Mittwoch, 22. Januar 2020

Der Sohn des Wassermannes



 1971 war der Rhein so verschmutzt, dass er schon als lebensgefährlich galt und sich kaum noch Fische im Fluss befanden.
Durch Sanierungsarbeiten ist der Rhein heute wieder sauber und es tummeln sich 30 verschiedene Fischarten in dem Gewässer. 


 
                
Es war einmal ein wunderschönes Land.
Hoch oben auf einem Berg stand das Schloss von König Winifried und seiner Gemahlin Sonja.
Ihre beiden Kinder hießen Prinz Erkan und Prinzessin Lucinda.
Unterhalb des Schlosses breitet sich das Dorf Seefeld aus.
Gepflegte kleine Häuser gruppieren sich um eine barocke Kirche, eingerahmt von saftigen Wiesen und fruchtbaren Äckern.
Der König und seine Untertanen leben mit den Naturgeistern und Wassergeistern friedlich nebeneinander.
Die Feldfrüchte wachsen reichlich, das Vieh gedeiht prächtig.
Ein Land ohne Not.
Ein großer See breitet sich vor dem Dorf aus und darin wohnt in einem schillerndem Kristallschloss der Wassermann Algengrün mit seiner Frau Perlweiß.
Auch sie haben zwei Kinder.
Prinz Meeresheld und Prinzessin Seerose.




Meeresheld sitzt auf einem großen Stein und beobachtet durch eine grün weiße Kugel, Prinzessin Lucinda, die fröhlich mit ihren Freundinnen und ihrem großen zottigen Hund im Park spielt.
Wunderschöne Nixen umschwirren ihn und versuchen seine Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Traurig ziehen sie sich zurück, da er sie überhaupt nicht beachtet.
Er liebt die Menschenprinzessin,“ wispern sie.





Algengrün verlässt das Schloss und betrachtet sinnend seinen Sohn.
Leise tritt Perlweiß neben ihn.
Er liebt sie,“ sagt sie leise, „und wie ich meinen Sohn kenne, wird er nie eine andere lieben.
Lass ihn doch wenigstens versuchen, ihr Herz zu gewinnen.“
Algengrün brummelt etwas in seinen Bart.
Bitte!“ Perlweiß legt ihre Hand auf seinen Arm.
Der Wassermann sieht seine Frau liebevoll an.
Ich habe die Prinzessin aufwachsen sehen, sie ist bildschön aber auch sehr verwöhnt.
Wird sie sich hier unter Wasser wohl fühlen?“
Nun, ich habe mich doch auch hier eingewöhnt,“ lächelt Perlweiß.
Der Wassermann küsst ihr die Hand.
Du, meine Liebe, bist ja auch etwas Besonderes.“
Mit kräftigen Schritten schreitet er zu seinem Sohn, während seine Frau ins Schloss zurück geht.
Algengrün bleibt hinter Meeresheld stehen und betrachtet ebenfalls das fröhliche Spiel der hübschen Mädchen, dann schnippt er mit dem Finger und die Bilder verschwinden.
Der junge Mann wendet sich seinem Vater zu.
Mein Junge, ich weiß, du liebst diese Menschenprinzessin und da du sie aufwachsen sahst, wirst du auch gemerkt haben, dass sie ziemlich verwöhnt ist.“
Meeresheld lächelt.
Sie ist so lieblich, dass man ihr keinen Wunsch abschlagen kann. Aber sie hat ein gutes Herz!“
Algengrün räuspert sich.
Mein Sohn, König Winfried hat alle edlen Fürsten und Prinzen eingeladen, um die Prinzessin zu freien.
Auch du bist ein Prinz.
Gelingt es dir die Liebe von Lucinda zu gewinnen, so soll sie mir als zukünftige Königin herzlich willkommen sein.“
Freudestrahlend springt Meeresheld auf und drückt kräftig die Hand des Vaters.
Das ist ein Wort Vater!“







In grünen Samt festlich gekleidet schreitet der Wasserprinz in das Schloss.
Von einem hochnäsig wirkendem Butler wird er in eine große Halle geführt, in der viele edel gekleidete
junge Männer zusammen stehen und sich lautstark unterhalten.
Immer wieder braust Gelächter auf und Meeresheld wird fröhlich begrüßt.
Der Haushofmeister klopft mit dem Stab und verkündet:
Ihre Majestäten, König Winfried, Königin Sonja sowie Prinz Erkan und Prinzessin Lucinda.
Sofort tritt Stille ein.
Alle Augen wenden sich der Tür zu, um die Prinzessin zu sehen, von deren Schönheit alles spricht.
Das Herz von Meeresheld klopft heftig.
Wird Lucinda ihn überhaupt beachten unter all den vielen Freiern?
Die Prinzessin betritt den Saal.
Mit hocherhobenem Kopf, die Lippen leicht spöttisch verzogen, schreitet sie an der Seite ihres Bruders hinter ihren Eltern zu dem Podium mit den vier mit roten Samt bezogenen Sesseln.
Anmutig setzt sie sich, richtet ihr blau goldenes schimmerndes Kleid und lässt dann ihren gelangweilten Blick über die versammelten jungen Männer schweifen.
Sie blickt direkt in ein paar grüne Augen, die sie voller Liebe und Zärtlichkeit anblicken.
Leicht errötend senkt sie schnell den Blick, doch durch die Wimpern späht sie hinüber zu ihm.
Wie gut er aussah, wer er wohl war?
Nun beginnen die jungen Männer sich vorzustellen und auch Meeresheld kommt an die Reihe.
Er beugt das Knie.
Mein Name ist Meeresheld und mein Vater ist der Wassermann, der über alle Meere, Seen und Flüsse herrscht.“
Er reicht ihr ein Kästchen mit Perlen.
Meine Gaben sind bescheiden, doch mein Herz ist voller Liebe für Euch.“
Er verneigt sich und tritt still zurück, um den nächsten Freier vorzulassen.
Lucinda ist ganz eigenartig ums Herz und eine innere Stimme flüstert „nimm ihn“, doch so leicht wollte sie es ihm nicht machen.
Deshalb neigt sie nur anmutig das Köpfchen und wendet sich dem nächsten Freier zu.