Vor vielen Jahren hatten wir einmal in einem kleinen Dorf ein Haus gemietet. Hinter dem Haus war ein Stück Wiese mit einem Kirschbaum und ein kleiner Garten, in dem Kurtl seine geliebten Tomaten anpflanzen konnte.
Vor dem Haus aber war ein kleiner Vorgarten, den ich wild wuchern ließ. Mir gefiel das, aber nicht meiner Vermieterin.
Sie kniete eines Tages in dem kleinen Gärtchen und rodete es mit Begeisterung, dann pflanzte sie Tulpen an und kam immer wieder um ja jedem kleinsten Unkraut den Garaus zu machen.
Eine
große grüne Raupe kroch direkt vor Ferdinands Nase und er
musste nur noch zuschnappen, da wurde er unsanft aus seinem Schlummer
geweckt.
Ein
komisch surrendes Geräusch ertönte und die Blätter, unter denen
sich der kleine Igel vergraben hatte, verschwanden in einem seltsamen
Gerät.
Ein
Mann und ein Junge standen vor Ferdinand, der sich sofort in eine
Kugel verwandelte und der Junge rief.
„Papa
ein Igel!“
„Lass
ihn liegen, der ist voller Flöhe!“
Ferdinand
aber blieb lange liegen, bis die Geräusche im Garten verstummten.
Dann
erst wagte er seine Verteidigungsstellung aufzugeben.
Die
kleinen schwarzen Knopfaugen sahen sich prüfend um.
Kein
einziges Blatt lag mehr im Garten und auch sonst konnte er keinen
geeigneten Unterschlupf entdecken.
Dabei
waren die Temperaturen bereits gefallen und er brauchte ein
Winterquartier. Nun musste er sich erneut auf die Suche machen. Dabei
hatte er doch so großen Hunger, kein Wunder, dass er von leckeren
Raupen träumte.
Zum
Fressen fand er auch nichts mehr, denn die Insekten hatten sich bei
der Kälte alle in ihre Schlupflöcher verkrochen.
Wenn
er den Winter überleben wollte musste er unbedingt schlafen.
Seufzend
trippelte Ferdinand los und grub sich mit seinen kräftigen
Vorderbeinen unter dem Lattenzaun durch.
Vor
ihm lag die Straße. Der Igel wusste, wie gefährlich diese war, denn seine
Mutter hatte ihn gewarnt und zwei seiner Geschwister waren von einer
lauten stinkenden Maschine platt gewalzt worden.
Ferdinand
fasste sich ein Herz und, die gegenüberliegende Seite nicht aus den
Augen lassend, lief er los.
Ein
großes blaues Auto kam auf ihn zu, doch der Igel bemerkte es nicht,
auch hätte er sich gar nicht in Sicherheit bringen können.
Aber
eine ältere Dame sah in welcher Gefahr der kleine Kerl steckte. Sie
lief auf die Straße, packte den kleinen Igel, warf ihn in ihren
Einkaufskorb und hastete zurück.
Der
Autofahrer fuhr wild hupend vorbei.
Amalie
Garner blickte lächelnd auf die kleine stachelige Kugel in ihrem
Korb.
Was
sollte sie nun mit dem kleinen Kerl machen? Am besten sie brachte ihn
zu Doktor Helfrecht.
Bald
lag Ferdinand auf dem Tisch und der Tierarzt versuchte ganz
vorsichtig die kleine Kugel zu öffnen.
Nachdem
er den Igel gründlich untersucht hatte, sah er Frau Garner lächelnd
an.
„Kerngesund,
wäre doch schade gewesen, wenn er unter die Räder gekommen wäre.“
„Was
soll ich aber nun mit ihm machen?“
„Am
besten sie nehmen ihn zu sich nach Hause.
Ihr Garten ist doch
bestens geeignet für so einen kleinen Kerl, bei ihnen wird er sich
wohl fühlen.“
Amalie
wird etwas rot.
„Meine
Nachbarn sagen, ich würde meinen Garten verwildern lassen.“
„Ja,
die Ordnungsliebe unserer Landsleute, am wohlsten fühlen sie sich,
wenn ihre Gärten sauber sind wie ihre
Wohnzimmer
und bedenken gar nicht, dass die Tiere sich dort gar nicht wohl
fühlen.
Sehen
sie zum Beispiel der Igel, er braucht einen Unterschlupf, damit er
tagsüber schlafen kann, denn er ist ein nachtaktives Tier. Und er
ist ja auch nützlich, frisst er doch Käfer, Raupen und Schnecken
und sorgt so für das Gleichgewicht in der Natur und hält die Gärten
von Schädlingen frei.
Aber
zuerst brauchen sie mal für den Kleinen hier ein Winterquartier.
Außerdem sollten sie ihn vorher noch ein wenig aufpäppeln, sein
Gewicht ist gerade so an der Grenze. Es ist noch ein Jungtier.“
Der
Tierarzt betrachtete lächelnd den Kleinen, der nun neugierig den
Tisch erkundete.
„Am
besten sie setzen ihn in eine Schachtel, die sie in die Nähe der
Heizung stellen. Futter gebe ich ihnen mit und auch eine Tinktur für
die Flöhe.“
„Kann
er denn in der Schachtel auch überwintern?“
"Nein,
er braucht etwas, wo er sich verkriechen kann am besten bauen sie
eine Igelburg! Die kann auch dann das ganz Jahr genutzt werden. Ich
bin sicher ihr Sohn wird ihnen helfen und ihre Enkelkinder werden den
größten Spaß beim bauen haben.“
Der
Tierarzt schmunzelte und auch Amalie lächelte.
Versehen
mit Futter und Tinktur machte sich die alte Dame auf den Heimweg.
Eine
passende Schachtel ist bald gefunden, sie polsterte sie mit weichen
Papiertüchern aus, und zwei kleine Kompottschüsseln dienten als
Futter und Wassernapf.
Dann
setzt sie den kleinen Igel hinein. Vorsorglich hatte sie vorher ihre
Gartenhandschuhe angezogen.
Ihre
Familie staunte, als sie am Sonntagnachmittag zum Kaffee kam. Torsten
und Ellen waren gar nicht von der Schachtel wegzubringen.
Erst
als die Oma mahnte, dass der kleine Kerl seine Ruhe brauchte, gingen
sie widerstrebend zum Tisch zurück.
Als
Amalie ihren Sohn Richard fragte, ob er ihr eine Igelburg bauen
würde, da stimmt dieser sofort begeistert zu und Torsten tippte
schnell in sein Smartphone und zeigte
ihnen wie so eine Burg aussah.
„Ich
werde mir die besten Baupläne zuhause ausdrucken und am Samstag
können wir dann mit dem Bau beginnen,“ versprach Richard.
„Wisst
ihr, was der Name Igel bedeutet?“ rief Torsten, der inzwischen mehr
über den neuen Hausbewohner erfahren wollte.
„Schlangenfresser
oder 'der zur Schlange gehörende', berichtete Torsten.
„Oma,
dann hast du keine Schlangen mehr im Garten,“ meinte die kleine
Ellen.
„Ja,
denn in meinem Garten wimmelt es ja geradezu vor Schlangen,“ lachte
die Oma.
„Der
Igel frisst auch Käfer, Raupen und Schnecken!“ Torsten sah von
seinem Smartphone auf.
„Na,
davon habe ich mehr als genug. Aber zuerst muss unser kleiner Gast
den Winter gut überstehen und wer weiß, ob er dann überhaupt hier
bleiben will.“
Am
nächsten Wochenende wurde die neue Behausung für Ferdinand gebaut
und dann wurde er feierlich hineingesetzt.
Einen
Moment blieb er regungslos stehen, dann vergrub er sich in das
duftende weiche Heu, rumorte ein bisschen darin herum und dann rührte
er sich nicht mehr.
„Ich
denke mal es gefällt ihm,“ meinte Amalie zufrieden.
Ferdinand
schlief in seiner Burg bis April, dann wagte er sich ins Freie und er
blieb, denn Amalies Garten war wie geschaffen für so einen kleinen
Igel.
Und
auf seinen nächtlichen Streifzügen traf er einmal ein bezauberndes
Igelfräulein und er begann sie zu umwerben.
Und
als sie ihn erhörte, da führte er sie heim in seine Burg
und
Amalie freute sich, wenn sie die kleine Familie, mit ihren drei
Kindern in der Dämmerung durch den Garten trippeln sah.
©
Lore Platz 3. Nov. 2015
Liebe Lore,
AntwortenLöschenes ist schön, wenn die Igel jetzt im Herbst einen Unterschlupf finden können, um zu überwintern.
In manchen Gegenden gibt es ja auch sogenannte Igelstationen, wo man diese Tiere zum Überleben und Überwintern hinbringen kann.
Du hast in Deiner Geschichte Informationen und Lehrreiches wunderschön verpackt. Ich habe sie sehr gerne gelesen.
LG
Astrid
Ich vermisse sie auch, die Igel in unserem Garten. Wir haben einen großen Garten mit vielen verwilderten Ecken und es waren auch schon Igel da. Aber ich fürchte, die meisten werden überfahren.
AntwortenLöschenLG Elke
Ach, was war das wieder für eine herzige Geschichte, liebe Lore! Soooo schön war sie. Wie gut, dass der Igel von der Frau gerettet wurde und dann bekam er sogar eine eigene Burg und später noch eine Familie - also: Mehr geht nicht! :-) Ich hab deine Geschichte sehr gern gelesen! LG Martina
AntwortenLöschenLiebe Lore,
AntwortenLöschenwas für ein Glück, dass Amalie den kleinen Igel gerettet hat!
Bei uns im Garten gibt es bestimmt Igel. Da laufen sie nämlich nicht Gefahr, überfahren zu werden - die Straße ist weit weg...
Hier in der Stadt haben Sie aber wohl keine Chance - wegen der Laubsauger und des Ordnungswahns der Stadtbewohner ...Liebe Grüße, und vielen Dank für diese hübsche und gleichzeitig so lehrreiche Geschichte!
Christine
Liebe Lore, daswar wieder wunderschön! Die Menschheit ist oft so gedankenlos, solche Geschichten müssen doch Augen öffnen? Liebe Grüße Eva
AntwortenLöschenLiebe Lore
AntwortenLöscheneine herrliche Geschichte vom Igelchen und diese Naturgärten die auch für die Untermieter wichtig sind sind viel schöner und besser ; ich sage immer sie sollen ihr Heim shcön machen wie sie wollen aber bitte nicht den Garten so hygienisch und akorat einrichten. Für die Kinder ein Erlebnis und Beschäftigung gewesen.
Toll wars deine Geschichte mal wieder
Lieben Gruss Elke
Lieb e Lore
AntwortenLöschenEine wunderbare Spiegelgeschichte die mir sehr gut gefällt, denn früher haben wir immer Igel im Garten überwintern lassen Manchmal war es eine ganze Familie und unser Hund hat sie bewacht und die Igel konnten vor ihm sicher sein.
Liebe Grüße Joachim
Liebe Lore,
AntwortenLöschendiese Geschichte hatte ich ganz vergessen, weiß aber, dass ich sie früher schon gelesen habe. Sie ist wunderschön!
Ganz liebe Grüße zu dir
Regina