Als
sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sich sich so leicht und
voller Hoffnung, als hätte ein Engel sie gestreichelt.
Sie
kochte sich wieder einen Tee, gab reichlich Zucker hinein und er
wärmte und füllte ihren Magen.
Um
zehn Uhr musste sie ins Gemeindehaus, um den Saal zu schmücken und
dort waren immer Schalen mit Plätzchen, das würde ihr über den
ärgsten Hunger hinweg helfen.
Sie
lächelte.
Seltsam,
sie hatte auf einmal so ein leichtes Gefühl, als würde alles gut
werden.
Und
als sie unter der Dusche stand, summte sie sogar ein Weihnachtslied.
Birgit
schloss gerade das Gemeindehaus auf, als Lieselotte ankam.
Fröhlich
schwatzend betraten sie die Halle.
Der
Hausmeister hatte gestern Abend noch die hohe Tanne aufgestellt.
Und
auf einem kleinen Tischchen stand eine Tupperschüssel mit Plätzchen,
die seine Frau für die fleißigen Helfer gebacken hatte.
Lieselotte
holte sich gleich einige der köstlichen Kekse.
„Ich
habe heute noch nicht gefrühstückt,“ erklärte sie.
Birgit
lachte.
„Ich
habe zwar schon gefrühstückt, aber sie sehen so verlockend aus.“
Sie
pickte sich eine Kokosmakrone heraus.
Nach
und nach trudelten die Frauen ein und bald herrschte ein geschäftiges
Treiben und fröhliches Lachen.
Weihnachtslieder
tönten aus den Lautsprechern.
Lieselotte
fühlte sich immer wohler und da Ursel auch noch einige Stollen
mitgebracht hatte, war auch ihr ärgster Hunger gestillt.
Nicole
beteiligte sich kaum an dem fröhlichen Geplauder.
Sie
war auffallend still und warf immer wieder einen seltsamen Blick zu
Lieselotte.
Als
diese dann abkommandiert wurde, um in der kleinen Küche den Glühwein
warm zu machen, eilte Nicole ihr nach.
Schweigend
arbeiteten die beiden Frauen zusammen, dann brach es aus Nicole
heraus:
„Dank
deiner Hilfe hatte meine Familie und ich letztes Jahr ein schönes
Weihnachtsfest und auch im neuen Jahr hat unser Glücksstern uns
nicht verlassen. Mein Mann hat eine Arbeit gefunden, ich eine
Halbtagsstelle im Supermarkt an der Kasse und im Laufe des Jahres
ging es uns wieder besser.“
Lieselotte
drehte die Flamme etwas kleiner, denn schließlich sollte der
Glühwein nicht kochen.
„Das
ist doch schön und freut mich,“ meinte sie freundlich.
„Ja,
aber weißt du, schon lange wollte ich dir das Geld zurück geben,
aber es kam halt immer etwas dazwischen.“
Sie
kramt in ihrer Schürze und zog ein Kuvert heraus und reichte es
Lieselotte.
Diese
sah hinein und stammelt. „500 Euro!“
Nicole
lächelte strahlend.
„Sind
Zinsen dabei!“
Mit
Tränen in den Augen umarmte Lieselotte die junge Frau.
„Ausgerechnet
heute, du weißt gar nicht, wie sehr ich es gebrauchen kann.“
Und
sie vertraute Nicole ihren Kummer an.
„Aber
wie kam es, dass du mir gerade jetzt das Geld zurück gibst?“
„Tja,
das war ganz seltsam. Ich hatte die ganze Nacht einen unruhigen
Schlaf und immer wieder kam mir dein Name in den Sinn und die 400
Euro, die du mir letztes Weihnachten gegeben hast. Und so bin ich
heute auf dem Weg hierher schnell noch auf die Bank, um das Geld zu
holen.
Ich
glaube, der liebe Gott hat dein Schimpfen Ernst genommen.“
Die
beiden Frauen brachen in herzliches Lachen aus.
Ursel
und Birgit erschienen an der Tür.
„He
trinkt ihr den Glühwein ganz alleine!“
Es
wurde noch ein wunderschöner Tag und Lieselotte fühlte sich leicht
und beschwingt und sehr glücklich.
Während
die anderen sich auf den Heimweg machten, huschte sie hinüber in die
Kirche.
Sie
kniete sich vor den Altar und dankte Gott.
Die
Krippe mit dem Jesuskind war schon aufgestellt und während die Frau
betete, brach sich ein Sonnenstrahl im bunten Kirchenfenster und
landete genau auf dem Christkind.
Und
als Lieselotte sich zum Gehen umwandte, glaubte sie das Kind lächeln
zu sehen.
Auf
dem Heimweg kaufte sie sich noch ein kleines Festmahl für die
Feiertage und leistete sich sogar eine gute Flasche Wein.
Und
ihr erstes Weihnachtsfest in Freiheit wurde das Schönste und
Glücklichste, das sie je erlebt hatte.
Im
neuen Jahr sollte ihr Glücksstern weiter über ihr leuchten.
Als
ihre Tochter sich nach den Feiertagen bei ihr meldete, erzählte ihr
Lieselotte alles und diese wurde so wütend, dass sie sich sofort mit
dem Vater in Verbindung setzte und ihm die Hölle heiß machte.
Sie
drohte, nie wieder ein Wort mit ihm zu sprechen, wenn er nicht
endlich der Mutter den Unterhalt zahlen würde.
Das
half!
Ihr
Noch- Ehemann überwies ihr den ausstehenden Unterhalt, der die
Schulden auf der Bank tilgte und leistete dann regelmäßige
Zahlungen.
Lieselotte
konnte jetzt, wenn zwar bescheiden, jedoch sorgenfrei der Zukunft
entgegen sehen.
©
Lore Platz
Es ist so schön, dass Deine Geschichten immer ein glückliches Ende finden. Ich freue mich jedesmal darüber.
AntwortenLöschenIch wünsche Dir von ganzem Herzen einen gemütlichen zweiten Advent. Bleib bitte gesund.
LG
Astrid
Ein schönes Ende, wieder eine tolle Geschichte, danke
AntwortenLöschenImmer ein bescheidenes Ende, aber liebevoll und voller Hoffnung. Dank deiner optimistischen Lebenseinstellung. Danke für Deine Geschichten, die auch stets etwas nachdenklich machen.
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