bonmomo
Weihnachten ist ja meine liebste Zeit und bedeutet auch Hoffnung und Liebe.
Lasst euch mit meinen Geschichten ein Licht anzünden und den grauen Alltag erhellen.
Nun geht es aber weiter mit Ingelore
Am
nächsten Tag liegt wirklich eine dicke Schneedecke über dem Land.
Ingelore
schippt den Weg zum Gartentor frei, bevor sie frühstückt.
Dann
schnappt sie sich ihre Schultasche und macht sich auf den Weg.
Unterwegs
trifft sie ein paar Mitschülerinnen und sie liefern sich eine
fröhliche Schneeballschlacht.
Nach
dem Unterricht nimmt Fräulein Naumann sie zur Seite und fragt sie,
ob sie nicht mit ihr für den Weihnachtsbasar, der am 4. Advent vor
der Kirche stattfand,
etwas basteln wollte.
Ingelore
strahlt, doch dann meint sie zaghaft:
„Ich
weiß nicht, ob Oma es erlaubt.“
„Dann
frag sie doch einfach. Ich erwarte dich um 15 Uhr.“
Pünktlich
um 15 Uhr klingelt es an der Villa Naumann und Gretchen, das
Hausmädchen lässt Ingelore ein, führt sie in den Salon, wo Mutter
und Tochter Naumann Tee trinken.
Ingelore
bekommt einen Kakao und ein Stück Gugelhupf, dann geht Andrea mit
ihr ins Arbeitszimmer.
Immer
wieder staunt die Lehrerin welch wunderschöne Gebilde unter
Ingelores Händen entstehen.
Es
klopft leise und Frau Naumann trittt herein,
unter
dem Arm trägt sie ein dickes großes Buch.
„Seht
einmal, was ich gefunden habe. Andrea, dein Buch mit
Weihnachtsgeschichten. Soll ich euch daraus vorlesen?“
Sie
setzt sich auf den bequemen Sessel, schiebt die Brille auf die Nase
und beginnt mit ihrer weichen angenehmen Stimme zu lesen:
„ Der
Schneemann, der spazieren gehen wollte.
Die
kleine Franziska, kurz Franzi, genannt, kniet auf der Fensterbank und
drückt ihre Nase an die Scheibe.
„Mama,
es schneit!“ ruft sie glücklich und beobachtet staunend die dicken
weißen Flocken die dicht und gleichmäßig vom Himmel fallen.
Bald
liegt der Garten vor dem Hochhaus unter einer weißen Decke. Auch der
Zaun trägt weiße Häubchen und die kahlen Äste der großen
Kastanie sehen aus, als hätte man Puderzucker darüber gestreut.
Friedel,
ihre Freundin aus dem Nachbarhaus läuft in den Garten und winkt zu
Franzi hoch.
„Mama,
darf ich in den Garten zu Friedel hinunter?“
„Ja,
aber zieh den Schneeanzug an und vergiss Mütze und Handschuhe
nicht.“
„Juchhuuuu!“
Das Mädchen springt von der Fensterbank, rennt in ihr Zimmer, zerrt
den Schneeanzug aus dem Schrank und schlüpft hinein.
Die
Stiefel stehen im Flur, dann stülpt sie sich noch die Mütze über
die blonden Locken und schon knallt die Tür hinter ihr ins Schloss.
Friedel
und ihr Bruder Klaus formen gerade eine große Kugel.
„Wir
bauen einen Schneemann,“ ruft das Mädchen Franzi zu.
„Juchhuuuu!“
ruft diese und mit Feuereifer stürzt sie sich auf die immer größer
werdende Schneekugel und zu dritt wälzen sie diese durch den Garten.
Bald
ist sie dick genug und der Bauch des Schneemanns ist fertig.
Eine
etwas kleinere Kugel wird der Kopf.
Dann
stehen die Drei vor dem weißen Gesellen und sehen sich ihr Werk an.
Der
alte Hausmeister, der den Gehweg frei gefegt hat, kommt zu ihnen
herüber.
Auf
seine Schneeschippe gestützt betrachtet er den Schneemann und
nuschelt.
„Toll
habt ihr das gemacht, aber da fehlt noch einiges.“
Friedel,
die den alten Mann sehr gern hat, schimpft er doch nie mit den
Kindern, wenn sie mal zu laut waren, nickt ernsthaft.
„Er
hat kein Gesicht!“
Der
alte Mann schiebt die Mütze zurück und kratzt sich am Kopf.
„Früher
haben wir immer Kohlen für die Augen genommen, aber bei den
Zentralheizungen heutzutage, gibt es ja fast keine Kohlen mehr.
Kommt
mal mit!“
Er
führt die Kinder in den Keller zu dem großen Raum, in dem er sein
Werkzeug und all die Dinge, die er als Hausmeister so braucht,
untergebracht hat.
Er
wühlt in einer Kiste und zieht einen Schraubenzieher heraus, der
schon etwas stumpf ist, aber einen dicken roten Griff hat.
„Was
meint ihr, ginge der als Nase.“
„Ja!“
rufen die Kinder wie aus einem Mund und der alte Xaver reicht ihn an
Klaus weiter.
„Sieh
mal, dort drüben steht ein alter Besen, der nur noch wenig Borsten
hat, hol ihn mal her.“ meint er zu dem Jungen.
Dann
beugt er sich wieder über die Kiste und zieht einen verbeulten Eimer
hervor, den er Friedel in die Hand drückt, die ihn sofort mit beiden
Armen umschlingt.
„Das
wäre der Hut, aber was nehmen wir für die Augen?“
Die
Kinder sehen ihn erwartungsvoll an.
Xaver
kratzt sich am Kinn, dann lächelt er etwas verlegen, greift in die
Hosentasche und zieht zwei Kastanien hervor.
„Die
trage ich eigentlich wegen meinem Rheuma mit mir herum, aber bis
jetzt haben die mir noch nicht geholfen, da kann ich sie dem
Schneemann wohl schenken.“
Er
reicht sie Franzi, die sie vorsichtig in der Hand verschließt.
Dann
verlassen die Vier den Keller und gehen zu dem Schneemann zurück.
Xaver
hebt erst Franzi hoch, damit sie die Augen in das Gesicht drücken
kann, dann Friedel, die den Blecheimer etwas schief auf dem Kopf
platziert.
Klaus,
der schon groß genug ist, steckt den Schraubenzieher mitten unter
die Kastanienaugen und nun hat der Schneemann eine rote dicke
Knollennase im Gesicht.
Überhaupt
sieht er gut aus und als der Junge ihm noch den Besen in die Seite
steckt, ist er perfekt.
Glücklich
betrachten die Kinder ihr Werk.
Der
Hausmeister ist bereits wieder auf der Straße, um weiter Schnee zu
schippen.
Einige
Freunde von Klaus kommen und wollen ihn mitnehmen zum rodeln.
Die
Mädchen aber gehen noch zu Friedel zum Spielen.
Nun
steht der Schneemann allein da. Immer gerade aus schauen ist doch
langweilig.
Die
Vögel im Futterhäuschen zwitschern, tschilpen und streiten sich um
die Körner und machen soviel Lärm, dass er nicht versteht was sie
sagen.
Eine
Katze kommt auf ihn zu, ihre Pfoten hinterlassen Abdrücke im frisch
gefallenen Schnee. Sie schnuppert an ihm und wendet sich enttäuscht
ab.
Ab
und zu kommen Leute vorbei und freuen sich als sie den schönen
Schneemann sehen und er versucht sich gleich aufrechter hinzustellen.
Er
ist stolz auf die lobenden Ausrufe der Vorübergehenden.
Bald
wird es dunkel, die Lichter in den Häusern verlöschen, die Straßen
sind menschenleer, nur vereinzelt brennen die Straßenlampen.
Auf
einmal beginnt es wieder zu schneien und die kecken fröhlichen
Schneeflocken setzen sich auf seinen Hut, seine Schultern und seinen
dicken Bauch und sie erzählen ihm vom Wolkenschloss der Frau Holle
aus dem sie kommen und einst, wenn sie verdunstet sind wieder zurück
kehren werden.
Die
Turmuhr der nahegelegenen Kirche schlägt zwölfmal. Mitternacht!
Plötzlich
erscheint ein leuchtendes strahlendes Licht und eine wunderschöne
Frau, ganz in weiß gekleidet, selbst die Haare sind weiß, kommt
durch den Garten auf den Schneemann zu.
„Ist
das eure Frau Holle?“ flüstert der Schneemann.
„Nein,
das ist die Winterfee,“ wispern die Schneeflocken.
Das
liebliche Wesen ist nun bei dem Schneemann stehen geblieben.
„Nun
lieber Schneemann, ich bin gekommen, um dir deinen Wunsch zu
erfüllen.“
„Wo,Wo,
Woher weißt du von meinem Wunsch?“ stottert der Schneemann und
wird ein wenig rot.
Das
liebliche Wesen lächelt.
„Ich
weiß alles über meine Geschöpfe des Winters. Mitternacht ist die
magische Stunde, in der Wünsche in Erfüllung gehen.“
Sie
berührt ihn mit dem Zauberstab und auf einmal hat der Schneemann
Arme und Beine. Er juchzt laut und springt auf und ab, wie ein
Hampelmann. Der Besen liegt neben ihm im Schnee und der Hut rutscht
ihm vom Kopf. Schnell hebt er beide Arme und drückt ihn wieder fest
auf sein Haupt.
Die
Winterfee hat ihn lächelnd beobachtet und die Schneeflocken, die bei
dem Gehopse herunter gefallen sind, liegen kichernd auf dem Boden.
„Nun
lauf los und sieh dich um, wie es dein Wunsch war, aber denk daran,
beim ersten Sonnenstrahl musst du wieder hier sein. Du willst doch
nicht, dass die Kinder weinen, wenn du morgen verschwunden bist.“
Und
der Schneemann läuft los, durch die menschenleeren Straßen, hinaus
in den Wald.
Erst
hier hält er an und verschnauft ein wenig.
Schön
war es hier. Die Bäume von majestätischer Höhe trugen alle weiße
Schneehäubchen und die weiße Decke auf dem Boden zeigte viele
Spuren.
Ein
Zeichen, dass der Wald nicht ohne Bewohner war.
Über
ihm raschelt es und eine kleine Schneelawine fällt auf ihn herab.
Der
Schneemann schüttelt sich und blickt nach oben.
Ein
Eichkätzchen flitzt den Stamm hinunter und bleibt neben ihm sitzen.
„Hallo,
ich bin Erika und wie heißt du?“
Der
Schneemann überlegt einen Moment.
„Ich
bin ein Schneemann, ohne Namen.“
„Nun
Schneemann ohne Namen, weißt du vielleicht, wo ich meine
Wintervorräte versteckt habe?“
Dieser
schüttelt den Kopf.
„Es
ist zu dumm, eben bin ich aufgewacht, weil ich Hunger habe und mir
will einfach nicht einfallen, wo ich mein Versteck habe. Dann muss
ich wohl zum Futterplatz.“
„Was
ist ein Futterplatz?“
„Der
Förster und seine Gehilfen haben eine Futterkrippe errichtet, um den
Waldtieren den Winter zu erleichtern. Komm mit Schneemann ohne Namen,
hast du Hunger.“
„ Nein,
wir Schneemänner müssen nicht essen.
Aber
ansehen würde ich mir so eine Futterkrippe gerne.“
Gemeinsam
gehen sie nun durch den Wald.
Auf
einmal hören sie ein Schnaufen und Prusten hinter sich und
erschrocken springen sie zur Seite, als ein kräftiger Keiler an
ihnen vorbei prescht.
Eine
Truppe Hasen hoppelt herbei.
„Habt
ihr das gesehen, dieser ungehobelte Kerl, beinahe hätte er meinen
kleinen Tom zu Tode getrampelt!“ empört sich die Hasenmutter.
Der
Schneemann, der noch nie einen Hasen gesehen hatte, betrachtet sie
aufmerksam.
Das
Eichkätzchen stellt ihm nun Gerlinde und ihre Kinder, Tom, Walburga,
Bernhard und Kasper vor.
„Und
das ist Schneemann ohne Namen.“
Guten
Abend, Schneemann ohne Namen, „ ertönt es im Chor.
Dieser
verneigt sich, wobei er vorsichtshalber seinen Hut festhält und
gemeinsam geht die kleine Gesellschaft weiter durch den Wald.
An
der Futterkrippe sehen sie das Wildschwein, das einen großen Eimer
umgeworfen hat und nun schmatzend und schnaufend in dem Futter wühlt.
Nicht
weit davon steht ein Hirsch mit einem stattlichen Geweih und wirft ab
und zu einen verächtlichen Blick auf das Wildschwein.
Von
ihm verdeckt stehen einige Rehe, die immer wieder einen scheuen Blick
auf den Keiler werfen und dabei vorsichtig mit ihrem weichen Maul das
Heu aus der Raufe rupfen.
Die
Hasen schlagen einen großen Bogen um das gefräßige Tier und
verstecken sich auch hinter dem Rücken das Hirsches.
Der
Keiler aber beachtet sie gar nicht. Er hat bis auf den letzten
Krümmel alles aufgefressen, dreht sich um und verschwindet laut
grunzend im Wald.
Erleichtert
atmen die Tiere auf und nun kann sie Erika mit dem Schneemann
bekannt machen.
Sie
erzählt ihnen, dass die Winterfee ihm erlaubt hat sich ein wenig
umzusehen aber er beim ersten Sonnenstrahl wieder zu Hause sein muss.
Der
Schneemann erlebt nun ein paar herrliche Stunden mit seinen neuen
Freunden. Es wird viel erzählt und gelacht.
Dann
sieht der Hirsch zum Himmel und meint.
„Bald
geht die Sonne auf. Du musst nach Hause Schneemann ohne Namen.“
Alle
verabschieden sich nun von ihm und begleiten ihn noch ein Stück. Das
Eichkätzchen aber führt ihn aus dem Wald und als der Schneemann den
Kirchturm sieht, weiß er wohin er laufen muss.
Und
als die Sonne aufgeht und ihre ersten Strahlen auf die Erde sendet,
steht der Schneemann wieder ohne Arme und Beine, still und stumm im
Garten. Nur der Besen liegt neben ihm im Schnee.“
Frau
Naumann schließt das Buch und legt es neben sich auf das kleine
Tischchen. Sie nimmt die Brille ab und lächelt Ingelore an.
„Hat
dir die Geschichte gefallen?“
Das
Mädchen nickt mit strahlenden Augen.
Sein
Blick gleitet zum Fenster, wo große Schneeflocken vom Himmel fallen
und es springt auf.
„Ich
muss nach Hause!“
„Aber
warum so schnell?“
An
der Tür dreht sich das Mädchen um.„Ich will einen Schneemann
bauen!“
Das
Lachen der beiden Frauen verfolgt sie bis auf die Straße.
Daheim
angekommen, steckt sie kurz den Kopf durch die Tür und ruft:
„Oma,
ich bin wieder da!“
Bald
steht ein großer stattlicher Schneemann im Garten.
Später
als Ingelore mit Minka im Arm im Bett liegt, denkt sie vor dem
Einschlafen.
„Ob
mein Schneemann heute Nacht auch spazieren geht?“
Morgen geht es weiter
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