Schwere Zeiten sind es für uns im Moment, sowie viele Generationen vor uns und viele nach uns auch schwere Zeiten erleben, denn das Leben ist niemals leicht oder gerecht. Wünsche euch einen schönen Tag.
Ist der November auch trüb und grau
Die Wolken nicht mehr himmelblau
wir müssens ertragen
doch denkt daran in 26 Tagen
zünden wir schon das erste Kerzlein an
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(c)RMzV |
Hände
haben mich schon immer fasziniert und wenn ich einem Menschen zum
ersten Mal begegnete, dann sah ich zuerst auf seine Hände.
Dabei
weiß ich nicht einmal warum, vielleicht aus einem Instinkt heraus,
denn es ist wichtig welchen Händen man sich anvertraut.
Mein
Vater hatte große, warme Hände, Hände denen man sich anvertrauen
konnte. Wenn die ganze Familie sonntags zu einem Spaziergang
aufbrach, dann schlüpfte meine kleine Hand in seine große und ich
wusste, es kann mir nichts geschehen.
Dieses
Gefühl hatte ich bis zu seinem Tod.
Es
war auch das Bild der betenden Hände von Albrecht Dürer, das sein
Sterbebildchen zierte.
Albrecht
Dürer schuf diese Zeichnung wohl nach seinen eigenen Händen,
gedacht war sie für einen im Jahre 1507 von Josef Heller, einen
Frankfurter Patrizier, bestellten Altar und galt wohl als Vorlage für
eine Apostelfigur.
Für
uns aber war sie das Sinnbild für die arbeitsamen Hände unseres
Vaters, der immer für seine Familie da war und oft seine Hände
schützend über uns hielt.
Meine
Mutter hatte feine zarte Hände, Künstlerhände und unter ihren
Händen entstanden auch die schönsten Handarbeiten.
Doch
der Krieg und die Zeit danach hat diese Hände auch zu groben
Arbeiten gezwungen.
Von Holzhacken bis stundenlang am Waschbrett
stehen musste sie alle Arbeiten verrichten und blieb doch immer Dame
dabei.
Mein
Mann war kein Schönling, aber er hatte starke, sensible Hände,
denen man sich anvertrauen konnte und ich habe es nie bereut.
Je
mehr man über Hände nachdenkt merkt man, wie wichtig diese doch
sind und vor allem wie sehr man doch aufpassen muss, sich den
richtigen Händen anzuvertrauen.
Denn
Hände können nicht nur Schönes schaffen, sie können auch
zerstören.
Sie
können unendlich zärtlich sein, aber auch grausam und brutal.
Sie
können erschaffen und zerstören!
Sie
können Wunderschönes schreiben, aber auch Hassparolen an die Wände
schmieren.
Ich
wünsche mir, dass die Welt immer in guten starken Händen liegt,
damit die bösen zerstörerischen Hände niemals die Oberhand
gewinnen.
Dies könnte die Geschichte meiner Eltern sein
Die
Hände einer Mutter
Adelheid
sitzt am offenen Fenster, die schönen zarten Hände im Schoß
verschlungen und sieht träumend hinaus. Sie bemerkt nicht die
Schmetterlinge die fröhlich tanzend die Blumen umgaukeln.
Hört nicht das eifrige Summen der Bienen, die in die geöffneten
Kelche schlüpfen und mit schweren Körbchen davon fliegen. Auch das
Zirpen der Grillen erreicht sie nicht, denn ihre Gedanken sind bei
Arthur, dem Mann, dem all ihre Liebe gilt.
Es
klopft und er tritt herein.
Leicht
errötend sieht sie ihm entgegen.
Und
als er ihr dann den Verlobungsring an den Finger steckt und sie
anschließend mit fröhlich blitzenden Augen herum schwenkt, ist ihr
Glück vollkommen.
Wenige
Monate später schreitet sie am Arm ihres Vaters durch den Mittelgang
der geschmückten Kirche und ihr Vater übergibt sie seinem
Schwiegersohn.
Ein
Jahr später wird ihre kleine Tochter Amelie geboren und als sie
über das samtweiche Köpfchen streicht, da fühlt sie sich als der
glücklichste Mensch unter der Sonne.
Sie
ahnt noch nicht, welch steiniger, dorniger Weg vor ihr liegt.
Dunkle
Wolken erscheinen am Himmel und das Kriegsgeschrei wird immer lauter.
Und
eines Tages steht Arthur in Uniform vor ihr und seine Augen, die
immer so lustig blitzten, sind ernst und traurig.
Mit
beiden Händen umfasst sie sein geliebtes Gesicht und
flüstert:
„Gott schütze dich und lasse dich gesund wieder kehren.“ Und in
beider Augen stehen Tränen.
Ein
letzter Kuss, eine stumme Umarmung und er geht.
Adelheid
bleibt mit wehen Herzen zurück, doch ihrer Tochter zuliebe versucht
sie den Alltag so normal wie möglich zu gestalten.
Der
Krieg hat das eigene Land noch nicht erreicht und hier geht alles
weiter wie immer.
Nur
die Mütter und Frauen die ihre Söhne und Männer an der Front
haben, weinen heimlich stille Tränen.
Wenn
ein Feldpostbrief kommt, dann öffnet Adelheid ihn mit zitternden
Händen und atmet erleichtert auf, dass er noch lebt, doch sie liest
auch den Schmerz und den Kummer zwischen den Zeilen.
Abends
wenn die Kleine schläft, dann schreibt sie ihm und erzählt von der
kleinen Amelie, dass sie nun schon laufen kann und beginnt die
Umwelt, die sie faszinierend findet, zu erforschen.
Sie
jammert nicht, sie klagt nicht, sie bemüht sich die Briefe heiter zu
gestalten und so schickt sie ihm einen kleinen Sonnenstrahl in die
grausame, blutige Welt, die ihn umgibt.
Der
Krieg, der nur ein Jahr dauern sollte, wird immer schlimmer und
grausamer und die Jahre vergehen und immer noch ist kein Ende in
Sicht.
Und
als Amelie gerade eingeschult wird erreicht er das eigene Land.
Wenn
das schrille Kreischen des Fliegeralarms ertönt, nimmt sie mit der
einen Hand Amelie, mit der anderen den gepackten Koffer und läuft in
den Keller.
Dort
tröstet sie das verängstigte Kind, streichelt zärtlich ihre Locken
und dann beginnt sie mit ihrer schönen Stimme zu singen. Die anderen
Kinder im Raum scharren sich um sie und beginnen die Kinderlieder
mitzusingen und lauschen den Geschichten, die sie ihnen
erzählt.
Eine
Bombe trifft das Haus ihrer Eltern und begräbt beide darin.
Zu
all dem Schmerz kommt auch noch die Sorge um Arthur, denn schon lange
war kein Brief mehr gekommen.
Doch
Amelie zuliebe verschließt sie ihren Kummer ganz tief in ihrem
Herzen.
Auch
wird der Alltag von Tag zu Tag schwerer und die Lebensmittel knapper.
Oft
müssen sie hungrig zu Bett gehen, aber immer wieder gelingt es ihr
die Kleine aufzuheitern und sie den Hunger vergessen zu lassen.
Dann
kommt der Frieden und eines Tages steht Arthur in der Tür, hager,
schmutzig und seine Augen sind stumpf und leer.
Glücklich
eilt sie ihm entgegen, legt beide Hände um sein Gesicht und
flüstert.
„Gott
sei gedankt, er hat dich wieder nach Haus gebracht.“
Und
in beider Augen stehen Tränen.
Nachts
wenn die Dämonen ihn plagen ist sie bei ihm und streichelt ihn mit
linder, zarter Hand bis eines Tages seine Seele wieder geheilt ist.
Die
Zeiten werden besser. Arthur hat wieder einen Job als Ingenieur und
sie bauen sich ein Haus. Adelheid richtet sich im Dachgeschoss ein
Atelier als Schneidern ein.
Denn
als sie während des Krieges ihre eigenen Kleider für Amelie
umgeändert hat, hat sie ihr Talent fürs Nähen entdeckt.
Eines
Tages entwirft und näht sie ein Brautkleid für ihre Tochter.
Und
wie einst ihr Vater sie, so führt nun Arthur seine Tochter durch den
Mittelgang der geschmückten Kirche und übergibt sie seinem
Schwiegersohn.
Dann
setzt er sich neben Adelheid und ihre Hände finden sich und beide
haben Tränen in den Augen.
Nach
und nach kommen die Enkelkinder und sie bringen wieder
Glück
und Freude ins Haus.
Eines
Tages fährt Adelheid das letzte Mal mit der Hand über Arthurs
Gesicht und schließt seine Augen für immer.
Ihre
Kinder bitten sie, bei ihr einzuziehen und die Enkelkinder sind
begeistert.
Niemand
kann so gut trösten wie die Oma.
Wenn
sie mit ihrer Hand zart über ihre Köpfe streicht und sie so lieb
anschaut, dann ist aller Kummer und Schmerz vergessen.
Während
sie inmitten ihrer Enkel sitzt und ihnen Märchen erzählt, dann
klappern vergnügt die Stricknadeln.
Denn
ihre Hände haben verlernt ruhig im Schoß zu liegen.
Dafür
sorgt erst ein Höherer.
Eines
morgens nimmt Amelie die Hände ihrer Mutter und legt sie gekreuzt
auf ihre Brust.
Und
Amelies Hand fährt sacht über die Augen der Mutter und schließt
sie für immer.
©
Lore Platz 19.07.2014
Wunderbar geschrieben Lore!
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