Mittwoch, 13. Februar 2019

Unsere Miezie Eine Erinnerungsgeschichte

 

 

 

 

Unsere Miezie 

Eine Erinnerungsgeschichte


Sicher hatten viele von euch auch ein Haustier in eurer Kindheit.
Ich finde es schön, wenn man mit einem Tier zusammen aufwächst.
Wir hatten eine Katze, die hieß Miezie.
Ich habe die Endung absichtlich mit „ie“ geschrieben, weil wir die Katze immer Mieziiiiiiiiiii gerufen haben, wenn wir sie suchten.
Eigentlich war sie die Katze meiner Mutter und hat den Rest der Familie nur geduldet.
Da wir auf dem Land lebten, durfte die graue Tigerkatze natürlich über Flur und Feld streifen.
An unserer Wohnungstür war unten eine schmale Luke aus Metall für den Briefträger.
Wenn Miezie von ihren Streifzügen nach Hause kam, klapperte sie mit dem Deckel, bis jemand öffnete.
Dann stolzierte sie mit hoch erhobenen Schwanz wie eine Königin an dem „Türöffner“ vorbei, warf ihm ein kurzes gnädiges „Miau“ zu und schritt dann weiter zur Küche.
Wehe, die Futterschüssel war leer, dann wurde sie solange mit der Pfote bearbeitet bis ein diensteifriger Lakai angelaufen kam und sie füllte.
Miezie war aber auch eine gute Mäusefängerin.
Ich weiß aber nicht, ob sie je eine Maus gefressen hat, denn meisten spielte sie nur mit ihnen, denn an den seltsamsten Orten fanden wir tote Mäuse.
Einmal kam ich nicht in meine im Keller stehenden Gummistiefel, etwas weiches hinderte mich daran.
Als ich den Stiefel ausschüttete, fiel eine tote Maus heraus.
Ein anderes Mal hatten wir Besuch von einem mit meinen Eltern befreundeten Ehepaar.
Die Frau wollte am Sonntag in die Kirche gehen.
Als sie die Wohnungstür öffnete, fing sie entsetzlich zu kreischen an.
Fein säuberlich hatte unsere Miezie drei tote Feldmäuse nebeneinander auf dem Fußabtreter aufgereiht.
Sie wollte uns nur zeigen wie fleißig sie die Nacht gearbeitet hatte.

Meine Schwester bekam wegen unser Katze einmal eine ordentlich mit der Rute gewischt.
Der Bischof Nikolaus und sein scheußlich aussehender Knecht Ruprecht waren gerade bei uns.
Ich durfte den Stab halten, zitterte aber vor Angst und bemühte mich den rauen Gesellen neben dem heiligen Mann nicht zu beachten.
Miezie hatte da kein Bedenken.
Sie sprang auf den Sack, den der Krampus auf dem
Rücken hatte.
Mein Schwester Karin fing an zu kichern und schon hatte sie die Rute im Gesicht.
Zimperlich waren die rauen Gesellen, die den Nikolaus begleiteten, damals nicht.
Überhaupt waren die Sechziger eine rauere Zeit wie heute.
Es war noch nicht üblich die Katzen sterilisieren zu lassen und damit die Vermehrung nicht überhand nahm, wurden die Kleinen gleich nach der Geburt entsorgt.

Unserer Miezie passierte das nur einmal, denn sie war schlau.
Als sie wieder einmal dem betörendem Gesang eines Katers nicht widerstehen konnte und trächtig wurde, verschwand sie eines Tages.
Mutti machte sich große Sorgen um die Katze, aber sie blieb unauffindbar.
Wir dachten schon es wäre ihr was passiert.
Doch als meine Mutter eines Tages aus dem Küchenfenster sah, wer kam da nicht mit hocherhobenem Schwanz mit drei kleinen Katzen die Straße herunter? Miezie!

Als mein kleine Schwester Renate geboren wurde, kam Mutti für einige Tage ins Krankenhaus.
Von diesem Tag an hörte Miezie auf zu fressen.
Wir bettelten, wir schmeichelten und hielten ihr die schönsten Leckereien unter die Nase.
Miezie hob nur kurz den Kopf und ließ ihn dann apathisch wieder sinken.
Wir fürchteten schon, sie würde eingehen.
Kaum aber war Mutti wieder zuhause, kam Leben in die Katze.
Sie schnurrte wieder, sie fraß wieder und lief unserer Mutter auf Schritt und Tritt nach.
Ich denke kein Mensch kann so treu sein, wie ein Tier!

© Lore Platz