Viel Spaß beim Lesen!
Die
Kristallkugel
„ … und
als die Spindel in den Brunnen fällt ist Marie sehr
erschrocken und voller Angst springt sie hinterher.“
„Oma,
das war aber dumm von dem Mädchen, wusste sie denn nicht, dass es
gefährlich ist in so einen tiefen Brunnen zu springen.“
Ilse
schüttelt empört den Kopf.
Die
Oma lacht.
„Es
ist doch ein Märchen und dort ist alles voll Zauber und Magie. Du
darfst natürlich nicht in einen Brunnen springen, das wäre wirklich
gefährlich.“
Ilse
will sich ausschütten vor Lachen.
„Das
wäre auch schwer, denn weit und breit gibt es bei uns keinen
Brunnen, das Wasser kommt schließlich aus dem Wasserhahn.“
Frau
Baumgartner schmunzelt und liest weiter.
Es
ist eine tief dunkle Nacht, kein Stern blinkt am Himmel, selbst der
Mond hat sich heute nicht aus seinem Bett gewagt.
„Aua!“
Ilse setzt sich im Bett auf und greift sich an den Kopf. Irgendetwas
hat sie an ihren schwarzen Locken gezupft.
Sie
hört ein Kichern und eine kleine Laterne schwenkt vor ihren Augen
hin und her. Die Laterne wird von einem kleinem Kerl, der mit einer
braunen Hose, einem grünen Wams und einem riesengroßen Pilzhut
bekleidet ist, gehalten.
„Wer
bist denn du?“
„Der
Kleine verbeugt sich und stellt sich vor.
„Ich
bin Perlino, ein Pilzmännchen und ich brauche deine Hilfe.“
Nun
wird Ilse neugierig.
“Wozu
brauchst du meine Hilfe?“
„Der
böse Zauberer Hukleblitz hat unserer Königin der Fee Lichterstrahl
ihren Kristall gestohlen. Er hat einen der Diener bestochen und
dieser hat ihm das geheime Versteck verraten. Und wenn wir
diesen Kristall nicht bald finden wird unsere Königin sterben und
wir alle mit ihr.“
„Wisst
ihr denn, wo der Kristall sich befindet.“
„Hukleblitz
hat ihn in den tiefen Brunnen, der zu Frau Holles Reich führt,
geschleudert.“
„Na
dann holt ihn doch raus, was braucht ihr da mich?“
Ilse
dreht sich um und drückt ihr Gesicht wieder in das Kissen.
Wieder
wird sie an der Haaren gezogen und richtet sich empört auf.
„Lass
sofort los, du du Pilzmännchen!“
„Du
kannst jetzt nicht schlafen, du musst uns retten!“
„Warum
ich, mach 's doch selber, oder denkst du ich bin so dumm in einen
Brunnen zu springen, aus dem ich nicht wieder heraus komme.“
Plötzlich
ist das Zimmer in ein helles Licht getaucht. Das Strahlen geht von
einer wunderschönen Fee aus, vor dem sich das Pilzmännchen
ehrfürchtig verneigt.
„Verzeih,
liebe Ilse, aber Perlino ist wohl nicht sehr diplomatisch.“
Dieser
senkt beschämt den Kopf.
„Es
ist sehr wichtig, dass du uns diesen Kristall zurückholst, denn je
länger er verschwunden ist, umso mehr verschwindet meine Lebenskraft
und wenn sie ganz verschwindet, wird mein Volk mit mir untergehen.
Wir sind Geschöpfe der Luft und der Erde und im Wasser würden wir
sterben, das wusste Hurleblitz und deshalb hat er meine Kugel in den
Brunnen geworfen.“
„Und
ihr Menschen könnt schwimmen und tauchen wie Fische!“ ruft
Perlino.
Ilse
wirft ihm nur einen ärgerlichen Blick zu, dann sieht sie in die
sanften Augen der Fee.
„ Ich
will euch helfen, was muss ich tun?“
„Du
weißt wie Marie zu Frau Holle kam, folge diesem Weg und Frau Holle
wird dir weiter helfen. Komm!“
Das
Mädchen schuppst das Pilzmännchen, das immer noch auf ihrem Bett
steht zur Seite und schlüpft in ihre Jeans, stülpt sich den
Pullover über und schließt die Klettverschlüsse ihrer Turnschuhe.
Die
Fee streckt ihr lächelnd ihre Hand entgegen und als Ilse deren
Finger berührt, wird sie plötzlich leicht und schwebt durch die
schwarze Dunkelheit.
Ilse
klettert auf den Brunnenrand, verharrt einen Moment, hebt sich die
Nase zu und springt ins kalte Wasser.
Vollkommen
trocken landet sie auf einer wunderschönen Wiese. Bienen summen, und
Schmetterlinge um gaukeln in fröhlichem Tanz die Blumen.
Ilse
folgt dem Pfad, kommt an dem Apfelbaum vorbei, dessen Äpfel sie
schüttelt, holt das Brot aus dem Backofen und steht dann vor dem
Haus von Frau Holle.
Freundlich
wird sie von der molligen Frau begrüßt und nachdem sie ihr viele
Leckereien vorgesetzt hat, führt sie das Mädchen hinauf in den Turm
und durch ein großes Fernrohr zeigt sie ihr wo der Kristall
versteckt ist.
In
einer Höhle bewacht von einem großen Bären liegt die Kugel.
„Wie
soll ich sie dort heraus holen?“ fragt Ilse verzagt.
Frau
Holle winkt ab. „Das ist leicht,
ich gebe dir meinen Umhang, der dich unsichtbar macht. Du musst nur
aufpassen, dass du nirgends hängen bleibst und du
dann sichtbar wirst.“
Als
Ilse das Haus verlässt wirft sie sich den blauen schweren Umhang um
und wird unsichtbar.
Vor
der Höhle des Bären hält sie einen Moment an, dann nimmt sie all
ihren Mut zusammen und betritt diese.
Das
große braune Ungetüm erhebt sich auf die Hinterfüße und dreht
brummend seine
Nase in alle Richtungen.Es
hat den Eindringling
gerochen, kann aber niemand entdecken.
Vorsichtig
schiebt sich das Mädchen an dem
Bären vorbei, nimmt den
Kristall und lässt ihn
unter ihrem Mantel verschwinden.
Dann
läuft sie schnell aus der Höhle, doch in ihrer Hast bleibt sie an
dem rauen Felsen hängen, der Mantel rutscht von ihrer Schulter und
der Bär erblickt sie.
Mit
einem wilden Brummen läuft er los.
Ilse
rennt, doch das Untier kommt immer näher. Plötzlich kommt ein Sturm
auf, Sand, Kies und Blätter wirbeln durch die Luft und der Bär kann
nichts mehr sehen.
Brummend
flieht er zurück in seine Höhle.
„Danke
Frau Holle,“ flüstert Ilse.
Bald
hat sie das hübsche
Häuschen der alten Frau erreicht. Frau Holle führt sie zu dem Tor,
durch das sie wieder auf die Erde zurück kommt.
Oben
wird sie schon von der Fee erwartet, die sich herzlich bei ihr
bedankt.
Die
Sonne kitzelt Ilse an der Nase, sie streckt sich und öffnet die
Augen.
Was
für ein Traum!
©
Lore Platz
Liebe Lore, oh wie schön, das Märchen einmal anders erzählt. Danke, Du liebe Märchenfee. Liebe Grüße Eva
AntwortenLöschenDie Märchenfee war heute wieder voll in ihrem Element!! Danke für die schöne Geschichte, liebe Lore! --- Was kurios ist: Du und Regina schreibt beide von Frau Holle und die Protagonistinnen von Christine und Regina sind mit ihren Vornamen nicht zufrieden. Das finde ich echt lustig! LG Martina
AntwortenLöschenLiebe Lore,
AntwortenLöschenwas für ein schönes Märchen! Du bist einfach die Meisterin der Märchen. Stecken in Dir eventuell Gene der Brüder Grimm oder von anderen Märchenerzählern ? :-) Du kannst sowohl Erwachsene als auch Kinder mit deinen Märchen verzaubern.
Sei herzlich gegrüßt und hab einen märchenhaft schönen Tag
Astrid
Ein sehr schönes Märchen, liebe Lore,
AntwortenLöscheninteressant auch die Übereinstimmungen unserer beiden Ideen, die eigentlich ja ganz unterschiedlich sind ...
Liebe Grüße
Regina
Liebe Lore,
AntwortenLöschenein bezauberndes Märchen. Man möchte
immer weiterlesen.
Einen guten Start ins Wochenende wünscht Dir
Deine Irmi
Hallo Lore,
AntwortenLöschenMärchenfee ist der richtige Name für Dich. Es freut mich auch, das Dir meine Kristallkugel gefällt.
Liebe Grüße von Gabielli
Liebe Lore,
AntwortenLöschenFrau Holle einmal ganz anders interpretiert... TOLL! Ich freue mich sehr, dass der Spaß am Schreiben zu Dir zurückgekehrt ist - Deine Märchen sind nämlich wunderschön!
Ich muss Martina übrigens Recht geben: dieses Mal sind gewisse Ähnlichkeiten bei den Reizwort-Geschichten wirklich kurios - als hätte sich die Muse einen Scherz mit uns erlaubt... **grins**.
Liebe Grüße, und einen schönen Sonntag wünsche ich Dir!
Christine
Das ist ein sehr schönes "Traummärchen". Die "neue Frau Holle" gefällt mir.
AntwortenLöschenLG Elke