Ich habe einmal mit Regina zusammen eine Geschichte geschrieben und darin kam ein Troll vor.
Dieser Troll ist mir so ans Herz gewachsen, dass ich ihn adoptiert habe und eine eigene Serie über ihn geschrieben habe.
Viel Spaß beim Lesen!
Hermann
verliert sein Zuhause
Hermann
stapft auf seinen kleinen stämmigen Beinen durch den Wald und
hinterlässt im frisch gefallenen Schnee
Fußspuren
so klein wie Babyschuhe.
Als
er Stimmen hört versteckt er sich schnell hinter einem Busch.
Zornig
runzelt der kleine Troll die Stirn. Da war er schon wieder der
Grünberockte und diesmal hatte er noch einen Mann dabei. Was wollten
die nur hier, sie sollten gefälligst verschwinden.
Hermann
presst unwillig die Lippen zusammen.
Die
Tanne gehört
schließlich ihm, denn darunter liegt seine kleine gemütliche
Wohnung.
Es
raschelt und der braun gefleckte Jagdhund steht vor Hermann.
„Verschwinde!“
zischt dieser und wedelt heftig mit beiden Händen.
Der
Hund sieht ihn nur mit seinen braunen Augen aufmerksam an.
Da
haut ihm Hermann eins auf die Nase
und macht sein schrecklichstes wütendes Trollgesicht. Der
Hund jault leise und schiebt sich rückwärts aus dem Gebüsch.
Der
Troll aber stapft mit den Füßen auf und schlingt die Arme um sich,
denn langsam beginnt er zu frieren.
Endlich,
sich leise unterhaltend gehen die beiden Männer
weiter,
gefolgt von dem Jagdhund, der noch einmal zurück blickt.
Hermann
wartet noch ein wenig, dann läuft er so schnell ihn seine stämmigen
Beine tragen können zu der Tanne und schlüpft in seine Wohnung.
Gemütlich
hat er es sich eingerichtet. Die Hälfte des Raumes nimmt ein weiches
Bett aus Moos ein. Ein Schaukelstuhl, von ihm selbst gezimmert, steht
davor und gegenüber auf einem Tisch stehen einige Gläser mit
Marmelade, Kirschen, und Mirabellen, daneben liegt ein großer
Löffel. Unter dem Tisch sind Nüsse, die er im Herbst gesammelt
hat, aufgehäuft
Die
Gläser mit der Marmelade und eingemachtem Obst hat ihm der Mann ohne
Haare gebracht.
Einmal,
es war im Sommer gewesen, hatte Hermann sich in einem Dornbusch
verfangen und der alte Mann hatte ihn gerettet. Seit dem sind sie
Freunde und ab und zu kommt der Mann ohne Haare vorbei und bringt ihm
etwas zu essen, besonders jetzt im Winter, wo im Wald nichts mehr zu
finden war.
Hermann
nimmt den Löffel und taucht ihn tief in das Marmeladenglas.
Genussvoll lässt er dann die süße
Köstlichkeit im Mund
vergehen. Hmmm! Hermann hat eine große Schwäche für Süßigkeiten.
Zufrieden
setzt er sich auf seinen Schaukelstuhl und seine Gedanken schweifen
in die Vergangenheit.
Er
war der letzte Troll, der nach der großen Katastrophe übrig
geblieben war. Der mächtige Feenkönig hatte das Trollreich
vernichtet und nur er blieb verschont, wegen seines guten Herzens.
Hermann
war der jüngste und schwächste seiner Familie und schon immer etwas
anders. Seine Geschwister hänselten und knufften ihn, sein Vater
verachtete ihn und seine Mutter schämte sich seiner.
Und
auch den anderen Trollen war er ein Dorn im Auge,
besonders
nachdem er einen Wichteljungen aus dem See gerettet hatte.
Trolle
taten so etwas nicht, sie waren böse, raubten, zerstörten und
freuten sich an dem Elend, das sie hinterließen.
Gutsein
bedeutete Schwäche und Schwäche war verachtenswert. So hatte
Hermann früh gelernt sein gutes Herz hinter einer finsteren Miene zu
verbergen.
Das
Trollreich lag in einer Schlucht umgeben von riesigen Bergen. Auf
einer großen Wiese weideten die Tiere, die sie von ihren Raubzügen
bei den Bauern im Tal, mitgebracht hatten.
Schiefe
hässliche Häuser reihten sich aneinander in denen die Trolle aber
nur schliefen wenn es regnete, ansonsten lagerten sie im Freien.
Wenn
sie wieder einmal von einem Raubzug zurück kamen, dann feierten sie
ein Fest das tagelang dauerte.
Hermann
aber hielt sich abseits. Er fühlte sich nicht wohl unter den
grölenden, schmatzenden, rülpsenden Artgenossen.
Eines
Tages aber trieben sie es zu weit. Sie brachten von ihren Raubzügen
die schöne Tochter des Feenkönig mit. Der Sohn des Anführers
wollte sie heiraten, da diese sich aber weigerte, sperrten sie das
Mädchen in eine Hütte. Dort wollten sie sie hungern lassen bis sie
ja sagte.
Hermann
aber hatte Mitleid mit der Feenprinzessin. Als nach einem ausgiebigen
Gelage alle wieder schliefen, nahm der den Schlüssel aus der Tasche
des schnarchenden Anführers und befreite das Mädchen.
Dies
sollte ihm das Leben retten.
Denn
bereits am nächsten Morgen kam der Feenkönig und rächte sich
fürchterlich. Er ließ die großen Felsen ringsum einstürzen und
vernichtet das Trollreich und alle seine Bewohner. Nur Hermann blieb
verschont, weil er die Prinzessin befreit hatte.
Ein
lautes Klopfen an der Tür holt Hermann aus seinen Gedanken zurück.
Er
öffnet die knarrende Tür und steckt seinen dicken zotteligen Kopf
heraus.
Draußen
steht der Mann ohne Haare und bei ihm die beiden Langhaare, mit denen
er in letzter Zeit immer durch den Wald streift.
„Was
willst du?“ fragt er grimmig.
„Du
hast ja heute wieder eine Laune!“
„Wer
sind die Langhaare?“ der Kleine deutet mit dem Finger auf die
Mädchen.
„Das
sind meine Enkelinnen Renate und Susi, sie wollen dich kennen
lernen.“
„Also
nun kennen sie mich ja!“
Der
Troll will zurück in seine Wohnung, doch blitzschnell packt ihn der
alte Mann am Rockzipfel und hebt ihn hoch.
„Lass
mich sofort los, du dummer alter Mann!“ kreischt er wütend.
„Du
kannst nicht hierbleiben, bald kommen die Waldarbeiter und werden den
Baum fällen.“
„Niemand
wird meine Wohnung fällen, ich werde sie verzaubern.“
„Du
vergisst, dass dir deine Zauberkräfte genommen wurden,“ meint Opa
Schindel leise und setzt Hermann vorsichtig auf den Boden.
Der
Troll sieht traurig auf seinen Baum, der solange sein Zuhause war.
„Du
kannst bei mir im Schuppen wohnen, dort hast du Platz und es ist
schön warm.“
„ Ja
und wir werden es dir ganz gemütlich machen,“ versprechen die
Mädchen.
„Ich
will aber nicht bei dir wohnen, ich will hier bleiben, hier unter
meinem Baum!“
Wütend
stapft der kleine Gnom mit dem Fuß auf, dann setzt er sich in den
Schnee und beginnt lauthals zu weinen.
Mitleidig
beugen sich die Mädchen zu ihm hinab und Renate nimmt die
Plätzchendose aus dem Rucksack und als sie den Deckel öffnet
versiegen die Tränen so schnell wie sie gekommen sind.
Die
Hand des Trolls fährt blitzschnell in die Dose, packt ein paar
Plätzchen und stopft sie in den Mund.
Opa
und die Mädchen lachen.
Hermann
aber verschwindet in seinem Haus und kommt gleich darauf mit den
Einmachgläsern wieder, die er im Schnee abstellt.
Renate
und Susi verstauen die Gläser in ihren Rucksäcken.
Hermann
läuft zurück und als er wieder kommt zieht er seinen Schaukelstuhl
hinter sich her.
Opa
Schindel nimmt den Stuhl unter den Arm und dann gehen sie gemeinsam
nach Hause.
Sehr
viel später, als Hermann in seiner neuen gemütlichen Stube in der
Ecke des Schuppens in seinem Schaukelstuhl sitzt, einen Teller voller
Plätzchen auf dem Schoß, eine lecker duftende Tasse Kakao auf dem
Tisch neben sich, da ist er doch recht zufrieden mit seiner neuen
Behausung.
Am
nächsten Morgen kommt eine der Langhaare, Susi heißt sie wohl, zu
ihm in den Schuppen und fragt, ob er mit ihnen kommen möchte, sie
wollen seine Tanne im Dorf bewundern.
Erst
will er nicht, doch dann siegt die Neugier, vielleicht waren es ja
auch die Plätzchen, die das andere Langhaar bringt und sich der
Bitte anschließt.
Hermann
wird in Susis Rucksack gesteckt und nun gehen die vier mit dem Troll
auf dem Rücken ins Dorf.
Hermann
staunt, wie wunderschön seine Tanne aussieht. Sie ist geschmückt
mit Kugeln, Strohsternen, Engeln und Lametta und hunderte von
Lichtern leuchten.
Als
dann die Menschen noch anfangen zu singen, da wird es dem Troll ganz
eigenartig ums Herz.
Und
er ist stolz auf seinen Baum, er nun in einem wunderbaren Licht
erstrahlt.
© Lore Platz 12.02.2019
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