Auch
an Silvester hörte sie weder von ihrem Mann noch von den Kindern
etwas.
Erst
am Neujahrsabend rief ihre Tochter an und wünschte ihr ein frohes
neues Jahr, auch dass Papa ihr ein frohes Neujahr wünsche.
Langsam
legte Lieselotte den Telefonhörer auf.
Ihr
Mann war nicht einmal fähig, ihr das selbst zu sagen.
Oh,
ja, Schweigen war schon immer seine Waffe, um sie klein zu kriegen.
Sie
erinnerte sich an die Reise nach Griechenland.
Sie
waren etwa sieben Jahre verheiratet und die beiden Kinder noch klein.
Da
sah sie in einem Geschäft ein schönes rotes Kleid und beschloss
spontan es für den Urlaub zu kaufen und als sie es anprobierte
meinte die Verkäuferin:
„Sie
sehen aus wie Schneewittchen, mit ihren langen schwarzen Haaren!“
Sie
freute sich und präsentierte es stolz ihrem Mann, für den sie
schließlich schön sein wollte.
Da
war er total ausgerastet und brüllte:
„Wie
sie nur so sinnlos Geld verprassen konnte!“
Beinahe
wäre der Urlaub geplatzt, wenn er nicht schon gebucht hätte.
Doch
die ganzen drei Wochen in Griechenland hatte er kein einziges Wort
mit ihr gesprochen.
Damals
schon hatte sie an Scheidung gedacht, doch die Kinder waren noch
klein und hingen sehr an ihrem Vater.
Und
sie wollte nicht, dass sie so aufwuchsen wie sie.
Ihre
Mutter hatte die Familie verlassen, da war Lieselotte erst zehn Jahre
alt und musste sich dann um ihre vier kleineren Geschwister kümmern, und von
dem strengen verschlossenem Vater bekam sie keine Hilfe.
Aber
jetzt, warum nicht?
Die
Kinder waren groß und hatten bereits ihre eigenen Familien und
sollte man das neue Jahr denn nicht mit guten Vorsätzen beginnen.
Gab
es einen besseren Vorsatz, als eine lieblose Ehe durch eine Scheidung
zu beenden?
Ein
Jahr war vergangen.
Man
schrieb den 22. Dezember.
Lieselotte
verließ die Bank.
Ihre
Augen füllten sich mit Tränen, als sie an das Gespräch mit dem
Filialleiter dachte.
Die
Bank weigerte sich ihr Geld zu geben, da der Überziehungskredit
überschritten war und bevor sie nicht diesen Kredit ausglich würde
sie kein Geld mehr bekommen.
Sie
verfluchte ihren Noch-Ehemann, nun hatte er sie soweit, wie er sie
haben wollte.
Was
war in diesem Jahr geschehen?
Lieselotte
hatte ihre guten Vorsätze wahr gemacht und sich einen Anwalt gesucht
und sobald sie eine Wohnung hatte, war sie ausgezogen.
Ein
halbes Jahr war das nun her.
Ihr
Mann hatte getobt und wollte sie nicht gehen lassen.
Er
verweigerte ihr die Unterhaltszahlung und hatte sogar bei ihrer
Chefin angerufen, um sie schlecht zu machen.
Da
war er bei Ella aber an die Rechte gekommen!
Seine
Absicht war es ,wenn sie ihre Arbeit verlor, dann käme sie reumütig
zurück
gekrochen.
Wütend
schüttelt Lieselotte den Kopf.
Lieber
würde sie verhungern.
Die
Menschen die an ihr vorbei hasteten, sahen sie verwundert an.
Lieselotte
musste lächeln. Die halten mich wohl für verrückt.
Doch
dann kamen ihr wieder die Tränen, aber war sie denn nicht verrückt,
war ihre Freiheit dies alles wert?
Unwillkürlich
straffte sie die Schultern.
Ja,
das war es wert! Irgendwie würde es schon weiter gehen. Und gleich
nach den Feiertagen wollte sie ihren Anwalt aufsuchen und die Klage
auf Unterhalt einreichen.
Aber
wovon sollte sie bis dahin leben?
Ihre
Kinder waren verreist und seit der Scheidungsklage sowieso nicht gut
auf sie zu sprechen.
Und
Ella war schon seit zwei Wochen in Italien, da ihr Vater schwer
erkrankt war.
Ein
tiefer Seufzer entfuhr Lieselotte und dann bemerkte sie, dass sie
schon vor ihrer Haustür stand.
Sie
schloss auf und schleppte sich wie eine alte Frau die Treppen hoch.
Glücklicherweise
war es warm in der Wohnung.
Sie
hängte den schweren Mantel auf und zog die Stiefel aus.
Ihre
ganzen Bewegungen erinnerten an einen Roboter.
Müde
sank sie auf das Sofa und dann kam das ganze Elend über sie.
Sie
vergrub den Kopf in dem Kissen und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Als
ihr Magen zu knurren begann, erhob sie sich schleppend und öffnete
den Kühlschrank.
Gähnende
Leere, nicht einmal ein Becher Joghurt war noch da.
Wieder
rannen ihr die Tränen über die Wangen.
Geldbeutel
leer, Kühlschrank leer, am besten sie legte sich schlafen.
Doch
nein, sie wollte noch nicht aufgeben.
Hoffnungsvoll
durchstöberte sie die Schränke, doch außer einigen Teebeuteln fand
sie nichts.
Sie
stellte Wasser auf und der heiße Tee füllte etwas ihren leeren
Magen, dann kroch sie ins Bett und vergrub sich in der Decke.
Spät
in der Nacht, nach einem unruhigen Schlaf, wachte sie auf.
Wieder
machte sie sich einen heißen Tee und stellte sich mit der Tasse ans
Fenster.
Es
war ein sternenklarer Himmel, was bedeutete, dass es kalt werden
würde.
Sinnend
sah Lieselotte hinauf in das unendliche Universum und plötzlich
überkam sie eine entsetzliche Wut und sie begann mit Gott zu hadern.
„Schau
mich an, was habe ich jemals Böses getan. Habe ich mich nicht um
meine kleinen Geschwister gekümmert, als unsere Mutter weg gelaufen
war und war doch selbst noch ein Kind. Habe ich den Kleinen zuliebe
nicht die bösen Launen unseres Vaters ertragen.
Vielleicht
war es ein Fehler, dass ich in eine Ehe geflüchtet bin, um von
zuhause weg zu kommen. Aber ich war meinen Kindern eine gute Mutter
und bin nicht weg gelaufen. Habe mein eigenes Ich zurückgestellt, um
ihnen die Familie zu erhalten.
Und
du ,hast du nur einmal, nur ein einziges Mal etwas für mich getan.
Weißt
du was? Ich habe es satt. Wenn du mich diesmal wieder im Stich lässt,
dann kündige ich dir die Freundschaft!“
Sie
stellte die Tasse auf der Fensterbank ab und kroch zurück ins Bett.
Als
wäre durch das Hadern mit Gott eine Last von ihrer Schulter genommen
schlief sie tief und traumlos.
Morgen geht es weiter
Wenn ich nicht wüßte, daß diese Geschichte gut endet.........
AntwortenLöschenOh, liebe Lore,
AntwortenLöschenHeute lässt du ums Leser aber im Dunkeln.
Hoffe so sehr auf das Weihnachtswunder, das ums wieder aufbaut.
Ganz adventliche Grüße
Deine Monika
So schön, das vor Weihnachten nochmal zu lesen liebe Lore
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