nur
geduldet.
Da
wir auf dem Land lebten, durfte die graue Tigerkatze natürlich über
Flur und Feld streifen.
An
unserer Wohnungstür war unten eine schmale Luke aus Metall für den
Briefträger.
Wenn
Miezie von ihren Streifzügen nach Hause kam, klapperte sie mit dem
Deckel, bis jemand öffnete.
Dann
stolzierte sie mit hoch erhobenen Schwanz wie eine Königin an dem
„Türöffner“ vorbei, warf ihm ein kurzes gnädiges „Miau“ zu
und schritt dann weiter zur Küche.
Wehe,
die Futterschüssel war leer, dann wurde sie solange mit der Pfote
bearbeitet bis ein diensteifriger Lakai angelaufen kam und sie
füllte.
Miezie
war aber auch eine gute Mäusefängerin.
Ich
weiß aber nicht, ob sie je eine Maus gefressen hat, denn meisten
spielte sie nur mit ihnen, denn an den seltsamsten Orten fanden wir
tote Mäuse.
Einmal
kam ich nicht in meine im Keller stehenden Gummistiefel, etwas
weiches hinderte mich daran.
Als
ich den Stiefel ausschüttete, fiel eine tote Maus heraus.
Ein
anderes Mal hatten wir Besuch von einem mit meinen Eltern
befreundeten Ehepaar.
Die
Frau wollte am Sonntag in die Kirche gehen.
Als
sie die Wohnungstür öffnete, fing sie entsetzlich zu kreischen an.
Fein
säuberlich hatte unsere Miezie drei tote Feldmäuse nebeneinander
auf dem Fußabtreter aufgereiht.
Sie
wollte uns nur zeigen wie fleißig sie die Nacht gearbeitet hatte.
Meine Schwester bekam wegen unser Katze einmal eine ordentlich mit der Rute gewischt.
Der
Bischof Nikolaus und sein scheußlich aussehender Knecht Ruprecht
waren gerade bei uns.
Ich
durfte den Stab halten, zitterte aber vor Angst und bemühte mich den
rauen Gesellen neben dem heiligen Mann nicht zu beachten.
Miezie
hatte da kein Bedenken.
Sie
sprang auf den Sack, den der Krampus auf dem
Rücken
hatte.
Mein
Schwester Karin fing an zu kichern und schon hatte sie die Rute im
Gesicht.
Zimperlich
waren die rauen Gesellen, die den Nikolaus begleiteten, damals nicht.
Überhaupt
waren die Sechziger eine rauere Zeit wie heute.
Es
war noch nicht üblich die Katzen sterilisieren zu lassen und damit
die Vermehrung nicht überhand nahm, wurden die Kleinen gleich nach
der Geburt entsorgt.
Unserer Miezie passierte das nur einmal, denn sie war schlau.
Als
sie wieder einmal dem betörendem Gesang eines Katers nicht
widerstehen konnte und trächtig wurde, verschwand sie eines Tages.
Mutti
machte sich große Sorgen um die Katze, aber sie blieb unauffindbar.
Wir
dachten schon es wäre ihr was passiert.
Doch
als meine Mutter eines Tages aus dem Küchenfenster sah, wer kam da
nicht mit hocherhobenem Schwanz mit drei kleinen Katzen die Straße
herunter? Miezie!
Als
mein kleine Schwester Renate geboren wurde, kam Mutti für einige
Tage ins Krankenhaus.
Von
diesem Tag an hörte Miezie auf zu fressen.
Wir
bettelten, wir schmeichelten und hielten ihr die schönsten
Leckereien unter die Nase.
Miezie
hob nur kurz den Kopf und ließ ihn dann apathisch wieder sinken.
Wir
fürchteten schon, sie würde eingehen.
Kaum
aber war Mutti wieder zuhause, kam Leben in die Katze.
Sie
schnurrte wieder, sie fraß wieder und lief unserer Mutter auf
Schritt und Tritt nach.
Ich
denke kein Mensch kann so treu sein, wie ein Tier!
©
Lore Platz 13.02.2019
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