„Für
den Moment sind wir in Sicherheit,“ murmelt die Möwe, während sie
versucht auf der wankenden Eisscholle nicht abzurutschen.
„Wohin
fahren wir denn?“ will Lucinda wissen.
Der
Pinguin schaut sie mit seinen schönen dunklen Augen freundlich an,
bleibt aber stumm.
„Dein
Freund redet wohl nicht gern.“
„Er
ist eben einer von den Stillen.
Wir
bringen dich zum Nordwind. Er ist der Bruder von Perlweiß und wird
dir sicher helfen.“
„Woher
weißt du so viel über meine Familie?“
„Ich
komme eben viel herum und unterhalte mich gerne.“
„Gib
zu, dass du eine neugierige Klatschbase bist.“
„Und
du bist ein undankbares, freches Fräulein!“ ereifert sich die
Möwe.
„Wir
sind da,“ unterbricht der Pinguin die Streithähne.
Die
Eisscholle prallt an das Ufer und Lucinda springt auf festen Boden.
Ohne
sich umzusehen fliegt der beleidigte Vogel in eine Felsengrotte und
die junge Frau folgt ihm, während der Pinguin wendet und wieder auf
das offene Meer hinaus treibt.
Lucinda
spürt ihre Füße kaum noch, als sie durch den Tunnel aus Eis
stolpert.
Endlich
erreicht sie einen offenen Raum.
Stühle
und Tische sind aus glitzerndem Eis und von den Wänden hängen
Eiszapfen.
Eine
Frau in einem weißem schimmerndem Kleid, das mit herrlichen Eisblumen
bestickt ist, steht an einem Ofen und rührt in einem großen Topf.
Sie
hebt den Kopf und sieht sie überrascht an.
Die
Möwe sitzt auf einer Stuhllehne und putzt sich die Federn.
„Wen
hast du mir denn da gebracht?“
Die
Dame betrachtet die vor Kälte schlotternde junge Frau.
„Das
ist Lucinda, das Schwesterkind deines Mannes.“
„Du
bist die Frau von Meeresheld. Wir haben von der Hochzeit gehört.
Aber
was rede ich solange, da bist ja halb erfroren.
Komm
mit mir, erzählen können wir später.“
Sie
nimmt die Prinzessin an der Hand und führt sie in einen Nebenraum,
in dem ein herrlich blauer See schimmert.
Lucinda
erschauert, aber die Frau des Nordwinds lacht.
„Keine
Angst, der See ist warm. Er wird gespeist von heißen Quellen.“
Die
junge Frau steigt in den See und genießt das herrlich warme Wasser,
das ihren halb erfrorenen Gliedern gut tut.
Als
sie ihr Haar gewaschen und zu einem Zopf geflochten hat, kommt ihre
Tante zurück, bringt ihr frische und vor allem warme Kleider und ein
Paar wunderschöne Pelzstiefel.
Wenig
später betritt Lucinda den großen Wohnraum
Zwei
Jungen und ein Mädchen sitzen am Tisch und albern mit der Möwe
herum.
Es
sind die Kinder des Nordwinds und werden ihr als Schneeflocke, Hagel
und Graupel vorgestellt.
Während
des Essens erzählt Lucinda von ihren schrecklichen Erlebnissen.
„Arme
Kleine,“ liebevoll tätschelt die Nordfrau ihre Hand.
„Leider
bist du auch bei uns nicht sicher, denn die Meerhexe ist die
Schwester der Eishexe.“
Ein
eisiger Wind lässt die Grotte erzittern und bringt Schnee Kälte
herein.
„Mein
Mann,“ seufzt Frau Nordwind, „ und er ist nicht besonders gut
aufgelegt.“
Gleich
darauf steht der große furchteinflößende Nordwind im Raum.
Die
weißen buschigen Augenbrauen grimmig gewölbt deutet er auf Lucinda.
„Du
da, du kommst mit, die Eishexe will dich sehen!“
Schützend
stellt sich seine Frau vor ihren Gast.
„Willst
du dein Schwesterkind der Eishexe ausliefern? Der weiße Wolf wird
sie zerreißen!“
Der
Nordwind wirft ihr einen finsteren Blick zu.
„Weib,
willst du dich gegen die Eishexe stellen!“
„Ach
und seit wann ist der Nordwind kein freier Mann mehr, sondern ein
Lakai der Eishexe.“
Beide
Arme in die Hüften gestemmt funkelt sie wütend ihren Mann an.
Grimmig
blickt er zurück, dann wendet er sich um.
„Wenn
ich wieder komme, ist sie verschwunden!“
Er
saust davon und das Geschirr auf dem Tisch wackelt.
„Er
ist wütend,“ meint seine Frau achselzuckend und
geht
in den Nebenraum, aus dem sie gleich darauf mit einem Pelzmantel und
einer Fellmütze wieder kommt.
„Es
ist besser wenn du uns verlässt.
Geh
zu Frau Holle. Sie und die Eishexe mögen sich nicht.“
Während
sie durch die verschlungen Gänge zum Hinterausgang gehen, erklärt
die Nordfrau der Wasserprinzessin den Weg zu Frau Holle.
Sie
drückt ihr einen Beutel mit Proviant in die Hand.
„Wenn
du Durst hast brich dir einen Eiszapfen ab und nun lebe wohl meine
Kleine, möge der große Himmelsherr dich beschützen.“
Eine
letzte Umarmung und Lucinda wandert durch die weiße Landschaft ins
Ungewisse.
Doch
wie viel schöner ist es jetzt zu gehen mit den warmen Stiefeln und
der kuscheligen Winterkleidung.
Die
Frau des Nordwinds aber steht noch lange da und sieht ihr nach.
Deshalb
bemerkt sie auch den weißen Wolf, der sich an die Fersen des
Mädchens heftet.
Sie
ruft ihre Kinder und befielt ihnen, ihre Kusine zu begleiten und wenn
der weiße Wolf ihr zu nahe kommt, sofort einzugreifen.
Die
Drei versprechen es und erheben sich in die Luft.
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