Wie
kann man Opa helfen?
„ Die
kleine Kneipe in unserer Straße ...“
tönt
es aus dem Radio und Renate
laufen die Tränen über das Gesicht.
„Mama!“
die zehnjährige Gerlinde eilt zu ihr und schlingt die Arme um ihre
Mutter.
„Oma
hat Peter Alexander so gerne singen gehört.“
Zärtlich
schmiegt das Mädchen ihre Wange an das Gesicht der Mutter.
Oma
Erika war vor eineinhalb Jahren gestorben.
„Opa
Karl hat bald Geburtstag. Will er ihn feiern? Er ist doch jetzt immer
so traurig.“
Renate
wischt sich die Tränen ab, schnäuzt kräftig und seufzt.
„Er
will nicht feiern und schon gar kein großes Fest, dabei
wollte ich alle seine Freunde einladen, um ihn aus seiner Trauer zu
reißen. Ich mach mir solche Sorgen um ihn.“
Ein
Klingel ertönt und Renate lacht.
„Der
Kuchen ist fertig.“
Sie
holt den duftenden Apfelkuchen aus dem Backofen und Gerlinde holt
sich eine Nase voll von dem köstlichen Duft.
„Das
ist der berühmte Apfelkuchen von Oma, bekomme ich später ein Stück
davon.“
Ich
mach dir einen Vorschlag, wenn er abgekühlt ist kannst du ja Opa
einige Stücke vorbeibringen und mit ihm Kaffee trinken, das würde
ihn bestimmt freuen.“
„Prima!“
Kurze
Zeit später radelt Gerlinde über den Waldweg an dessen Ende Opas
Haus steht.
Ein
klagender Laut ertönt und die Vögel ringsum zwitschern aufgeregt.
Das Mädchen bremst so scharf, dass das Rad schleudert.
Neugierig
und ein wenig ängstlich sieht sie sich um, was war das. Richtig
unheimlich!
Und
wieder erklingt ein lautes grausliches Heulen. Gerlinde lehnt das Rad
an einen Baum und folgt den klagenden Tönen und was sie dann
sieht lässt ihr fast das Herz stehen.
Ein
mittelgroßer sandfarbener Hund liegt auf dem Boden und eine seiner
Pfoten steckt in einem verrosteten Fangeisen.
Vorsichtig
tritt das Mädchen auf das Tier zu, doch ein Knurren lässt sie
zurück weichen.
Sie
dreht sich um läuft zu ihrem Rad, verfolgt von einem verzweifelten
schmerzvollen Jaulen.
Opa
Karl steht in seinem Garten als das Mädchen mit Karacho in den Hof
prescht.
„Nanu
ist der Teufel hinter dir her!“ lacht er und wird dann ernst, als
ihm seine Enkelin von dem armen Tier erzählt.
Er
holt das Auto, legt eine alte Decke auf den Rücksitz und als
Gerlinde sich vorne neben ihn setzt, drückt er ihr einen Maulkorb in
die Hand.
„Der
ist noch von unserm Harras, der verletzte Hund
wird
vor Schmerz vielleicht um sich beißen, wenn wir ihn befreien.“
Erschüttert
steht er wenig später vor dem Tier, das knurrend die Zähne zeigt.
Schnell
und geschickt streift der Mann den Maulkorb über den Kopf des
Hundes.
„Traust
du dir zu Linde, die Pfote heraus zu ziehen, wenn ich die Falle
öffne?“
Das
Mädchen nickt mit bleichem Gesicht und kniet sich neben den
verletzten Hund.
„Bereit!“
„Ja!“
Der
alte Mann drückt die zwei Eisen auseinander und schnell zieht das
Mädchen die verletzte Pfote heraus.
Die
Falle schnappt wieder zu und nachdem er sie unschädlich gemacht hat
schleudert sie Opa Karl ins Gebüsch.
„Das
müssen wir dem Förster melden,“ brummt er.
Der
Hund liegt mit geschlossen Augen da und nur das Heben der Brust
zeigt, dass er noch lebt.
Bald
haben sie die Tierarztpraxis erreicht.
Mit
seiner Last auf den Armen durchquert er das Wartezimmer und ruft der
herbei eilenden Sprechstundenhilfe zu. „Ein Notfall!“
„Der
Herr Doktor ist gerade bei einer Operation!“
„Dann
holen sie seinen Vater, schnell. In welches Zimmer kann ich.“
„Zimmer
2,“ stammelt die junge Frau und eilt davon.
Opa
Karl zwinkert seiner Enkelin zu.
„Dann
suchen wir mal Zimmer 2.“
Vorsichtig
legt er das verletzte Tier, das sich ganz ruhig verhält, als
spürte es, dass man ihm helfen
will,
auf den blanken Tisch.
Die
Tür öffnet sich.
„Na,
du hast ja der armen Christine einen schönen Schrecken eingejagt,
alter Schwede!“
„Ha
Viehdokter, hoffe du kannst es noch, auch wenn
du
schon lange in Rente bist.“
Grinsend
tritt der alte Arzt näher, doch dann wird sein Blick ernst. „Armer
Kerl!“
Er
wendet sich an die blasse Gerlinde.
„Mädchen
es ist besser, du gehst hinaus zu Christine, das wird keine schöne
Sache.
Nachdem
das Mädchen das Zimmer verlassen hat beugen sich die beiden Männer
über den Hund.
Eine
halbe Stunde später ruft Opa Karl Gerlinde herein.
Der
Hund liegt mit geschlossen Augen, ohne Maulkorb und einen weißen
Gips am Bein, auf dem Tisch.
„Wir
konnten das Bein retten,“ erklärt Doktor Brandstetter., dann
zwinkert er dem Mädchen zu, „sag mal stimmt das, dass dein Opa
bald einen runden Geburtstag hat.“
Gerlinde
nickt ernsthaft, „ ja, aber er will ihn nicht feiern.“
„So
so, du bist wohl zu geizig, um deinen Freunden einen auszugeben. In
unserem Alter muss man die Feste
feiern wie sie fallen.“
„Naja,
wer sagt denn, dass ich das nicht will,“ brummt Karl,“ aber seht
doch der Hund kommt zu sich.“
Dieser
hebt beim Klang der Stimme den Kopf. Vorsichtig tritt der alte Mann
an den Tisch, noch wagt er nicht das Tier zu streicheln. Doch kein
Knurren ertönt und auch die Augen blicken nicht mehr aggressiv vor
Schmerzen.
Vorsichtig
streichelt Opa Karl den Hund und freut sich als eine raue Zunge über
sein Hand fährt, als hätte der Hund seinen Retter erkannt.
„Was
wird nun aus ihm?“ fragt Gerlinde.
Pankratz
zuckt mit den Schultern.
„Einen
Chip habe ich nicht gefunden, wird schwer sein den Besitzer ausfindig
zu machen. Ich befürchte ja, dass er oben an der Autobahn ausgesetzt
wurde, wie es leider jetzt in der Urlaubszeit öfter vorkommt. Er
muss wohl ins Tierheim.“
„Nein
!“ ruft Gerlinde entsetzt.
Opa
Karl zwinkert ihr beruhigend zu.
„Kommt
gar nicht infrage ich habe genug Platz, ich nehme ihn zu mir.“
Jubelnd
fällt das Mädchen ihrem Großvater um den Hals.
Der
alte Arzt aber grinst.
„Sag
mal Karl, hast du eigentlich noch ein paar Flaschen von dem guten
Roten in deinem Keller?“
„Ein
paar dürften noch da sein.“
„Dann
werde ich öfter mal bei dir einen Hausbesuch machen und nach dem
Hund sehen und bei der Gelegenheit könnten wir ja mal wieder eine
Partie Schach spielen.“
„Abgemacht!“
Renate
aber ist glücklich , dass ihr Vater nun doch seinen 70igsten
feiern wollte.
Ratet
mal, wer an diesem Tag dem Geburtstagskind fast die Schau
gestohlen hat?
Ein
sandfarbener Hund mit einem Gipsbein.
©
Lore Platz 10.06.2020
Liebe Lore,
AntwortenLöschenwas für eine schöne Geschichte. Ich bin froh, dass sie so ausgegangen ist, ein Segen für Mensch und Tier!
Herzliche Grüße
Regina
Oh, soooo eine schöne Geschichte, liebe Lore! Wie gut, dass das Mädchen den Hund entdeckt hat. So konnte doch noch alles gut werden! --- LG Martina
AntwortenLöschenLiebe Lore,
AntwortenLöschenbeim Lesen hatte ICH Tränen in den Augen. Was für eine schöne Geschichte Dir da aus der Tastatur gesprungen ist - mit einem guten Ende für den armen Hund und den verwitweten Opa. So wurde beiden geholfen ...
Liebe Grüße und - ich werde die Muse öfter mal zu Dir schicken ... **zwinker**
Christine
Liebe Lore,
AntwortenLöschendas ist eine zu Herzen gehende Geschichte. Ich freue mich, dass der Opa nun wieder eine Aufgabe hat. So ein Tier kann Wunder bewirken und gerade, wenn der Tod der Frau noch nicht richtig verkraftet ist. Jetzt hat der Opa wieder zwei Freunde, den Hund und den alten Tierarzt. Das bringt auf jeden Fall Abwechslung in sein Leben. Und eine richtige Aufgabe hat er nun auch wieder.
LG
Astrid
Liebe Lore, das ist wieder eine sooo schöne Lore Geschichte. Jetzt geht es dem Opa bestimmt wieder besser, mit diesem neuen Kumpel.Liebe Grüße Eva
AntwortenLöschenLiebe Lore, wieder hast Du mich mit Deinen Worten gefangen genommen. Stets muss ich bis zu Ende lesen, weil Du das einfach gut kannst, einen in die Geschichte mit zu nehmen.
AntwortenLöschenDanke Dir für die liebevollen Worte.
Wenn ich könnte, würde ich Dich mal drücken.
Herzlich grüßt Monika aus Dresden