Durch
einen schmalen Felsenspalt gelangen sie hinaus aufs offene Meer.
Hier
ist die Welt unter Wasser noch bunter.
Teppiche
aus Seeanemonen, winzige Muscheln, leuchtend blühende
Pflanzenstränge und Seesterne bedeckten die Steine, Mauerwerke und
untergegangene Schiffe.
Ein
Schwarm silbrig-brauner Fische huscht aus einem Seegrasgestrüpp.
Ein
scharlachroter Fisch schoss unter einem Felsen hervor.
Als
sich aus einem Loch im Riff ein dicker grantig ausschauender Kopf mit
einem großen Maul heraus schob, klammert sich Lucinda voller Angst
an ihren Mann.
Meeresheld
lacht, „ das ist doch nur ein Zackenbarsch!“
Mit
einer Handbewegung verscheucht er den Fisch.
Durch
die Felsenspalte schwimmen sie zurück in den friedlichen See.
Im
Kristallpalast erzählt Lucinda mit leuchtenden Augen von ihrem
Ausflug und den Herrlichkeiten, die sie gesehen hat.
Perlweiß
und Seerose lauschen lächelnd und auch Meeresheld betrachtet seine
Frau voller Stolz und Liebe.
Nur
Algengrün meint stirnrunzelnd:
„Unsere
Welt ist wunderschön, aber auch voller Gefahren, also verlasse
niemals alleine den See durch die Felsenspalte.“
Lucinda
errötet und alle Freude verschwindet aus ihrem Gesicht.
Sie
fürchtet sich etwas vor dem strengen Wassermann.
Meeresheld
will zu seiner Frau eilen, doch Algengrün verlässt den Raum und
fordert ihn auf, ihm zu folgen.
Perlweiß
setzt sich neben Lucinda und legt ihr den Arm um die Schultern.
„Algengrün
ist manchmal barsch, aber er meint es nicht so. Du brauchst keine
Angst vor ihm zu haben.“
Die
junge Frau lächelt schüchtern.
„Merkt
man das so deutlich?“
Perlweiß
schmunzelt.
„Mit
den Gefahren hat er allerdings recht. Nicht alle Bewohner in der
Unterwasserwelt sind freundlich.
Im
schwarzen Meer wohnt Drisulla, die Meerhexe.
Sie
hat alle untergegangenen Piraten um sich versammelt. Eine böse
Bande, wehe dem der denen in die Hände gerät.
Aber
keine Angst, solange du die Grenze nicht überschreitest kann sie dir
nichts anhaben.“
Lucinda
seufzt.
„Ich
muss noch soviel lernen, alles ist mir so fremd und ich möchte
Meeresheld doch eine gute Frau sein.
Ach,
ich vermisse meine Eltern und meinen Bruder.“
Perlweiß
gibt ihr einen Kuss auf die Wange.
„Du
kannst deine Eltern jederzeit besuchen und du wirst sehen mit der
Zeit wirst du dich in der Unterwasserwelt wie zu Hause fühlen.
Auch
ich musste mich erst eingewöhnen und bei meinem Temperament war das
gar nicht so einfach.“
Neugierig
sieht Lucinda ihre Schwiegermutter an.
„Dein
Vater ist doch der Zauberer Hokuspokus, wie hast du Algengrün
eigentlich kennengelernt?“
Perlweiß
lehnt sich zurück und dreht gedankenverloren an ihrem Ring.
Ein zärtliches Lächeln liegt auf ihrem Gesicht.
„Ja,
mein Vater ist der Zauberer Hokuspokus und sein Schloss liegt mitten
im Wald auf einem Berg, weit und breit kein Wasser.
Ich
wäre Algengrün nicht begegnet, wenn mich meine Tante nicht
eingeladen hätte.
Ich
war froh, denn ich langweilte mich schrecklich zu Hause.
Mein
Vater ist ja mehr Gelehrter als Zauberer und seit meine Mutter ins
andere Reich gewechselt ist
wurden
keine Feste mehr gefeiert.
Vater,
der sehr traurig über Mamas Tod war vergrub sich nur noch hinter
seinen Büchern.
Auch
ich vermisste meine Mutter, aber ich war jung und wollte was
erleben.“
„Wie
kam deine Mutter um?“
Perlweiß
betrachtet traurig die Statue in der Halle, die von einem versunkenen
Schiff stammt und ihre Gedanken schweifen in die Vergangenheit.
Es
tat immer noch weh, obwohl soviel Zeit vergangen ist.
„Meine
Mutter war die Tochter des Windes und sie und mein Vater waren sehr
glücklich.
Eines
Tages, ich war noch ein kleines Mädchen, wurde ich auf einem
Spaziergang von der Blitzhexe angegriffen.
Meine
Mutter wollte mich beschützen und kämpfte mit der fürchterlichen
Feuerhexe und wurde dabei getötet.
Ich
konnte ihr nicht helfen, denn sie schickte mich weg, meinen Vater zu
holen, doch wir fanden sie nur noch sterbend vor.“
Eine
einsame Träne läuft über ihre Wange und Lucinda legt liebevoll
ihren Arm um die Schulter.
Perlweiß
lächelt.
„Ich
wollte dir ja erzählen, wie ich Algengrün zum ersten Mal begegnet
bin.
Meine
Patentante hatte mich eingeladen.
Ihre Tochter ist ein dummes, boshaftes Ding, heute noch!
Ihre Tochter ist ein dummes, boshaftes Ding, heute noch!
Ich
hatte mich wieder einmal fürchterlich mit ihr gezankt und verließ
schnell das Haus, bevor ich wütend wurde.“
Auf
Lucindas fragenden Blick lächelt sie kläglich.
„Wenn
ich wütend werde, dann entsteht ringsum ein entsetzlicher Wirbel,
ein Erbe meiner Verwandten den Winden.“
„Jetzt
weiß ich, was der Kapitän eines Schiffes meinte, als er bei meinem
Vater zu Besuch war.
Er
sagte, dieses Mal hatten wir eine fürchterliche Fahrt, das ganze
Meer bebte.
Die
Frau des Wassermannes hat wieder schlechte Laune.“
Perlweiß
lacht und ihre Augen funkeln.
„Manchmal
kann ich mein verflixtes Temperament nicht zügeln, doch nun zurück
zu meiner ersten Begegnung mit Algengrün.
Ich
lief also hinab zum See, um mich bogen sich die Bäume, Gräser und
Blumen lagen flach, vom Wind gepeitscht.
Ich
merkte es nicht.
Am
See angekommen, lehnte ich mich an einen Baum und versuchte mich zu
beruhigen.
Doch
immer wenn mir die verletzenden Worte meiner Kusine wieder in den
Sinn kamen, wallte die Wut erneut in mir auf.
Das
Wasser des Sees kräuselte sich und warf wilde Wellen, die über das
Ufer schwabbten.
Ich
merkte es nicht, so sehr war ich von meinen wütenden Gedanken
beherrscht.
Plötzlich
stand ein Mann vor mir und funkelte mich zornig an.
„Bist
du von Sinnen,“ brüllte er, „ mein Palast bricht bald
auseinander und meine Untertanen wirbeln hilflos im Wasser.“
Mit
offenem Mund starrte ich ihn an und meine Wut war plötzlich
verflogen.
Im
Gegenteil, ich verspürte einen furchtbaren Lachreiz und prustet auch
schon los.
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