Mit diesem Bericht möchte ich den November, der nicht zu meinen Lieblingsmonaten gehört, verabschieden. 22.11.2024
November,
die graue Eminenz
Der
November ist der Monat, den ich überhaupt nicht mag.
Sehe
ich morgens aus dem Fenster, dann fühle ich mich als wäre ich im
Inneren eines riesigen Spinnennetzes, gewebt von Tausenden von
Spinnen, gefangen.
Ringsum
ist die Landschaft von grauen Nebelschleiern umhüllt und dieses Grau
setzt sich nahtlos fort in den Himmel.
Meine
Gedanken werden bei diesem Anblick trübe und grau, selbst meine
kleinen gefiederten Freunde haben keine Lust mehr zu zwitschern.
Wie
vermisse ich das wunderschöne Lied der Amsel, die in einem Baum des
Nachbargrundstückes ihr Nest hatte. Selbst das lärmende Tschilpen
der Spatzen würde ich zu gerne wieder hören.
Ab
und zu ist vielleicht das „Krakra“ eines Raben zu hören, aber
sind diese Vögel in den Geschichten nicht die Begleiter von Hexen
und Zauberern?
Nun
gespenstisch ist er schon dieser November und deshalb ist es wohl
auch kein Wunder, dass in Amerika die Nacht vor dem 1. November zur
Gespensternacht erklärt wurde.
Bei
uns ist der November der Monat unserer Verstorbenen.
An
Allerheiligen treffen sich die Angehörigen an den Gräbern, um zu
trauern und der Toten zu Gedenken.
Ich
habe diesen Tag immer gehasst. Wir trafen uns bei unserer Mutter und
während unsere Männer mit den Kindern in der schönen warmen
Wohnung bleiben durften
mussten
meine Schwestern und ich mit unserer Mutter auf
den
Friedhof.
Während
ich auf den marmornen schwarzen Stein starrte, auf dem der Name
meines Vaters, sowie sein Geburts- und Todesdatum eingraviert war,
empfand ich alles andere als Trauer.
Unmut
machte sich in mir breit, ausgelöst von der Kälte die langsam von
den Zehen bis zu meinen Knien nach oben kroch.
Warum
musste ich hier vor einem leeren Grab stehen und warten bis der
Pfarrer begleitet von zwei Ministranten zu uns kam, um das Grab zu
segnen und ein Gebet zu sprechen.
Ich
habe meinen Vater sehr geliebt, war so ein richtiges Papakind und es
verging kein Tag, an dem ich nicht an ihn dachte. Ein Bild von ihm
hatte ich vergrößern lassen.
Es
hing rechts neben meinem Schreibtisch an der Wand und immer wenn ich
dort saß, dann schenkte ich ihm ein Lächeln und schickte einen Gruß
in die Welt, wo er jetzt lebt.
Doch
zu diesem Grab hatte ich überhaupt keine Verbindung und spürte hier
auch nicht seine Nähe.
Längst
schon ist sein Körper verwest und eins mit der Erde geworden und
seine Seele, die ist doch sowieso nie mitgegangen in das Grab.
Doch
dann schämte ich mich meiner Gedanken. Für viele bedeutet so eine
Grabstätte doch die einzige Verbindung noch zu ihren lieben
Verstorbenen, die letzte Wohnstätte.
Und
indem sie diese sauber machen und bepflanzen, können sie auch über
den Tod hinaus für den geliebten Menschen sorgen.
Endlich
kam der Priester zu uns, murmelte sein Gebet, sprach den Segen und
sprengte Weihwasser über das Grab, dann ging er weiter.
Erleichtert
wartete ich auf das Zeichen meiner Mutter zum Aufbruch.
Als
mich dann die wohlige Wärme der Wohnung empfing, die Kinder uns
fröhlich entgegenkamen, aus dem
Wohnzimmer
die Stimmer unserer Männer drangen, da spürte ich, wie mit der
Kälte auch meine trübe Stimmung abfiel.
Und
ich dachte daran, dass der November ja nur dreißig Tage dauerte und
dann der frostige, polternde Dezember kam, der die Welt in eine
schöne weiße Decke hüllte.
Und
der Weihnachtsdüfte, Weihnachtfreude und Weihnachtsfrieden
mitbrachte.
Auch
werde ich dann meinen kleinen gefiederten Freunden wieder begegnen,
wenn ich das Vogelhäuschen aufstellte.
©
Lore Platz 4.11.22
Lore genauso wie Du mag ich den November nicht wirklich. Du hast alles in wunderschönen Worten beschrieben. Ich hätte es nie so ausdrücken können! Vielen Dank dafür!
AntwortenLöschenMir ist der November sehr nahe.Mein Gemüt ist eher still und mag die Bedachtheit des Novembers.Nun hatten wir auch nicht die kirchlichen Verpflichtungen.
AntwortenLöschenJa, der November hat irgendwie einen schlechten Stand. Er ist meist trübe und nass und schon richtig kalt. Er macht uns bewusst, dass es stark auf den Winter und auf Weihnachten zugeht. Während der Oktober oftmals noch richtig sonnig und auch warm sein kann und der Dezember in weihnachtlichem Glanz erscheint, hat der November nicht wirklich etwas Schönes und Aufheiterndes zu bieten. Du merkst, auch ich bin kein großer Fan des Monats November. Trotzdem sollten wir das Beste daraus machen.
AntwortenLöschenLG
Astrid
Liebe Lore, ich mag den November immer noch nicht! Toll geschrieben!
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